Frankenheim - Landeskirchenarchiv Eisenach
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gemeinsames oder getrenntes Vorgehen ist genau das, was uns in diesem Fall von einem<br />
neuen Wirtschaftsdenken ausgehen läßt.<br />
Am selben Birx ist zudem gut zu beobachten, wie sich, von 1704 her betrachtet, allmählich<br />
eine dreijährige Rechnungslegung einpendelte. Kürzere Zeiträume hätten anscheinend den<br />
örtlichen Verhältnissen widersprochen, wären wohl unwirtschaftlich gewesen. Allgegenwärtige<br />
Instabilität war gerade in schweren Zeiten möglichst zu meiden. Erstmals tauchten überdies<br />
gesonderte Hefte auf, in denen nur die Kirchrechnung Platz findet. Auch kam es schon im frühen<br />
18. Jahrhundert zu einer Präzisierung, die aufhorchen lässt. Wir beziehen uns wiederum auf die<br />
Birxer Rechnung von 1716 bis 1718. Sonntag für Sonntag wurde von da an der Ertrag aus dem<br />
„Klingelsäcklein“ notiert, woraus eine vierseitige Liste resultierte, die in die nächste<br />
Kirchrechnung eingehen wird. Dies alles, obwohl eine solche Summe im Vergleich zu den<br />
„Abzinß“-Zahlungen eher kläglich ist, allenfalls symbolischen Wert besitzt. Und dennoch kein<br />
etwa nebensächliches Unterfangen: Auf diese Weise sollte sich gemeindlicher Zusammenhalt<br />
konkretisieren, ja fortschreiben.<br />
Mit der neuen Übersichtlichkeit korrespondieren die abschließenden Richtigkeitstestate des<br />
geistlichen Untergerichts. Dieses hatte von Kaltennordheim aus schon dem ersten Exemplar der<br />
neuen Serie, der Birxer Kirchrechnung von Jubilate 1704 bis Jubilate 1706, sein Plazet gegeben.<br />
Umso bemerkenswerter ist es dann, dass bereits diese Rechnung mit einem schönen Gewinn von<br />
rund 25 Gulden abschließt, infolgedessen mit einem Durchschnittsergebnis, wie die Jahre bis<br />
1726 belegen. Soweit hatte man folglich die Kasse im kleinen Birx nun schon im Griff, wusste<br />
das eigene Finanzgebaren zu steuern, war allem Anschein nach Herr des Geschehens geworden.<br />
Vieles spricht dafür, sogar ein Vergleich mit den Kirchenstiftungsrechnungen des späten 18.<br />
Jahrhunderts in der katholischen Gemeinde Nordheim vor der Rhön, 46 dass ein weiterer<br />
Modernisierungsschub auf diese Jahrzehnte und das erste Drittel des 19. Jahrhunderts zu datieren<br />
ist. Konfessionelle Grenzen waren insofern unerheblich. Zur privaten und staatlichen<br />
Wirtschaftsführung in ihrer neuen Form gesellte sich die abermals verbesserte kirchliche<br />
Wirtschaftsführung. Von solch einem Kraftakt kameralistischen Wirtschaftsdenkens ist bis<br />
hinein in derart entlegene Ortschaften etwas zu spüren, etwa dergestalt, dass wirtschaftliche<br />
Wertschöpfung bei einer größeren Wertschätzung der Kirchrechnungen beginnt.<br />
Was <strong>Frankenheim</strong> und Birx anbelangt, sind nämlich die Rechnungen ab etwa 1790 mit einem<br />
Titelblatt versehen, welches dank der hierauf verwendeten kalligraphischen Anstrengungen das<br />
gesamte Werk schmückt und krönt. Auch sind die Rechnungen in den fraglichen Jahren auf<br />
großformatigem Papier geschrieben und äußerst übersichtlich gehalten, wozu eine durchgängige<br />
Tabellierung der Daten entscheidend beiträgt. Selbstredend blieb es nicht bei Äußerlichkeiten.<br />
Das zuständige geistliche Untergericht (Kaltennordheim) betonte bei der Abnahme der Birxer<br />
Heiligenrechnung von 1792 kennzeichnenderweise, dass sowohl in materia wie auch in calculo<br />
alles geprüft und für richtig befunden worden sei.<br />
Auch wenn sich an den Inhalten, speziell was die Kreditvergaben betrifft, auf den ersten Blick<br />
wenig zu ändern scheint: Die Suche nach mehr Kapitalspielraum setzt bei gelegentlichen<br />
Bemerkungen unter der „Abzinß“-Tabelle ein. So 1790 in <strong>Frankenheim</strong>, als das Fallen und<br />
Steigen des sog. „Capitalstocks“ unseres Wissens erstmals schriftlich festgehalten wurde. Zwei<br />
Jahre später folgte dann im selben <strong>Frankenheim</strong> ein regelmäßiges Messen am Vorjahr, so dass<br />
sich anhand dieser Zahlen letzten Endes eine Trendstatistik aufdrängte, die ihrerseits ein<br />
planvolles, im Grunde gezieltes Ausleihen ermöglichte. Bei aller Umsicht: Nunmehr rückten<br />
Darlehnsgeschäfte, die in der Tat diesen Namen verdienen, in greifbare Nähe, bot sich ein<br />
46 Vgl. insbesondere die Rechnung von 1782 und deren Beiakten mit einer detaillierten Kritik am bisherigen<br />
Verfahren und einem grundlegend anders konzipierten Rechnungsformular (Pfarrarchiv Nordheim vor der Rhön,<br />
Karton 047).<br />
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