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Frankenheim - Landeskirchenarchiv Eisenach

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Heinrich Dietzel, der am Himmelfahrtstag 1687 erstmals als „ludimagister“ die Reihe der<br />

<strong>Frankenheim</strong>er Kommunikanten anführte. 64<br />

Auf besonders schöne Ausgaben, auf ein makellos gebundenes Werke oder auf ein gänzlich<br />

komplettes, kam es bei solchen Käufen angesichts der Not nicht an. In Erinnerung an die<br />

sicherlich mangelhafte Ausstaffierung von amtlicher Seite war keine Zeit zu verlieren. Ohne die<br />

wenigen Hinweise überstrapazieren zu wollen: Die große Schar der Entwurzelten – auch<br />

Studenten und aus der Bahn geworfene Pfarrer oder Pfarrerswitwen – , die einem in den<br />

Oberweider Kirchrechnungen des späten 17. Jahrhunderts als Almosenempfänger begegnen, bot<br />

hinreichend Gelegenheit für derartige Geschäfte. Im vorliegenden Fall musste ohne Zögern<br />

zugegriffen werden, obwohl alle drei Predigtsammlungen nicht einmal die Normalsituation<br />

abzudecken versprachen. Mit der Genesis, dem Leichenbegängnis und der Augspurgischen<br />

Confession bezog sich jede eher auf recht spezielle Themen. Wer sich aber auf der Hohen Rhön<br />

und gar im Umfeld des Dreißigjäjrigen Krieges als kleiner Schulmeister durchschlagen musste,<br />

war flexibel, wusste sich einzurichten, konnte sich die Texte zurechtlegen. Gerade auch<br />

konfessionell war immer Bedarf, wie 1743, beim erwähnten Bekehrungsversuch des<br />

katholischen Pfarrers aus Wüstensachsen am Birxer Lehrer Schlotz(en)hauer. Dieser vermochte<br />

immerhin, als wenn nichts dabei wäre, auf sein Wissen um die Augspurgische Confession zu<br />

pochen. 65<br />

Unsere Vermutungen stützen sich zudem darauf, dass die angesprochenen drei<br />

Predigtsammlungen unbestreitbar einen auffällig eigenen Block innerhalb des übrigen<br />

Bücherbestandes abgeben. Von ihnen wurde in späteren Jahrhunderten schwerlich etwas für die<br />

<strong>Frankenheim</strong>er oder Birxer Kirche bzw. auch nur privat einzeln hinzugekauft. Alle weiteren<br />

Predigttexte entstammen gänzlich anderen Gegenden bzw. Druckorten. Das beginnt mit<br />

Nürnberg und ist danach vergleichsweise weit gestreut. Und zeitlich klafft, was die<br />

Predigtliteratur betrifft, eine gewaltige Lücke von circa hundert Jahren. Vorher sind in dieser<br />

Bibliothek keine zusätzlichen Sammlungen anzutreffen. So ziemlich alles weist infolgedessen<br />

darauf hin, mit diesen drei Bänden sei tatsächlich von privater Seite und fast in einem Zug dem<br />

Gottesdienst beider Filialdörfer dann zugearbeit worden, als von Meiningen aus mit einem<br />

starken Konsistorium und einer solchen Aufsicht zu rechnen war. Demzufolge spitzt sich alles<br />

auf die Jahre vor und während des Dreißigjährigen Krieges zu.<br />

Seinerzeit, und auch davon soll ausgegangen werden, dürfte ein für progressiv erachtetes,<br />

erstarktes Meininger Konsistorium derartige sächsisch-schleusingische Predigtsammlungen<br />

privilegiert haben. Wenn man schon nicht solch kostspielige Werke einem Rhöner Schulmeister<br />

an die Hand geben konnte, hatte Meiningen sicherlich nichts dagegen, wenn die Gottesdienste<br />

auf dieser Basis gestaltet wurden. Ein brillanter Verwaltungsspezialist wie Magister Wolfgang<br />

Seber, der in Suhl geboren worden war und bezeichnenderweise in Leipzig studiert hatte, 1599<br />

zudem Konrektor, danach Rektor des Schleusinger Gymnasiums geworden war, sollte 1612 nicht<br />

umsonst am Meininger Konsistorium Assessor geworden sein und von da an zu dessen<br />

Aktivisten und Wortführern zählen. 66 Seber war unzweifelhaft der Stolz des „sächsischhennebergische(n)<br />

Consistoriums zu Meiningen“, wie die oberste Instanz 1653 bei den<br />

Betroffenen kurzerhand hieß. 67<br />

64 Vgl. Kirchenbuch von <strong>Frankenheim</strong> und Birx, 1656-1756, fol. 228r (Communicanten) bzw. 309r (Postille)<br />

(Pfarrarchiv <strong>Frankenheim</strong>/Birx, K 034/664*).<br />

65 Johann Caspar Schlotz(en)hauer, Bericht vom 1.7.1743, fol. 2r (Pfarrarchiv <strong>Frankenheim</strong>/Birx, K 003/2).<br />

66 So Ulrich Heß, Die Verwaltung der gefürsteten Grafschaft Henneberg (1584-1660). Behördenorganisation,<br />

Verwaltungspraxis und Beamtentum in der Zeit der gemeinschaftlich-sächsischen Landesherrschaft (ungedruckte<br />

Diss. phil., Würzburg, 1944), S. 270-271 (eingesehenes Exemplar: Thüringisches Staatsarchiv Meiningen, 6328).<br />

67 Acta des Pfarramtes Kaltenwestheim (Anm. 12), S. 113.<br />

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