Neue Szene Augsburg 2018-08
Stadtmagazin für Augsburg und Umgebung
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BRÜCKENDECKUNG<br />
KOLUMNE<br />
Wie war dein Tag, Schatz?<br />
DIE KOLUMNE VON UND MIT MARCUS ERTLE<br />
Gut, dass du fragst. Es war ein schöner Sommertag!<br />
Ich bin regelrecht entspannt, nein mehr noch, ich bin<br />
richtig ermattet, so als hätte ich den ganzen Tag am<br />
Strand gelegen und in den Himmel gestarrt. Früher<br />
konnte ich mir ja nie vorstellen, dass das so unerhört<br />
entspannend sein kann, wenn man einfach nichts tut<br />
und sich nur von der Sonne bescheinen lässt, heute bin<br />
ich klüger. Das ist eben eine Sache der Lebenserfahrung,<br />
um nicht zu sagen der Lebensweisheit, dass man<br />
irgendwann erkennt, was im Leben richtig wichtig und<br />
was sozusagen nur ein Rülpser im Wind ist.<br />
Ist das nicht süß? Taktisch war es eher unklug von<br />
Gribl, denn jetzt wird man ihm, egal wohin in sein<br />
Terminkalender führt, vorauseilend Gummibärchen<br />
servieren, aber damit wird er schon zurechtkommen.<br />
Und zeigt das nicht, dass diese Stadt an größeren<br />
Problemen arm ist? Nein, nein ich sage das ohne<br />
jede Ironie. Es geht uns doch gut, geben wir es ruhig<br />
zu, unter uns, die Welt muss es ja nicht erfahren,<br />
dass wir allen Grund zum happy sein haben, auch<br />
wenn das unserem schwäbischen Naturell ein wenig<br />
zuwiderläuft.<br />
Jedenfalls stand ich mittags so lange in der Warteschlange<br />
beim Metzger Dingsbums und wartete auf<br />
eine Lachssemmel, dass ich Zeit hatte, quasi mein<br />
ganzes Leben wie einen Film an mir vorbeiziehen<br />
zu lassen und mir als Zugabe auch noch Gedanken<br />
über das zu machen, was gemeinhin das Sommerloch<br />
genannt wird. In diesem Loch können wir, wenn wir<br />
uns bemühen, all unsere großen und kleinen Sorgen<br />
vergessen und an all das denken, was uns signalisiert,<br />
dass wir in der besten aller denkbaren Welten oder<br />
Städte leben.<br />
» München schaut<br />
begeistert nach<br />
<strong>Augsburg</strong>! «<br />
Da ist zum Beispiel die Sache mit der Uhr am<br />
Königsplatz. Es gab bisher keine. Ist mir bis heute gar<br />
nicht aufgefallen. Klar, es gab natürlich Zeitanzeigen,<br />
auf den Bildschirmen an den Bahnsteigen, aber eine<br />
runde Uhr mit Zeigern suchte man vergeblich. Dieser<br />
Zustand ist zum Glück vorbei. Die ÖDP hat nach zähem<br />
Ringen mit der Stadtregierung durchgesetzt, dass<br />
am Königsplatz eine Normaluhr angebracht wird.<br />
Klingt normal, aber die Stadt hat immerhin über zwei<br />
Jahre gebraucht und bat sich wiederholt Bedenkzeit<br />
aus, denn mehrere Referate, der Bauausschuss, die<br />
Stadtwerke, der Ältestenrat und wahrscheinlich auch<br />
der Uhrenausschuss mussten eingehend prüfen, ob<br />
eine Normaluhr überhaupt noch zum Charakter des<br />
Königsplatzes passt. Am Ende konnte Entwarnung<br />
gegeben werden – der Charakter wird nicht verdorben<br />
und die Uhr steht jetzt auf dem Kö herum.<br />
Ein wenig mehr erleichtert dürfte die Stadt darüber<br />
sein, dass sie jetzt statt 28 Millionen Euro nur 1 oder<br />
2 Millionen an den Freistaat zurückzahlen muss,<br />
weil das Jugendamt eine Abgabefrist verbummelt<br />
hat. Kurt Gribl war darüber so erfreut, dass er<br />
feierlich gelobt hat, <strong>Augsburg</strong> während der gesamten<br />
Sommerferien nicht zu verlassen und emsig durch<br />
die Stadt zu joggen und zu radeln, damit man nicht<br />
erkennt, dass er „So gerne Gummibärchen isst“, wie<br />
er den investigativen Kollegen vom <strong>Augsburg</strong> Journal<br />
in einem exklusiven Sommerinterview verschämt<br />
anvertraute.<br />
Welche Metropole kann sich so glücklich schätzen<br />
wie <strong>Augsburg</strong>? Mir fällt keine ein. Gut, manche<br />
würden <strong>Augsburg</strong> nicht unbedingt als Metropole<br />
bezeichnen, aber Kurt Gribl tut es und der Vize-Chef<br />
der <strong>Augsburg</strong>er Allgemeinen hat ihn darin noch<br />
bestärkt und verkündete kürzlich euphorisch: „München<br />
schaut begeistert nach <strong>Augsburg</strong>!“<br />
Wann passiert denn das schon, dass München<br />
begeistert nach <strong>Augsburg</strong> schaut? Vielleicht wenn<br />
der FCB ein Auswärtsspiel hat, aber das ist natürlich<br />
nicht gemeint. Es ging vielmehr um das erfolgreiche<br />
Fugger-Musical Herz aus Gold. Tatsächlich ein ziemlich<br />
gelungener Titel, nicht unbedingt bescheiden,<br />
aber wenn man bedenkt, dass <strong>Augsburg</strong> mal eine der<br />
bedeutendsten Metropolen war, achso das sind wir ja<br />
jetzt auch wieder. Warum? Weil wir mehr denn je auf<br />
der Überholspur sind. Das Klinikum wird zur Uniklinik<br />
und das Stadttheater wird zum Staatstheater und<br />
zumindest bei einer der zwei Institutionen atmen die<br />
Verantwortlichen insgeheim erleichtert auf, weil die<br />
Bruchbude endlich nicht mehr von der Stadt allein<br />
saniert werden muss. So kann es doch weitergehen,<br />
das könnte doch ein Sommer des Vergnügens werden.<br />
Mit oder ohne Gummibärchen, oder?<br />
Ist gut Schatz.