Frankenheim - Landeskirchenarchiv Eisenach
Frankenheim - Landeskirchenarchiv Eisenach
Frankenheim - Landeskirchenarchiv Eisenach
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Diese bescheidene Ausrüstung gleicht strukturell, was die drei Predigtbände einmal mehr<br />
isoliert, der Bibliothek der Hauptpfarre – freilich mit dem gehörigen Abstand. Nach dem ersten<br />
Oberweider Bücherverzeichnis, 62 es wurde im Anhang der Kirchrechnung von 1683/84<br />
aufgestellt, waren die Bibel und Luthers Hauß Postill vorhanden, neben Veit „Dieterigs“<br />
Summarien und der Clavis Scripturae von Flacius. Erwähnt werden für Oberweid auch die<br />
Hennebergische und die Weimarische Agende sowie Franckens Geistliche(s) Harpfenspiel,<br />
Luthers Katechismus und sein Neues Testament. Am Ende stehen zwei Exemplare des<br />
<strong>Eisenach</strong>ischen Gesangbuches. Anschaffungen der Jahre 1686/87, 1689/90 und 1692/93, sie<br />
werden in den entsprechenden Kirchrechnungen und ihren Inventaren detailliert aufgeführt, seien<br />
mit den Namen Lencer, Albrecht, Priegel und dem bereits genannten Wieder nur stichworthaft<br />
umschrieben. Nimmt man alles zusammen, verfügten <strong>Frankenheim</strong> und Birx gemäß ihrer<br />
untergeordneten Position als Filialdörfer über eine durchaus vergleichbare, aber eben dürftigere<br />
Ausstattung, zu der Einheimische, wie Hans Stepper, wahrscheinlich auch noch beitragen<br />
mussten, sollte überhaupt ein Gottesdienst möglich sein. Auf den ersten Blick ist daran nichts<br />
ungewöhnlich. Mehr war hier ja eigentlich nicht zu erwarten.<br />
Bei näherer Betrachtung sind andere Szenarien aber überzeugender, spricht vieles für die drei<br />
Predigtsammlungen in ihrem engen Bezug zu <strong>Frankenheim</strong> und Birx. Das beginnt mit der<br />
Tatsache, dass jedes dieser Verzeichnisse nur das in die Kirche gehörige Schrifftum notieren,<br />
also über den Eigentümer Auskunft geben. Das wiederum folgt mittelbar aus dem eben zitierten<br />
Stiftungsvermerk, der Schenkung Hans Steppers, unmittelbar indessen aus einer dem 18.<br />
Jahrhundert zuzuordnenden Predigtsammlung zum Jahreskreis, mit der die Reihe der in die<br />
Birxer Kirche gehörigen Bücher eröffnet wird. Hier ist wortwörtlich vom Eigentum der Kirche<br />
zu Birx die Rede. 63 Uns hingegen interessiert, ob die ältesten drei Predigtwerke in der<br />
<strong>Frankenheim</strong>er Kirche oder bei den Lesegottesdiensten in Birx verwendet wurden.<br />
Wenn auch vielleicht nie letzte Klarheit zu gewinnen ist, gute Gründe sprechen dafür, dass die<br />
ältesten Predigtsammlungen in Privatbesitz waren und im Hinblick auf seine kirchliche Tätigkeit<br />
auf die eine oder andere Weise von einem Schulmeister angeschafft wurden, in der Folge aber<br />
unter seinesgleichen weitergegeben wurden, bevor sie letztlich dort ankamen, wo sie noch heute<br />
liegen. Angesichts einer äußerst schwierigen Quellenlage sind derartige Schlüsse notwendig, um<br />
auf diesem Terrain anhand einer solchen Hypothese weiterforschen zu können. Wiederum<br />
bewahrheitet sich: Je privater Geschichte ist, je mehr der Alltag interessiert, zumal auf dem<br />
flachen Land, desto lückenhafter präsentiert sich eine meist doch offizielle Überlieferung. Diese<br />
stellt im Zweifel auf die Herrschenden und amtliche Zeugnisse ab.<br />
Für unsere Vermutung spricht schon der Zustand der fraglichen Bände. Bei zweien fehlt nicht<br />
nur der Einband. Hier sind auch die ersten und letzten Seiten nicht mehr vorhanden,<br />
möglicherweise dem häufigen Gebrauch zum Opfer gefallen. Und genauso wenig ist<br />
auszuschließen, dass die Bände schon derart beschädigt gekauft worden sind. Bibliophile<br />
Interessen scheiden dann aber mit größter Wahrscheinlichkeit aus: Wer sollte schon in den<br />
kommenden Jahrhunderten am Kauf solch zerfledderter Werke ein Interesse gehabt haben?<br />
Näher liegt es, von den Schulmeistern der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts zu vermuten, sie<br />
hätten selber darauf gesehen, sich – verhältnismäßig preiswert – für ihre Aufgabe zu rüsten.<br />
Insofern darf Gewandtheit vorausgesetzt werden. Ein flüchtiger Kirchenbuch-Vermerk des<br />
frühen 18. Jahrhunderts, dem zufolge der „alte Schulmeister Dietzel“ eine „Postill … erhandelt“<br />
habe, wie dem Oberweider Pfarrer „erzehlet worden“ sei, deutet in diese Richtung. Gemeint ist<br />
62 Oberweider Heiligen Rechnung der beiden Heiligen Meister Herrn Hanns Röll und Thomas Gottbehüten ihres<br />
Einnehmens und Ausgebens von Petri 1683 biß 1684, fol. 19r (Pfarrarchiv Oberweid, A III 2b 121/8).<br />
63 Pfarrarchiv <strong>Frankenheim</strong>/Birx, 061127/4.<br />
50