Frankenheim - Landeskirchenarchiv Eisenach
Frankenheim - Landeskirchenarchiv Eisenach
Frankenheim - Landeskirchenarchiv Eisenach
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
uns wiederholt auf, in welch hohem Maße erste Plätze des einen oder anderen<br />
Ortsverzeichnisses von Communicanten eingenommen werden, die mit allergrößter<br />
Wahrscheinlichkeit den örtlichen Honoratioren zuzurechnen sind. Der Schulmeister steht dabei<br />
als örtlicher Vertreter des Pfarrers und somit kirchlich gesehen geradezu zwangsläufig voran,<br />
meist gefolgt vom Dorfschultheißen. Bezeichnenderweise rückte 1663 der „praetor novus“<br />
unverzüglich vor den ehemaligen „Schultes“ bzw. „ex-praetor“. Und nicht weniger viel sagend<br />
überholte zwei Jahre zuvor der tannische Vogt Severinus Brauer aber auch alle <strong>Frankenheim</strong>er.<br />
Damit wurde ein Platz erobert, den – was ja noch aufschlussreicher ist – seine Ehefrau 1662 wie<br />
selbstverständlich allein halten konnte.<br />
In dieser alteuropäischen und daher vorwiegend ehrbestimmten Gesellschaft kam es, wenn<br />
man so will, nur bedingt auf den jeweiligen Inhaber an. Das Kapital der Ehre übertrug sich<br />
angesichts seiner ausgesprochen hohen Konvertibilität leicht auch auf Dritte, so dass etwa, wie<br />
eben gesagt, die Ehefrau des Vogtes – alle sonstigen Voraussetzungen einmal vernachlässigt –<br />
wie von allein in die damit verbundene hohe Position hineinwuchs. Umso sinnvoller,<br />
ökonomischer war es dann, die fragliche Ordnung so gut es ging abzubilden, zu objektivieren,<br />
vorzugsweise durch eine Liste der Communicanten mit ihrer kaum zu überbietenden, weil<br />
kirchlich garantierten Glaubwürdigkeit. Hier konnte der Kirchenälteste (senior) auf einen guten<br />
Rang zählen, wäre alles andere absurd vorgekommen. Schäfer (opiliones) oder ähnliche<br />
Neuankömmlinge hingegen, auch in diesem Rahmen bloß gemeines Volk, ohne jede<br />
gesellschaftliche Anerkennung, durften schon vom Prinzip her kein solches Vorrecht<br />
beanspruchen. Man vergleiche nur die Jahre 1681 und 1684.<br />
Ab dem Jahre 1676 kam an den Abendmahlstagen zur fest gefügten, in sich gegliederten<br />
dörflichen Gemeinschaft eine typischerweise separat notierte Anzahl sog. „Frembder“ hinzu. Sie<br />
stammten vorwiegend aus Melperts, auch von Wüstensachsen und Batten, also aus dem<br />
benachbarten Ulstertal. Nicht zu vergessen das winzige Huflar, das einer der tannischen Linien<br />
untertan war. In all diesen Fällen ist genaugenommen nicht lediglich von irgendwelchen<br />
„Ausländischen“ die Rede. Gemeint sind vielmehr jene, die „ex papatu“, aus dem Päpstlichen,<br />
herüberkommen, aus einem seit Jahren rekatholisierten Gebiet.<br />
Desto erstaunlicher, wie hierunter relativ hoch gestellte Persönlichkeiten zählen, so der<br />
Schulze von Melperts und derjenige von Batten, „Valten Böttger, Schulteiß zum Patten“ (fol.<br />
277v). Mögen die Zahlen auch schwanken, häufig nur für wenige Male neue Gläubige<br />
hinzugekommen sein, um auf diese Art zusammen mit einigen Nachbarn ihr lutherisches<br />
Bekenntnis im Verein mit <strong>Frankenheim</strong>ern und Birxern in die Tat umsetzen: Beachtenswert ist<br />
auf jeden Fall der nicht selten hohe Anteil derer, die Stunden vor der Abendmahlsfeier gleich<br />
einer Prozession bei jedem Wetter in die Rhön hinaufgestiegen waren. Demonstrativ und<br />
unbeirrbar wollten sie auf diese Art ihren Glauben noch unter widrigsten Bedingungen leben.<br />
Dann aber waren Birx und <strong>Frankenheim</strong>, worauf nun ja bereits mehrfach hingewiesen wurde,<br />
nicht ganz so isoliert, wie es zunächst den Anschein hat. Auch interkonfessionelle Ehen nehmen<br />
so gesehen kaum wunder. Der <strong>Frankenheim</strong>er Hanß Friedrich musste zwischen 1671 und 1674<br />
allein zum Abendmahl gehen, war doch seine Frau aus konfessionellen Gründen davon<br />
ausgeschlossen, den Herrn in beiderlei Gestalt zu empfangen.<br />
• Kirchenchronik<br />
Die <strong>Frankenheim</strong>-Birxer Pfarrchronik der Jahre nach 1866 reiht sich in eine Berichtspraxis ein,<br />
die für Sachsen-Weimar mit dem frühen 19. Jahrhundert beginnt. Anlässlich des<br />
Reformationsjubiläums von 1817 bestand das <strong>Eisenach</strong>er Oberconsistorium 1819 und dann<br />
neuerlich 1827 darauf, die Ortsgeistlichen hätten in Zukunft über kirchliche und schulische<br />
Merkwürdigkeiten, wie man treffend sagte, sowie über organisatorische Veränderungen und<br />
37