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Frankenheim - Landeskirchenarchiv Eisenach

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Außerdem kommt die Sprache auf die gleichzeitige Neubesetzung der „gantzen<br />

Kaltennordheimer Parochie“. Durch ein solches Weiterrücken der Pfarrerschaft war örtliches<br />

Wissen überaus ökonomisch bewahrt und im selben Zug einer verdächtigen, letztlich<br />

autoritätsschädigenden Verfilzung mit den lokalen Machtstrukturen vorgebeugt. 9<br />

Vergessen werden dürfen auf keinen Fall die Oberweider Visitationsbescheide. Sie waren von<br />

der Kanzel zu verlesen und betrafen auch die <strong>Frankenheim</strong>er Bevölkerung und die Leute von<br />

Birx. Um beider „Kirchlichkeit“ ging es. So etwa im Rahmen der Visitation von 1722. Da wird<br />

über die Unaufmerksamkeit der Gottesdienstbesucher geklagt und der schlechte Besuch aufs<br />

Schärfste moniert. Liturgie, eine strenge Regelung des Ablaufs, erweist sich zudem als<br />

zivilisatorische Übung, die kirchlich geprägte Schule als Eindämmen alles „sündlichen<br />

Müßiggangs“. Kirchenzucht bedeutet auch Sanktion. An fehlenden Katechismuskenntnissen<br />

verdienen die Schuldiener und Kirchenältesten mit. Kirche organisierte Gesellschaft. Sie gab ihr<br />

eine (Über- und Unter-)Ordnung, wie aus der Anweisung folgt, „bey dem Beichtstuhl alß auch<br />

der Communion alles ärgerliche Gedränge“ zu vermeiden, sich vor allem „fleißig“ bei den<br />

Begräbnissen einzufinden und „der Leiche in guter Ordnung zu folgen“. 10<br />

Nicht weniger erhellend sind die Auskünfte, die sich aus dem Gottesdienstplan im ältesten<br />

Oberweider Trau- und Sterberegister ergeben. 11 Danach galt für die Jahre um 1670 und<br />

sicherlich auch später eine Verteilung, bei der <strong>Frankenheim</strong> und Birx eindeutig zu kurz kamen.<br />

Ihre Bewohner müssen für Taufen und Heiraten nach Oberweid heruntergehen. Vor allem sieht<br />

sich der Oberweider Pfarrer nur zweimal jährlich gehalten, des Abendmahls wegen nach<br />

<strong>Frankenheim</strong> hinaufzusteigen. Die monatliche Bußpredigt „lieset“ der <strong>Frankenheim</strong>er<br />

Schulmeister „doben“, in <strong>Frankenheim</strong> und Birx, eine winzige Bemerkung, die uns im<br />

Folgenden ob ihrer Tragweite noch öfters beschäftigen wird. Ja, es liegt bereits auf Grund dieses<br />

Plans die Vermutung nahe, die beiden Kirchdörfer auf der Hohen Rhön seien vom Prinzip her<br />

unterversorgt gewesen; hier sei im Regelfall bloß der Schulmeister kirchlich tätig geworden.<br />

Religiös-kulturelle Abkopplung mit ihren sozialen Folgen tritt zudem schlaglichtartig hervor, als<br />

die Hochzeiten geregelt werden. Nun wird unmissverständlich getrennt: Hält der Pfarrer die<br />

„Copulationspredigt“ in Oberweid, so dürfen – oder sollen – sich die <strong>Frankenheim</strong>er und Birxer<br />

für die „Malzeiten“ nach „droben“ zurückziehen. Aufsicht war hier zwar keine zu gewärtigen,<br />

dann würde man endlich unter sich sein, verlor aber auch leicht jeden Kontakt nach draußen,<br />

worüber man zwangsläufig ebenso leicht ins Abseits geriet – auf lange Sicht gesehen ein äußerst<br />

riskantes Unternehmen.<br />

Für die Jahre vor Oberweid ist an die Kaltenwestheimer Kirchgemeinde und dessen Archiv zu<br />

denken, wegen der noch weiter zurück liegenden Jahre an das katholische Pfarrarchiv im<br />

hessischen Wüstensachsen (Gemeinde Ehrenberg), indirekt damit jedoch auch an die großen<br />

Würzburger Archive. In Kaltenwestheim sind es im wesentlichen zwei Quellen, die über die<br />

Jahre vor 1656 informieren. Da ist einmal die sog. Chronik, die entgegen der Titelei sich<br />

keineswegs auf die Jahre 1660 bis 1748 beschränkt. Erst eine genauere Durchsicht wird all die<br />

Notate aufspüren, die sich auf <strong>Frankenheim</strong> und Birx beziehen. Selbstverständlich ist das nicht,<br />

waren beide doch wenige Jahre vor dem ersten Eintrag der Pfarre Oberweid angeschlossen<br />

worden. In dem dickleibigen Band im Großfolioformat kommt es durchaus zu Vermerken, die<br />

alte Zeiten wieder aufnehmen. Hier wird jede freie Stelle genutzt, unabhängig von aller<br />

Chronologie, so dass das 18. neben dem 17. Jahrhundert zu stehen kommt und umgekehrt. Nicht<br />

genug damit: Derselben Chronik sind für Birx und <strong>Frankenheim</strong> auch Daten aus jüngerer Zeit zu<br />

entnehmen, so die Biographie des bis 1934 von <strong>Frankenheim</strong> aus wirkenden Pfr. Schultz. Er<br />

9 Chronikalischer Anhang, in: Trau- und Sterberegister Oberweid, 1651-1760, fol. 292v (Pfarrarchiv Oberweid).<br />

10 Verordnung der Commission betreffend General-Kirchen- und Schulvisitation in dem Amte Kaltennordheim<br />

(1722), <strong>Eisenach</strong>, 12.6.1723, fol. 1v-4v (Pfarrarchiv Oberweid: A I 6 / 106).<br />

11 Trau- und Sterberegister Oberweid, 1651-1760, fol. 279r-281r und 283r (Pfarrarchiv Oberweid).<br />

10

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