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Al Ard Magazin Ausgabe 7

Das Arabisch/Deutsche Kulturmagazin

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ثقافة yes– Kultur – Porno yes Porno<br />

ثقافة yes– Kultur – Porno yes Porno<br />

53<br />

Drehst du auch Mainstream-Pornos, oder nur<br />

Art oder Indie Pornos, kleinere Produktionen?<br />

P: Hauptsächlich Indie Pornos, aber ich finde die<br />

Unterscheidung unproduktiv, weil sie Pornografie<br />

aufzuteilen scheint in guten und schlechten<br />

Porno. Weil sie sagt: das ist jetzt besser, aber das<br />

da, das ist immer noch böse. Genau gegen dieses<br />

Stigma müssen wir ankämpfen.<br />

Die Dokumentation „Hot Girls Wanted“ kennst<br />

du wahrscheinlich, wahrscheinlich wirst du<br />

öfter auf sie hingewiesen. Sie erzählt die Geschichte<br />

von jungen Frauen, die in der Porno-Industrie<br />

anfangen, relativ optimitsisch, offen,<br />

neugierig. Nach einiger Zeit kommt dann die Ernüchterung,<br />

sie haben ihre Selbstbestimmtheit<br />

verloren, werden zu Dingen gedrängt, die sie<br />

nicht machen wollen. Wie reagierst du auf diese<br />

impliziten Anklagen an die Porno-Industrie?<br />

P: Natürlich ist das ein Thema, über das geredet<br />

werden muss, versteh mich nicht falsch. Aber<br />

ausbeuterische Strukturen gibt es in jeder Industrie.<br />

Ich finde nicht, das die Porno-Branche da<br />

schlimmer ist als andere. Schau dir die Modeindustrie<br />

an. Auch sie ist sexistisch, frauenfeindlich,<br />

gewaltvoll. Guck dir Hollywood an: genormte Körper,<br />

harte Standards. Da ist es schon erstaunlich,<br />

wenn eine Bridget Jones ein bisschen Bauchfett<br />

Pornografie gibt es seit der Vor-Antike. Mindestens. Der Gedanke, dass Porno feministisch, selbstermächtigend<br />

und politisch sein kann, ist allerdings noch relativ neu. Paulita Pappel (30) ist Pornodarstellerin,<br />

Filmemacherin und Sexpositivity-Aufklärerin. Sie erklärt, warum es beim Sex vor der<br />

Kamera um mehr geht als um Lust – und warum es sehr befreiend sein kann, mit einem ganzen<br />

Kinosaal von Menschen einen Porno zu gucken.<br />

Paulita<br />

Pappel<br />

INTERVIEW ANGIE VOLK<br />

FOTO ROBERT WILDE, GRAFIK KOLJA MARTENS<br />

Wir haben ungefähr das gleiche <strong>Al</strong>ter, dementsprechend<br />

vermutlich ungefähr anfänglich die<br />

gleiche Porno-Vergangenheit. Pornos waren früher<br />

für mich: Privatfernsehen nach Mitternacht,<br />

toupierte Haare und pralle Brüste. Später verwackelte<br />

Clips aus dem Internet, mit dem Modem<br />

runtergeladen. Und dann irgendwann gab<br />

es YouPorn, also die volle Porno-Überschwemmung.<br />

An welchem Punkt hast du gesagt: das interessiert<br />

mich, das finde ich spannend, das will<br />

ich auch machen?<br />

P: Ich bin erzogen worden als Feministin, allerdings<br />

als Zweite-Welle-Feministin. Dementsprechend<br />

habe ich lange gedacht: Pornografie und<br />

jede andere Form der Sexarbeit ist ein Werkzeug<br />

des Patriarchats, um Frauen auszubeuten. Ich<br />

dachte: Niemals im Leben würde eine Frau freiwillig<br />

ihren Körper verkaufen! Und trotzdem empfand<br />

ich gleichzeitig insgeheim eine krasse Faszination<br />

für Porngraphie – ohne überhaupt erstmal viele<br />

Pornos gesehen zu haben. Lange dachte ich, etwas<br />

stimmt nicht mit mir, hatte große Konflikte.<br />

Trotzdem konnte ich nicht von dem Thema lassen,<br />

habe mich informiert, was gibt es eigentlich<br />

alles? Was ich da gefunden habe, fand ich shady,<br />

diese Pornografie hat sich nicht sicher und richtig<br />

angefühlt. Bis ich nach Berlin gekommen bin und<br />

feministische Frauen gefunden habe, die selber<br />

Pornos machen. Für mich war das der erste Kontakt<br />

mit dem Dritte-Welle-Feminismus, sexpositiven<br />

Feminismus sozusagen. Das war eine echte<br />

Erleichterung, eine Befreiung! Die Erkenntnis:<br />

okay, nichts ist falsch mit mir. Man kann Feministin<br />

sein und Pornos machen. Pornos per se<br />

sind nichts Schlimmes. Die Idee, dass eine Frau<br />

Sexualität nur passiv erlebt, als Token für Liebe,<br />

für Beziehung, für Sicherheit oder sonst etwas<br />

hergibt, ist ja im Grunde genommen ein total<br />

patriarchischer Gedanke. Die Entscheidung<br />

hingegen, mich als Subjekt handelnd als Objekt<br />

vor die Kamera zu stellen, das ist für mich total<br />

Selbstermächtigung.<br />

Ab da hast du angefangen Pornos zu machen?<br />

P: Genau. Ich habe angefangen Pornos zu machen<br />

mit einer Gruppe von Leuten, die politisch<br />

100prozentig dahinter standen. Ich wollte andere<br />

Körper, andere Sexualitäten, anderes Begehren<br />

darstellen und anbieten, weil ich selber so lange<br />

danach suchen musste.<br />

Dann ist mir aufgefallen: Hey, man kann damit<br />

ja auch Geld verdienen! Was ja für eine Frau gar<br />

nicht so schlecht ist. <strong>Al</strong>so habe ich angefangen<br />

mit ethisch vertretbaren Firmen auch kommerziell<br />

zu arbeiten – mit Produktionsfirmen wie<br />

Abby Winters, Erika Lust. Dabei hatte ich immer<br />

das große Privileg, mir sehr genau aussuchen zu<br />

können, mit wem und wann und wie ich arbeite<br />

und war anfangs nicht finanziell davon abhängig.<br />

Das hat mir unglaublich viel Spaß gemacht.<br />

ist 30,<br />

Pornodarstellerin,<br />

Filmemacherin und<br />

Sexpositivity-Aufklärerin<br />

هي ممثلة أفالم إباحية وتبلغ<br />

من العمر الثالثين عاما<br />

<strong>Al</strong> <strong>Ard</strong> 01/18<br />

<strong>Al</strong> <strong>Ard</strong> 01/18

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