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Frankenheim - Landeskirchenarchiv Eisenach

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vorzüglich „an die Pfarrherren auf dem Land“ wendete, 72 Mitte des 18. Jahrhunderts werden<br />

zusätzliche Initiativen frei gesetzt. Jetzt geraten bislang für unverrückbar gehaltene Richtwerte in<br />

Fluss, verschreibt man sich insbesondere mit Blick auf die Landgemeinden einer volkstümlichen,<br />

will sagen einer vereinfachenden Sprache. Heinrich Schubert, vormals „Prediger zum Heiligen<br />

Geist in Potsdam“, warb 1759 auf dem Titelblatt für seine Landkirchen- und Hauspostille damit,<br />

durch diese Sammlung sei ein „bequemes Vorlesen“ erst möglich, zumal alles „in beliebte(r)<br />

Kürtze zusammen gezogen“ werde.<br />

Ebenfalls aus der Gegend um Berlin kam 1788 das Predigtbuch für christliche Landleute von<br />

Raymund Dapp. Appelliert wird an den „gesunden Menschenverstand“; ausgesucht nur, was den<br />

„gemeinen Mann“ unmittelbar betrifft; gesprochen wird „so deutlich, als es möglich ist“, unter<br />

Vermeidung aller „wissenschaftlich bildlichen Ausdrücke“ und einer „morgenländischen<br />

Bibelsprache“, die beim „gemeinen Manne oft ein leerer Schall bleibt.“ 73 Von nun an werden<br />

über die Predigt Autorität und Vertrauen insofern neu verteilt, als der Vortrag gezielt auf den<br />

jeweiligen Hörer abstellt. Ausdifferenzierung ist die Folge. Bereits vom Ansatz her soll alles<br />

verständlicher werden. Daraus versprechen sich die 1799 anonym erschienen Homilien für<br />

Landgemeinen tatsächliche „Belehrung, Erbauung und sittliche Anregung“. Blindes – oder darf<br />

man vielleicht gar sagen – christliches Vertrauen scheint aus dieser Sicht gescheitert zu sein.<br />

Abhilfe verspricht „Einfachheit und Schlichtheit“ mitsamt einer „entsprechenden Kürze“, so<br />

1883 auch Otto Schulz, der nichts mit dem <strong>Frankenheim</strong>er Pfarrer Schultz zu tun hat, bei der<br />

Vorstellung seiner Landkirchenpredigten. Wie alle sonstigen Predigten dieser Art waren sie<br />

praktisch – und dies sollte im Fall von <strong>Frankenheim</strong> und Birx nie übersehen werden – zuallererst<br />

auf den Dorfschullehrer zugeschnitten. Er hatte die einschlägigen Texte vorzulesen. Man<br />

beachte nur die Besitzervermerke, dort werden ja die Adressaten beim Namen genannt. Auf der<br />

gleichen Linie verlief die weitere Entwicklung. Die Pfarrer der neuen Parochie „<strong>Frankenheim</strong><br />

mit Birx“ waren selbst nach 1866 keineswegs immer zur Stelle und wenn, passten sie sich wohl<br />

eher dem allgemeinen Trend an.<br />

Generell war man nämlich bemüht, sich auf die neuen Anforderungen im Gefolge einer sich<br />

auflösenden, tief wandelnden Gesellschaft einzustellen. Um Glaubensverluste wettzumachen,<br />

sich in einer Zeit zu bewähren, in der das „göttliche Ansehen der Schrift“ nicht mehr über jeden<br />

Zweifel erhaben ist, suchte Pfr. Römheld 1881 dem „Volke“ das „heilige Evangelium in<br />

Predigten … zu erzählen und auszulegen“. Otto Armknecht verfasste 1896 kurze<br />

„Zeitungspredigten“, damit er den Christen noch erreicht, was sogar auf den selbstbewussten<br />

<strong>Frankenheim</strong>er Pfarrer nicht ohne Wirkung blieb. Otto Schultz kaufte sich sein Exemplar Jahre<br />

danach, zu Beginn des Ersten Weltkrieges, verrät der Innendeckel des schmalen Bändchens.<br />

Der ländliche Raum sollte aber eine eigene, letzten Endes sprachlich-formale Aspekte weit<br />

übersteigende Lösung hervorbringen. Zunächst scheint ab der Wende zum 20. Jahrhundert noch<br />

bei den Landkirchenpostillen des 18. Jahrhunderts angesetzt worden zu sein. Hierhin gehören<br />

zwei Predigtbücher aus der näheren Umgebung: Pfr. Kaisers Ansprachen für Nebengottesdienste<br />

(1900) und seine 1902 publizierte Sonntagsklänge, „eine Sammlung von Nachmittagspredigten<br />

zum Vorlesen in Landgemeinden“. Unter Berufung auf Band eins der Monatsschrift für die<br />

kirchliche Praxis versuchte der Stettener Pfarrer in erster Linie auf die dörfliche Lebenpraxis<br />

abzuheben, auf „Haus, Kirche (und) Gemeinde, Sitte, Natur (und) Arbeit“. Indem man sich den<br />

„Aufgaben und Erfahrungen des ländlichen Lebens“ stellte, wurde in einer Zeit städtischer und<br />

72 Speziell zur Ausgabe 1553, die in der Turmbibliothek der Stiftskirche von Römhild zu finden ist, vgl. Karl Zeitel,<br />

Die Reformation im Henneberger Land von den Anfängen bis zur Annahme der Augsburgischen Konfession durch<br />

Wilhelm von Henneberg nach zeitgenössischen Zeugnissen, Hildburghausen 1994, S. 85.<br />

73 Raymund Dapp, Predigtbuch für christliche Landleute zur häuslichen Andacht und zum Vorlesen in der Kirche.<br />

Auf alle Sonn- und Festtage des ganzen Jahrs nach den Evangelien. Herausgegeben von … Berlin und Stettin 1788,<br />

S. (4-5) und (12-13) (Pfarrarchiv <strong>Frankenheim</strong>/Birx, 061127/11).<br />

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