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Petticoat & Minirock Unsere Reise beginnt im Bamberg der 50er Jahre auf dem „frängischen“ Main-Dampfer MS Franconia. Dieser schippert „schö ruich“ von Bamberg über Gemünden nach Aschaffenburg, während sich auf dem Innendeck so einiges abspielt. An Bord gehen die prüde Familie Krautkrämer mit deren jugendlichen Töchterlein Heidemarie, der reiche Unternehmer von Immenhof und dessen Sekretärin sowie die bekannte Schlagersängerin Bibi Houston mit dem Produzenten Rudolf Petry. Bei dieser Kombination an Schiffsgästen wundert es nicht, dass die ruhige Fahrt schnell zur Gesangsshow wird und die weltoffene Attitüde der beiden Schlagersternchen auf die brave Bürgersfamilie abfärbt. Im zweiten Teil treffen sich unsere Figuren durch einen Zufall auf der MS Calamari wieder, doch die 50er sind längst passé. Wir befinden uns nun in den 60er Jahren und die Zeit hat ihre Spuren hinterlassen… Lassen Sie sich entführen auf eine „frängische Meefahrt“ und kommen Sie mit uns auf eine Schiffsreise durch die Zeit! Die Aufführungsrechte liegen bei der S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main. 14
50er & 60er Jahre – Eine Ära des Schlagers Die 50er – Schallplatten, Schlagerstars und die Illusion einer heilen Welt Durch den Siegeszug der Schallplatte brachten die 50er Jahre dem deutschen Schlager eine ganz neue Marketing-Strategie. Nun hieß es: „it´s the singer, not the song“; nicht die Qualität des Liedes, sondern die Beliebtheit des Sängers entschied über den Erfolg. So kommt es, dass wir uns heute v.a. an die vielen Künstlernamen erinnern – Peter Alexander, Freddy Quinn, Bill Ramsey, Catarina Valente –, wohingegen nur wenige Hits dieser hängen geblieben sind. Nimmt man sich die einschlägigen Liedtexte der 50er einmal vor, könnte man den Eindruck gewinnen, früher – vor den 50ern – sei alles besser gewesen. Die Beschwörung von Heimweh und Heimat in den Schlagertexten ging oft mit einer Verklärung der Vergangenheit einher, die wenig mit den realen Lebensbedingungen zu tun hatte. Nach dem zweiten Weltkrieg bis zur Währungsreform 1949 lag das Land am Boden. Die Menschen wollten die Kriegsgräuel vergessen. Man wünschte sich eine heile Welt. Der Fernwehschlager widmete sich vor allem dem Reiseziel Italien, zu dem die Deutschen ein besonderes Sehnsuchtsverhältnis entwickelt hatten (Capri-Fischer!). Durch den allmählich steigenden Wohlstand durch das Wirtschaftswunder, rückte das Traumland südlich der Alpen erstmals in Reichweite. So lockten Caterina Valente, Silvio Francesco und Peter Alexander 1956 mit „Komm ein bisschen nach Italien“ in den Süden. Die 60er – die Beatles und der Einfluss der angloamerikanischen Kultur Man musste sich entscheiden: Für die Beatles, die Jugend, den Rhythmus und den Zeitgeist oder für Peter Alexander und die Tradition, die Gemütlichkeit und Ordnung. Das Nebeneinander der Gegensätze war besonders prägend für die 60er Jahre: „Maßhalten!“, predigte Bundeskanzler Ludwig Erhard, die Beatles lösten eine weltweite Massenhysterie aus, Martin Luther King kämpfte gewaltfrei für die Gleichberechtigung der schwarzen Bevölkerung und Drafi Deutscher rockte mit dem deutschsprachigen Klassiker „Marmor, Stein und Eisen bricht“ (1965). Die Amerikaner verstärkten ihr Militär in Vietnam, in San Francisco formierte sich die Hippies, die NASA schoss Raketen zum Mond und Roy Black sang „Ganz in Weiß“ (1965). Den Bruch zwischen den Generationen lösten die vier Pilzköpfe aus Liverpool aus, die nicht nur einen neuen Musikstil, sondern ein neues Lebensgefühl verkörperten. Komponisten und Produzenten erkannten diesen Trend und sprangen auf den Zug auf. Andere wussten, dass die „Beatlemanie“ eine Gegenbewegung auslösen würde, und reagierten entsprechend darauf. Tatsächlich hatte der deutsche Schlager gegenüber der angloamerikanischen Konkurrenz in punkto Beliebtheit gewaltig an Boden verloren. Der moderne Charakter der deutschen Schlager wurde schließlich vielfach durch ein merkwürdiges deutsch-englisches Kauderwelsch der Texte erzeugt. Hauptsache es klang nach Jugend und Beat statt nach Fernweh und Schnulze. 15
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