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Programmheft

Programmheft der Scherenburgfestspiele 2018

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50er & 60er Jahre – Eine Ära des Schlagers<br />

Die 50er – Schallplatten, Schlagerstars und die Illusion einer heilen Welt<br />

Durch den Siegeszug der Schallplatte brachten die 50er Jahre dem deutschen<br />

Schlager eine ganz neue Marketing-Strategie. Nun hieß es: „it´s the singer, not<br />

the song“; nicht die Qualität des Liedes, sondern die Beliebtheit des Sängers<br />

entschied über den Erfolg. So kommt es, dass wir uns heute v.a. an die vielen<br />

Künstlernamen erinnern – Peter Alexander, Freddy Quinn, Bill Ramsey, Catarina<br />

Valente –, wohingegen nur wenige Hits dieser hängen geblieben sind.<br />

Nimmt man sich die einschlägigen Liedtexte der 50er einmal vor, könnte<br />

man den Eindruck gewinnen, früher – vor den 50ern – sei alles besser gewesen.<br />

Die Beschwörung von Heimweh und Heimat in den Schlagertexten ging<br />

oft mit einer Verklärung der Vergangenheit einher, die wenig mit den realen Lebensbedingungen<br />

zu tun hatte. Nach dem zweiten Weltkrieg bis zur Währungsreform<br />

1949 lag das Land am Boden. Die Menschen wollten die Kriegsgräuel<br />

vergessen. Man wünschte sich eine heile Welt.<br />

Der Fernwehschlager widmete sich vor allem dem Reiseziel Italien, zu<br />

dem die Deutschen ein besonderes Sehnsuchtsverhältnis entwickelt hatten<br />

(Capri-Fischer!). Durch den allmählich steigenden Wohlstand durch das Wirtschaftswunder,<br />

rückte das Traumland südlich der Alpen erstmals in Reichweite.<br />

So lockten Caterina Valente, Silvio Francesco und Peter Alexander 1956 mit<br />

„Komm ein bisschen nach Italien“ in den Süden.<br />

Die 60er – die Beatles und der Einfluss der angloamerikanischen Kultur<br />

Man musste sich entscheiden: Für die Beatles, die Jugend, den Rhythmus und<br />

den Zeitgeist oder für Peter Alexander und die Tradition, die Gemütlichkeit und<br />

Ordnung.<br />

Das Nebeneinander der Gegensätze war besonders prägend für die<br />

60er Jahre: „Maßhalten!“, predigte Bundeskanzler Ludwig Erhard, die Beatles<br />

lösten eine weltweite Massenhysterie aus, Martin Luther King kämpfte gewaltfrei<br />

für die Gleichberechtigung der schwarzen Bevölkerung und Drafi Deutscher<br />

rockte mit dem deutschsprachigen Klassiker „Marmor, Stein und Eisen bricht“<br />

(1965). Die Amerikaner verstärkten ihr Militär in Vietnam, in San Francisco formierte<br />

sich die Hippies, die NASA schoss Raketen zum Mond und Roy Black<br />

sang „Ganz in Weiß“ (1965).<br />

Den Bruch zwischen den Generationen lösten die vier Pilzköpfe aus<br />

Liverpool aus, die nicht nur einen neuen Musikstil, sondern ein neues Lebensgefühl<br />

verkörperten. Komponisten und Produzenten erkannten diesen Trend<br />

und sprangen auf den Zug auf. Andere wussten, dass die „Beatlemanie“ eine<br />

Gegenbewegung auslösen würde, und reagierten entsprechend darauf.<br />

Tatsächlich hatte der deutsche Schlager gegenüber der angloamerikanischen<br />

Konkurrenz in punkto Beliebtheit gewaltig an Boden verloren. Der<br />

moderne Charakter der deutschen Schlager wurde schließlich vielfach durch<br />

ein merkwürdiges deutsch-englisches Kauderwelsch der Texte erzeugt. Hauptsache<br />

es klang nach Jugend und Beat statt nach Fernweh und Schnulze.<br />

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