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السياسة والمجتمع – التقدير بعدالتشهير Politik und Gesellschaft – Erst diffamiert, dann gewürdigt<br />
33<br />
ERST DIFFAMIERT,<br />
DANN GEWÜRDIGT<br />
Fluchthilfe für DDR-Flüchtlinge<br />
Mauerpark, Tränenpalast, Platz der Luftbrücke – überall in Berlin finden wir uns an Orten wieder,<br />
die uns an eine bedeutsame Episode der deutschen Geschichte erinnern: die sogenannte deutsche Teilung.<br />
Damals flüchteten etwa vier Millionen Menschen aus der DDR – auch mithilfe von zahlreichen Fluchthelfern.<br />
REPORTAGE ISABELLE RONDINONE<br />
Heinz Sokolowski 48 J., Ost-Berlin † 25.11.65<br />
Nach 7 Jahren DDR-Haft auf der Flucht erschossen.<br />
Ihren Ursprung nahm die deutsche Teilung nach dem<br />
Zweiten Weltkrieg, als das besiegte Deutschland durch<br />
die Siegermächte Sowjetunion, USA und Großbritannien<br />
sowie Frankreich besetzt, aufgeteilt und verwaltet<br />
wurde. Die vier Besatzungszonen Deutschlands fanden<br />
ihre Entsprechung in der ebenfalls in vier Sektoren<br />
aufgeteilten Hauptstadt Berlin, in der die <strong>Al</strong>liierten<br />
zunächst gemeinsam regieren wollten. Doch schon<br />
nach kurzer Zeit bildet sich eine immer größere Kluft<br />
zwischen den Westmächten und der Sowjetunion heraus.<br />
Sie hatten unterschiedliche Vorstellungen darüber,<br />
wie sich Deutschland in Zukunft kulturell und politisch<br />
entwickeln soll: Sozialismus oder Kapitalismus, Einheitspartei<br />
oder parlamentarische Demokratie? 1949<br />
schließlich wurden zwei unabhängige deutsche Staaten<br />
gegründet, die Bundesrepublik Deutschland (BRD)<br />
und die Deutsche Demokratische Republik (DDR).<br />
Doch viele Deutsche waren mit der Situation in der DDR<br />
nicht zufrieden. Insbesondere junge Menschen, Fachkräfte,<br />
Intellektuelle und Künstler*Innen verließen den<br />
sozialistischen Staat und flüchteten zu Tausenden in<br />
die BRD, sodass es der DDR nach und nach spürbar<br />
an Arbeitskräften fehlte. Um die „Abstimmung mit den<br />
Füßen“ zu unterbinden, wurde schließlich eine 1.400<br />
Kilometer lange innerdeutsche Grenze befestigt. Im<br />
August 1961 beschloss Walter Ulbricht außerdem den<br />
Bau der Berliner Mauer, die Ostberlin gegenüber allen<br />
anderen Sektoren abriegelte. An der gesamten Grenze<br />
waren Grenztruppen stationiert, um die Flucht – letztendlich<br />
durch den Gebrauch der Schusswaffe – zu verhindern.<br />
Ebenso gab es Minen und Selbstschusslagen.<br />
Die Flucht aus der DDR wurde zu einem lebensgefährlichen<br />
Unterfangen.<br />
Tunnel, Boot und Kofferraum: Flucht macht erfinderisch<br />
Aus unter anderem politischen, familiären und wirtschaftlichen<br />
Gründen flüchteten rund vier Millionen<br />
Menschen zwischen 1949 und 1990 aus der DDR in<br />
Richtung Bundesrepublik. Die dafür eingeschlagenen<br />
Wege waren vielfältig und manchmal abenteuerlich.<br />
Geflüchtet wurde auf dem Luftweg, zu Land, über und<br />
unter Wasser sowie unterirdisch. Etwa 6.000 Menschen<br />
versuchten zum Beispiel mit dem Schiff über die Ostsee<br />
nach Dänemark zu gelangen. Ebenfalls bekannt<br />
sind Fluchtversuche mittels selbstgebauten Heißluftballons,<br />
umgebauten Autos mit Geheimversteck oder<br />
einer Seilbahn. Darüber hinaus wurden zahlreiche<br />
Fluchttunnel gegraben. <strong>Al</strong>lein in Berlin existierten laut<br />
Schätzungen rund 70 solcher Tunnel, durch die mehr<br />
als 250 Menschen flüchten konnten. Die meisten Tunnel<br />
wurden aus Richtung Westberlin in den Osten gegraben.<br />
Meistens flüchteten die Menschen mit nichts außer den<br />
Klamotten, die sie am Leib trugen, und einer kleinen,<br />
unauffälligen Tasche aus der DDR. In Westdeutschland<br />
angekommen waren viele von ihnen daher auf Hilfe angewiesen.<br />
So richtete die BRD schließlich verschiedene<br />
Notaufnahmelager und Flüchtlingsunterkünfte für Geflüchtete<br />
aus der DDR ein. Eines davon befand sich in<br />
Berlin-Marienfelde, wo rund 1,35 Millionen Menschen<br />
für kurze Zeit ein Zuhause fanden.<br />
Fluchthilfe: kriminell oder verehrungswürdig?<br />
Verschiedene westliche Gruppierungen, häufig Studierende,<br />
halfen DDR-Bürgern*Innen bei der Flucht. Einige<br />
wurden 2012 mit dem Bundesverdienstkreuz geehrt,<br />
darunter Dieter Hötger und Hartmut Richter, die aufgrund<br />
„Staatsfeindlichem Menschenhandel“ und „Verleitung<br />
zur Republikflucht“ verurteilt wurden und in<br />
der Stasi-Sonderhaftanstalt Bautzen II einsaßen. Mit<br />
dem Bundesverdienstkreuz soll ihr mutiger Einsatz<br />
für die Freiheit anderer Menschen öffentliche Anerkennung<br />
erfahren. Doch solche Würdigungen lassen<br />
aufhorchen, wenn man bedenkt, dass derzeit etliche<br />
Regierungen und Sicherheitsbehörden Europas<br />
darauf bedacht sind, aktuelle Schleusertätigkeiten<br />
هاينز سوكولوفسكي ، 48 سنة ، برلين الشرقية † 25.11.65<br />
.قتل بالرصاص بعد 7 سنوات من سجن جمهورية ألمانيا الديمقراطية<br />
<strong>Al</strong> <strong>Ard</strong> 01/18