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pedaliéro XXL 2018 Magazin für Geländeradsport

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UNTERWEGS º<br />

Dizin ist ein Skigebiet, erbaut in den 70er Jahren. Damals hatte der<br />

Schah noch das Sagen im Iran. Dementsprechend vertrauenserweckend<br />

sehen die Gondeln dieser Epoche aus. Wie kleine bunte Ostereier hängen<br />

sie am Seil. Immerhin sind sie in modernem Lila lackiert, der Chef persönlich<br />

schaltet sie sogar extra <strong>für</strong> uns ein. Schwerelos schweben wir schnell<br />

über die 3.000-Meter-Marke. Hier im Elburs-Gebirge gibt es ein paar<br />

Gipfel, die an der 4.000-Meter-Marke kratzen. Sofort denke ich an die ungeahnten<br />

Powdermöglichkeiten, die man hier wohl im Winter hätte: Weite<br />

Hänge, so weit das Auge reicht. Aber ob es hier Trails gibt? Andrew und<br />

ich schießen auf einer alten Passstraße Richtung Tal. Trails? Fehlanzeige.<br />

Allerdings bezeichnet der Begriff „Straße“ im Iran nicht das, was wir unter<br />

„Straße“ verstehen. Grobes Geröll wechselt sich mit griffigem Lehmboden<br />

ab und löst bei uns in den schnellen Kurven sogar laute Freudenschreie<br />

aus. In dieser Höhe ist es schon bitterkalt, und sobald die Sonne hinter den<br />

Bergen versinkt, braucht es etwas Warmes. Entweder Daunen oder eine<br />

warme Suppe und einen Tee. Besser alles zusammen. „Ash” heißt das Nationalgericht,<br />

es wird fast überall serviert und ist ein großer vegetarischer<br />

Suppentopf, der über dem offenen Feuer brodelt. Hassan bestellt <strong>für</strong> uns.<br />

Schmeckt gut und tut gut.<br />

Ich wache auf einem unglaublich schönen Perserteppich auf. Der Rücken<br />

schmerzt zwar, doch mein Daunenschlafsack war eine gute Wahl. Nachts<br />

wird es in Irans Bergen empfindlich kalt. Unsere Unterkunft ist ein Haus<br />

ohne Betten, lediglich ausgestattet mit Teppichen. Das ist hier normal. Alle<br />

liegen einfach auf dem Boden – Massenlager-Feeling à la Alpenvereinshütte<br />

mal anders! Wir machen uns nur einen schnellen Tee und<br />

starten. Über 1.000 Höhenmeter „Hike a Bike” stehen als Frühsport auf<br />

unserem Plan. Weiter oben in der Sonne wollen wir frühstücken. Wir<br />

tragen und schieben unsere Bikes durch einen mystisch wirkenden<br />

Wald. Morgendliche Nebelschwaden weichen langsam dem einfallenden<br />

Sonnenlicht, die Bäume sind dünn, aber ganz dicht und grün vor<br />

Moos. Einige Blätter haben sich schon herbstlich-golden verfärbt. Je<br />

weiter wir uns hochquälen, desto lichter wird der Wald, bis wir wieder<br />

aufsteigen können. Hassan fährt voraus, Andrew und ich folgen. Mit<br />

der Höhe ändert sich auch die Vegetation, wir pedalieren zwischen<br />

großen Buchen und grünen Blättern hindurch. Plötzlich ist es so grün,<br />

wie wir es niemals im Iran vermutet hätten. Obwohl sich der Trail<br />

bergauf zwischen den Bäumen hindurchschlängelt, haben wir eine<br />

Menge Spaß und fighten um die Pole Position, bis plötzlich zwei riesige<br />

Köter den Weg versperren.<br />

Wir schauen nach oben und sehen zwei Schäfer beim Frühstücken<br />

in der warmen Sonne. Die Hunde gehören zu ihnen. Ein Pfiff<br />

von oben und die Viecher sind ganz zahm. Die Berghirten haben<br />

hier oben ihr Quartier aufgeschlagen, so wie wir es machen wollten.<br />

Wie selbstverständlich dürfen wir mitessen und Tee trinken. Hassan<br />

übersetzt: „Very friendly people”. Indeed! Es gibt Fladenbrot, frischen<br />

Käse, selbstgemachten Honig und etwas Gemüse. „Very good!” Merci.<br />

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