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Frankenheim - Landeskirchenarchiv Eisenach

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Wenn auch die exakte Identifizierung der frühesten Lutherbibel aufgrund ihres schlechten<br />

Zustandes noch aussteht, vermutlich handelt es sich wie in der ehemaligen Hauptpfarre<br />

Oberweid um eine sog. Wittenbergische Bibel: Schon jetzt lässt sich sagen, dass auch diese<br />

Bibliothek ein Zeugnis mehr dafür ist, wie man sich weit bis ins 18. Jahrhundert hinein in seinem<br />

christlichen Leben aus der Bibel heraus und das heißt im evangelischen Kontext aus Luthers<br />

Bibelübersetzung verstand. Sie war zum Leitstern geworden, aus ihr wurde gedacht, gelebt und<br />

gestorben. Lutherische Bibelfrömmigkeit, von der Traugott Koch in diesem Zusammenhang<br />

spricht, bliebe aber – und auch hierauf macht Koch in seiner äußerst lesenswerten Abhandlung<br />

zu Johann Habermanns oft aufgelegtem Betbüchlein (1667) aufmerksam – ohne den sprachlichen<br />

Aspekt unbegreiflich. 51 Von da sei hier auch noch auf das textuelle Moment und von dort<br />

wiederum auf die gesellschaftlichen Bedingungen und Konsequenzen geschlossen, wie sie der<br />

hiesige Buchbestand erkennen läßt.<br />

Zunächst ist aber festzuhalten, dass es sich in der Tat unter den Pfarrern und Schulmeistern<br />

dieser evangelisch-lutherischen Gemeinden von allein verstand, ab dem frühen 17. Jahrhundert<br />

mit der je neuesten Version der Luther-Übersetzung zu arbeiten und erst dann den Ihren<br />

gegenüber zu treten. Hierfür enthält die älteste Bibel unter anderem ein besonderes Register, an<br />

welchem Sonntag welche Epistel und welches Evangelium zu lesen ist. Altes und Neues<br />

Testament bilden aber auch in der Folge den Mittelpunkt, gleichgültig, ob gelehrt überarbeitet<br />

und kommentiert oder nur für’s „Volk“ aufbereitet, in ein heutiges Deutsch gebracht, wie es<br />

gelegentlich auch heißt. Speziell dafür sei kurz die mehrbändige Göttinger Ausgabe vom Anfang<br />

des 20. Jahrhunderts angeführt, daneben die sog. Einheitsübersetzung rund sechzig Jahre später.<br />

Dass beide auch sonstige Ziele verfolgen, widerspricht dem nicht.<br />

Welche Hilfestellung mitunter gleich von Anfang an geleistet wurde, wird an der dem<br />

<strong>Frankenheim</strong>er Evangelischen Jünglingsverein zugeschriebenen Bibel evident. In dieser Bibel-<br />

Ausgabe Halle 1895 legte man allen „Einfältigen“ August Herrmann Franckes Kurzen<br />

Unterricht, wie man die Hl. Schrift zu seiner wahren Erbauung lesen solle bei. Insoweit ist<br />

schließlich der Übergang zu den Nacherzählungen der letzten Jahrzehnte gefunden. Diese seien<br />

keineswegs gering geschätzt, ganz im Gegenteil. Noch die einfachsten Bilder und sonstigen<br />

Handreichungen, ob nun für Kinder oder Erwachsene, sind neben den jüngsten Paraphrasen ein<br />

zusätzlicher Beweis für solche Zentriertheit. Vom Ton wie von der übrigen Aufmachung her<br />

glaubte man offenbar, sich anders nicht mehr verständlich zu machen.<br />

Genauso wichtig scheint uns indessen, über diese erste Aufzählung hinaus das Luthersche<br />

Bibeldeutsch in Anlehnung an Traugott Koch als Ausgrenzung eines „prägnanten Sprachraumes<br />

für die christliche Wahrheitsüberzeugung“ zu begreifen. Wer den gesamten Bücherbestand<br />

Revue passieren lässt, dem fällt unweigerlich auf, in welch schroffem Gegensatz zu einer<br />

katholischen Bibliothek vergleichbarer Größe und derselben Jahrhunderte die deutsche Sprache<br />

das Feld beherrscht. Die theologische Lehre ist davon prinzipiell nicht ausgenommen, wie an<br />

dem unten erwähnten Balthasar Meisner und dessen Wittenberger Schloßkirchen-<br />

Kommentierung der Augsburgischen Confession, also im Jahre 1618 deutlich wird. Luther-<br />

Deutsch war im evangelischen Umfeld zur Sprache des Glaubens geworden, mit der<br />

unabwendbaren Konsequnez, dass hierum teils erbittert, jedenfalls so lange als irgend möglich<br />

gerungen wurde. Gewahrt werden sollte immer dann Gottes Wort, wie es in der Hl. Schrift zum<br />

Ausdruck kommt, wenn unter Einsatz aller verfügbaren Kräfte noch die kleinste Berichtigung an<br />

den bisherigen Ausgaben der Luther-Übersetzung vorgenommen wird.<br />

Um sich eine Idee davon zu machen und so die geradezu aufregende Vorgeschichte auch<br />

manch anderer Fassung zu erahnen, vertiefe man sich in die Vorrede des kursächsischen<br />

51 Traugott Koch, Johann Habermanns Betbüchlein im Zusammenhang seiner Theologie. Eine Studie zur<br />

Gebetsliteratur und zur Theologie des Luthertums im 16. Jahrhundert, Tübingen 2001, insbesondere S. 139-143.<br />

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