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Frankenheim - Landeskirchenarchiv Eisenach

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Die neueren Agenden gehen auf die gleich nach dem Zweiten Weltkrieg einsetzende<br />

Reformdiskussion zurück. Als ob man sich zumindest in letzten Dingen von der eigenen<br />

Geschichte lossagen könne, wurde damals viel Energie auf eine innere Ordnung neuer Prägung<br />

inklusive eines dementsprechenden Gesangbuches verwendet. Seinerzeit war offenbar ein<br />

anderes Vorgehen, Wechsel an sich, wichtiger geworden als mancher Inhalt. Von diesem<br />

liturgischen, gleichsam abstrahierenden Rückzug her glaubte man, und dies in einer Welt der<br />

symbolischen Güter nicht ganz ohne Grund, sich in der Tat selbst erneuern zu können. Wenig<br />

verwunderlich, dass sogar in <strong>Frankenheim</strong> dementsprechende Entwürfe zu finden sind. Aber<br />

auch nichts wurde ausgelassen, jede Neuheit, etwa zur Taufe oder zum Begräbnis,<br />

schnellstmöglich beschafft.<br />

Mit Dienstpflichten oder besserer Einsicht hat all das erst sekundär zu tun. Angesichts dieser<br />

Schlüsselfunktion ist daher abschließend auch auf frühere Agenden und in diesem<br />

Zusammenhang wie bei den ordnungs- und organisationspolitischen Vorstellungen der Kirche<br />

wenigstens kursorisch auf die eng benachbarte Gesangbuch- und sonstige Musikliteratur<br />

einzugehen. Nicht umsonst soll das Kirchenlied einen vergleichbar zentralen Platz in der<br />

evangelischen Kirche besetzt halten.<br />

Agende und Gesangbuch verbindet, soviel aus dem ältesten, dem <strong>Eisenach</strong>ischen Gesangbuch<br />

von 1776 zu erfahren ist, dass im Zweifel um eine harmonische Lösung gerungen werden muss.<br />

Das beginnt schon dort, wo dem allgemeinen, deutschen Teil ein regionaler, etwa thüringischer<br />

Teil mit den dort gebräuchlichen Liedern angefügt wird. 1776 heißt es von <strong>Eisenach</strong> aus, dass<br />

alle Exzesse zu vermeiden seien, auch und gerade dann, wenn man sich der Zeit und ihren<br />

Moden anzupassen gedenke. Nötig sei eine gewisse Ausgewogenheit zwischen Alt und Neu.<br />

Ängstlichkeit aus falsch verstandem Christentum sei ebenso zu meiden wie jede Neuerung um<br />

der Neuerung willen. 84<br />

Von einem derartigen Drahtseilakt, von der nicht unproblematischen Akzeptanz normativer<br />

Texte, handeln auch die Agenden als Teil übergreifender Kirchenordnungen. Das ist nicht nur an<br />

der eben erwähnten liturgischen Umgestaltung nach dem Zweiten Weltkrieg zu ersehen, sondern<br />

auch an den <strong>Frankenheim</strong> und Birx betreffenden Ordnungen von Sachsen-Weimar-<strong>Eisenach</strong>.<br />

Entsprechende Druckexemplare sind überliefert. Bevor darauf eingegangen wird, sei ein<br />

weiteres Mal die Lektüre des überaus aufschlußreichen Gegenstücks empfohlen, des sächsischen<br />

Kirchen-Buches von 1718, das immerhin für teures Geld in Birx angeschafft wurde, wie gleich<br />

noch zu sehen ist. 85<br />

Auf annähernd 50 Seiten wird einleitend vorgestellt, wie man zu dieser revidierten Fassung<br />

eines Buches gelangte, das den Pfarrern seit der Erstfassung in den Jahren um 1675 alle Regeln<br />

und verbindlichen Texte in einem Band zusammenfasste. Später seien gleich mehrere<br />

Neuauflagen der steigenden Nachfrage entgegengekommen. Ähnliches wird von den Fassungen<br />

nach 1617 berichtet. Damals beschränkten sich die Herausgeber auf die Episteln und Evangelien.<br />

Erst allmählich kamen weitere Texte hinzu, unter anderem „lateinische und teutsche Gesänge“.<br />

Von der engeren Textgeschichte der sog. Evangelienbücher abgesehen, jener im Kontext der<br />

Bibeleditionen bereits angesprochenen Folge teils winziger, aber eben für entscheidend<br />

gehaltener Korrekturen: Die Vorrede setzt sich auch mit der im selben Band angehefteten,<br />

bereits 1702 erschienenen sächsische Agende oder Kirchenordnung auseinander.<br />

84 Christian Köhler (Generalsuperintendent, <strong>Eisenach</strong>), Vorrede (7.6.1776), zu: Neu eingerichtetes <strong>Eisenach</strong>isches<br />

Gesangbuch worin außer den alten, in der Kirche gebräuchlichen Liedern auch 328 neue Gesänge Gellerts und der<br />

besten Liederdichter unserer Zeit eingerückt worden …, <strong>Eisenach</strong> (1776), S. III-X (Pfarrarchiv <strong>Frankenheim</strong>/Birx,<br />

061124/59).<br />

85 Vgl. zum Folgenden F. S. Loeffler, Vorrede, zu: Vollständiges Kirchen-Buch darinnen die Evangelia und Episteln<br />

… wie auch … die Kirchen-Agenda …, die in den Chur-Sächßischen Ländern gebraucht werden, enthalten …,<br />

Leipzig 1718, S. (I-XLVI), insbesondere S. (I-III) und S. (XIX-XX) (Pfarrarchiv <strong>Frankenheim</strong>/Birx, 061019/33).<br />

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