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Frankenheim - Landeskirchenarchiv Eisenach

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insbesondere der Eheleute, vom strikten Verbot des vorehelichen Geschlechtsverkehrs ganz<br />

zu schweigen. Aber auch die Tanns waren im gleichen Maß auf ihr Seelenheil bedacht. Das<br />

allgemeine Versorgungsdenken, das man der Ritterschaft nachsagt, machte vor dem<br />

Immateriellen nicht Halt. Erlösung und ewige Seligkeit standen auf dem Spiel, weswegen lieber<br />

auf sonstige Vorteile verzichtet wurde. Hauptsache, es würde aller Erwartung nach, d. h. nun<br />

eben mal juristisch verbindlich, für die Tanns um Gottes Hilfe gebetet. Gewisse Schwankungen<br />

beim allmählichen Niedergang der Reichsritterschaft könnten auch auf derart verborgene und<br />

andererseits für die damalige Zeit auf der Hand liegende, weil essenzielle Einsätze<br />

zurückzuführen sein.<br />

Von da aus gesehen wird auch jede weitere juristische Gewichtung leichter verständlich. Zum<br />

Beleg sei wiederum gleich am Fall argumentiert. Denn gewissermaßen zur Bestätigung dessen,<br />

dass selbst die bloße Duldung der drei ältesten <strong>Frankenheim</strong>er Predigtwerke einen Rechtsakt mit<br />

konstitutiver Wirkung darstellt, expandierte das Meininger Konsistorium 1615 in Unterweid. 71<br />

Ganz wie die „Einlieferung“ der hennebergischen Agende von 1582 durch den Pfarrherrn von<br />

Oberweid, Valentin Henno, auf Seiten der Tanns vermutlich als Okkupation von Unterweid bzw.<br />

als Übergriff des Meininger Auftraggebers in tannische Befugnisse angesehen wurde, liefe der<br />

Einsatz bedeutender und gerade für den Gemeindegottesdienst unbedingt zentraler Bücher in<br />

<strong>Frankenheim</strong> auf eine Zementierung des sächsisch-hennebergischen Einflusses hinaus. Da<br />

sollten nicht allein zwei arme Bergdörfer ausstaffiert, sondern gleichzeitig – wie in Unterweid –<br />

der Status einer sächsisch-hennebergischen Filialgemeinde herausgestrichen werden. Was im<br />

Zeitalter der konfessionellen Auseinandersetzungen nicht ausschloss, dass auch das<br />

Glaubenslebens gestärkt werden soll. Beides geht untrennbar ineinander über. Immer unterstellt,<br />

dass diese großen Predigtwerke tatsächlich vor 1660 in Birx und <strong>Frankenheim</strong> zum Einsatz<br />

kamen, wäre das für das Meininger Konsistorium insofern keine Überraschung gewesen,<br />

schließlich geht diese Institution aus dem 16. als dem großen Jahrhundert auch der Juristen<br />

hervor.<br />

Juristisches Verständnis demonstriert schon die inhaltliche Homogenität der Agende von 1582<br />

und ihrer im Oberweider wie im Unterweider Exemplar anzutreffenden handschriftlichen<br />

Zusätze. Neben den religiösen Bezügen hat alles irgendwie mit rechtlicher Formalisierung zu<br />

tun, vom Text der Kirchenordnung selber über die oben erwähnten Vorfälle in Unterweid bis hin<br />

zur hoheitlichen Überantwortung von <strong>Frankenheim</strong> und Birx an die Großpfarre Oberweid<br />

(1657). Nicht anders ist es, wo sich der ab 1653 in Oberweid amtierende Pfr. Sell an seine<br />

frühesten Anfänge erinnert, an seine offzielle Bestätigung. Und Vergleichbares gilt für das kaum<br />

entzifferbare, halb zerstörte Handschriftenfragment im Oberweider Exemplar. Dort, auf der<br />

Innenseite des Vordeckels, geht es um den Oberweider Kirchweihtag vom 28. September 1582,<br />

dem Tag des Erzengels Michael, und die genau aus diesem (patronats)rechtlich wie gemeindlich<br />

ungemein wichtigen Anlass erfolgte „Zustellung“ der hennebergischen Agende desselben Jahres<br />

an das seinerzeitige „Filial Oberweida“. Dieser Gemeinde wurde erst „A(nn)o 1612 zur<br />

Hauptpfarr gemacht“, schrieb Pfr. Sell unmittelbar darüber; Unterweid sei im selben Zug,<br />

folglich 1612 „dazu“ gekommen.<br />

Um das Thema etwas zu variieren und gleichzeitig einen enormen zeitlichen Sprung zu tun:<br />

Nicht minder interessant ist es, wie diese kleine Bibliothek und ihre Predigtsammlungen den<br />

nicht unproblematischen Übergang zur sog. Volkskirche nachzeichnen. Auch wenn sich schon<br />

im Zeitalter der hennebergisch-schleusingischen Reformation die Nürnbergische Agende<br />

71 Zu den folgenden zwei Absätzen vgl. die handschriftlichen Ergänzungen am Anfang und am Ende von Des<br />

Durchlauchtigen Hochgebornen Fürsten und Herrn, Herrn Georg Ernsten, Graven und Herrn zu Henneberg etc.,<br />

Kirchenordnung, wie es in S. F. G. Fürstlicher Graff(-) und Herrschafft beide mit Lehr und Ceremonien christlich<br />

und Gottes Wort ebenmeßig gehalten werden sol, Schmalkalden: gedruckt bey Michel Schmuck, 1582 (Pfarrarchiv<br />

Oberweid, Exemplar Unterweid, Exemplar Oberweid).<br />

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