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Frankenheim - Landeskirchenarchiv Eisenach

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Kirchen-Buches von 1718. 52 Hier werden diejenigen Korrekturen von höchster Bedeutung<br />

minuziös aufgezählt, die im Verlauf des 17. Jahrhunderts zu acht verbesserten Editionen dieses<br />

anfänglich nur der Hl. Schrift gewidmeten, später erst um weitere normative Texte erweiterten<br />

Evangelienbuches Anlaß gaben. Nur hierüber rechneten sich die Vorläufer dieser jetzt einmal<br />

mehr erneuerten Epistel- und Evangelien-Sammlung. Im allgemeinen genügte ein Wort, um den<br />

bisherigen Text zu verwerfen und somit zu Makulatur zu machen.<br />

Ja, man scheute sich nicht, über Luther hinauszugehen. Allerdings durfte er von der nunmehr<br />

für unbedingt notwendig erachteten Einfügung unter keinen Umständen gewußt haben. Verlangt<br />

wurde sogar, dass Luther noch nicht einmal davon hätte wissen können. Aber auch alles mußte<br />

dafür sprechen, dass von dieser Seite niemals Einspruch gegen eine derartige Ergänzung<br />

eingelegt worden wäre. So etwa beim „Haupt- und Machtspruch: Drey sind, die da zeugen im<br />

Himmel, der Vater, das Wort und der heilige Geist, und diese drey sind eines“. Zwingend wurde<br />

die Übernahme in das neue Kirchen- und Evangelienbuch von 1718 letztendlich dadurch, dass<br />

sich vor allem die Frankfurter Bibelausgaben des späten 16. Jahrhunderts und im Anschluß daran<br />

die Wittenberger des frühen 17. Jahrhunderts bereits in diesem Sinne entschieden hatten. So viel<br />

Umsicht liess selbstredend auch nicht aus, dass 1619, zumal in einer Jenaer Disputation,<br />

endgültig abgeklärt worden sei, Wittenberger und Jenaer Bibeln jedenfalls würden auf diese<br />

Aussage zur „Göttlichen Dreyeinigkeit“ nicht verzichten.<br />

Die privilegierte Stellung, die bei Luther die Hl. Schrift in der von ihm vorgelegten deutschen<br />

Version einnimmt, impliziert für die nachfolgenden Generationen im gleichen Ausmaße die nie<br />

versiegende, viel versprechende Hoffnung, über eine sprachliche Aktualisierung etwaige<br />

Krisensyndrome ausbalancieren zu können. Und in der Tat liefert die <strong>Frankenheim</strong>er Bibliothek<br />

eine Reihe exemplarischer Fälle dafür, dass sich die Kirche vor allem mit Hilfe jüngerer<br />

Bibeleditionen der drohenden Moderne entgegenzustemmen suchte. Zunächst sei hierfür indes<br />

auf die Synopse des Pfarrers Karl Braune hingewiesen. Er begriff seine Erklärung von 1845 als<br />

Neulektüre einer im Grund „abgestorbenen Sprache“ und setzte gezielt auf Begriffe wie<br />

„Frömmigkeit“, „Sinnlichkeit“ usw. Sein Ziel war „Fortschritt in christlicher Gesinnung und<br />

christlicher Erkenntniß“. Braune versuchte, die seit den ersten Jahrzehnten seines Jahrhunderts<br />

wieder auflebende „lebendige Theilnahme an der Kirche Christi“ zu stärken. Sein Kampf galt<br />

denjenigen „feindlichen Elementen“, die sich immer noch gegen „Gott, Christus und Bibel“<br />

aussprächen. 53<br />

Exemplarisch ist auch die sog. Lehrerbibel von 1899, wo Schriftwort durch Schriftwort – so<br />

der Untertitel – erklärt werde. In Abwehr aller „antireligiösen Bewegungen“ berufen sich die<br />

Herausgeber auf die Fortschritte der Sprachforschung und der Geschichtswissenschaft sowie auf<br />

die neue Geographie und Altertumskunde, an erster Stelle natürlich auf ein „vertieftes Studium“<br />

der Bibel und der daraus „erwachsenden Auslegung und erbaulichen Anwendung“.<br />

Parallelstellen am Rande zusammen mit erläuternden Bemerkungen und richtigstellende<br />

Übersetzungen aus dem Grundtext tun ein Übriges hinzu. 54<br />

Die Einrichtung derartiger Kontrollorgane wie des Deutschen Revisionsausschusses, der<br />

diesen Grundtext abgesegnet hatte, ist nur ein weiterer Beleg, wenn auch der Text, den die<br />

Deutsche Evangelische Kirchenkonferenz 1936 billigte, laut des handschriftlichen Vermerks in<br />

52 Vgl. zu den zwei folgenden Absätzen F. S. Loeffler, Vorrede, zu: Vollständiges Kirchen-Buch, darinnen die<br />

Evangelia und Episteln … wie auch … die Kirchen-Agenda, die in den Chur-Sächßischen Ländern gebraucht<br />

werden, enthalten …, Leipzig 1718, S. (I-XLVI), insbesondere S. (II-IV) (Pfarrarchiv <strong>Frankenheim</strong>/Birx,<br />

061019/33).<br />

53 Karl Braune, Das Evangelium von Jesusu Christus. Synoptisch zusammengestellt und zur Erbauung erklärt von<br />

…, Grimma 1845, S. III-V (Pfarrarchiv <strong>Frankenheim</strong>/Birx, 061026/10).<br />

54 Die Bibel oder die ganze Heilige Schrift des Alten und Neuen Testaments. In Dr. Luthers Uebersetzung. Mit<br />

einem Leitfaden für Bibelfreunde …, Konstanz-Emmishofen (1899), insbesondere An den Leser vor dem nach S.<br />

290 beginnenden Leitfaden für Bibelfreunde (Pfarrarchiv <strong>Frankenheim</strong>/Birx, 061019/51).<br />

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