12.07.2018 Aufrufe

pedaliéro XXL 2018 Magazin für Geländeradsport

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

UNTERWEGS º<br />

Jetzt zur Halbzeit der Saison fällt Fabio auf, dass sein Trailbike<br />

noch viel zu sauber aussieht … Es ist also an der Zeit herauszufinden,<br />

was sich oberhalb der Liftstationen abspielt und<br />

das Hinterland zu erkunden. Mit Tibor Simai steht ihm der<br />

perfekte Tourenguide zur Seite, jederzeit bereit <strong>für</strong> einen<br />

exzessiven MTB-Trip.<br />

In der Tat gibt es nichts, was die Seele mehr nährt als ein dramatisch<br />

wirkendes Himmelszelt und ein kurvenreicher Trail, der sich bis in den<br />

tiefsten Wald hinein schlängelt – alles zum Soundtrack plätschernder<br />

Bäche und kreisender Wildvögel. Hört man dann noch den Pinzgauer<br />

Dialekt um sich herum (und kann ihn bestenfalls entschlüsseln), erlebt<br />

man diese perfekte Alltagsflucht gerade in Saalbach.<br />

Und so geht es schließlich los, und zwar richtig. Ein Uphill auf über<br />

2.000 Höhenmeter und die Höhenluft sorgen <strong>für</strong> brennende Lungen,<br />

aber <strong>für</strong> einen beeindruckenden Blick über die Pinzgauer Alpen lohnt<br />

es sich immer wieder. Tibor muss Fabio nicht erklären, dass sie sich ihr<br />

Mittagessen später mehr als verdient haben werden. Es ist Hochsommer<br />

und die Graslandschaft ringsum ist saftiggrün, schillernd unter<br />

dem strahlend blauen Himmel und nur von Felsvorsprüngen, kleinen<br />

Seen und Wiesenblumen durchbrochen.<br />

Es folgt eine kurze Kletterpassage, die Bikes werden geschultert.<br />

Selbst <strong>für</strong> einen Typen wie Fabio, der spaßeshalber über einen der<br />

höchsten Staudämme der Welt balanciert, gehört das dazu. Das Hikea-Bike<br />

dauert aber nicht lange, und nach einer kurzen Pause und dem<br />

Genuss hart verdienter Schoko-Carbs an einem alpinen Pool verlieren<br />

sich Tibor und Fabio auch schon wieder in einem sagenhaften Flow.<br />

Sie ziehen donnernd durchs Heidekraut und fegen über satte Kuhweiden.<br />

Das ist eine Trailjagd vom Feinsten inmitten schönsten Alpenpanoramas<br />

– ob mit Kuhfladen gespickt oder nicht.<br />

„Deins sieht aber auch<br />

gut aus!“ Tibor bei der<br />

Tellerinspektion.<br />

In der Tat gibt es nichts,<br />

was die Seele mehr nährt<br />

als ein dramatisch wirkendes<br />

Himmelszelt und ein<br />

kurvenreicher Trail.<br />

Die beiden schalten einen Gang höher, denn der Singletrack<br />

wirft sie auf einen mehrere Kilometer langen Highspeed-Waldweg,<br />

und das klassische, augenzwinkernde Glücksspiel „Gibt es<br />

einen Drahtzaun oder gibt es keinen“ beginnt.<br />

Während sie langsam ihre schmerzenden Hände entspannen<br />

und mit dem unwiderstehlichen Duft von Bratkartoffeln mit<br />

Speck in der Nase auf ihre Bestellung warten, schlägt Tibor seinem<br />

neuen „Bergfreund“ Pläne <strong>für</strong> den Abend vor. Sie sind jetzt<br />

schon so weit gekommen, wie wäre es dann, einfach noch ein<br />

wenig weiter ins Hinterland zu fahren und eine Übernachtung<br />

in einem rustikalen Jagdhaus einzulegen?<br />

Wenig später überqueren sie eine alte Brücke, die über einen<br />

rauschenden Fluss führt, und nähern sich einem qualmenden<br />

Schornstein. Fabio und Tibor klopfen an die Tür eines kleinen<br />

Häuschens, während das letzte Licht des Tages von dicken Regenwolken<br />

geschluckt wird. Zu ihrer Überraschung öffnet ein Mann<br />

in traditioneller Jagdkleidung die Tür: eine dicke Wolljacke, eine<br />

dunkelgrüne Hose, ein Gewehr um den Hals und sogar ein absolut<br />

stereotypischer österreichischer Hut mit Feder, der mit Regentropfen<br />

benetzt ist. Es ist Josef, ein Freund von Tibor, der gerade<br />

mit seinem gar nicht so furchterregenden Hund von einer Jagd<br />

zurückgekehrt ist, die weit weniger erfolgreich war, als die Jagd<br />

der beiden Biker nach Epic-Trails.<br />

Als der Trail rauer wird und immer mehr Felsvorsprünge zwischen<br />

den Baumreihen durchblitzen, stürzen sich die beiden quasi kopfüber<br />

ins Tal und damit in Richtung süße Erlösung, denn das Mittagessen auf<br />

der urigen Lindlingalm naht. An manchen Stellen scheint der Trail zu<br />

verschwinden, der Schlamm spritzt überall dort in die Höhe, wo kleine<br />

Gebirgsbäche in die Fahrspur fließen oder umgekehrt. Fabio hat diese<br />

nasse und wilde, fremdartige Welt ganz gut im Griff; es gibt keinen<br />

Fahrstil, den er nicht draufhat.<br />

46

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!