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Frankenheim - Landeskirchenarchiv Eisenach

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Wir verfügen sogar über zwei Bewerbungsschreiben, in denen 1613 um die<br />

<strong>Frankenheim</strong>er Schullehrerstelle ersucht wird. Angesprochen werden die „ … hochgelahrten<br />

Chur und Fürstlichen Sächsischen, zu Regirung der f(ürstlichen) Graveschafft Hennebergk<br />

wolverordneten Herrn Cantzler und Räthe zu Mainungen“. Dass sich beide Schreiben bis heute<br />

in der vierten Sektion des Gemeinschaftlichen Hennebergischen Archivs befinden, ist dann nicht<br />

mehr als konsequent, aus unserer Perspektive aber genauso viel sagend. 68 Wie es aussieht, gab es<br />

mehr als lose Kontakte zwischen <strong>Frankenheim</strong> und der Gemeinschaftlichen Regierung, hatte in<br />

der nachhennebergischen Ära Sachsen das Sagen und galten sächsisch Geschulte als die<br />

stärkeren Partner. Und die Bestellung von Melchior Städler zum Lehrer von <strong>Frankenheim</strong> und<br />

Birx, so geschehen im Jahr 1641, und die Bestätigung dieser pfarrherrlichen, von Seiten der<br />

Tanns bekämpften Ernennung durch das sächsisch-hennebergische Konsistorium im Jahr 1655<br />

sind insgesamt gesehen nur ein Grund mehr. 69 Geradezu folgerichtig scherten die <strong>Frankenheim</strong>er<br />

und Birxer aus der Wüstensachsener Hauptpfarre aus, um sich, was dies angeht, nun nach<br />

Kaltenwestheim zu wenden. Der öfters zitierte Rezeß, auf den hin <strong>Frankenheim</strong> und Birx 1614<br />

hennebergisch geworden seien, bestätigte lediglich eine sich längst anbahnende<br />

Kräfteverschiebung, stellt bloß eine Etappe auf dem langen Weg tannisch-rittterschaftlicher<br />

Verluste dar.<br />

Dass bei all dem Vorsicht geboten ist, keine voreiligen Schlüsse gezogen werden dürfen, um<br />

dies zu unterstreichen, würden wir nicht noch auf den Wiederkauf von 1693 eingehen. Seinerzeit<br />

kam es zu einer Absprache bezüglich mehrer Dörfer in der Nähe von Kaltensundheim.<br />

Vertragsschließende sind der Herzog Johann Georg II. zu <strong>Eisenach</strong> und, wie die<br />

Kaltenwestheimer Pfarrchronik 70 fortfährt, „der Ritterhauptmann Heinrich von (der) Tann“.<br />

Jener Wiederkauf sei vielmehr deswegen kommentiert, weil derart sprechende Beispiele für eine<br />

zutiefst religiöse Selbstbeoabachtung in diesem Zusammenhang nicht leichthin übergangen<br />

werden dürfen. Christliche Heilserwartung machte Leben und Sterben aus, ihrer suchte man sich<br />

um jeden Preis zu versichern. So fern ist uns dieses ständisch verfaßte Universum mit seiner<br />

spezifischen Kirchlichkeit und einem unbedingten Gottesbezug geworden, dass ein heutiger<br />

Betrachter ob der unüberbrückbaren Differenz wie von allein in Bann gezogen wird. Zumal eine<br />

ausgesprochen rechtliche Absicherung von Besitzständen selbst übersinnlicher Natur hinzutritt,<br />

Konflikt und Krise demnach von vornherein einbezogen werden, scheint nunmehr der<br />

existenzielle Kern erreicht. Wir begegnen an ihrer Basis alteuropäischer Vergesellschaftung und<br />

Lebensgestaltung selbst da, wo diese Maßstäbe nicht eingehalten werden konnten.<br />

Die vertragliche Abtretung an die Tanns bezieht sich 1693 auf die Dörfer Kaltensundheim,<br />

Mittelsdorf und Kaltenwestheim, daneben auf Erbenhausen, Reichenhausen und Oberweid.<br />

Folglich unterstand das Kaltenwestheimer Kirchspiel den Herren von der Tann. 1728 löste<br />

Johann Wilhelm, Herzog zu <strong>Eisenach</strong>, sämtliche Dörfer wieder ein. Bis dahin stand den Tanns<br />

die Zivil- und Kriminalgerichtsbarkeit zu; das Gericht befand sich in Kaltensundheim. „Die<br />

Geistlichen und das Kirchenwesen blieb (sic) dagegen unter dem Oberconsistorium zu<br />

<strong>Eisenach</strong>.“ Bei Vertragsschluss, im Jahr 1693, hatte sich Johann Georg II. das sog.<br />

Episkopalrecht vorbehalten. Im Gegenzug musste in den Kirchgebeten derer von Tann sogar<br />

namentlich gedacht werden. In einem uns Heutigen kaum vorstellbaren Ausmaß wollte bei<br />

geistlichen Dingen keine Seite das kleinste Zugeständnis machen.<br />

<strong>Eisenach</strong> nicht, hier wurde alle weltliche Macht einschließlich ihrer Zugewinne vorübergehend<br />

geopfert, nicht jedoch der Einfluss auf die Geistlichkeit und nicht die konsistoriale Lenkung<br />

68<br />

Vgl. das Schreiben von Peter Unsleben bzw. Usleyber, U(h)rspringen, 18.11.1613; ein zweites Schreiben ist<br />

weder unterzeichnet noch datiert, vom Inhalt her indes auf dasselbe Jahr festzulegen; beides in Thüringisches<br />

Staatsarchiv Meiningen, Sektion IV, Nr. 207.<br />

69<br />

Chronik im Anhang des Kirchenbuches von <strong>Frankenheim</strong> und Birx, 1656-1756, fol. 344r (Pfarrarchiv<br />

<strong>Frankenheim</strong>/Birx, K034/664*).<br />

70<br />

Zum Folgenden vgl. Acta des Pfarramtes Kaltenwestheim (Anm. 12), S. 142.<br />

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