Frankenheim - Landeskirchenarchiv Eisenach
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nicht einen Moment und das zu Recht, gemessen an den allgemein für unvermeidlich<br />
erachteten Zwängen ökonomischer Art. Nur mindert das gemeindliche Mitarbeit. Bei ländlichen,<br />
anders strukturierten Kirchgemeinden insbesondere der neuen Bundesländer fühlt man sich<br />
leicht überflüssig, nicht mehr gebraucht, stellen sich vielleicht Enttäuschung ein. Ohne dass man<br />
sich’s versieht, hat sich der eine oder andere abgekoppelt. Technologische Neuerungen an sich<br />
bieten insofern keine Hilfe. Sie lassen diesen Prozess vielmehr eskalieren. Da ist eine<br />
Gratwanderung vonnöten, sollen die technischen Gewinne nicht zu Verlusten werden.<br />
<strong>Frankenheim</strong> und Birx deuten so über ihre Geschichte der Kirchrechnungsführung auf Gefahren<br />
hin, die weit über die örtlichen Gegebenheiten hinaus Kirche und Christen in einer zunehmend<br />
pluralistischen Gesellschaft mit ihrer Vielfalt konkurrierender Angebote noch zusätzlich<br />
bedrohen.<br />
• Kirchenbücher<br />
Die Register beider Kirchgemeinden sind mehr als eine bloße Ansammlung von Namen und<br />
keineswegs, wie das Kirchenbuch von Harbke in der Darstellung von Wilhelm Eule 47 , ein Schatz<br />
wehmütig stimmender Anekdoten. Eher hat man es mit einer Fülle verschiedenartiger Daten zu<br />
tun, mit einem versachlichten, konfessionell geprägten Gedächtnis, das selber zum Zeugnis<br />
gelebter Geschichte geworden ist. Für Letzteres verweisen wir einzig auf die Instruction vom 1.<br />
Januar 1799. Mit dem entsprechenden Anschreiben des <strong>Eisenach</strong>er Oberconsistoriums ist sie im<br />
Vorspann jenes Verzeichnisses der Copulierten, Geborenen und Gestorbenen der Kirchgemeinde<br />
<strong>Frankenheim</strong> nachzulesen, das die Jahre 1799 bis 1837 umfasst. Erklärtes Ziel ist eine<br />
grundlegende Reform des Kirchenbuchwesens. Über die Einhaltung dieses „Regulativs“ haben,<br />
wie es das Konsistorium im Begleitschreiben ausdrücklich verlangt, künftige Visitationen aufs<br />
Genaueste zu wachen. Zur Erläuterung sind im Anhang „Schemata“ beigegeben, Modelle und<br />
Musterfälle, an denen sich die Kirchbuchführer über die Instruktion hinaus zusätzlich orientieren<br />
müssen.<br />
Inhaltlich tragen die Einzelanweisungen von 1799 zu einer bislang unbekannten Technik des<br />
Registrierens bei, begründen eine Transparenz, die schon bei der Kirche zu neuartigen<br />
Personenstandsverzeichnissen führte. Über diese Schiene beginnen sich die späterhin allerdings<br />
staatlich geführten Zivilregister vom Ende des 19. Jahrhunderts auszukristallisieren. Der<br />
Einzelne lässt sich von daher gesehen punktgenau verorten, planvoller einsetzen, mit ihm ist<br />
künftig in der Tat zu rechnen und das in des Wortes doppelter Bedeutung. Er wird zum<br />
Gegenstand jener möglichst effizienten Verwaltung, die uns bis zum heutigen Tag auf Schritt<br />
und Tritt begegnet, zumindest als solche begegnen möchte. Selbst noch diese kleinen Gemeinden<br />
und ihre Pfarrer, sei es in Oberweid oder danach von <strong>Frankenheim</strong> aus, trugen zu dieser<br />
Entwicklung bei, als sie sich in den kommenden Jahrzehnten an einer so überaus wichtigen, im<br />
Grunde Kirche, Staat und Gesellschaft umformenden Aktion beteiligten.<br />
Auf den ersten Blick mag es sich in der Instruction bloß um Kleinigkeiten handeln, doch sind<br />
deren Konsequenzen gravierend. Da wird darauf gedrungen, nur gutes, starkes, nicht<br />
durchschlagendes Papier zu verwenden, offensichtlich, damit der Text lesbarer wird. Auf<br />
Foliobände ist zurückzugreifen und nicht mehr auf Kleinformate, weil sich letztere weniger<br />
„bequem aufschlagen lassen“. Wie das erste <strong>Frankenheim</strong>-Birxer Kirchenbuch von 1656 durch<br />
seine Unhandlichkeit leicht verständlich macht, soll also von nun an jedes lästige Zuklappen und<br />
erneute Aufschlagen und demzufolge jeder hierauf zurückzuführende Irrtum, ja der kleinste<br />
Zeitverlust vermieden werden. Einmal mehr sind wir an der für Historiker mittlerweile<br />
vertrauten Schwelle vom 18. zum 19. Jahrhundert angelangt, demzufolge an einer Wende, die im<br />
32<br />
47 Wilhelm Eule, Das alte Kirchenbuch erzählt, 2. Auflage, Berlin 1956.