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Frankenheim - Landeskirchenarchiv Eisenach

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schnellerer Geldumlauf mit entsprechenden Profiten an. Hierzu wiederum passt es, dass im<br />

selben Zeitraum verstärkt Einzelbelege aufbewahrt wurden. Freilich trägt da alles noch den<br />

Charakter des Zufälligen. Mit den detaillierten Beleg-Mappen späterer Tage konnte man<br />

seinerzeit noch nicht aufwarten.<br />

Ein letztes Indiz für diese neue Art der Finanzverwaltung ist schließlich, bis zu welchem Grad<br />

daneben sog. Erinnerungen der Abnahmestelle ausgebaut und – systematisch gesammelt –<br />

entsprechend sorgfältig aufbewahrt wurden. Birx liefert für die Jahre 1829 und 1830<br />

unbestreitbar das sinnfälligste Beispiel. Es kommt gar zu einem eigenen Heft von Monita,<br />

Beantwortungen und Resolutionen. Den Anfang davon bildet wohl nicht rein zufällig eine<br />

Korrektur der bislang üblichen Art und Weise, die „Kapitalien“ bis auf die Stellen hinter dem<br />

Komma genau zu erfassen. Womit zugleich dasjenige Thema gefunden war, das wie ein roter<br />

Faden dieses mehrere Folios umfassende Schriftstück durchziehen sollte. Von Einzelheiten<br />

abgesehen: Über die ausführliche Verschriftlichung und durchdachte Systematisierung eines<br />

immer tiefer ansetzenden Prüfungsverfahren war die Möglichkeit für Kleinstberichtigungen, ja<br />

für situatives Entscheiden gegeben, wurde ein sich selbst korrigierendes Wirtschaften im<br />

Mikrobereich auch der kleinsten Kirchdörfer und ihrer unmittelbar vorgesetzten Stellen denkbar.<br />

Unter Monitum 7 wird, als wenn es noch eines zusammenfassenden Stichwortes bedurft hätte,<br />

eine „zweckmäßige Ordnung“ der nächsten Kirchrechnungen verlangt, was nichts anderes als ein<br />

profitableres Wirtschaften anvisiert, die volle Nutzung der zur Verfügung stehenden Mittel.<br />

Wenn wir gleich mehrmals von der Modernisierung der Rechnungen gesprochen haben, ist<br />

damit weder von einem linearen Prozess ausgegangen noch gemeint, dass heutige Perfektion den<br />

idealen Endzustand abgibt. Dafür sind Brüche nur zu leicht auszumachen, ähnlich den Risiken,<br />

die mit der vor Jahrhunderten eingeleiteten Entwicklung zwangsläufig einhergehen. Zur<br />

Illustration sei auf die Inflationsjahre verwiesen, in denen die Zerbrechlichkeit dieses scheinbar<br />

unüberbietbaren Systems zutage trat. Für Birx erweist sich anhand der Kirchrechnung von 1924<br />

und ihrer Beiakten, wie der nicht vor 1928 mögliche Erinnerungsbescheid des<br />

Landeskirchenrates in seiner scharfen Kritik zugleich den Zusammenbruch markiert. Über dieses<br />

Jahr hinaus müssen in Birx noch weitere Jahre vergehen, bis die Finanzen wieder geordnet sind,<br />

alles seinen normalen Verlauf nehmen kann.<br />

Ein Prüfungsbericht derselben Stelle, jetzt für <strong>Frankenheim</strong>, zeigt 1927 hinsichtlich der Jahre<br />

1921 bis 1924 vergleichbare Defizite an. Wenn nicht alles trügt, war man vor Ort den<br />

finanziellen Wirrnissen und den sich daraus ableitenden, immer höheren Anforderungen der<br />

Kirchenleitung nicht mehr gewachsen. Insbesondere gelang es nicht, vor allem Wirtschaften<br />

zunächst einen Haushaltsplan nach den neuesten Regeln des § 2 Kirchrechnungsverordnung<br />

aufzustellen. Auch sah man sich offenbar außerstande, den Eigentümer des Pfarrgebäudes<br />

juristisch einwandfrei zu ermitteln. Längst war aus dem Blick geraten, ob und welche Zuschüsse<br />

die politische Gemeinde zu leisten hat.<br />

Die allerjüngste Entwicklung beweist gerade auch an den Kirchrechnungen und der Art ihrer<br />

Erstellung, dass es sich bei der Großen Inflation der zwanziger Jahre mitnichten um einen bloßen<br />

Unfall handelt. Seinerzeit ging es ja um strukturelle Schwächen. Das Wagnis einer um sich<br />

greifenden, längst überbordenden Verrechtlichung im Gefolge jener einseitig betriebswirtschaftlichen<br />

Steuerung ist kaum noch zu übersehen. Illusionen greifen in dem Maß Platz, als<br />

totale Transparenz und folglich Planbarkeit auch kirchlicher Belange für durchaus möglich<br />

gehalten wird. Zielvorgaben verschieben sich. Seelsorgerliche Aufgaben können hierüber zu<br />

kurz kommen. Kirche im Wandel gibt sich an dieser Stelle heutzutage womöglich selber auf.<br />

Wenn neuerdings vergleichsweise zentrale, professionell arbeitende Büros die<br />

Kirchrechnungen übernehmen, so die Buchungs- und Kassenstelle bei der Superintendentur Bad<br />

Salzungen-Dermbach, scheint zunächst alles zum Besten bestellt. Gerade eine wirtschaftlich<br />

denkende Pfarreiführung greift derartige Angebote bezeichnenderweise sofort auf, zögert auch<br />

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