6 BRÜCKENDECKUNG KOLUMNE Wie war dein Tag, Schatz? DIE KOLUMNE VON UND MIT MARCUS ERTLE Gut, dass du fragst. Es war ein schöner Sommertag! Ich bin regelrecht entspannt, nein mehr noch, ich bin richtig ermattet, so als hätte ich den ganzen Tag am Strand gelegen und in den Himmel gestarrt. Früher konnte ich mir ja nie vorstellen, dass das so unerhört entspannend sein kann, wenn man einfach nichts tut und sich nur von der Sonne bescheinen lässt, heute bin ich klüger. Das ist eben eine Sache der Lebenserfahrung, um nicht zu sagen der Lebensweisheit, dass man irgendwann erkennt, was im Leben richtig wichtig und was sozusagen nur ein Rülpser im Wind ist. Ist das nicht süß? Taktisch war es eher unklug von Gribl, denn jetzt wird man ihm, egal wohin in sein Terminkalender führt, vorauseilend Gummibärchen servieren, aber damit wird er schon zurechtkommen. Und zeigt das nicht, dass diese Stadt an größeren Problemen arm ist? Nein, nein ich sage das ohne jede Ironie. Es geht uns doch gut, geben wir es ruhig zu, unter uns, die Welt muss es ja nicht erfahren, dass wir allen Grund zum happy sein haben, auch wenn das unserem schwäbischen Naturell ein wenig zuwiderläuft. Jedenfalls stand ich mittags so lange in der Warteschlange beim Metzger Dingsbums und wartete auf eine Lachssemmel, dass ich Zeit hatte, quasi mein ganzes Leben wie einen Film an mir vorbeiziehen zu lassen und mir als Zugabe auch noch Gedanken über das zu machen, was gemeinhin das Sommerloch genannt wird. In diesem Loch können wir, wenn wir uns bemühen, all unsere großen und kleinen Sorgen vergessen und an all das denken, was uns signalisiert, dass wir in der besten aller denkbaren Welten oder Städte leben. » München schaut begeistert nach <strong>Augsburg</strong>! « Da ist zum Beispiel die Sache mit der Uhr am Königsplatz. Es gab bisher keine. Ist mir bis heute gar nicht aufgefallen. Klar, es gab natürlich Zeitanzeigen, auf den Bildschirmen an den Bahnsteigen, aber eine runde Uhr mit Zeigern suchte man vergeblich. Dieser Zustand ist zum Glück vorbei. Die ÖDP hat nach zähem Ringen mit der Stadtregierung durchgesetzt, dass am Königsplatz eine Normaluhr angebracht wird. Klingt normal, aber die Stadt hat immerhin über zwei Jahre gebraucht und bat sich wiederholt Bedenkzeit aus, denn mehrere Referate, der Bauausschuss, die Stadtwerke, der Ältestenrat und wahrscheinlich auch der Uhrenausschuss mussten eingehend prüfen, ob eine Normaluhr überhaupt noch zum Charakter des Königsplatzes passt. Am Ende konnte Entwarnung gegeben werden – der Charakter wird nicht verdorben und die Uhr steht jetzt auf dem Kö herum. Ein wenig mehr erleichtert dürfte die Stadt darüber sein, dass sie jetzt statt 28 Millionen Euro nur 1 oder 2 Millionen an den Freistaat zurückzahlen muss, weil das Jugendamt eine Abgabefrist verbummelt hat. Kurt Gribl war darüber so erfreut, dass er feierlich gelobt hat, <strong>Augsburg</strong> während der gesamten Sommerferien nicht zu verlassen und emsig durch die Stadt zu joggen und zu radeln, damit man nicht erkennt, dass er „So gerne Gummibärchen isst“, wie er den investigativen Kollegen vom <strong>Augsburg</strong> Journal in einem exklusiven Sommerinterview verschämt anvertraute. Welche Metropole kann sich so glücklich schätzen wie <strong>Augsburg</strong>? Mir fällt keine ein. Gut, manche würden <strong>Augsburg</strong> nicht unbedingt als Metropole bezeichnen, aber Kurt Gribl tut es und der Vize-Chef der <strong>Augsburg</strong>er Allgemeinen hat ihn darin noch bestärkt und verkündete kürzlich euphorisch: „München schaut begeistert nach <strong>Augsburg</strong>!“ Wann passiert denn das schon, dass München begeistert nach <strong>Augsburg</strong> schaut? Vielleicht wenn der FCB ein Auswärtsspiel hat, aber das ist natürlich nicht gemeint. Es ging vielmehr um das erfolgreiche Fugger-Musical Herz aus Gold. Tatsächlich ein ziemlich gelungener Titel, nicht unbedingt bescheiden, aber wenn man bedenkt, dass <strong>Augsburg</strong> mal eine der bedeutendsten Metropolen war, achso das sind wir ja jetzt auch wieder. Warum? Weil wir mehr denn je auf der Überholspur sind. Das Klinikum wird zur Uniklinik und das Stadttheater wird zum Staatstheater und zumindest bei einer der zwei Institutionen atmen die Verantwortlichen insgeheim erleichtert auf, weil die Bruchbude endlich nicht mehr von der Stadt allein saniert werden muss. So kann es doch weitergehen, das könnte doch ein Sommer des Vergnügens werden. Mit oder ohne Gummibärchen, oder? Ist gut Schatz.
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