Leseprobe Für immer und finnisch

Resultierend aus dem traumatischen Ereignis in ihrer Kindheit
hatte sie jahrelang ein eintöniges und liebloses Leben an der
Seite ihres weitaus älteren Ehemannes und ihrer hartherzigen
Mutter gefristet. Aber dann hatte sie Deutschland den Rücken
gekehrt, war nach Suomenlinna, einer Festungsinsel vor
Helsinki, gezogen und hatte sich dort ein neues Leben
aufgebaut. Sie hatte ein Fernstudium zur Musiktherapeutin
begonnen, das sie, wenn alles weiter nach Plan lief, in knapp
sechs Monaten mit dem Bachelor abschließen würde. Mit
ihrem fundierten Wissen, was Musik bei Menschen alles
bewirken konnte, würde sie noch mehr Patienten unterstützen
können ‒ Menschen mit schweren Traumata ‒ um diesen ein
weitgehend selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Das gute,
teils befreiende und auch heilende Gefühl, das die Musik ihr
gab, hatte ihr durch all die Jahre geholfen und dieses Gefühl
vermittelte sie bereits jetzt tagtäglich mit großer Leidenschaft
in ihrem Talo.
Sie dachte an ihr Kurhaus, an ihre Patienten, die sie selbst
lieber als ihre Gäste bezeichnete. Momentan waren es vier: die
vierzehnjährige blinde Elin, die nun schon fast ein Jahr bei ihr
lebte und mit schweren Sprachstörungen zu kämpfen hatte, die
Emilia und ihr Team durch intensives Arbeiten langsam in den
Griff bekamen; Frau Koskinen, die nach einem Schlaganfall im
letzten Oktober zu ihr gekommen war; Petri Quickström, der
knapp Fünfzigjährige, der durch einen Sturz schwere
Hirnverletzungen davongetragen hatte und nun wie ein
Kleinkind viele alltägliche Dinge wie Sprechen, Lesen oder
auch sich selbstständig Waschen neu erlernen musste. Und
dann war da noch Leo, ein junger Mann aus Helsinki, der seit
frühester Kindheit mit einer Sprachstörung kämpfte und dessen
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