16.12.2012 Aufrufe

Frankenheim - Landeskirchenarchiv Eisenach

Frankenheim - Landeskirchenarchiv Eisenach

Frankenheim - Landeskirchenarchiv Eisenach

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

lieferte. 58 Da wußte der Birxer teils schwere Anwürfe vorab damit zu parieren, der<br />

katholische Pfarrer halte sich zu Unrecht an ihn, einen „nicht gelehrten“ Parteigänger der<br />

„Evangelischen Religion“. Im alten Europa, nach dessen ehrzentrierter und gleichermaßen<br />

ständischer Logik, wäre nur ein evangelischer Pfarrer der richtige Gesprächspartner gewesen.<br />

Gerade damals war die beste Garantie für ein zutreffendes bzw. verbindliches Wort in<br />

Glaubensdingen ein entsprechend hohes Amt, ein dementsprechender Titel oder ein Auftreten<br />

bis in die Gestik hinein, das auf beides hindeutete. Das eine wie das andere verkörperte<br />

einschlägige (Qualitäts)kriterien, stand für Wissen, nährte zumindest bis zum Beweis des<br />

Gegenteils Vermutungen dieser Art.<br />

Die ersten Predigtsammlungen treffen auf kirchliche Verhältnisse, unter denen Birx nicht<br />

anders als <strong>Frankenheim</strong> bekanntlich nur höchst selten einen Pfarrer bemühte. Bis in die letzten<br />

Jahrzehnte des 17. Jahrhunderts hielt der <strong>Frankenheim</strong>er Lehrer, was Birx angeht, alle drei<br />

Wochen in einer Wohnstube den Lesegottesdienst. In <strong>Frankenheim</strong> war er immerhin an zwei von<br />

drei Sonntagen in der Kirche tätig. 59 So die Regel, die sich bis in die Besoldungsordnung des<br />

Oberweider Pfarrherrn fortsetzt: Zu Zeiten eines Johannes Mattaeus Sell, in der zweiten Hälfte<br />

desselben 17. Jahrhunderts, war laut Kirchenbuch an dieser Stelle festgelegt, „der Pfarrer (habe)<br />

das Jahr zweymal zu Franckenheim zu predigen und das H(eilige) Abendmal auszutheilen, alß<br />

d(en) Philippj Jacobj und Mattaej …“. 60 Alles andere wäre hier oben die strikte Ausnahme<br />

gewesen. Was dann jedoch in krassen Gegensatz zu den in dieser Bibliothek überlieferten<br />

Predigttexten zu treten scheint.<br />

Denn auffälligerweise sind vor allem die drei ältesten Sammlungen der Jahre zwischen 1605<br />

und 1633 von höchstem Niveau. Mehrere tausend Seiten handeln unter Aufbietung aller nur<br />

verfügbaren theologischer Gelehrsamkeit von der Genesis und speziell von Noach, auf die<br />

gleiche Art jedoch auch vom Augsburger Bekenntnis. Der letztgenannte Text geht auf eine<br />

Koryphäe wie Balthasar Meisner zurück, der 1618 über ebendiese Augspurgische Confession in<br />

der Wittenberger Schloßkirche gepredigt hatte. Hinzu kommen in der <strong>Frankenheim</strong>er Bibliothek<br />

eine beträchtliche Anzahl durch und durch barockisierter Leichenpredigten. Die übrigen<br />

Predigten desselben Sammelbandes sind unter anderem für eine Hochzeit bestimmt, aber<br />

deswegen vom Aufbau und Duktus her nicht weniger prätentiös. Umso mehr gilt dies für den<br />

letzten Text dieses Bandes, der von den französischen „Religionsverwandten“ handelt, und<br />

warum sie sich dem „Printzen von Conte“ angeschlossen hätten.<br />

Selbst wenn andere Schriften im Laufe der Jahrhunderte verloren gegangen sein sollten: Ein<br />

solches Zusammentreffen ist derart ungewöhnlich, dass erst einmal alles gegen eine<br />

gottesdienstliche Verwendung in der ärmlichen, vom Schulmeister geleiteten <strong>Frankenheim</strong>er<br />

Kirche jener Jahre oder gar in den Birxer Lesegottesdiensten spricht. Mehr noch, zieht man das<br />

erste <strong>Frankenheim</strong>er Inventarverzeichnis heran – es ist der Handschrift nach wiederum auf die<br />

Jahre von Pfarrer Sell zu datieren, also auf die Zeit von 1653 bis 1694 – so fehlen diese Bände.<br />

Angeführt werden vielmehr die erwähnte (Wittenbergische) Bibel, sie soll von dem<br />

Kirchenältesten Hans Stepper gestiftet worden sein, und eine Catechismus Außlegung, die<br />

Weimarische Kirchen-Agende und das <strong>Eisenach</strong>ische Gesangbuch. Vorhanden waren<br />

ursprünglich auch zwei Postillen von Wieder und eine dritte, deren Autor nur noch von seinem<br />

Vornamen Christian her zu entziffern ist. Alle drei Werke wurden aber nachträglich gestrichen,<br />

waren also mittlerweile untergegangen. 61<br />

58 Pfarrarchiv <strong>Frankenheim</strong>/Birx, K 003/2.<br />

59 Vgl. die Stellungnahme der Gemeinde <strong>Frankenheim</strong> vom 4.11.1686, ediert von Pfr. Kohlstock im Heft 12 der<br />

Heimatglocken des Kirchenkreises Ostheim, Jahrgang 1940.<br />

60 Kirchenbuch von <strong>Frankenheim</strong> und Birx, 1656-1756, fol. 311v (Pfarrarchiv <strong>Frankenheim</strong>/Birx, K 034/664*).<br />

61 Kirchenbuch von <strong>Frankenheim</strong> und Birx, 1656-1756, fol. 309r (Pfarrarchiv <strong>Frankenheim</strong>/Birx, K 034/664*).<br />

49

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!