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Frankenheim - Landeskirchenarchiv Eisenach

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Krick. Dieser beschäftigte sich, nebenbei gesagt, auch mit dem Schulwesen und der<br />

Armenpflege. 5 Beide Verfasser nehmen nicht zufällig aufeinander Bezug. Wir haben es<br />

offensichtlich mit einem bestimmten Typ von Praktikerliteratur zu tun, die noch heute<br />

weiterhilft.<br />

Von daher gesehen lohnt es sich, nach zeitgenössischen Geschäftsführungsbüchern oder<br />

ähnlichen Leitfaden für Sachsen-Weimar-<strong>Eisenach</strong> bzw. das spätere Großherzogtum Sachsen<br />

Ausschau zu halten. Derartige Instruktionen, aller Erwartung nach meist juristisch bis in die<br />

Rechtsprechung komplettiert und überarbeitet, verraten über die eine oder andere Einzelauskunft<br />

hinaus viel über die bürokratische Modernisierung auch der evangelischen Kirche. Sie könnten<br />

nicht zuletzt die geschäftliche Wendigkeit der <strong>Frankenheim</strong>er Pfarrer Wuttig und Schultz<br />

erklären. Abgesehen davon stellen derartige Handbücher eine Brücke zum Alten Reich vor 1803<br />

dar. Vormodernes, spätestens Ende des 19. Jahrhunderts den neuen Gegebenheiten angepasstes<br />

Verwaltungswissen war noch im Kaiserreich präsent. Es ist erst danach weitgehend verloren<br />

gegangen.<br />

2. Ergänzende Archivbestände<br />

Kennzeichnend für die archivalische Gesamtsituation ist ihre Inhomogenität. Birx wird derart gut<br />

dokumentiert, dass die allgemeine Geschichte dieses kleinen Dorfes am besten vom<br />

<strong>Frankenheim</strong>er Pfarrarchiv aus zu rekonstruieren ist. Das zeitliche Schwergewicht liegt für beide<br />

Kirchdörfer bei den 50 Jahren vor 1930. Hieran kommen bestenfalls die DDR-Jahre heran. Alles<br />

andere ist vergleichsweise unterrepräsentiert, vom 19. Jahrhundert besonders die unmittelbaren<br />

Jahre vor der Pfarreibildung von 1866. Entscheidend für solche Unterschiede sind nicht nur<br />

institutionelle Gründe. An der Wende zum 20. Jahrhundert, in einer ohnehin zerbrechenden Welt<br />

eine Kirchgemeinde zu führen, gleicht nur von Ferne früheren Aufgabestellungen. Doch genauso<br />

ausschlaggebend dürfte es sein, dass man es mit höchst unterschiedlichen Persönlichkeiten zu<br />

tun hat. Sie reagierten auf die jeweiligen Anforderungen durchaus verschieden.<br />

So ist für besagte Wende zum 20. Jahrhundert, die sicherlich am besten vertreten ist, nochmals<br />

zu differenzieren. Während üblicherweise aus der Kette der <strong>Frankenheim</strong>er Pfarrer die sozialen<br />

Verdienste eines Pfr. Wuttig um die <strong>Frankenheim</strong>er Raiffeisenkasse hervorgehoben werden, sei<br />

an dieser Stelle verstärkt auf die Leistungen seines Nachfolgers abgehoben. Otto Schultz,<br />

zwischen 1891 und 1934 Pfarrer in <strong>Frankenheim</strong>, verdankt das Archiv Tausende von<br />

handgeschriebenen Seiten. Ob bei seiner Tätigkeit als Vorsitzender des Darlehnskassen-Vereins<br />

oder als lokale Schulaufsicht, ob als politischer Agitator, Betreiber des Karolinenheims oder<br />

Seelsorger und somit als Hüter einer kirchlich geprägten Lebensordnung – er verschaffte der<br />

Nachwelt Einblick in einer Breite, die ihresgleichen sucht. Aus welchen Beweggründen und mit<br />

welchen Zielen sich Pfr. Schultz um eine Aufklärung der ihn bedrängenden Probleme sorgte, ist<br />

in diesem Zusammenhang unerheblich. Wenn er sich eine umfangreiche Korrespondenz<br />

angelegen sein ließ und den vorgesetzten Stellen ausführlich berichtete, die Organisation des<br />

Gemeindehauses oder seiner Jugendwehr bis ins Detail schriftlich festhielt und sich um einen<br />

minuziös fixierten Gottesdienst kümmerte, von anderen Dingen nicht zu reden: Pfr. Schultz wird<br />

trotz seiner eigenwilligen Perspektive zum Gewährsmann einer Epoche. Offenbar versprach er<br />

sich von einer aktenmäßigen Verwaltung jedweder Tagesfragen besonders viel.<br />

5 Erwähnt sei nur Ludwig Heinrich Krick, Handbuch der Verwaltung des katholischen Pfarramtes (im engeren<br />

Sinne) mit Rücksicht auf die im Königreich Bayern geltenden kirchlichen und staatlichen Bestimmungen, 2.<br />

Auflage, Kempten 1903 (nächster Standort dieser und anderer Schriften von Krick: Bibliothek des Bischöflichen<br />

Priesterseminars [Fulda]); daneben etwa: Karl August Geiger, Handbuch für die gesamte Pfarramtsverwaltung im<br />

Königreich Bayern, Band I-II, 10. Auflage, Regensburg 1910.<br />

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