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Al Ard Magazin Ausgabe 7

Das Arabisch/Deutsche Kulturmagazin

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28<br />

Politik und Gesellschaft – Social error<br />

السياسة والمجتمع – error Social<br />

social<br />

ERROR<br />

Der Film „Her“ erzählt die Liebesgeschichte von Theodore und seinem Betriebssystem Samantha. Eine zarte,<br />

nur hintergründig dystopische Romanze, die eine Ahnung davon vermittelt, was zukünftig an Beziehungen<br />

zwischen Menschen und künstlicher Intelligenz möglich sein könnte.<br />

Etwas bodenständigere Arrangements gibt es bereits<br />

heute in Japan: Pflegeroboter. Sie teilen Tabletten<br />

aus, waschen Haare, heben Bettlägerige<br />

hoch, erleichtern die Kommunikation zwischen Ärzt*Innen<br />

und Patient*innen dort, wo es zu wenig Personal gibt.<br />

Für Abhilfe vor anfänglicher Technickscheu der Pflegebedürftigen<br />

sorgen animierte Gesichter. Der Pflegeroboter<br />

Hospi beispielsweise hat ein freundliches, blaues<br />

Monitorgesicht. Seine kleine Schwester Rimo überzeugt<br />

in Pastellrosa, mit langem Wimpern und strahlendem<br />

Lächeln. Beide sollen Lösung für die Verwebung zweier<br />

Probleme sein. Erstens: Unsere Gesellschaft wird immer<br />

älter. Zweitens: Es gibt nicht genug Personal, um<br />

die ganzen alten Leute zu versorgen. Schuld daran ist<br />

nicht etwa das drastisch verschobene Gefälle zwischen<br />

<strong>Al</strong>t und Jung, sondern vielmehr, dass die Arbeitsbedingungen<br />

im Pflegesektor so prekär sind, dass die Bereitschaft,<br />

in diesem Feld zu arbeiten, immer weiter sinkt.<br />

Verständlicherweise, beachtet man die schlechte Bezahlungen,<br />

die geringe gesellschaftliche Anerkennung.<br />

Der <strong>Al</strong>tenpflege geht es dabei ähnlich wie der Krankenpflege<br />

und auch Hebammen kämpfen für bessere Bezahlung<br />

und fairere Arbeitsbedingungen.<br />

Wie kommt es, dass uns die Bereiche der Gesellschaft<br />

nichts mehr wert zu sein scheinen, in denen Menschen<br />

hilfs-und pflegebedürftig sind? Ein Grund könnte die<br />

gesellschaftliche Verinnerlichung des neoliberalen<br />

Leistungsgedankens sein. Der Philosoph Byung-Chul<br />

Han erklärt ihn ganz einfach: Das marklogische Prinzip<br />

der Optimierung und Gewinnmaximierung betrifft<br />

nicht mehr nur die Wirtschaft, sondern hat längst alle<br />

Bereiche des sozialen Miteinanders erreicht. Wer in diesem<br />

Gefüge bestehen und anerkannt werden will, muss<br />

Leitung bringen. Das lässt sich erkennen an neuen Methoden,<br />

zwischenmenschliche Leistungen zu messen<br />

und sichtbar zu machen. Der Daumen auf Facebook, die<br />

Follower*innen auf Instagram, Plattformen die Fitnesserfolge<br />

feiern und Rankingsysteme auf Datingseiten.<br />

Ein System, das wenig Raum lässt, für die, die nicht<br />

mehr leisten können. Und denen, die sich um ebendiese<br />

kümmern, nur wenig Anerkennung schenkt.<br />

Dass nun Pflegeroboter da aushelfen sollen, wo zwar<br />

immer mehr Menschen gepflegt, aber immer weniger<br />

Menschen arbeiten wollen, halten die Macher*innen<br />

der Roboter für eine logische Konsequenz. Japanische<br />

Firmen wie Panasonic und Toyota erwarten den<br />

Pflegerobotik-Boom in den nächsten Jahrzehnten<br />

und treiben die Entwicklung kräftig voran.<br />

In Europa und Amerika gibt es noch Bedenken, was<br />

die neuen Pflegekräfte angeht. Eine noch stärkere<br />

Entwertung durch Automatisierung des Pflegesektors<br />

wird befürchtet. Auch der Gedanke, dass der Aspekt<br />

der zwischenmenschlichen Nähe innerhalb der<br />

Pflege immer weiter in den Hintergrund rücken könnte,<br />

macht den westlichen Teil der Welt skeptisch.<br />

<strong>Al</strong>les Unsinn, so die Macher*innen der Roboter. Ersetzen<br />

würde ein Pflegeroboter keine vollwertige,<br />

menschliche Arbeitskraft. Er würde ihr lediglich Arbeit<br />

abnehmen. Im Zentrum stünde auch weiterhin<br />

der Kontakt zwischen Patient*in und Pflegekraft.<br />

Ob das auch zukünftig noch der Fall sein wird und<br />

was es für eine Gesellschaft wirklich bedeutet, wenn<br />

die aus dem menschlichen Blickfeld verschwinden,<br />

die altern oder anderweitig Hilfe bedürfen, bleibt abzuwarten.<br />

Vielleicht ist der optimistischere Zukunftsblick<br />

die Freude auf die schönen Stunden im <strong>Al</strong>ter mit<br />

Hopsi oder je nach farblicher Vorliebe, mit Rimo.<br />

<strong>Al</strong> <strong>Ard</strong> 01/18 <strong>Al</strong> <strong>Ard</strong> 01 18

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