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Situationsanalyse beatmeter Patienten in der häuslichen Pflege

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Praxissemesterbericht über das<br />

Praxissemesterprojekt von<br />

Susanne Tramberend, Matrikelnummer 198387<br />

<strong>Situationsanalyse</strong> <strong>beatmeter</strong><br />

<strong>Patienten</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>häuslichen</strong> <strong>Pflege</strong><br />

Praxissemesterstelle:<br />

XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX<br />

XXXXXXXXXXXXXX<br />

XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX<br />

Betreuung durch Frau Prof. Dr. Margot Sieger


Problemaufriss<br />

1.1 Anlass <strong>der</strong> Untersuchung<br />

Durch den Fortschritt <strong>in</strong> <strong>der</strong> Intensivmediz<strong>in</strong> und hier vor allem durch die<br />

Möglichkeit <strong>der</strong> Beatmung, wurde es möglich, viele Menschen mit schweren<br />

Krankheitsbil<strong>der</strong>n am Leben zu erhalten. So kommt es dazu, dass es nicht<br />

nur vermehrt pflegebedürftige Menschen, entsprechend <strong>der</strong> demografischen<br />

Entwicklung, gibt, son<strong>der</strong>n auch Menschen, die langfristig mit hohem technischem<br />

und pflegerischem E<strong>in</strong>satz betreut werden müssen. Bisher wurden<br />

diese <strong>Patienten</strong> hauptsächlich auf den Intensivstationen o<strong>der</strong> Überwachungsstationen<br />

<strong>der</strong> Krankenhäuser betreut. Seit e<strong>in</strong>iger Zeit wird jedoch<br />

das Problem, diese <strong>Patienten</strong> langfristig <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er an<strong>der</strong>en Umgebung zu<br />

pflegen aus ökonomischer und ethischer Sicht immer drängen<strong>der</strong>. Das ab<br />

2004 geltende neue Abrechnungssystem für Krankenhäuser, die sogenannten<br />

DRG`s, werden mit e<strong>in</strong>er dr<strong>in</strong>gend gebotenen noch kürzeren Verweildauer<br />

<strong>der</strong> <strong>Patienten</strong> im Krankenhaus e<strong>in</strong>hergehen, damit diese wirtschaftlich<br />

arbeiten können. So ist damit zu rechnen, dass ab diesem Zeitraum,<br />

noch mehr <strong>in</strong>tensivpflegebedürftige <strong>Patienten</strong>, <strong>der</strong>en Zustand <strong>in</strong> absehbarer<br />

Zeit ke<strong>in</strong>e deutliche Verän<strong>der</strong>ung erwarten lässt, entlassen werden. Notwendigerweise<br />

müssen <strong>in</strong> <strong>der</strong> ambulanten Versorgung Voraussetzungen<br />

geschaffen werden, die Betreuung dieser <strong>Patienten</strong> mit hohem E<strong>in</strong>satz<br />

technischer Geräte und anspruchsvoller, spezialisierter <strong>Pflege</strong> zu gewährleisten.<br />

Während me<strong>in</strong>er eigenen mehr als zehnjährigen Tätigkeit als Krankenschwester<br />

auf e<strong>in</strong>er Intensivstation konnte ich die geschil<strong>der</strong>te Entwicklung<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Praxis verfolgen. Immer häufiger beobachtete ich <strong>in</strong> den letzten Jahren,<br />

dass beatmete <strong>Patienten</strong> nach e<strong>in</strong>em langen, häufig auch wechselnden<br />

Krankenhausaufenthalt entlassen werden sollten, da das Ziel <strong>der</strong> eigenständigen<br />

Atmung prognostisch nicht mehr o<strong>der</strong> nur langfristig zu erreichen<br />

war. Die Entlassung bzw. die notwendige Versorgung verursachte bei allen<br />

Beteiligten große Verunsicherung, und dies führte nach me<strong>in</strong>er Beobachtung<br />

häufiger dazu, diese <strong>Patienten</strong> relativ weit vom Wohnort entfernt <strong>in</strong> e<strong>in</strong><br />

Heim mit Beatmungsmöglichkeiten zu verlegen, obwohl von den Angehörigen<br />

o<strong>der</strong> dem <strong>Patienten</strong> ursprünglich die häusliche Betreuung gewünscht<br />

wurde. Ängste und Verunsicherung bezüglich <strong>der</strong> Sicherstellung <strong>der</strong> qualifizierten<br />

Betreuung, sowie Probleme, ambulante <strong>Pflege</strong>dienste zu f<strong>in</strong>den, die<br />

die <strong>Pflege</strong> <strong>beatmeter</strong> <strong>Patienten</strong> übernehmen, Unklarheiten bezüglich <strong>der</strong> F<strong>in</strong>anzierung<br />

ect. standen <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong> zu Hause im Weg. Im Fall e<strong>in</strong>es <strong>Patienten</strong>,<br />

<strong>der</strong> nach Hause entlassen wurde und dessen Ehefrau <strong>in</strong> hohem Maße<br />

motiviert war, drohte die häusliche <strong>Pflege</strong>situation wohl schon nach kurzer<br />

Zeit zu scheitern. Die Gründe hierfür wurden mir nicht bekannt.<br />

Diese Beobachtungen und die zu erwartende Verschärfung <strong>der</strong> Situation mit<br />

E<strong>in</strong>satz <strong>der</strong> DRG`s begründen me<strong>in</strong> Interesse, mich während me<strong>in</strong>es Praxissemesters<br />

mit diesem Problem zu beschäftigen. Da ich die Situation nur<br />

aus <strong>der</strong> “Krankenhausperspektive“ kenne, wollte ich mich während des<br />

Praktikums <strong>in</strong> das ambulante Feld begeben, um mich bei <strong>Patienten</strong>, die zu<br />

Hause betreut werden, über die Voraussetzungen, die die Betreuung ermöglichen<br />

und die vorhandenen Belastungen und Probleme kundig zu machen.<br />

2


1.2 Zielsetzung und Verfahren <strong>der</strong> geplanten Untersuchung<br />

Zur Umsetzung dieses Anliegens war es notwendig, die Ziele und Verfahren<br />

<strong>der</strong> Untersuchung genau e<strong>in</strong>zugrenzen und festzulegen.<br />

Es sollte also im Rahmen <strong>der</strong> Untersuchung e<strong>in</strong>e Ist – Analyse <strong>der</strong> Situation<br />

von beatmeten <strong>Patienten</strong> im <strong>häuslichen</strong> Bereich erfolgen. Hierzu mussten<br />

zum e<strong>in</strong>en die Rahmenbed<strong>in</strong>gungen, unter denen die häusliche <strong>Pflege</strong> erfolgt,<br />

erfasst werden. Zum an<strong>der</strong>en sollte das subjektive Erleben <strong>der</strong> pflegenden<br />

Angehörigen wie auch <strong>der</strong> professionell <strong>Pflege</strong>nden <strong>in</strong> die Erhebung<br />

e<strong>in</strong>gehen. Gut funktionierende wie auch beson<strong>der</strong>s belastende Aspekte, vor<br />

allem im H<strong>in</strong>blick auf die Zusammenarbeit von <strong>Pflege</strong>dienst und pflegenden<br />

Angehörigen, sollten hierbei von beson<strong>der</strong>em Interesse se<strong>in</strong>.<br />

2. Theoretische H<strong>in</strong>tergründe und vorliegende empirische Daten<br />

zum Thema <strong>der</strong> Untersuchung<br />

Zur <strong>in</strong>haltlichen Vorbereitung auf das Projekt erfolgte e<strong>in</strong>e Beschäftigung<br />

mit den theoretischen Ansätzen <strong>der</strong> Stressentstehung. Dieser Schwerpunkt<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> vorbereitenden Theoriearbeit entstand aus <strong>der</strong> Annahme, dass die<br />

Betreuung und <strong>Pflege</strong> des beatmeten <strong>Patienten</strong> hohe Anfor<strong>der</strong>ungen stellt<br />

und Eigenschaften besitzt, die von den <strong>Pflege</strong>nden als Belastung o<strong>der</strong><br />

Stress erlebt werden. Mit Hilfe <strong>der</strong> Literaturrecherche wurde als zweiter<br />

Schwerpunkt nach bereits vorhandenen empirischen Daten zu den Belastungen<br />

pflegen<strong>der</strong> Angehöriger von beatmeten <strong>Patienten</strong> geforscht. Die Erkenntnisse<br />

dieser Arbeiten sollen hier kurz zusammenfassend dargestellt<br />

werden und können durch E<strong>in</strong>sichtnahme <strong>in</strong> die ausführliche Nie<strong>der</strong>schrift<br />

(Tramberend,2002) vertieft werden.<br />

Im Rahmen <strong>der</strong> Beschäftigung mit Modellen <strong>der</strong> Stressentstehung wurde<br />

das Transaktionale Modell von Lazarus sowie das Allgeme<strong>in</strong>e Analysemodell<br />

kritischer Lebensereignisse von Filipp, als Modelle mit allgeme<strong>in</strong> großer<br />

Akzeptanz <strong>in</strong> <strong>der</strong> Stressforschung e<strong>in</strong>gehen<strong>der</strong> betrachtet und <strong>in</strong> Beziehung<br />

zum Untersuchungs<strong>in</strong>halt gesetzt. Als Ergebnis dieser Betrachtung wird<br />

Stress als e<strong>in</strong> subjektives Geschehen def<strong>in</strong>iert, bei dem e<strong>in</strong>erseits die Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

aus <strong>der</strong> Umwelt und andrerseits die E<strong>in</strong>schätzung <strong>der</strong> eigenen<br />

Möglichkeiten, diese Anfor<strong>der</strong>ungen zu bewältigen, ausschlaggebend s<strong>in</strong>d.<br />

Der E<strong>in</strong>schätzungsprozess e<strong>in</strong>er Situation läuft auf <strong>der</strong> Grundlage <strong>der</strong> persönlichen<br />

Erfahrungen und Geschichte ab und wird ständig durch neue Informationen<br />

bee<strong>in</strong>flusst und e<strong>in</strong>er Neubewertung zugeführt. So ersche<strong>in</strong>t<br />

das Stressgeschehen als sehr <strong>in</strong>dividueller und multidimensionaler Prozess,<br />

<strong>der</strong> gekennzeichnet ist von wechseln<strong>der</strong> Intensität und Qualität <strong>der</strong> Emotionen.<br />

Bewältigung wird <strong>in</strong> diesem Zusammenhang von Filipp als das Wie<strong>der</strong>erlangen<br />

des Gleichgewichtes zwischen Person und Umwelt verstanden.<br />

Die Effektivität von Bewältigungsversuchen ist aufgrund verschiedenster<br />

3


ee<strong>in</strong>flussen<strong>der</strong> Faktoren schwer zu überprüfen. Es werden verschiedene<br />

Bewältigungsformen unterschieden, auf die hier nicht näher e<strong>in</strong>gegangen<br />

werden soll. Im Falle <strong>der</strong> Nichtbewältigung e<strong>in</strong>er Situation kommt es zu<br />

physischer und/o<strong>der</strong> psychischer Erschöpfung und möglicherweise zur<br />

Ausbildung von Adaptationserkrankungen. Ausgehend von diesen theoretischen<br />

Erörterungen bedeutet Stressprävention die Antizipation von überfor<strong>der</strong>nden<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen, die Stärkung <strong>der</strong> Ressourcen und gegebenenfalls<br />

die Überprüfung von Bewältigungsprozessen.<br />

Während <strong>der</strong> Literaturrecherche wurde deutlich, dass es noch ke<strong>in</strong>e systematisch<br />

erhobenen, empirischen Daten im Bezug auf die Versorgung <strong>in</strong>tensivpflegebedürftiger<br />

Menschen im <strong>häuslichen</strong> Bereich gibt. So wurden die<br />

folgenden Inhalte Untersuchungen über Belastungen pflegen<strong>der</strong> Angehöriger<br />

allgeme<strong>in</strong> und e<strong>in</strong>er Untersuchung über die Qualität <strong>der</strong> Überleitung<br />

<strong>beatmeter</strong> <strong>Patienten</strong> <strong>in</strong> den <strong>häuslichen</strong> Bereich sowie deskriptiven Veröffentlichungen<br />

aus <strong>der</strong> <strong>häuslichen</strong> Beatmungspflege entnommen. Als Zusammenfassendes<br />

Ergebnis <strong>der</strong> Recherche ist <strong>in</strong>sgesamt festzuhalten, dass<br />

das Belastungspotential bei Angehörigen mit wenig professioneller Unterstützung<br />

erheblich höher ist als bei Angehörigen mit viel professioneller Hilfe.<br />

Der komplexe <strong>Pflege</strong> – und Versorgungsbedarf <strong>der</strong> <strong>Patienten</strong> führt häufig<br />

schnell zur Überfor<strong>der</strong>ung und Erschöpfung <strong>der</strong> Angehörigen. So ist die professionelle<br />

Unterstützung als e<strong>in</strong>e wichtige Ressource <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bewältigung<br />

e<strong>in</strong>er solchen <strong>Pflege</strong>situation zu werten. Belastungen aus <strong>der</strong> Zusammenarbeit<br />

von Angehörigen und professionellen Mitarbeitern werden beschrieben<br />

aufgrund von teilweise mangelhafter Qualifikation von Mitarbeitern, Kommunikationsproblemen<br />

untere<strong>in</strong>an<strong>der</strong> und mangelhafter Kooperation. Die<br />

fehlende Privatsphäre <strong>der</strong> Angehörigen <strong>in</strong> den eigenen Räumlichkeiten<br />

durch ständig anwesendes <strong>Pflege</strong>personal stellt ebenfalls e<strong>in</strong>en wichtigen<br />

Belastungsfaktor dar.<br />

Im H<strong>in</strong>blick auf die Zielsetzung <strong>der</strong> geplanten Untersuchung erschien es<br />

unter Beachtung <strong>der</strong> theoretischen Erkenntnisse s<strong>in</strong>nvoll, Faktoren, die von<br />

Angehörigen wie<strong>der</strong>holt als Belastung erlebt werden, im S<strong>in</strong>ne <strong>der</strong> Stressprävention,<br />

zu identifizieren. Hierbei sollten die bereits vorhandenen Ergebnisse<br />

richtungsweisend se<strong>in</strong>.<br />

So sollte beson<strong>der</strong>es Augenmerk auf die möglichen Gründe für fehlenden<br />

E<strong>in</strong>satz professioneller Hilfe und die belastenden Faktoren, die sich aus <strong>der</strong>selben<br />

ergeben können, gelegt werden. Zu diesem Zweck erschien e<strong>in</strong>e genauere<br />

Untersuchung <strong>der</strong> jeweiligen <strong>Pflege</strong>arrangements s<strong>in</strong>nvoll. Auch die<br />

E<strong>in</strong>schätzung <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>situation durch die Mitarbeiter, sowie <strong>der</strong>en Vorbereitung<br />

auf die Situation war mit Blick auf e<strong>in</strong>e gelungene Zusammenarbeit<br />

von Interesse. Ebenso sollte die subjektive Situationsbewältigung und ihre<br />

Instrumente <strong>in</strong> den jeweiligen Fällen Beachtung f<strong>in</strong>den.<br />

3. Bed<strong>in</strong>gungen <strong>der</strong> Untersuchung<br />

4


3.1 Praxissemesterstelle<br />

Die Auswahl <strong>der</strong> Praxisstelle musste mit Blick auf die Untersuchungs<strong>in</strong>halte<br />

nach bestimmten Kriterien erfolgen. Es wurde e<strong>in</strong>e Praxisstelle benötigt, die<br />

im Rahmen ambulanter Versorgung mehrere Beatmungspatienten <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>häuslichen</strong> Umgebung betreut und an dem Projekt <strong>in</strong>teressiert war, bzw.<br />

bereit war, dieses zu unterstützen. Diese Praxisstelle fand sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er großen<br />

geme<strong>in</strong>nützigen E<strong>in</strong>richtung im Ruhrgebiet, die neben Haushaltshilfe<br />

und ambulanter Krankenpflege e<strong>in</strong>e geson<strong>der</strong>te Abteilung für zeit<strong>in</strong>tensive<br />

<strong>Pflege</strong> etabliert hat. In dieser Abteilung betreuen patientenbezogen e<strong>in</strong>gestellte<br />

<strong>Pflege</strong>teams mehrere pflege<strong>in</strong>tensive <strong>Patienten</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>häuslichen</strong><br />

Umgebung, darunter, zum Zeitpunkt <strong>der</strong> Untersuchung, drei beatmete <strong>Patienten</strong>.<br />

Durch die Zustimmung <strong>der</strong> E<strong>in</strong>richtung wurde die Verwirklichung<br />

des Projektes <strong>in</strong> dieser Abteilung ermöglicht.<br />

Aus den Ergebnissen des Projektes sollten für den <strong>Pflege</strong>dienst Handlungsempfehlungen<br />

h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> Beratung von Angehörigen und <strong>der</strong><br />

Sicherstellung <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong> durch Professionelle abgeleitet werden.<br />

3.2 Zeitrahmen <strong>der</strong> Untersuchung<br />

Das Projekt sollte <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Zeitraum von sechsundzwanzig Wochen stattf<strong>in</strong>den,<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeit vom 24. März 2003 bis zum 19. September 2003. Die genaue<br />

Zeitplanung <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen Untersuchungsschritte s<strong>in</strong>d dem Zeitplan<br />

im Anhang zu entnehmen.<br />

4. Untersuchung<br />

4.1 Untersuchungspopulation<br />

Untersucht werden sollte die Situation von beatmeten <strong>Patienten</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>häuslichen</strong> Umgebung, die von den Mitarbeitern e<strong>in</strong>es <strong>Pflege</strong>dienstes <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Pflege</strong> und Betreuung unterstützt werden. Um die Organisation des Praxissemesters<br />

zu erleichtern wurde nach mehreren, den Kriterien entsprechenden<br />

<strong>Patienten</strong> gesucht, die von e<strong>in</strong>em <strong>Pflege</strong>dienst betreut werden. Zeit und<br />

leistbarer Arbeitsaufwand für die Untersuchung und damit auch <strong>in</strong> etwa<br />

die Zahl <strong>der</strong> zu untersuchenden Fälle wurden durch den Rahmen des Praxissemesters<br />

bestimmt.<br />

Der ausgewählte <strong>Pflege</strong>dienst betreute zum Zeitpunkt <strong>der</strong> Untersuchung<br />

drei beatmete <strong>Patienten</strong> mit schweren Grun<strong>der</strong>krankungen. Diese drei <strong>Patienten</strong><br />

und ihre jeweilige <strong>Pflege</strong>situation stellten die ausgewählte Stichprobe<br />

dar.<br />

4.2 Untersuchungs<strong>in</strong>halte – und Methoden<br />

5


Wie bereits beschrieben, sollten für e<strong>in</strong>en umfassenden E<strong>in</strong>blick die Rahmenbed<strong>in</strong>gungen,<br />

<strong>in</strong> denen die <strong>Pflege</strong>situation erfolgt, sowie das Erleben<br />

von pflegenden Angehörigen und Mitarbeitern erfasst werden. Hierzu war<br />

die Auswahl verschiedener Methoden und Instrumente notwendig, <strong>der</strong>en<br />

E<strong>in</strong>satz im Folgenden beschreiben und begründet wird.<br />

Kenntnisse über die Struktur und Organisation <strong>der</strong> Abteilung für zeit<strong>in</strong>tensive<br />

<strong>Pflege</strong> wurden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em <strong>in</strong>formellen Gespräch mit <strong>der</strong> Bereichsleitung, als<br />

e<strong>in</strong>fachstem und schnellstem Erhebungsweg, gewonnen. Im e<strong>in</strong>zelnen handelte<br />

es sich hierbei um personalbezogene Daten und im weiteren S<strong>in</strong>ne für<br />

die <strong>Pflege</strong>situation relevante Aspekte, wie das Qualitätsmanagement <strong>der</strong><br />

E<strong>in</strong>richtung. Direkte H<strong>in</strong>weise zu den Anfor<strong>der</strong>ungen an die Organisation<br />

<strong>der</strong> <strong>Pflege</strong> vor Ort konnten <strong>der</strong> Dokumentationsmappe des e<strong>in</strong>zelnen <strong>Pflege</strong>bedürftigen<br />

<strong>in</strong> Form von mediz<strong>in</strong>ischer Diagnose, erhobenem <strong>Pflege</strong>bedarf,<br />

<strong>Pflege</strong>planung und Zielformulierung entnommen werden. Mit Hilfe e<strong>in</strong>es<br />

Fragebogens wurden die jeweilige zeitliche Beteiligung <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>nden und<br />

Aufgabenteilung zwischen Angehörigen und <strong>Pflege</strong>mitarbeitern sowie weitere<br />

Rahmenbed<strong>in</strong>gungen <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>situation erfasst, wie personenbezogene<br />

Daten des <strong>Pflege</strong>bedürftigen und Angehörigen, die Form <strong>der</strong> mediz<strong>in</strong>ischen<br />

und an<strong>der</strong>weitigen therapeutischen Betreuung, die F<strong>in</strong>anzierung <strong>der</strong><br />

<strong>Pflege</strong>, die Beratung <strong>in</strong> situationsrelevanten Fragen. Die Methode des standardisierten<br />

Fragebogens wurde an dieser Stelle ausgewählt, da es sich bei<br />

dieser Erhebung um vornehmlich quantitative Daten handelte, die bei <strong>der</strong><br />

Erfragung erwartungsgemäß ke<strong>in</strong>er näheren Erläuterung bedürfen.<br />

Während des Aufenthaltes <strong>in</strong> <strong>der</strong> jeweiligen Familie wurden die räumlichen<br />

Gegebenheiten, <strong>in</strong> denen die <strong>Pflege</strong> stattf<strong>in</strong>det, durch den Forscher registriert<br />

und anschließend schriftlich festgehalten. Lenkend war dabei die Frage<br />

nach möglichen Barrieren, die die <strong>Pflege</strong> beh<strong>in</strong><strong>der</strong>n o<strong>der</strong> erschweren<br />

könnten, sowie die Möglichkeiten des Rückzuges für Angehörige, im S<strong>in</strong>ne<br />

von Intimität und Teilhabe.<br />

In e<strong>in</strong>em zweiten Schritt war das Erleben <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>situation von Angehörigen<br />

und Mitarbeitern zu erfragen. Da es sich bei dem Erleben um Empf<strong>in</strong>dungen<br />

und Wahrnehmungen von Personen handelt, also um sehr subjektive<br />

Inhalte, wurde als Methode zur Erfassung dieser Daten das leitfadengestützte<br />

Interview gewählt. Die qualitative Forschung, zu <strong>der</strong>en Methoden<br />

das Interview zählt, geht davon aus, dass Menschen und ihre subjektive Realität<br />

nicht mit quantitativen Methoden erforscht werden können (Mayr<strong>in</strong>g<br />

1990). Das Interview gibt dem Befragten die Möglichkeit spontan und frei<br />

se<strong>in</strong>e Sicht zu schil<strong>der</strong>n und selbst <strong>in</strong>haltliche Schwerpunkte zu setzen. E<strong>in</strong>e<br />

<strong>in</strong>haltliche Vorgabe erfolgt durch die vorherige Themenbestimmung und<br />

durch den Leitfaden. Mit Hilfe des Leitfadens fließen die Kenntnisse, die <strong>der</strong><br />

Forscher durch die vorherige Beschäftigung mit dem Thema erlangt hat, hier<br />

z.B. Quellen bereits formulierter Be – und Entlastungen von pflegenden Angehörigen,<br />

als Denkanstösse <strong>in</strong> das Interview e<strong>in</strong>. Er dient dem Interviewer<br />

als Gedächtnisstütze, um die zu dem Thema relevanten Aspekte zu erfassen.<br />

Die Freiheit des Befragten, <strong>in</strong>nerhalb des Themas selbst Schwerpunkte<br />

zu setzen und den Gesprächsverlauf zu bestimmen, soll durch den Leitfaden<br />

nicht e<strong>in</strong>geschränkt werden. Weitere Vorteile des Interviews als angewandte<br />

Methode s<strong>in</strong>d, dass Gestik und Mimik des Befragten, Sprechpausen sowie<br />

an<strong>der</strong>e wichtige Situationselemente festgehalten werden können. Außerdem<br />

kann <strong>in</strong>nerhalb des Interviews durch Rückfragen des Interviewers<br />

6


e<strong>in</strong>e Korrektur von Missverständnissen erfolgen. Zu beachten ist allerd<strong>in</strong>gs,<br />

dass die Person des Forschers unweigerlich mehr o<strong>der</strong> weniger E<strong>in</strong>fluss auf<br />

die Situation nimmt.<br />

Um sich voll auf das Gespräch konzentrieren zu können, wurde <strong>in</strong> <strong>der</strong> vorliegenden<br />

Untersuchung das jeweilige Interview mittels e<strong>in</strong>es Tonträgers<br />

aufgezeichnet und später transkribiert und ausgewertet. Beide Instrumente,<br />

Interviewleitfaden und Fragebogen, wurden nach ihrer Entwicklung mittels<br />

e<strong>in</strong>er Probeerhebung auf ihre Verständlichkeit und <strong>in</strong>haltliche Zielgenauigkeit<br />

getestet.<br />

4.3 Untersuchungsablauf<br />

Als erster Schritt <strong>der</strong> Untersuchung wurden die benötigten Instrumente für<br />

die e<strong>in</strong>zelnen Erhebungen entwickelt. Es handelte sich hierbei um e<strong>in</strong> Papier<br />

mit Anhaltspunkten für das <strong>in</strong>formelle Gespräch zur Erfassung <strong>der</strong> relevanten<br />

Aspekte bezüglich <strong>der</strong> Abteilungsorganisation, den Fragebogen zur<br />

Erfassung <strong>der</strong> Rahmenbed<strong>in</strong>gungen, zwei Interviewleitfäden für die Angehörigenbefragung<br />

und die Mitarbeiterbefragung. Für die E<strong>in</strong>schätzung <strong>der</strong><br />

<strong>häuslichen</strong> Umgebung wurden Kriterien zur Erfassung festgelegt.<br />

In e<strong>in</strong>em Anschreiben erhielten die ausgewählten Angehörigen Informationen<br />

über das geplante Projekt und wurden um ihre Mitarbeit gebeten.<br />

Der Versuch e<strong>in</strong>er Term<strong>in</strong>festlegung im vorgesehenen Zeitraum zwecks e<strong>in</strong>er<br />

umfassenden Mitarbeiter<strong>in</strong>formation aller Teams <strong>in</strong> den Räumen des<br />

<strong>Pflege</strong>dienstes scheiterte, so dass wegen <strong>der</strong> drängenden Zeit schließlich<br />

e<strong>in</strong> Anschreiben für die Mitarbeiter verfasst wurde. Dieses enthielt die Vorstellung<br />

des Projektes und die Bitte zur Teilnahme an e<strong>in</strong>em Interview von<br />

jeweils e<strong>in</strong>em Mitarbeiter pro Team.<br />

Das Gespräch mit <strong>der</strong> Bereichsleitung des <strong>Pflege</strong>dienstes fand zu dem geplanten<br />

Zeitpunkt statt. Durch die E<strong>in</strong>sichtnahme <strong>in</strong> die <strong>in</strong> den Räumen des<br />

<strong>Pflege</strong>dienstes vorhandenen Akten <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>bedürftigen konnte nur e<strong>in</strong><br />

Teil <strong>der</strong> Informationen über Grun<strong>der</strong>krankung und <strong>Pflege</strong>bedarf eruiert werden,<br />

da sich die Dokumentationsmappe vor Ort bei den <strong>Pflege</strong>bedürftigen<br />

befand.<br />

Nach E<strong>in</strong>verständniserklärung <strong>der</strong> Angehörigen und <strong>Pflege</strong>bedürftigen zur<br />

Teilnahme an <strong>der</strong> Untersuchung fand das erste Treffen <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>häuslichen</strong><br />

Umgebung statt. Forscher<strong>in</strong>, <strong>Pflege</strong>bedürftige und Angehörige machten sich<br />

bekannt und klärten Fragen zu Inhalt, Zweck und Ziel des Projektes. Im Verlauf<br />

dieses Zusammentreffens erhielt die Forscher<strong>in</strong> Informationen über den<br />

Krankheitsverlauf des <strong>Pflege</strong>bedürftigen, angewandte Hilfsmittel und räumliche<br />

Gegebenheiten. Zudem konnte sie E<strong>in</strong>sicht <strong>in</strong> die jeweilige Dokumentationsmappe<br />

des <strong>Pflege</strong>dienstes nehmen. Der Fragebogen wurde den Angehörigen<br />

ausgehändigt und erklärt. Es kam zur Abstimmung e<strong>in</strong>es neuen<br />

Term<strong>in</strong>s <strong>in</strong> etwa zweiwöchigem Abstand, bei dem die Interviews geführt<br />

und die Fragebögen e<strong>in</strong>gesammelt werden sollten.<br />

Die vere<strong>in</strong>barten Interviewterm<strong>in</strong>e mit den Angehörigen fanden zu den geplanten<br />

Zeitpunkten statt. Allerd<strong>in</strong>gs waren die Sett<strong>in</strong>gs <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen Interviewsituationen<br />

unterschiedlich. In e<strong>in</strong>em Fall war <strong>der</strong> pflegebedürftige<br />

7


Ehemann anwesend, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>en Fall <strong>der</strong> Vater des <strong>Pflege</strong>bedürftigen,<br />

wobei die Mutter <strong>in</strong>terviewt wurde.<br />

Interviewpartner unter den Mitarbeitern <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen <strong>Pflege</strong>teams zu f<strong>in</strong>den<br />

gestaltete sich schwierig. Da sich auf das Anschreiben h<strong>in</strong> niemand<br />

meldete, wurden e<strong>in</strong>zelne Mitarbeiter von <strong>der</strong> Forscher<strong>in</strong> selbst angesprochen,<br />

die sich dann auch zum Interview bereit erklärten. Es kam zu e<strong>in</strong>em<br />

e<strong>in</strong>maligen Treffen mit den besagten Mitarbeitern. Bei diesem Treffen wurde<br />

von den Mitarbeitern e<strong>in</strong> Kurzfragebogen zu <strong>der</strong> Aufgabenteilung <strong>in</strong> den<br />

<strong>Pflege</strong>situationen zwischen Angehörigen und Mitarbeitern ausgefüllt und<br />

das besagte Interview zu ihrer E<strong>in</strong>schätzung <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>situation geführt.<br />

Zum Zeitpunkt dieser Erhebungsphase fand auf Wunsch des zuständigen<br />

Geschäftsführers des <strong>Pflege</strong>dienstes e<strong>in</strong> Zusammentreffen von Bereichsleitung,<br />

<strong>Pflege</strong>dienstleitung, Geschäftsführer und forschen<strong>der</strong> Student<strong>in</strong> statt.<br />

In diesem Gespräch erörterte die Student<strong>in</strong> erneut die Inhalte des laufenden<br />

Projektes. Von Seiten <strong>der</strong> Geschäftsführung wurde die aktuelle hohe Personalfluktuation<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Abteilung problematisiert und angefragt, ob die Frage<br />

nach den Ursachen hierfür nicht <strong>in</strong> das Projekt e<strong>in</strong>gebunden werden könne,<br />

um schnell Schlüsse für e<strong>in</strong> verän<strong>der</strong>tes Personalmanagement ziehen zu<br />

können. Da die Erhebungsphase zu diesem Zeitpunkt schon fast abgeschlossen<br />

war und die Fragestellung <strong>der</strong> Untersuchung nicht mehr grundsätzlich<br />

verän<strong>der</strong>t werden konnte, wurde <strong>in</strong> Absprache mit den Beteiligten<br />

e<strong>in</strong>e Zusatzveranstaltung geplant, die sich <strong>in</strong>haltlich mit den Belastungen<br />

<strong>der</strong> Mitarbeiter aus <strong>der</strong> Arbeitssituation beschäftigen sollte. Dieses Treffen<br />

fand nach Abschluss <strong>der</strong> geplanten Erhebung am 08.09.2003 statt<br />

Innerhalb dieses Treffens wurden den Anwesenden bereits genannte Belastungen<br />

<strong>der</strong> Mitarbeiter durch die Forscher<strong>in</strong> vorgestellt. Diese waren zuvor<br />

aus den Mitarbeiter<strong>in</strong>terviews zur E<strong>in</strong>schätzung <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>situation extrahiert<br />

worden. Nachdem sich die anwesenden Mitarbeiter <strong>in</strong> schriftlicher<br />

Form zu <strong>der</strong> Fragestellung geäußert hatten, wurden geme<strong>in</strong>sam vorliegende<br />

Belastungen und mögliche Lösungsvorschläge <strong>der</strong> Mitarbeiter formuliert<br />

und festgehalten. Die Term<strong>in</strong>festlegung für diese Veranstaltung erfolgte auf<br />

Wunsch <strong>der</strong> stellvertretenden Bereichsleitung und auch wegen <strong>der</strong> ablaufenden<br />

Praxiszeit des Projektes ziemlich kurzfristig. An dem Treffen, bei<br />

dem eigentlich die Me<strong>in</strong>ung <strong>der</strong> Mitarbeitermehrheit erfasst werden sollte,<br />

nahmen nur zwei Mitarbeiter teil, so dass von e<strong>in</strong>em repräsentativen Ergebnis<br />

nicht ausgegangen werden kann.<br />

4.4 Schwierigkeiten und Än<strong>der</strong>ungen gegenüber <strong>der</strong> ursprünglichen<br />

Planung<br />

Wie bereits beschrieben war <strong>der</strong> zusätzliche Fokus <strong>der</strong> Untersuchung, die<br />

belastenden Faktoren <strong>der</strong> Arbeit für die Mitarbeiter herauszuf<strong>in</strong>den, ungeplant<br />

und wurde auf Wunsch <strong>der</strong> Praxisstelle nachträglich <strong>in</strong> das Projekt<br />

e<strong>in</strong>gebunden. Demzufolge konnte das Problem sicher nicht erschöpfend<br />

ausgeleuchtet , son<strong>der</strong>n nur ansatzweise erfasst werden.<br />

Insgesamt war es, wie auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> vorhergehenden Ablaufbeschreibung<br />

dargestellt, schwierig bzw. nicht möglich, alle Mitarbeiter zu e<strong>in</strong>em Term<strong>in</strong><br />

zusammenzubr<strong>in</strong>gen. Dieses Problem ergab sich unter an<strong>der</strong>em wahr-<br />

8


sche<strong>in</strong>lich auch aus <strong>der</strong> Abteilungsstruktur, <strong>der</strong> patientenbezogenen E<strong>in</strong>zelteams,<br />

die untere<strong>in</strong>an<strong>der</strong> ke<strong>in</strong>e Verb<strong>in</strong>dung haben. So gestaltete es sich für<br />

die Forscher<strong>in</strong> problematisch, zu den Mitarbeitern Kontakt aufzunehmen, da<br />

die Anwesenheit <strong>in</strong> den e<strong>in</strong>zelnen <strong>Pflege</strong>situationen nur punktuell gegeben<br />

war und die Aufmerksamkeit <strong>der</strong> Forscher<strong>in</strong> hierbei hauptsächlich den Angehörigen<br />

galt.<br />

Ungeplant und <strong>in</strong> Bezug auf die Auswertung <strong>der</strong> Ergebnisse zu beachten,<br />

ist <strong>der</strong> Umstand, dass e<strong>in</strong>e <strong>der</strong> pflegenden Angehörigen gleichzeitig Mitarbeiter<strong>in</strong><br />

des <strong>Pflege</strong>dienstes ist, und <strong>in</strong> dieser Funktion zu dem für ihren Ehemann<br />

zuständigen <strong>Pflege</strong>team gehört. In die Untersuchung gehen ihre<br />

Aussagen als pflegende Angehörige e<strong>in</strong>, wobei sicher ihre Doppelrolle <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Bewertung nicht außer acht gelassen werden kann.<br />

Dieser nicht vorhersehbare Umstand, sowie die vollständige Unterschiedlichkeit<br />

<strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen untersuchten <strong>Pflege</strong>situationen, ließ, wie im Verlauf<br />

<strong>der</strong> Untersuchung deutlich wurde, e<strong>in</strong>e eigentlich geplante vergleichende<br />

Auswertung <strong>der</strong> Daten als nicht s<strong>in</strong>nvoll ersche<strong>in</strong>en. Das verän<strong>der</strong>te Vorgehen<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Ergebnissauswertung wird <strong>in</strong> dem entsprechenden Kapitel erläutert.<br />

Trotz Pretest zeigte sich im Verlauf <strong>der</strong> Interviews, dass <strong>der</strong> entwickelte<br />

Interviewleitfaden, gepaart mit <strong>der</strong> Unerfahrenheit <strong>der</strong> <strong>in</strong>terviewenden Student<strong>in</strong>,<br />

das freie Erzählverhalten <strong>der</strong> Interviewten, nicht wie gehofft unterstützte.<br />

Vielmehr wurden die angesprochenen Themen, an<strong>der</strong>s als erwartet,<br />

relativ enggefasst beantwortet. Möglicherweise hätten bei freierer Fragestellung<br />

und geübtem Nachfrageverhalten weitere emotionalere Aussagen<br />

erfasst werden können.<br />

E<strong>in</strong>ige punktuelle Verän<strong>der</strong>ungen im Untersuchungsverlauf wurden bereits<br />

<strong>in</strong> 4.3 geschil<strong>der</strong>t und bedürfen hier ke<strong>in</strong>er weiteren Erwähnung.<br />

5. Ergebnisse<br />

Die erhobenen Daten s<strong>in</strong>d bis auf die Interviewauswertungen zur besseren<br />

Übersicht <strong>in</strong> tabellarischer Form zusammengefasst worden. Diese s<strong>in</strong>d im<br />

Anhang dem Bericht beigefügt.<br />

5.1 E<strong>in</strong>zelfalldarstellungen <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>situationen<br />

Wie unter Punkt 4.4 angedeutet, erschien, durch die unterschiedlichen Bed<strong>in</strong>gungen<br />

<strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen <strong>Pflege</strong>situationen, e<strong>in</strong>e ausschließlich vergleichende<br />

Auswertung und Darstellung <strong>der</strong> Daten nicht s<strong>in</strong>nvoll. Daher werden<br />

die Ergebnisse im Folgenden <strong>in</strong> Form von E<strong>in</strong>zelfalldarstellungen veranschaulicht.<br />

In diese Darstellungen fließen die Angaben über die Rahmenbed<strong>in</strong>gungen<br />

sowie die Aussagen <strong>der</strong> Angehörigen und Mitarbeiter<br />

über ihr Erleben und ihre E<strong>in</strong>schätzung <strong>der</strong> Situation e<strong>in</strong>:<br />

9


E<strong>in</strong>zelfalldarstellung Code 1:<br />

Person des <strong>Pflege</strong>bedürftigen:<br />

Der <strong>Pflege</strong>bedürftige ist 22 Jahre alt und männlich. Er ist durch e<strong>in</strong>e angeborene<br />

Erkrankung von Geburt an pflegebedürftig. Er lebt mit se<strong>in</strong>en Eltern <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong>en E<strong>in</strong>familienhaus <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em ruhigen Außenbezirk e<strong>in</strong>er Großstadt. Bis zu<br />

e<strong>in</strong>em mediz<strong>in</strong>ischen Zwischenfall im Jahre 2000 hat <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>bedürftige <strong>in</strong><br />

Begleitung e<strong>in</strong>er Betreuungsperson e<strong>in</strong>e Schule besucht.<br />

Mediz<strong>in</strong>ische Diagnose:<br />

Der <strong>Pflege</strong>bedürftige leidet von Geburt an an dem sog. Scimitar Syndrom.<br />

Hierbei liegt e<strong>in</strong>e Lungenvenenfehlmündung <strong>in</strong> die untere Hohlvene mit<br />

krummsäbelähnlicher Verschattung im Röntgenbild des Herzens (Scimitar =<br />

Krummsäbel) vor. Aus diesem Grund war die schon im Säugl<strong>in</strong>gsalter die<br />

Anlage e<strong>in</strong>es Tracheostomas und e<strong>in</strong>e zeitweise Beatmung notwendig bei <strong>in</strong>termittieren<strong>der</strong><br />

respiratorischer Global<strong>in</strong>suffizienz durch Tracheomalazie und<br />

rezidivierende Infekte. Auch im Schlaf kam es zur Hypoventilation, die e<strong>in</strong>e<br />

nächtliche Beatmung notwendig machte.<br />

Nach mehreren Herz – Kreislauf – Stillständen im Verlauf <strong>der</strong> Erkrankung<br />

liegt nun seit August 2000 (Beatmungszwischenfall) das Ersche<strong>in</strong>ungsbild<br />

e<strong>in</strong>es stabilen apallischen Syndroms (funktionelle Trennung von Hirnr<strong>in</strong>de<br />

und an<strong>der</strong>en Hirnzentren <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e Stammhirn) vor. Die Symptome des<br />

apallischen Syndroms s<strong>in</strong>d: ke<strong>in</strong>e Spontanäußerungen des <strong>Patienten</strong>, ke<strong>in</strong>e<br />

Bewegungen, ke<strong>in</strong>e Blickfixation, praktisch ohne emotionale Kontaktfähigkeit.<br />

Die Elementarfunktionen s<strong>in</strong>d zum Teil erhalten.<br />

<strong>Pflege</strong>bedarf:<br />

Der <strong>Pflege</strong>bedürftige ist durch se<strong>in</strong> Leiden vollständig immobil und dauerhaft<br />

beatmungspflichtig. Hieraus ergibt sich e<strong>in</strong> entsprechend hoher <strong>Pflege</strong>bedarf.<br />

Der Krankenbeobachtung kommt hier e<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>e Bedeutung zu, um<br />

mögliche Probleme, die aus <strong>der</strong> Immobilität und <strong>der</strong> Beatmung erwachsen,<br />

rechtzeitig zu erkennen.<br />

Kommunikation mit dem <strong>Pflege</strong>bedürftigen ist nicht möglich. Die Aufgabe<br />

<strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>nden ist es, trotz fehlen<strong>der</strong> Reaktion mit dem <strong>Pflege</strong>bedürftigen zu<br />

sprechen und ihn über alle Handlungen zu <strong>in</strong>formieren, sowie Verän<strong>der</strong>ungen<br />

im Mienenspiel o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Körperhaltung zu beachten und entsprechend zu<br />

deuten.<br />

Wegen <strong>der</strong> vollständigen Immobilität müssen alle notwendigen Bewegungen<br />

von den <strong>Pflege</strong>nden übernommen werden. Es erfolgt e<strong>in</strong>e regelmäßige Mobilisation<br />

des <strong>Pflege</strong>bedürftigen. Den Tag verbr<strong>in</strong>gt er meist im Rollstuhl sitzend.<br />

Weiterh<strong>in</strong> müssen krankengymnastische Übungen durchgeführt werden<br />

( Stehtra<strong>in</strong>er, an<strong>der</strong>e Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gsgeräte), um e<strong>in</strong>e Kontrakturenbildung zu<br />

verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n. Wegen <strong>der</strong> Dekubitusgefahr s<strong>in</strong>d regelmäßige Umlagerungen<br />

sowie e<strong>in</strong>e sorgfältige Hautbeobachtung - und pflege notwendig.<br />

Zur Sicherung <strong>der</strong> vitalen Funktionen werden die Vitalzeichen, wie Herzrhythmus<br />

und Atmung ständig überwacht. Hierzu gehört natürlich auch die<br />

10


Überwachung <strong>der</strong> Gerätefunktion, das Absaugen von Trachealsekret sowie<br />

alle Maßnahmen, die die Atemfunktion unterstützen (Bronchialtoilette,<br />

Klopfmassagen, Mobilisation ect.) Die Wärmeregulation muss über angemessene<br />

Raumtemperatur und Kleidung bzw. Bettausstattung gewährleistet<br />

werden.<br />

Die gesamte Körperpflege, wie Waschen, Baden, An – und Auskleiden, Zahn-<br />

Nagel – Haar- und Hautpflege muss von <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>person übernommen werden.<br />

Die Ernährung des <strong>Pflege</strong>bedürftigen erfolgt über e<strong>in</strong>e PEG Sonde. Die Sondennahrung<br />

wird unter Beachtung <strong>der</strong> fachlichen Richtl<strong>in</strong>ien vorbereitet und<br />

verabreicht.<br />

Aufgrund von Stuhl – und Ur<strong>in</strong><strong>in</strong>kont<strong>in</strong>enz gehört die Inkont<strong>in</strong>enzpflege zu<br />

den Aufgaben <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>nden. Wegen Obstipationsneigung wird auf regelmäßige<br />

Stuhlausscheidung geachtet und gegebenenfalls <strong>in</strong>terveniert.<br />

Die Tagesgestaltung wird von den <strong>Pflege</strong>nden vorgenommen und orientiert<br />

sich unter an<strong>der</strong>em an den unterschiedlichen Therapien. Grundsätzlich soll<br />

auf vielerlei Weise für Anregung <strong>der</strong> S<strong>in</strong>ne des <strong>Pflege</strong>bedürftigen gesorgt<br />

werden. Hierzu gehört auch, dass zu allen im Haus verkehrenden Personen<br />

Kontakt hergestellt wird.<br />

Die Sicherung <strong>der</strong> Umgebung erfolgt zum e<strong>in</strong>en über das Monitor<strong>in</strong>g, als<br />

auch über die 24stündige Überwachung durch geschulte Personen. Spezialbett<br />

und Spezialrollstuhl mit Sicherungsvorrichtungen s<strong>in</strong>d im E<strong>in</strong>satz.<br />

Organisation <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>:<br />

Die <strong>Pflege</strong> und Betreuung des <strong>Pflege</strong>bedürftigen wird tagsüber von den Eltern<br />

und hier hauptsächlich von <strong>der</strong> 54 Jahre alten Mutter geleistet. Nachts<br />

wird <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>bedürftige für e<strong>in</strong>en Zeitraum von 10 Stunden von <strong>Pflege</strong>dienstmitarbeitern<br />

betreut. Tagsüber übernehmen zeitweise Studenten die<br />

Betreuung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Umfang von 10 Stunden pro Woche. Alle pflegerischen<br />

Belange werden von <strong>der</strong> Mutter als hauptsächlich <strong>Pflege</strong>n<strong>der</strong> abgedeckt,<br />

wobei sie von dem bereits berenteten Vater unterstützt wird, während die<br />

<strong>Pflege</strong>dienstmitarbeiter nachts hauptsächlich Überwachungsfunktionen übernehmen<br />

und anfallende Maßnahmen, wie Absaugen und Lagerung. Studenten,<br />

die zeitweise tagsüber an <strong>der</strong> Betreuung beteiligt s<strong>in</strong>d, übernehmen<br />

ebenfalls ständig anfallende Aufgaben, wie Absaugen, Mobilisation, Tagesgestaltung<br />

und Besorgung von <strong>Pflege</strong>hilfsmitteln und Medikamenten.<br />

Bei kurzfristiger Abwesenheit <strong>der</strong> Eltern über wenige Tage übernehmen die<br />

<strong>Pflege</strong>dienstmitarbeiter im Rahmen <strong>der</strong> Verh<strong>in</strong><strong>der</strong>ungspflege auch tagsüber<br />

die Betreuung.<br />

Rahmenbed<strong>in</strong>gungen:<br />

Die mediz<strong>in</strong>ische Betreuung erfolgt hauptsächlich bedarfsorientiert durch e<strong>in</strong>en<br />

Internisten, Neurologen und Urologen.<br />

Außerdem erhält <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>bedürftige krankengymnastische, logopädische,<br />

ergotherapeutische und musiktherapeutische Betreuung.<br />

Die F<strong>in</strong>anzierung <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong> wird durch die Krankenkasse und die <strong>Pflege</strong>versicherung<br />

gesichert.<br />

Die räumlichen Gegebenheiten des Hauses s<strong>in</strong>d barrierefrei. E<strong>in</strong>e Wendeltreppe<br />

<strong>in</strong> die 1. Etage, wo sich auch das <strong>Patienten</strong>zimmer bef<strong>in</strong>det, wird mit<br />

11


e<strong>in</strong>em unter <strong>der</strong> Decke verlaufenden Speziallifter überwunden. Tagsüber hält<br />

sich <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>bedürftige meistens im Wohnbereich auf. Mit dem Rollstuhl<br />

s<strong>in</strong>d alle Räume sowie <strong>der</strong> Garten erreichbar. Die Badewanne ist mit e<strong>in</strong>em<br />

<strong>Patienten</strong>lifter ausgestattet.<br />

Rückzugsmöglichkeiten für die Angehörigen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Form des Schlafzimmers<br />

und <strong>der</strong> Kellerräume gegeben. Die <strong>Pflege</strong>dienstmitarbeiter halten sich abends<br />

und nachts hauptsächlich im <strong>Patienten</strong>zimmer auf, so dass die Eltern im<br />

Wohnbereich weitestgehend ungestört s<strong>in</strong>d.<br />

Die Eltern des <strong>Pflege</strong>bedürftigen s<strong>in</strong>d nicht berufstätig. Alle Aufgaben außerhalb<br />

<strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>, wie z.B. die Haushaltsführung, werden von den Eltern<br />

erledigt.<br />

Beratung <strong>in</strong> den die <strong>Pflege</strong>situation betreffenden Aspekten erfährt die pflegende<br />

Angehörige <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Selbsthilfegruppe.<br />

Aussagen <strong>der</strong> hauptsächlich pflegenden Angehörigen über die <strong>Pflege</strong>situation:<br />

Die Übernahme <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong> ihres Sohnes <strong>in</strong> den <strong>häuslichen</strong> Bereich erfolgte<br />

1982 auf eigenen Wunsch und eigene Veranlassung. Obwohl dem K<strong>in</strong>d wegen<br />

<strong>der</strong> Diagnosestellung des Scimitar – Syndroms von ärztlicher Seite nur<br />

e<strong>in</strong>e kurze Lebenserwartung prophezeit wurde, stieß <strong>der</strong> Wunsch, den Sohn<br />

zu hause zu pflegen, zuerst auf ärztlichen Wi<strong>der</strong>stand. E<strong>in</strong>e Beatmungspflege<br />

im <strong>häuslichen</strong> Bereich war zu diesem Zeitpunkt e<strong>in</strong>e Rarität und löste deshalb<br />

sehr viel Unsicherheit bei den beteiligten Professionen aus.<br />

Die Mutter des <strong>Pflege</strong>bedürftigen war, <strong>in</strong> <strong>der</strong> ersten Zeit <strong>der</strong> <strong>häuslichen</strong> <strong>Pflege</strong>,<br />

Tag und Nacht für die Betreuung zuständig. Sie wurde hierbei zeitweise<br />

von <strong>der</strong> eigenen Mutter und an den Wochenenden vom Ehemann unterstützt.<br />

Diese erste Zeit sei vor allem körperlich aufgrund von Schlafmangel sehr belastend<br />

gewesen.<br />

Mittlerweile hat sich die Angehörige Freiräume geschaffen und nimmt Hilfe,<br />

durchgängig bei <strong>der</strong> nächtlichen Betreuung und stundenweise bei <strong>der</strong> Tagesbetreuung,<br />

<strong>in</strong> Anspruch. Die weiterh<strong>in</strong> bestehende zeitweise Anb<strong>in</strong>dung<br />

stelle nun ke<strong>in</strong>e Belastung mehr dar, son<strong>der</strong>n gehöre zu <strong>der</strong> Normalität ihres<br />

Alltags.<br />

Die eigene Lebensplanung habe sich selbstverständlich durch die Erkrankung<br />

des Sohnes <strong>in</strong> allen Bereichen geän<strong>der</strong>t.<br />

Anfänglich sei es durch die eigene vollständige Auslastung zu e<strong>in</strong>er Reduzierung<br />

<strong>der</strong> Sozialkontakte gekommen, die aber später wie<strong>der</strong> aufgelebt seien,<br />

so dass ke<strong>in</strong>e dauerhafte Verän<strong>der</strong>ung <strong>in</strong> diesem Bereich aufgetreten sei.<br />

Auf die Wohnsituation und auch auf die f<strong>in</strong>anziellen Verhältnisse habe die<br />

<strong>Pflege</strong>situation ke<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>fluss gehabt.<br />

Obwohl sich die Angehörige durch den Zustand des Sohnes dauerhaft psychisch<br />

belastet fühlt, sei ihr körperlicher Gesundheitszustand nicht wesentlich<br />

bee<strong>in</strong>trächtigt durch die <strong>Pflege</strong>. Die psychische Anspannung sei stark<br />

von dem jeweiligen Bef<strong>in</strong>den des <strong>Pflege</strong>bedürftigen abhängig.<br />

Die Angehörige beschreibt die Beziehung zu ihrem Sohn als sehr eng, wobei<br />

die Zunahme <strong>der</strong> Hilflosigkeit die <strong>in</strong>nere B<strong>in</strong>dung verstärkt habe.<br />

Nach e<strong>in</strong>em Beatmungszwischenfall im Jahr 2000 und dem resultierenden<br />

Zustandsbild des apallischen Syndroms wurde die nächtliche Betreuung des<br />

12


<strong>Pflege</strong>bedürftigen über die Vermittlung <strong>der</strong> Krankenkasse von den Mitarbeitern<br />

e<strong>in</strong>es<br />

<strong>Pflege</strong>dienstes übernommen. Die Aufgaben <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>dienstmitarbeiter bestehen<br />

hauptsächlich aus <strong>der</strong> Überwachung von vitalen Parametern und <strong>der</strong><br />

Gerätefunktion. Natürlich werden bei Bedarf auch an<strong>der</strong>e Tätigkeiten ausgeführt,<br />

wie z.B. Absaugen, Lagern ect.. Der zeitliche E<strong>in</strong>satz <strong>der</strong> Mitarbeiter<br />

sowie die auszuführenden Tätigkeiten wurden nach den Wünschen <strong>der</strong> Eltern<br />

ausgerichtet.<br />

Für die nächtliche Betreuung s<strong>in</strong>d 2 Mitarbeiter festangestellt. Bei Ausfall e<strong>in</strong>es<br />

<strong>der</strong> Mitarbeiter müssten Aushilfen herangezogen werden, um die Versorgung<br />

sicherzustellen, was nicht unproblematisch sei. In E<strong>in</strong>zelfällen musste<br />

die nächtliche Überwachung auch schon von den Eltern selbst geleistet werden,<br />

da ke<strong>in</strong> Ersatzpersonal zu rekrutieren war. Die Angehörige berichtet,<br />

dass e<strong>in</strong> Mitarbeiter e<strong>in</strong>mal trotz e<strong>in</strong>es grippalen Infektes gearbeitet habe, da<br />

se<strong>in</strong> Kollege im Urlaub war und e<strong>in</strong> Ersatz schwierig zu f<strong>in</strong>den sei. Diese<br />

zeitweise problematische Personalsituation wird als belasten<strong>der</strong> Teil <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Zusammenarbeit mit dem <strong>Pflege</strong>dienst empfunden, <strong>der</strong> <strong>in</strong>sgesamt aber e<strong>in</strong>e<br />

Entlastung für die pflegenden Angehörigen darstellt. Ansonsten habe die<br />

Angehörige, nach ihren Aussagen, mit den jetzigen Mitarbeitern nur gute Erfahrungen<br />

gemacht, vor allem <strong>in</strong> Bezug auf <strong>der</strong>en E<strong>in</strong>fühlungsvermögen <strong>in</strong><br />

die häusliche Situation. Die Anwesenheit von <strong>Pflege</strong>personal stelle, nach<br />

Festlegung <strong>der</strong>en Aufenthaltsbereiches im Haus, ke<strong>in</strong>e Belastung für die Angehörigen<br />

mehr da. Zu Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong> Zusammenarbeit hätten sich die <strong>Pflege</strong>nden<br />

abends teilweise mit den Eltern im Wohnbereich aufgehalten, was zu e<strong>in</strong>er<br />

stark empfundenen Bee<strong>in</strong>trächtigung des Privatlebens <strong>der</strong> Angehörigen<br />

geführt habe. Dieses Problem sei von Ihnen angesprochen worden und die<br />

aktuellen Mitarbeiter hielten sich nun vorrangig im Zimmer des<br />

<strong>Pflege</strong>bedürftigen<br />

auf.<br />

Durch die Übernahme <strong>der</strong> Tagesbetreuung durch den <strong>Pflege</strong>dienst im Rahmen<br />

<strong>der</strong> Verh<strong>in</strong><strong>der</strong>ungspflege wird den Angehörigen jährlich e<strong>in</strong> Kurzurlaub<br />

ermöglicht und damit e<strong>in</strong>e weitere Möglichkeit zum Abschalten und zur Erholung<br />

eröffnet.<br />

Die Kooperation mit <strong>der</strong> Krankenkasse sei zu Beg<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>häuslichen</strong> <strong>Pflege</strong><br />

1982 von Unsicherheit geprägt gewesen. Sie habe zu diesem Zeitpunkt ke<strong>in</strong>e<br />

Beratung o<strong>der</strong> Unterstützung für die Bewältigung <strong>der</strong> Situation geleistet.<br />

Mittlerweile sei die Zusammenarbeit vor allem <strong>in</strong> Bezug auf die F<strong>in</strong>anzierung<br />

unproblematisch.<br />

Dieselben Erfahrungen habe die Angehörige auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Kooperation mit<br />

Ärzten gemacht. E<strong>in</strong>zelne Mediz<strong>in</strong>er hätten sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Vergangenheit durch<br />

die häusliche <strong>Pflege</strong> e<strong>in</strong>es beatmeten <strong>Patienten</strong> überfor<strong>der</strong>t gefühlt und auch<br />

die Verschreibungspraxis von Medikamenten o<strong>der</strong> Hilfsmitteln sei teilweise<br />

sehr umständlich gewesen. Der aktuelle behandelnde Arzt verschreibe alle<br />

benötigten Mittel problemlos und lasse sie im Nachh<strong>in</strong>e<strong>in</strong> von <strong>der</strong> Krankenkasse<br />

genehmigen.<br />

Über den <strong>Pflege</strong>dienst h<strong>in</strong>ausgehend erhalte die Angehörige Unterstützung<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong> von ihrem Ehemann und zeitweise von e<strong>in</strong>igen Nachbarn. Außerdem<br />

wird <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>bedürftige 10 Stunden wöchentlich von e<strong>in</strong>gearbeiteten<br />

Studenten betreut. Diese Leistung wird über das <strong>Pflege</strong>geld f<strong>in</strong>anziert.<br />

Als hilfreiche Unterstützung empf<strong>in</strong>det die Angehörige den Erfahrungsaustausch<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Selbsthilfegruppe, wo sowohl praktische Tipps als auch mentale<br />

Unterstützung vermittelt würden. Hier<strong>in</strong> sieht die Angehörige e<strong>in</strong>en<br />

13


wichtigen Aspekt <strong>der</strong> persönlichen Bewältigung <strong>der</strong> Situation ebenso wie<br />

die Schaffung und Erhaltung persönlicher Freiräume.<br />

In e<strong>in</strong>er allgeme<strong>in</strong>en Bewertung <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>situation empf<strong>in</strong>det die Angehörige<br />

es als beson<strong>der</strong>s positiv, dass ihr Sohn, trotz se<strong>in</strong>er schweren E<strong>in</strong>schränkungen,<br />

zu hause bei se<strong>in</strong>en Eltern <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er gewohnten Umgebung se<strong>in</strong><br />

kann. Gleichzeitig bedrücke sie natürlich die Sorge um die Versorgung und<br />

<strong>Pflege</strong> ihres Sohnes <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zukunft, wenn sie selbst dazu nicht mehr fähig seien.<br />

Aussagen e<strong>in</strong>es <strong>Pflege</strong>dienstmitarbeiters über die <strong>Pflege</strong>situation:<br />

Im Rahmen e<strong>in</strong>es Interviews wurde <strong>der</strong> Mitarbeiter zu se<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>schätzung<br />

verschiedener Aspekte <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>situation befragt:<br />

Die F<strong>in</strong>anzierung <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong> sei, nach E<strong>in</strong>schätzung des Mitarbeiters , zufriedenstellend<br />

geregelt.<br />

Die Wohnsituation sei <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>situation weitestgehend angemessen, wobei<br />

<strong>der</strong> Mitarbeiter es begrüßen würde, wenn das <strong>Patienten</strong>zimmer etwas größer<br />

wäre, da die <strong>Pflege</strong>mitarbeiter sich dort die ganze Nacht aufhielten. Der<br />

Raum sei ziemlich vollgestellt und biete wenig Bewegungsmöglichkeiten für<br />

die Mitarbeiter. So erschiene es auch nicht möglich etwas mehr „räumlichen<br />

Abstand“ zum <strong>Patienten</strong> zu nehmen.<br />

Die Aufgabenverteilung <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong> habe sich durch die Organisation <strong>der</strong><br />

<strong>Pflege</strong>situation ergeben. Da die <strong>Pflege</strong>dienstmitarbeiter bis auf Ausnahmen<br />

nur nachts anwesend s<strong>in</strong>d, fallen dementsprechende Tätigkeiten an. Die<br />

Hauptaufgabe bestehe <strong>in</strong> <strong>der</strong> lückenlosen Überwachung des <strong>Pflege</strong>bedürftigen.<br />

Als e<strong>in</strong> organisatorisches Problem sieht <strong>der</strong> Mitarbeiter die Gewährleistung<br />

<strong>der</strong> Betreuung bei Ausfall e<strong>in</strong>er <strong>der</strong> beiden Mitarbeiter an. Zwar stünde noch<br />

e<strong>in</strong>e angelernte Aushilfskraft zur Verfügung, diese sei jedoch häufig an<strong>der</strong>weitig<br />

e<strong>in</strong>gesetzt. Durch den E<strong>in</strong>satz unzuverlässiger Mitarbeiter o<strong>der</strong> Aushilfskräfte<br />

komme es überdies bei den Angehörigen zum Verlust des erarbeiteten<br />

Vertrauens.<br />

Für die Gestaltung <strong>der</strong> Zusammenarbeit zwischen Angehörigen und Mitarbeitern<br />

sei die grundlegende Prämisse des Mitarbeiters, dass es <strong>der</strong> Familie<br />

gut gehen soll und versucht wird, das Beste aus <strong>der</strong> Situation zu machen. Es<br />

sei wichtig, die Gestaltung <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong> und Kommunikation mit den Angehörigen<br />

auch an <strong>der</strong>en Bedürfnissen auszurichten und nicht nur mediz<strong>in</strong>ische<br />

Aspekte im Vor<strong>der</strong>grund zu sehen. Unter diesem Gesichtspunkt lehne er<br />

mediz<strong>in</strong>ische Fachausdrücke zur Zustandsbeschreibung des <strong>Pflege</strong>bedürftigen<br />

den Eltern gegenüber ab. Lebensweltliche Beschreibungen erschienen<br />

ihm angemessener und schonen<strong>der</strong> für die Angehörigen. Ebenso sollte unrealistisch<br />

ersche<strong>in</strong>enden Vorstellungen <strong>der</strong> Angehörigen nicht wi<strong>der</strong>sprochen<br />

werden, da diese den Angehörigen bei <strong>der</strong> Bewältigung <strong>der</strong> Situation<br />

helfen und ihre Lebensqualität verbessern. Der Mitarbeiter berichtet von gelegentlichen<br />

Me<strong>in</strong>ungsverschiedenheiten zwischen Angehörigen und Mitarbeitern,<br />

<strong>der</strong>en Ursache <strong>in</strong> unterschiedlichen Ansichten über die Handhabung<br />

pflegerischer Tätigkeiten lägen, z.B. bezüglich Mobilisationshäufigkeit und<br />

Notwendigkeit von Medikamentene<strong>in</strong>satz. In <strong>der</strong> Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung über<br />

das Problem komme es zur geme<strong>in</strong>samen Diskussion und Abklärung mit den<br />

Angehörigen. Die endgültige Entscheidungsgewalt stehe jedoch den Angehörigen<br />

zu.<br />

14


Insgesamt bewertet <strong>der</strong> Mitarbeiter die Zusammenarbeit mit den Angehörigen<br />

als gut, was er auch auf die Zuverlässigkeit und Kont<strong>in</strong>uität <strong>der</strong> Mitarbeiter<br />

zurückführt.<br />

Die Entwicklung und Gestaltung e<strong>in</strong>er Beziehung zu dem <strong>Pflege</strong>bedürftigen<br />

sei durch dessen Zustand sehr erschwert. Der Mitarbeiter vermute kurzfristige<br />

Anteilnahme o<strong>der</strong> Reaktion des <strong>Pflege</strong>bedürftigen bei gewissen zu deutenden<br />

Gesichtsausdrücken o<strong>der</strong> kurzem Fixieren mit den Augen. Es bestehe<br />

e<strong>in</strong>e große Unsicherheit, ob und wie viel <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>bedürftige von se<strong>in</strong>er<br />

Umwelt wahrnehme. Im Laufe <strong>der</strong> Zeit habe <strong>der</strong> Mitarbeiter jedoch e<strong>in</strong>e gewisse<br />

B<strong>in</strong>dung zu dem <strong>Pflege</strong>bedürftigen entwickelt.<br />

In <strong>der</strong> E<strong>in</strong>schätzung <strong>der</strong> Belastung <strong>der</strong> Angehörigen durch die <strong>Pflege</strong>situation<br />

sei <strong>der</strong> Zustand des <strong>Pflege</strong>bedürftigen e<strong>in</strong> wichtiger Faktor. Durch e<strong>in</strong>e<br />

Zustandsverschlechterung würde bei den Angehörigen deutliche Anspannung<br />

spürbar. In diesem Zusammenhang problematisiert <strong>der</strong> Mitarbeiter die<br />

Konzentration auf den <strong>Pflege</strong>bedürftigen im Leben <strong>der</strong> Angehörigen. Zeitweise<br />

seien Spannungen zwischen den Angehörigen wahrnehmbar, die aber<br />

nicht thematisiert würden. Als belastend für die Angehörigen wird auch die<br />

Anwesenheit von <strong>Pflege</strong>nden <strong>in</strong> den eigenen Räumlichkeiten e<strong>in</strong>geschätzt.<br />

Die Unterstützung <strong>der</strong> Angehörigen durch ihr soziales Umfeld wird von dem<br />

Mitarbeiter als schwer zu beurteilen beschrieben, da er <strong>in</strong> Frage stellt, ob<br />

verme<strong>in</strong>tliche Hilfestellung aus <strong>der</strong> Verwandtschaft o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Nachbarschaft<br />

ehrlich geme<strong>in</strong>t und wirklich hilfreich ist. Außerdem seien auch häufig Berührungsängste<br />

von Außenstehenden gegenüber dem <strong>Pflege</strong>bedürftigen<br />

spürbar.<br />

Die Beziehung zu den Mitarbeitern sei herzlich, obwohl z.B. über das „ Sie“ <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Ansprache e<strong>in</strong>e gewisse Distanz aufrecht erhalten werde, was <strong>der</strong> Mitarbeiter<br />

für richtig hält. Fleiß und Zuverlässigkeit <strong>der</strong> Mitarbeiter s<strong>in</strong>d, nach<br />

Me<strong>in</strong>ung des Mitarbeiters, ausschlaggebend für das positive Verhältnis. Die<br />

Angehörigen nähmen außerdem e<strong>in</strong>e gewisse Schutzfunktion für den Mitarbeiter<br />

gegenüber se<strong>in</strong>em Arbeitgeber e<strong>in</strong>, <strong>in</strong> dem sie z.B. auch se<strong>in</strong>e Interessen<br />

dem <strong>Pflege</strong>dienst gegenüber verträten.<br />

E<strong>in</strong>zellfalldarstellung Code 2:<br />

Person des <strong>Pflege</strong>bedürftigen:<br />

Der <strong>Pflege</strong>bedürftige ist männlich, 43 Jahre alt und verheiratet. Er lebt mit<br />

se<strong>in</strong>er 37 Jahre alten Ehefrau <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em eigenen Haus im städtischen Bereich.<br />

Zwei K<strong>in</strong><strong>der</strong> aus erster Ehe besuchen ihn regelmäßig. Vor se<strong>in</strong>er Erkrankung<br />

war er <strong>in</strong> <strong>der</strong> Werbebranche tätig. Die <strong>Pflege</strong>bedürftigkeit setzte im Jahre<br />

2000 e<strong>in</strong>.<br />

Mediz<strong>in</strong>ische Diagnose:<br />

Der Patient leidet an amyotrophischer Lateralsklerose – e<strong>in</strong>e neurologische<br />

Erkrankung, <strong>in</strong> <strong>der</strong>en Verlauf es zur Degeneration von Nervenzellen ( Neuronen)<br />

<strong>der</strong> willkürlich bee<strong>in</strong>flussbaren Muskulatur kommt. Kl<strong>in</strong>isch zeigt sich<br />

die Erkrankung <strong>in</strong> Form von spastischer und schlaffer Lähmung zugleich am<br />

15


selben Ort <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel symmetrisch auftretend und generalisierend fortschreitend.<br />

Das Bewusstse<strong>in</strong> bleibt klar. Der Beg<strong>in</strong> <strong>der</strong> Erkrankung liegt<br />

meist im mittleren Lebensalter. E<strong>in</strong>e kurative Therapie gibt es bis heute<br />

nicht.<br />

<strong>Pflege</strong>bedarf:<br />

Der <strong>Pflege</strong>bedürftige ist durch se<strong>in</strong>e Erkrankung bis auf mögliche Bewegungen<br />

<strong>der</strong> Augen vollständig gelähmt. Die Lähmung <strong>der</strong> Atemhilfsmuskulatur<br />

macht e<strong>in</strong>e dauerhafte Beatmung mit e<strong>in</strong>em Beatmungsgerät notwendig.<br />

Durch die vollständige Immobilität ergibt sich e<strong>in</strong> entsprechend hoher <strong>Pflege</strong>bedarf.<br />

Der Krankenbeobachtung kommt hier e<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>e Bedeutung<br />

zu, um mögliche Probleme, die aus <strong>der</strong> Immobilität und <strong>der</strong> Beatmung erwachsen,<br />

rechtzeitig zu erkennen.<br />

Die Kommunikation mit dem <strong>Pflege</strong>bedürftigen erfolgt nur noch mit großer<br />

Mühe über Augenbewegungen mit sich verschlechtern<strong>der</strong> Tendenz. So muss<br />

über die aufwändige Technik des „Buchstabierens“ die Kommunikation aufrecht<br />

erhalten werden. Ziel ist es, die Integration <strong>in</strong> die Geme<strong>in</strong>schaft aufrecht<br />

zu erhalten. Da <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>bedürftige aufgrund se<strong>in</strong>er Lähmung vollständig<br />

immobil ist, müssen alle notwendigen Bewegungen von den <strong>Pflege</strong>nden<br />

durchgeführt werden. Im Rahmen <strong>der</strong> Kontrakturenprophylaxe werden<br />

alle Gelenke regelmäßig bewegt. Zur Verh<strong>in</strong><strong>der</strong>ung von Druckgeschwüren erfolgt<br />

e<strong>in</strong>e regelmäßige Umlagerung des <strong>Pflege</strong>bedürftigen sowie e<strong>in</strong>e sorgfältige<br />

Hautbeobachtung – und pflege.<br />

Es erfolgen regelmäßige Übungen, die <strong>der</strong> Thrombosebildung vorbeugen sollen.<br />

Der Umstand <strong>der</strong> Beatmung führt zu e<strong>in</strong>er erhöhten Infektionsgefahr. Regelmäßiges<br />

Absaugen und Bronchialtoilette sowie Maßnahmen zur Schleimlösung<br />

gehören zur Vorbeugung. Das Tracheostoma muss regelmäßig verbunden<br />

und die Kanüle gewechselt werden.<br />

Zur Erhaltung <strong>der</strong> physiologischen Körpertemperatur wird auf angemessene<br />

Kleidung und Bettausstattung geachtet.<br />

Die gesamte Körperpflege, wie Waschen, Baden, An – und Auskleiden, Zahn-<br />

Nagel – Haar- und Hautpflege muss von <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>person übernommen werden.<br />

Die Ernährung des <strong>Pflege</strong>bedürftigen erfolgt über e<strong>in</strong>e PEG Sonde. Die Sondennahrung<br />

wird vorbereitet und verabreicht.<br />

Aufgrund von Stuhl – und Ur<strong>in</strong><strong>in</strong>kont<strong>in</strong>enz gehört die Inkont<strong>in</strong>enzpflege zu<br />

den Aufgaben <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>nden. Wegen Obstipationsneigung wird auf regelmäßige<br />

Stuhlausscheidung geachtet und gegebenenfalls <strong>in</strong>terveniert.<br />

Die Tagesgestaltung des <strong>Pflege</strong>bedürftigen zielt auf die Integration <strong>in</strong> se<strong>in</strong><br />

Umfeld ab. Wünsche werden erfragt, Vorschläge gemacht und umgesetzt.<br />

Um die sozialen Bereiche des Lebens zu sichern sollen soziale Kontakte geför<strong>der</strong>t<br />

werden und die familiäre Situation beachtet werden.<br />

Religiöse und philosophische Fragen sollen thematisiert werden, um die Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung<br />

mit <strong>der</strong> existentiellen Erfahrung <strong>der</strong> Erkrankung und dem<br />

Tod zu erleichtern.<br />

Verschiedene behandlungspflegerische Aufgaben werden von den <strong>Pflege</strong>nden<br />

vorgenommen, wie Injektionen von Medikamenten, Verbandswechsel<br />

und Wundversorgung.Außerdem gehört die Überwachung und Wartung des<br />

Beatmungsgerätes zu den pflegerischen Aufgaben.<br />

16


Organisation <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>:<br />

Die <strong>Pflege</strong> und Betreuung des <strong>Pflege</strong>bedürftigen wird über e<strong>in</strong>e 24stündige<br />

Betreuung zu hause durch die Mitarbeiter e<strong>in</strong>es <strong>Pflege</strong>dienstes gewährleistet.<br />

Diese arbeiten im Schichtdienst mit e<strong>in</strong>em Achtstundenrhythmus. Die <strong>Pflege</strong>mitarbeiter<br />

kümmern sich um alle Belange des <strong>Pflege</strong>bedürftigen.<br />

Rahmenbed<strong>in</strong>gungen:<br />

Die mediz<strong>in</strong>ische Betreuung erfolgt über den Hausarzt und den Neurologen<br />

als Bedarfsleistung.<br />

Weiterh<strong>in</strong> wird <strong>der</strong> Patient krankengymnastisch betreut.<br />

Die F<strong>in</strong>anzierung <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong> erfolgt anteilig über die <strong>Pflege</strong>versicherung, die<br />

Krankenkasse und über Eigenleistung.<br />

Die räumlichen Gegebenheiten des Hauses s<strong>in</strong>d barrierefrei und mit dem<br />

Rollstuhl befahrbar. Die Benutzung <strong>der</strong> Dusche ist aufgrund <strong>der</strong> baulichen<br />

Gegebenheiten nicht möglich. Der <strong>Pflege</strong>bedürftige kann sich <strong>in</strong> allen Räumen<br />

und dem Garten aufhalten. Der <strong>Pflege</strong>bedürftige und se<strong>in</strong>e Ehefrau haben<br />

jeweils e<strong>in</strong> eigenes Zimmer.<br />

Die Ehefrau des <strong>Pflege</strong>bedürftigen ist <strong>in</strong> Vollzeitanstellung berufstätig. Alle<br />

Aufgaben außerhalb <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>, wie die Haushaltsführung, werden von <strong>der</strong><br />

Ehefrau erledigt.<br />

Aussagen <strong>der</strong> Ehefrau über die <strong>Pflege</strong>situation:<br />

Die Übernahme <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong> <strong>in</strong> den <strong>häuslichen</strong> Bereich erfolgte auf eigenen<br />

Wunsch und eigene Veranlassung. Die Unterbr<strong>in</strong>gung Ihres Mannes <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Institution, wie von <strong>der</strong> Krankenkasse empfohlen, stellte für die Ehefrau ke<strong>in</strong>e<br />

Alternative dar.<br />

Die eigene Lebensplanung <strong>der</strong> Ehefrau hat sich durch die häusliche <strong>Pflege</strong>situation<br />

grundlegend geän<strong>der</strong>t. Die geplante Familiengründung war durch<br />

die Erkrankung nicht möglich. Die Ehefrau nahm abweichend von ihrer ursprünglichen<br />

beruflichen Tätigkeit <strong>in</strong> <strong>der</strong> Werbebranche e<strong>in</strong>e Vollzeitstelle<br />

bei dem, mit <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong> ihres Mannes beauftragten <strong>Pflege</strong>dienst, an, um e<strong>in</strong>erseits<br />

bei <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong> ihres Mannes mitarbeiten zu können und andrerseits<br />

die E<strong>in</strong>nahmeausfälle durch die Erkrankung des Ehemannes zu kompensieren.<br />

Der geme<strong>in</strong>same Bekanntenkreis habe sich durch die <strong>Pflege</strong>bedürftigkeit bis<br />

auf e<strong>in</strong>zelne Personen reduziert.<br />

Die eigene Gesundheit sei durch die Übernahme <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong> nicht bee<strong>in</strong>trächtigt.<br />

Anfangs sei sie durch die <strong>Pflege</strong> ihres Mannes vollkommen <strong>in</strong> Anspruch<br />

genommen worden, was sie im weiteren Verlauf als Überfor<strong>der</strong>ung und Belastung<br />

erlebt habe. Mittlerweile habe sie sich persönliche Freiräume geschaffen<br />

und achte darauf, dass es ihr gut gehe, was ihr helfe die Situation zu<br />

bewältigen.<br />

In <strong>der</strong> verän<strong>der</strong>ten Beziehung zu ihrem Ehemann empf<strong>in</strong>de sie als beson<strong>der</strong>s<br />

belastend den Verlust <strong>der</strong> Kommunikationsmöglichkeit und damit fehlen<strong>der</strong><br />

17


Austausch über Probleme, fehlende Entscheidungshilfen, aber auch e<strong>in</strong>geschränkte<br />

geme<strong>in</strong>same Aktivitäten sowie die Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> körperlichen<br />

Beziehung.<br />

Der <strong>Pflege</strong>dienst wird als elementarer Entlastungsfaktor von <strong>der</strong> Ehefrau<br />

e<strong>in</strong>geschätzt, da nur durch die Übernahme <strong>der</strong> Betreuung durch den <strong>Pflege</strong>dienst<br />

die häusliche <strong>Pflege</strong> Ihres Mannes ermöglicht worden sei. Zu Beg<strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Zusammenarbeit habe <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>bedürftige jedoch erst nach längerer Zeit<br />

Vertrauen zu den Mitarbeitern entwickelt und die Mitarbeiter hätten ihrerseits<br />

bei <strong>der</strong> Bewältigung schwierigerer Aufgaben häufig auf sie , als Angehörige<br />

zurückgegriffen, bis sie sich selber bewusst zurückgezogen habe.<br />

Die ständige Anwesenheit von <strong>Pflege</strong>mitarbeitern im eigenen Haus stellt<br />

trotz vorhandener Rückzugsmöglichkeiten die gravierendste Verän<strong>der</strong>ung<br />

und größte Belastung im Bezug auf die Unterstützung durch professionelle<br />

<strong>Pflege</strong>mitarbeiter für die Angehörige dar. Als Belastungen mit ger<strong>in</strong>gerer Bedeutung,<br />

die aus <strong>der</strong> Zusammenarbeit mit dem <strong>Pflege</strong>dienst entstehen, nennt<br />

die Angehörige, mangelnde Umsicht und Ordnung e<strong>in</strong>iger Mitarbeiter am<br />

Arbeitsplatz sowie unangemessene Erwartungen e<strong>in</strong>iger Mitarbeiter an ihre<br />

Person, z.B. die ständige Bekanntgabe ihres Aufenthaltsortes, obwohl sie erreichbar<br />

sei. Insgesamt müsse die Qualität <strong>der</strong> pflegerischen Arbeit an den<br />

e<strong>in</strong>zelnen Mitarbeitern festgemacht werden. Problematisch sei z.B., dass e<strong>in</strong><br />

Mitarbeiter nicht patientenorientiert arbeite.<br />

Auf <strong>der</strong> organisatorischen Ebene bewertet die Angehörige die Zusammenarbeit<br />

als zufriedenstellend, obwohl es bei Erkrankung o<strong>der</strong> Urlaub von Mitarbeitern<br />

immer wie<strong>der</strong> zu Personalengpässen komme und für verschiedene<br />

Mitarbeiter viele Überstunden anfielen. Die Organisation <strong>der</strong> Bestellung von<br />

<strong>Pflege</strong>hilfsmitteln und Medikamenten sei zu umständlich und deshalb verbesserungsbedürftig.<br />

In <strong>der</strong> Kommunikation mit <strong>der</strong> Leitungsebene des <strong>Pflege</strong>dienstes fühlt sich<br />

die Angehörige <strong>in</strong> ihrer Funktion als Interessensvertretung für ihren Ehemann<br />

nicht ausreichend ernst genommen. Nach Annahme <strong>der</strong> Angehörigen<br />

liege die Ursache hierfür <strong>in</strong> ihrer Doppelrolle als Angehörige und Mitarbeiter<strong>in</strong>.<br />

Die Zusammenarbeit mit Krankenkasse und Ärzten wird von <strong>der</strong> Angehörigen<br />

als relativ problemlos geschil<strong>der</strong>t.<br />

An<strong>der</strong>weitige tätliche Unterstützung erhält die Angehörige nicht. Der Besuch<br />

e<strong>in</strong>er Selbsthilfegruppe wurde von ihr eher als zusätzliche Belastung erlebt,<br />

da sie das Zusammentreffen deprimiert habe, wobei sie sonst, nach ihrer<br />

E<strong>in</strong>schätzung, mittlerweile psychisch recht gut mit <strong>der</strong> Situation zurechtkomme.<br />

In <strong>der</strong> eigenen Bewältigung <strong>der</strong> Situation ist für sie ausschlaggebend, die positiven<br />

Aspekte <strong>der</strong> Situation hervorzuheben. Hierbei ist <strong>der</strong> ihr eigene Optimismus<br />

hilfreich. Beson<strong>der</strong>s wichtig sei auf <strong>der</strong> Handlungsebene die Schaffung<br />

und Erhaltung eigener Freiräume. Die Angehörige hält ihr hohes Arbeitspensum<br />

und das ständige „Geschäftigse<strong>in</strong>“ möglicherweise aber auch<br />

für e<strong>in</strong>e Form <strong>der</strong> Vermeidung von Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung.<br />

In <strong>der</strong> allgeme<strong>in</strong>en Bewertung <strong>der</strong> Situation empf<strong>in</strong>det die Angehörige es als<br />

beson<strong>der</strong>s positiv, dass ihr Mann zu hause se<strong>in</strong> kann und <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er gewohnten<br />

Umgebung am Leben teilhat. Zudem sei se<strong>in</strong> Gesundheitszustand, trotz<br />

<strong>der</strong> Schwere <strong>der</strong> Grun<strong>der</strong>krankung, relativ stabil, so dass häufige Krankenhausaufenthalte<br />

o<strong>der</strong> Arztbesuche nicht notwendig seien.<br />

18


Die Organisation und Qualität <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong> betreffend habe sie zu Beg<strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Pflege</strong>situation vieles positiver beurteilt als jetzt, es laufe aber trotz E<strong>in</strong>schränkungen<br />

relativ reibungslos.<br />

Aussagen e<strong>in</strong>es Mitarbeiters zu <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>situation:<br />

Im Rahmen e<strong>in</strong>es Interviews wurde <strong>der</strong> Mitarbeiter zu se<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>schätzung<br />

verschiedener Aspekte <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>situation befragt:<br />

Die F<strong>in</strong>anzierung <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong> sei nach E<strong>in</strong>schätzung des Mitarbeiters, ohne<br />

genaue Kenntnis zu besitzen, zufriedenstellend. Darüber h<strong>in</strong>aus sei e<strong>in</strong> gewisser<br />

Luxus vorhanden, wie eigenes Haus und großes Auto, das für den<br />

Transport von Rollstuhlfahrern geeignet sei.<br />

Die Wohnsituation sei <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>situation angemessen.<br />

Die Unterstützung, die die Angehörige aus ihrem sozialen Umfeld erhalte, sei<br />

mangelhaft, nach E<strong>in</strong>schätzung des Mitarbeiters. In vielen Fällen handele es<br />

sich um e<strong>in</strong>e sogenannte „ Pseudounterstützung“, die sich <strong>in</strong> guten Ratschlägen<br />

erschöpfe und nicht wirklich hilfreich sei. Es gäbe spürbare Berührungsängste<br />

andrer Menschen, vor allem auch aus <strong>der</strong> Familie, dem <strong>Pflege</strong>bedürftigen<br />

gegenüber.<br />

Mentale Unterstützung erhalte die Angehörige von e<strong>in</strong>er entfernteren Verwandten<br />

und e<strong>in</strong>em Freund.<br />

Die Organisation <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong> schätzt <strong>der</strong> Mitarbeiter bis auf Fe<strong>in</strong>heiten <strong>in</strong>sgesamt<br />

als gelungen e<strong>in</strong>. Problematisch sei zeitweise <strong>der</strong> hohe Überstundenanfall<br />

bei Krankheit o<strong>der</strong> Urlaub von Mitarbeitern. Die Kont<strong>in</strong>uität <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong> sei<br />

hierdurch aber nicht gefährdet.<br />

Konflikte <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zusammenarbeit zwischen Angehöriger und Mitarbeitern<br />

sieht <strong>der</strong> befragte Mitarbeiter nicht. Voraussetzung für e<strong>in</strong>e gelungene Gestaltung<br />

<strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>situation sei Empathie <strong>der</strong> Mitarbeiter für die Situation <strong>der</strong><br />

Angehörigen und Berücksichtigung <strong>der</strong> familiären Gegebenheiten. Manchmal<br />

müsse sich die <strong>Pflege</strong>kraft zurückziehen, um die Atmosphäre nicht zu<br />

stören.<br />

Die Beziehung zwischen dem Mitarbeiter und dem <strong>Pflege</strong>bedürftigen sei anfangs<br />

von Konflikten begleitet gewesen, die wohl <strong>in</strong> den sehr unterschiedlichen<br />

Charakteren begründet gewesen seien. Dieses habe e<strong>in</strong>e Belastung dargestellt,<br />

die aber mittlerweile nicht mehr vorhanden sei. Ob dies auf die<br />

schlechteren Kommunikationsmöglichkeiten o<strong>der</strong> auf größere Akzeptanz se<strong>in</strong>er<br />

Person zurückzuführen, sei nicht klar. Belastend sei allerd<strong>in</strong>gs die<br />

Schwierigkeit, die emotionale Gestimmtheit des <strong>Pflege</strong>bedürftigen zu erkennen<br />

und somit schlechter auf ihn e<strong>in</strong>gehen zu können. Allgeme<strong>in</strong> beschreibt<br />

<strong>der</strong> Mitarbeiter die Beziehung zum <strong>Pflege</strong>bedürftigen als respektvoll, aber<br />

nicht freundschaftlich.<br />

Hauptbelastung für die Angehörige ist nach E<strong>in</strong>schätzung des Mitarbeiters<br />

die ständige Anwesenheit von <strong>Pflege</strong>personal <strong>in</strong> den eigenen Räumen. Da die<br />

Angehörige sehr agil und belastbar sei, komme sie, trotz mangeln<strong>der</strong> Unterstützung<br />

aus dem sozialen Umfeld, gut mit <strong>der</strong> Situation zurecht. In <strong>der</strong> Zukunft<br />

könne es aber möglicherweise zum Kräfteverschleiß kommen, da sich<br />

die Angehörige nach Empf<strong>in</strong>den des Mitarbeiters wenig Pausen gönne.<br />

19


In se<strong>in</strong>em eigenen Empf<strong>in</strong>de erlebt <strong>der</strong> Mitarbeiter die Situation unter Berücksichtigung<br />

<strong>der</strong> positiven Bewertung se<strong>in</strong>er Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen bis auf<br />

die Erkrankungshäufigkeit Mitarbeiter<strong>in</strong> als rundherum zufriedenstellend.<br />

E<strong>in</strong>zelfalldarstellung Code 4<br />

Person <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>bedürftigen:<br />

Die <strong>Pflege</strong>bedürftige ist weiblich, 65 Jahre alt und verheiratet. Sie lebt mit ihrem<br />

63 Jahre alten, berenteten Ehemann <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er geräumigen Wohnung als<br />

Teil e<strong>in</strong>er gepflegten Wohnanlage am Rande e<strong>in</strong>er Großstadt. Die <strong>Pflege</strong>bedürftigkeit<br />

setzte im Jahr 2001 e<strong>in</strong>.<br />

Mediz<strong>in</strong>ische Diagnose:<br />

Der Patient leidet an amyotrophischer Lateralsklerose – e<strong>in</strong>e neurologische<br />

Erkrankung, <strong>in</strong> <strong>der</strong>en Verlauf es zur Degeneration von Nervenzellen ( Neuronen)<br />

<strong>der</strong> willkürlich bee<strong>in</strong>flussbaren Muskulatur kommt. Kl<strong>in</strong>isch zeigt sich<br />

die Erkrankung <strong>in</strong> Form von spastischer und schlaffer Lähmung zugleich am<br />

selben Ort <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel symmetrisch auftretend und generalisierend fortschreitend.<br />

Das Bewusstse<strong>in</strong> bleibt klar. Der Beg<strong>in</strong> <strong>der</strong> Erkrankung liegt<br />

meist im mittleren Lebensalter. E<strong>in</strong>e kurative Therapie gibt es bis heute<br />

nicht.<br />

<strong>Pflege</strong>bedarf:<br />

Die <strong>Pflege</strong>bedürftige ist durch ihre Erkrankung vollständig gelähmt. Es ist<br />

ke<strong>in</strong>erlei Kommunikation mehr möglich. Die Lähmung <strong>der</strong> Atemhilfsmuskulatur<br />

macht e<strong>in</strong>e dauerhafte Beatmung mit e<strong>in</strong>em Beatmungsgerät notwendig.<br />

Durch die vollständige Immobilität ergibt sich e<strong>in</strong> entsprechend hoher <strong>Pflege</strong>bedarf.<br />

Der Krankenbeobachtung kommt hier e<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>e Bedeutung<br />

zu, um mögliche Probleme, die aus <strong>der</strong> Immobilität und <strong>der</strong> Beatmung erwachsen,<br />

rechtzeitig zu erkennen.<br />

Trotz <strong>der</strong> mittlerweile fehlenden Kommunikationsmöglichkeiten soll <strong>der</strong> Patient<strong>in</strong><br />

über adäquates Verhalten Ruhe und Sicherheit vermittelt werden.<br />

Wünsche und Bedürfnisse müssen aus Erfahrungen und persönlicher Biographie<br />

<strong>der</strong> Patient<strong>in</strong> hergeleitet werden.<br />

Da die <strong>Pflege</strong>bedürftige aufgrund ihrer Lähmung vollständig immobil ist,<br />

müssen alle notwendigen Bewegungen von den <strong>Pflege</strong>nden durchgeführt<br />

werden.<br />

Im Rahmen <strong>der</strong> Kontrakturenprophylaxe werden alle Gelenke regelmäßig<br />

bewegt. Zur Verh<strong>in</strong><strong>der</strong>ung von Druckgeschwüren erfolgt e<strong>in</strong>e regelmäßige<br />

Umlagerung des <strong>Pflege</strong>bedürftigen sowie e<strong>in</strong>e sorgfältige Hautbeobachtung<br />

– und pflege.<br />

Es erfolgen regelmäßige Übungen, die <strong>der</strong> Thrombosebildung vorbeugen sollen.<br />

20


Um Schmerzfreiheit zu erreichen werden <strong>der</strong> Patient<strong>in</strong> regelmäßig<br />

schmerzausschaltende Medikamente verabreicht.<br />

Der Umstand <strong>der</strong> Beatmung führt zu e<strong>in</strong>er erhöhten Infektionsgefahr. Regelmäßiges<br />

steriles Absaugen und Bronchialtoilette sowie Maßnahmen zur<br />

Schleimlösung gehören zur Vorbeugung. Das Tracheostoma muss regelmäßig<br />

verbunden und die Kanüle gewechselt werden. Ständige Überprüfung von<br />

Gerätee<strong>in</strong>stellung- und Funktion s<strong>in</strong>d notwendig.<br />

Zur Erhaltung <strong>der</strong> physiologischen Körpertemperatur wird auf angemessene<br />

Kleidung und Bettausstattung geachtet.<br />

Die gesamte Körperpflege, wie Waschen, Baden, An – und Auskleiden, Zahn-<br />

Nagel – Haar- und Hautpflege muss von <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>person übernommen werden.<br />

Die Ernährung <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>bedürftigen erfolgt über e<strong>in</strong>e PEG Sonde. Die Sondennahrung<br />

wird vorbereitet und verabreicht.<br />

Aufgrund von Stuhl<strong>in</strong>kont<strong>in</strong>enz gehört die Inkont<strong>in</strong>enzpflege zu den Aufgaben<br />

<strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>nden. Wegen Obstipationsneigung wird auf regelmäßige<br />

Stuhlausscheidung geachtet und gegebenenfalls <strong>in</strong>terveniert. Der Ur<strong>in</strong> wird<br />

durch e<strong>in</strong>e subprapubische Fistel abgeleitet. Diese muss regelmäßig verbunden<br />

und kontrolliert werden, ebenso wie Ur<strong>in</strong>menge – und Beschaffenheit.<br />

Die Patient<strong>in</strong> wird vom <strong>Pflege</strong>personal witterungsentsprechend gekleidet.<br />

Faktoren, die das E<strong>in</strong> – o<strong>der</strong> Durchschlafen <strong>der</strong> Patient<strong>in</strong> beh<strong>in</strong><strong>der</strong>n soll mit<br />

entsprechenden Maßnahmen begegnet werden, z.B. Lagerung, Schmerzmittel,<br />

Massage, Temperaturausgleich, Unterhaltung ect..<br />

Für e<strong>in</strong>e s<strong>in</strong>nvolle Tagesgestaltung und Beschäftigung im Rahmen <strong>der</strong> Möglichkeiten<br />

ist zu sorgen.<br />

Da die Patient<strong>in</strong> immer großen Wert auf e<strong>in</strong> gepflegtes, fem<strong>in</strong><strong>in</strong>es Ersche<strong>in</strong>ungsbild<br />

gelegt hat, sollten ihre Wünsche bzw. Gewohnheiten im Bezug auf<br />

Anwendung von Kosmetika, Haarstyl<strong>in</strong>g und Schmuck sowie entsprechen<strong>der</strong><br />

Kleidung berücksichtigt werden.<br />

Unter dem Gesichtspunkt <strong>der</strong> Sorge für e<strong>in</strong>e sichere Umgebung fallen Maßnahmen<br />

zur Infektionsverhütung an beson<strong>der</strong>s gefährdeten Körperstellen: die<br />

sachgerechte <strong>Pflege</strong> des Tracheostomas, die sachgerechte <strong>Pflege</strong> <strong>der</strong> Augen<br />

bei fehlendem Lidschlag, die Reduzierung <strong>der</strong> Umgebungskeime durch<br />

Wischdes<strong>in</strong>fektion ect. bei allgeme<strong>in</strong>er Immunschwäche, beson<strong>der</strong>e Mundpflege<br />

<strong>in</strong>clusive Medikamentenverabreichung bei Pilz<strong>in</strong>fektion des Mundraumes,<br />

sachgerechtes Absaugen sowie Bronchialtoilette bei Sekretstau <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Lunge, regelmäßiger Wechsel von Beatmungszubehör.<br />

Organisation <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>:<br />

Die <strong>Pflege</strong> und Betreuung des <strong>Pflege</strong>bedürftigen wird über e<strong>in</strong>e 24stündige<br />

Betreuung zu hause durch die Mitarbeiter e<strong>in</strong>es <strong>Pflege</strong>dienstes gewährleistet.<br />

Diese arbeiten im Schichtdienst mit e<strong>in</strong>em Achtstundenrhythmus. Die <strong>Pflege</strong>mitarbeiter<br />

kümmern sich um alle Belange des <strong>Pflege</strong>bedürftigen.<br />

Rahmenbed<strong>in</strong>gungen:<br />

Die mediz<strong>in</strong>ische Betreuung erfolgt über den Hausarzt und Neurologen, wobei<br />

e<strong>in</strong>mal monatlich Hausbesuche stattf<strong>in</strong>den. Weiterh<strong>in</strong> wird die Patient<strong>in</strong><br />

krankengymnastisch betreut. Die F<strong>in</strong>anzierung <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong> wird anteilig von<br />

21


<strong>der</strong> Krankenkasse und <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>versicherung geleistet. E<strong>in</strong>e Eigenleistung<br />

ist nicht erfor<strong>der</strong>lich.<br />

Die räumlichen Gegebenheiten <strong>in</strong> <strong>der</strong> Wohnung s<strong>in</strong>d barrierefrei, wobei die<br />

Badverhältnisse nach Aussage des Ehemannes unerheblich s<strong>in</strong>d, da die<br />

Ganzwaschung <strong>der</strong> Patient<strong>in</strong> im Bett erfolgt. Der Balkon und an<strong>der</strong>e Räumlichkeiten<br />

s<strong>in</strong>d mit dem Rollstuhl erreichbar. E<strong>in</strong> <strong>Patienten</strong>transfer außerhalb<br />

<strong>der</strong> Wohnung erfolgt außer <strong>in</strong> beson<strong>der</strong>en Fällen, wie Kl<strong>in</strong>ikbesuchen nicht.<br />

Für den Ehemann stehen Räume zum Rückzug aus dem eigentlichen Wohnbereich<br />

zur Verfügung. Die Patient<strong>in</strong> hält sich meist im Wohn – Essbereich,<br />

wo das <strong>Patienten</strong>bett steht, auf. Das <strong>Pflege</strong>personal hält sich ebenfalls dort<br />

und <strong>in</strong> <strong>der</strong> Küche auf.<br />

Die Haushaltsführung und an<strong>der</strong>e Aufgaben außerhalb <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong> werden<br />

von dem Ehemann erledigt.<br />

Aussagen des Ehemannes über die <strong>Pflege</strong>situation:<br />

Die Übernahme <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong> <strong>in</strong> den <strong>häuslichen</strong> Bereich erfolgte auf eigenen<br />

Wunsch. Die Unterbr<strong>in</strong>gung <strong>der</strong> Ehefrau <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Institution war von vornhere<strong>in</strong><br />

ausgeschlossen. Dies wurde auch von <strong>der</strong> Krankenkasse befürwortet.<br />

Die Planung, se<strong>in</strong>en Ruhestand mit se<strong>in</strong>er Frau unter an<strong>der</strong>em mit <strong>in</strong>teressanten<br />

Reisen zu verbr<strong>in</strong>gen, s<strong>in</strong>d durch die Erkrankung se<strong>in</strong>er Frau h<strong>in</strong>fällig.<br />

Der geme<strong>in</strong>same Bekanntenkreis sei etwas e<strong>in</strong>geschränkt, was wohl auf die<br />

Verunsicherung vieler Leute im Umgang mit <strong>der</strong> Erkrankung zurückzuführen<br />

sei und hier vor allem auf die fehlenden Kommunikationsmöglichkeiten.<br />

F<strong>in</strong>anziell habe die <strong>Pflege</strong>situation ke<strong>in</strong>e signifikanten Verän<strong>der</strong>ungen gebracht.<br />

Auch die Wohnverhältnisse seien die gleichen geblieben.<br />

Zu Beg<strong>in</strong> <strong>der</strong> Erkrankung sei er psychisch durch das Leiden se<strong>in</strong>er Frau sehr<br />

belastet gewesen, was sich auch <strong>in</strong> Gewichtsabnahme geäußert habe. Mittlerweile<br />

habe er sich aber an die Situation adaptiert und se<strong>in</strong>e Gesundheit sei<br />

durch die Situation langfristig nicht bee<strong>in</strong>trächtigt.<br />

Durch die Erkrankung se<strong>in</strong>er Frau und vor allem durch die fehlenden Kommunikationsmöglichkeiten<br />

habe e<strong>in</strong> Wandel <strong>in</strong> <strong>der</strong> Beziehung zu se<strong>in</strong>er Frau<br />

stattgefunden von e<strong>in</strong>em äußeren zu e<strong>in</strong>em mehr <strong>in</strong>neren Verhältnis. Diese<br />

<strong>in</strong>nere Beziehung sei geprägt von den Erfahrungen <strong>der</strong> langen, geme<strong>in</strong>samen<br />

Vergangenheit. Den Verlust <strong>der</strong> Verständigungsmöglichkeiten empf<strong>in</strong>de <strong>der</strong><br />

Ehemann als beson<strong>der</strong>s schmerzhaft und belastend.<br />

Die Implementierung <strong>der</strong> <strong>häuslichen</strong> <strong>Pflege</strong> durch den <strong>Pflege</strong>dienst sei schnell<br />

und engagiert abgelaufen. Im Verlauf <strong>der</strong> Implementierung mussten verschiedene<br />

Faktoren zwischen <strong>der</strong> Bereichsleitung des <strong>Pflege</strong>dienstes und<br />

dem Ehemann ausgehandelt werden.<br />

Insgesamt wird die Unterstützung durch den <strong>Pflege</strong>dienst als ausschlaggebende<br />

Hilfe und Entlastung erlebt, ohne die die häusliche Versorgung <strong>der</strong><br />

Ehefrau nicht möglich wäre. Sehr belastend ist für den Ehemann die ständige<br />

Anwesenheit von <strong>Pflege</strong>personal <strong>in</strong> <strong>der</strong> eigenen Wohnung. Zusätzlich erschwert<br />

wird die Situation durch e<strong>in</strong>e relativ hohe Personalfluktuation, die<br />

sich <strong>in</strong> mehrerer H<strong>in</strong>sicht negativ auswirke. Zum e<strong>in</strong>en müsse sich <strong>der</strong> Angehörige<br />

und <strong>Pflege</strong>bedürftige immer wie<strong>der</strong> auf neue Personen e<strong>in</strong>stellen, mit<br />

denen sie auf engem Raum zusammenseien, außerdem würde die Erhaltung<br />

<strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>qualität durch wechselnde Mitarbeiter erschwert. Bei vielen Mitarbeitern<br />

fielen durch die Personalsituation vermehrt Überstunden an. Das<br />

22


Problem <strong>der</strong> Personalfluktuation werde mit dem <strong>Pflege</strong>dienst erörtert und<br />

nach Lösungen gesucht.<br />

Die Kommunikation mit <strong>der</strong> Leitungsebene des <strong>Pflege</strong>dienstes wird als offen<br />

und kooperativ beschrieben, wobei sie <strong>in</strong> <strong>der</strong> Vergangenheit personengebunden<br />

zeitweise problematisch gewesen sei.<br />

Die Qualität <strong>der</strong> pflegerischen Arbeit ist nach Me<strong>in</strong>ung des Angehörigen von<br />

den e<strong>in</strong>zelnen <strong>Pflege</strong>personen abhängig. Punktuell sei <strong>in</strong> <strong>der</strong> Vergangenheit<br />

die Arbeit e<strong>in</strong>zelner nicht zufriedenstellend gewesen. Die Zusammenarbeit <strong>in</strong><br />

bestimmten Situationen, z.B. Transfer <strong>in</strong> das Krankenhaus, funktioniere Dank<br />

e<strong>in</strong>es e<strong>in</strong>gespielten Teams sehr gut.<br />

Die Kooperation mit <strong>der</strong> Krankenkasse wird als relativ unproblematisch beschrieben.<br />

Bevor die <strong>Pflege</strong> durch den <strong>Pflege</strong>dienst über 24 Stunden genehmigt wurde,<br />

erhielt <strong>der</strong> Ehemann Hilfe bei <strong>der</strong> Betreuung von e<strong>in</strong>er Krankenschwester aus<br />

<strong>der</strong> engeren Verwandtschaft. Zur Zeit liegt ke<strong>in</strong>e weitere tätliche Unterstützung<br />

vor. Hilfe erfahre er über den verbalen Austausch mit e<strong>in</strong>zelnen Vertrauenspersonen.<br />

Die bewusste Akzeptanz und Annahme <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>situation sowie <strong>der</strong> Versuch<br />

die Krankheit und <strong>Pflege</strong> <strong>in</strong> die Normalität se<strong>in</strong>es Lebens zu <strong>in</strong>tegrieren<br />

helfe ihm bei <strong>der</strong> Bewältigung <strong>der</strong> Situation. Wichtig sei auch, sich selbst<br />

Freiräume zu schaffen und e<strong>in</strong>en gutes Maß zwischen Zuwendung zur Pflegbedürftigen<br />

und dem <strong>Pflege</strong>n eigener Interessen zu f<strong>in</strong>den.<br />

Insgesamt bewertet <strong>der</strong> Angehörige se<strong>in</strong>e eigene Situation als nicht belastend,<br />

aber auch nicht als befriedigend.<br />

Aussagen e<strong>in</strong>es Mitarbeiters über die <strong>Pflege</strong>situation:<br />

Im Rahmen e<strong>in</strong>es Interviews wurde <strong>der</strong> Mitarbeiter nach se<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>schätzung<br />

verschiedener Aspekte <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>situation gefragt:<br />

Die F<strong>in</strong>anzierung <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>situation wird von dem Mitarbeiter als zufriedenstellend<br />

e<strong>in</strong>geschätzt.<br />

Die Wohnsituation sei <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>situation angemessen und nicht verän<strong>der</strong>ungsbedürftig.<br />

Die Frage nach an<strong>der</strong>weitiger Unterstützung, abgesehen vom <strong>Pflege</strong>dienst,<br />

für den Angehörigen konnte von dem Mitarbeiter nicht beurteilt werden.<br />

Die Organisation <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong> und die Zusammenarbeit zwischen Angehörigen<br />

und <strong>Pflege</strong>dienst wird <strong>in</strong>sgesamt als optimal e<strong>in</strong>geschätzt.<br />

Problematisiert wird von dem Mitarbeiter die zeitweise schwierige Personalsituation<br />

aufgrund von Krankheit o<strong>der</strong> Urlaub <strong>der</strong> Mitarbeiter und e<strong>in</strong>er hohen<br />

Personalfluktuation. Die daraus resultierende hohe Überstundenzahl <strong>der</strong><br />

Mitarbeiter führe ihrerseits zu Überlastung und Erkrankungen. Möglicherweise<br />

sei sogar die Kont<strong>in</strong>uität <strong>der</strong> <strong>häuslichen</strong> Versorgung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zukunft<br />

durch diese Faktoren gefährdet.<br />

Die Beziehung zu dem Angehörigen <strong>in</strong> <strong>der</strong> allgeme<strong>in</strong>en Bewertung sei seit<br />

Abschluss <strong>der</strong> Implementierungsphase <strong>in</strong>sgesamt positiv, da Missstände offen<br />

angesprochen und behoben würden. Zwischen dem Mitarbeiter und dem<br />

Angehörigen gebe es e<strong>in</strong>e vertrauensvolle Beziehung und offene Gespräche,<br />

da <strong>der</strong> Mitarbeiter selbst schon ähnliche Lebenserfahrungen gemacht habe.<br />

23


Der Angehörige versuche, auf Anraten <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>kraft, se<strong>in</strong> Leben, trotz Anwesenheit<br />

des <strong>Pflege</strong>personals, <strong>in</strong> gewohnter Weise weiterzuführen. Voraussetzung<br />

für die Erhaltung <strong>der</strong> guten Zusammenarbeit sei allerd<strong>in</strong>gs, dass das<br />

Pflegpersonal nicht zu häufig wechsele.<br />

Als grundsätzlich schwierig wird von dem Mitarbeiter die Implementierungsphase<br />

<strong>der</strong> <strong>häuslichen</strong> <strong>Pflege</strong> e<strong>in</strong>gestuft. Die ständige Anwesenheit von<br />

<strong>Pflege</strong>personal und das Zusammentreffen verschiedener Menschen, die sich<br />

nicht kennen, sei für alle Beteiligten e<strong>in</strong>e ungewohnte Situation, auf die sie<br />

sich erst e<strong>in</strong>stellen müssten.<br />

Hierzu gehöre die Verän<strong>der</strong>ung des Privatlebens des Angehörigen sowie das<br />

Erlangen e<strong>in</strong>er gewissen Akzeptanz des Pflegpersonals bei dem Angehörigen.<br />

Voraussetzung für e<strong>in</strong>e gute Gestaltung <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong> sei Fe<strong>in</strong>gefühl und Empathie<br />

von Seiten <strong>der</strong> Mitarbeiter für die Situation <strong>der</strong> Angehörigen und die familiäre<br />

Situation zu berücksichtigen. Hierzu gehöre z.B. Diskretion und<br />

Rückzug <strong>in</strong> bestimmten Situationen.<br />

Als große Belastung erlebt <strong>der</strong> Mitarbeiter die mittlerweile fehlende Kommunikationsmöglichkeit<br />

mit <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>bedürftigen, da emotionale Gestimmtheit<br />

sowie Bedürfnisse <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>bedürftigen für die Mitarbeiter nicht mehr auszumachen<br />

seien. Dass auch ke<strong>in</strong>e Rückmeldung bezüglich des Erfolges <strong>der</strong><br />

Arbeit erfolgt führe zu Verunsicherung und erschwere die Beziehungsgestaltung.<br />

In <strong>der</strong> E<strong>in</strong>schätzung <strong>der</strong> Belastungen des Angehörigen sieht <strong>der</strong> Mitarbeiter<br />

den Zustand <strong>der</strong> Ehefrau und die fehlende Privatsphäre durch ständige Anwesenheit<br />

von <strong>Pflege</strong>personal im Vor<strong>der</strong>grund.<br />

Andrerseits sei die häusliche <strong>Pflege</strong> solch pflegaufwändiger <strong>Patienten</strong> ohne<br />

Unterstützung professionell <strong>Pflege</strong>n<strong>der</strong> nicht möglich.<br />

In <strong>der</strong> Beurteilung des persönlichen Erlebens <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>situation gäbe es ke<strong>in</strong>e<br />

als schön zu bezeichnenden Aspekte. In <strong>der</strong> Bewältigung <strong>der</strong> Belastungen,<br />

die aus dieser Arbeit entstehen, helfen <strong>der</strong> Mitarbeiter<strong>in</strong> ihre langjährige Erfahrung,<br />

sich emotional nicht zu sehr auf Belastendes e<strong>in</strong>zulassen.<br />

5.1.1 Zusammenfassung und Auswertung <strong>der</strong> Angehörigenaussagen <strong>in</strong> ihrer<br />

jeweiligen Bedeutsamkeit für das Erleben <strong>der</strong> Angehörigen:<br />

Entlastung:<br />

• Das größte entlastende Moment bezüglich <strong>der</strong> Betreuung des<br />

<strong>Pflege</strong>bedürftigen stellt bei allen Befragten die Zusammenarbeit mit<br />

dem <strong>Pflege</strong>dienst dar. Durch sie wird die <strong>Pflege</strong> zuhause überhaupt<br />

ermöglicht und sie eröffnet den Angehörigen Freiräume, <strong>in</strong> denen sie<br />

sich regenerieren können.<br />

• Im Falle <strong>der</strong> nächtlichen Betreuung durch <strong>Pflege</strong>dienstmitarbeiter f<strong>in</strong>det<br />

weitere Entlastung durch die Hilfe des Ehemannes und <strong>der</strong> Nachbarschaft<br />

statt, sowie durch Studenten, die zeitweise die Betreuung<br />

übernehmen.<br />

• In <strong>der</strong> Vergangenheit fand bei zwei Angehörigen e<strong>in</strong>e Entlastung <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Betreuungsarbeit über weitere Angehörige statt.<br />

• Erfahrungen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Selbsthilfegruppe wurden unterschiedlich<br />

bewertet. Während sie für e<strong>in</strong>e Angehörige e<strong>in</strong>e deutliche Entlastung<br />

24


und Hilfe bedeuten, empfand e<strong>in</strong>e weitere Angehörige sie eher als<br />

Belastung.<br />

• Unterstützung f<strong>in</strong>det auch über Gespräche mit Vertrauenspersonen<br />

statt.<br />

Positives Erleben:<br />

• Als beson<strong>der</strong>s positiv wird von zwei Angehörigen empfunden, dass<br />

<strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>bedürftige trotz se<strong>in</strong>er schweren Erkrankung zuhause se<strong>in</strong><br />

kann. E<strong>in</strong>e Angehörige freut sich, dass darüber h<strong>in</strong>aus <strong>der</strong> Gesundheitszustand<br />

des <strong>Pflege</strong>bedürftigen trotz E<strong>in</strong>schränkungen relativ<br />

stabil ist.<br />

• Positiv wird im Rahmen <strong>der</strong> Kooperation mit dem <strong>Pflege</strong>dienst von<br />

e<strong>in</strong>zelnen Befragten die gute Kommunikation mit <strong>der</strong> Leitungsebene,<br />

optimale Zusammenarbeit bei beson<strong>der</strong>en <strong>Pflege</strong>situationen, schnelle<br />

und engagierte Implementierung <strong>der</strong> <strong>häuslichen</strong> <strong>Pflege</strong> sowie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

Fall volle Zufriedenheit mit den aktuell e<strong>in</strong>gesetzten Mitarbeitern,<br />

hervorgehoben.<br />

Belastungserleben:<br />

• Die fehlende o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>geschränkte Privatsphäre, verursacht durch die<br />

ständige o<strong>der</strong> häufige Anwesenheit von <strong>Pflege</strong>personal wird zwei <strong>der</strong><br />

Befragten als sehr belastend e<strong>in</strong>gestuft, obwohl jeweils räumliche<br />

Rückzugsmöglichkeiten vorhanden s<strong>in</strong>d.<br />

• In Verb<strong>in</strong>dung mit <strong>der</strong> fehlenden Privatsphäre wird von e<strong>in</strong>em<br />

Angehörigen auch die hohe Personalfluktuation als persönliche<br />

Belastung<br />

erlebt<br />

• Unzufriedenheit mit <strong>der</strong> Arbeit e<strong>in</strong>iger Mitarbeiter bezüglich <strong>der</strong> Umsicht<br />

und Ordnung am Arbeitsplatz sowie nicht angemessene Erwartungen<br />

<strong>der</strong> Mitarbeiter an die Angehörige wird von dieser als Belastung<br />

mit ger<strong>in</strong>gerem Stellenwert e<strong>in</strong>geschätzt<br />

• Der Zustand des <strong>Pflege</strong>bedürftigen wird von e<strong>in</strong>er Angehörigen als<br />

dauerhafte psychische Belastung erlebt<br />

• E<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>e Belastung stellt für zwei <strong>der</strong> Befragten die verän<strong>der</strong>te<br />

Beziehung zum <strong>Pflege</strong>bedürftigen dar. Hierbei wird vor allem <strong>der</strong> Verlust<br />

<strong>der</strong> Kommunikationsmöglichkeiten hervorgehoben, aber auch<br />

fehlende Unterstützung bei Problemen, fehlende Entscheidungshilfen<br />

und Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> körperlichen Beziehung<br />

• Die Sorgen um die Versorgung und <strong>Pflege</strong> des Angehörigen <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Zukunft, wenn die Angehörigen hierzu nicht mehr <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage s<strong>in</strong>d<br />

wird als belastend empfunden<br />

Än<strong>der</strong>ungen im Belastungserleben im Verlauf <strong>der</strong> <strong>häuslichen</strong> <strong>Pflege</strong>:<br />

• Die allgeme<strong>in</strong>e Beurteilung <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>situation betreffend wird<br />

von e<strong>in</strong>er Angehörigen festgestellt, zu Beg<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong> die Situation<br />

<strong>in</strong>sgesamt positiver bewertet zu haben, wobei jetzt nach ei-<br />

25


nem Zeitraum von drei Jahren auch viele negative D<strong>in</strong>ge auffielen.<br />

• Die Befragte empf<strong>in</strong>det die fehlende Privatsphäre und die Unmöglichkeit,<br />

alle<strong>in</strong> zu hause zu se<strong>in</strong>, als zunehmende Belastung, während<br />

sie früher das Alle<strong>in</strong>se<strong>in</strong> belastet habe.<br />

• Das häufige Angebundense<strong>in</strong> wird, nach vielen Jahren, von e<strong>in</strong>er<br />

an<strong>der</strong>en Angehörigen unter dem Aspekt <strong>der</strong> Gewöhnung nicht<br />

mehr als Belastung empfunden, son<strong>der</strong>n als <strong>in</strong>tegraler Bestandteil<br />

ihres Lebens.<br />

• Die starke psychische Belastung zu Beg<strong>in</strong> <strong>der</strong> Erkrankung sei<br />

nach Angaben von zwei Befragten mittlerweile durch adaptive<br />

Vorgänge, wie sie <strong>in</strong> <strong>der</strong> Kategorie Bewältigungsformen genannt<br />

werden, überwunden.<br />

• In <strong>der</strong> Beziehung zum <strong>Pflege</strong>bedürftigen wurde e<strong>in</strong>e Zunahme <strong>der</strong><br />

Belastung mit fortschreiten<strong>der</strong> Zustandsverschlechterung, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />

dem fortschreitenden Verlust <strong>der</strong> Kommunikationsmöglichkeiten,<br />

empfunden.<br />

Ke<strong>in</strong>e Erwähnung f<strong>in</strong>den hier <strong>in</strong> <strong>der</strong> Vergangenheit empfundene Belastungen,<br />

die durch Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Umstände behoben wurden.<br />

5.1.2 Zusammenfassung und Auswertung <strong>der</strong> Mitarbeiteraussagen im<br />

H<strong>in</strong>blick auf ihre E<strong>in</strong>schätzung von Be – und Entlastung <strong>der</strong> Angehörigen:<br />

Belastungen:<br />

• Alle Mitarbeiter halten die ständige Anwesenheit von <strong>Pflege</strong>dienstmitarbeitern<br />

und die dadurch reduzierte bzw. fehlende Privatsphäre<br />

für e<strong>in</strong>e sehr große Belastung <strong>der</strong> Angehörigen.<br />

• Als situationsverschärfend für die Angehörigen wird hierbei e<strong>in</strong>e<br />

zeitweise hohe Personalfluktuation o<strong>der</strong> <strong>der</strong> E<strong>in</strong>satz von Aushilfspersonal<br />

angesehen<br />

• Der Zustand des <strong>Pflege</strong>bedürftigen wird von e<strong>in</strong>em Mitarbeiter sowohl<br />

als Akutbelastung bei aktuellen Verän<strong>der</strong>ungen, als auch<br />

grundsätzlich als psychische Dauerbelastung für die Angehörigen<br />

e<strong>in</strong>geschätzt.<br />

• Die Implementierungsphase <strong>der</strong> <strong>häuslichen</strong> <strong>Pflege</strong>situation ersche<strong>in</strong>t<br />

e<strong>in</strong>er Mitarbeiter<strong>in</strong> als e<strong>in</strong>e Phase großer Verän<strong>der</strong>ungen und<br />

Belastungen auch und vor allem auf Seiten <strong>der</strong> Angehörigen.<br />

Entlastung:<br />

• Die Arbeit des <strong>Pflege</strong>dienstes generell ist <strong>in</strong> den Augen <strong>der</strong> Mitarbeiter<br />

das größte arbeitsentlastende Moment für die Angehörigen, da<br />

ohne diese Hilfe die <strong>Pflege</strong> zuhause nicht möglich wäre.<br />

26


• Als positiv und entlastend für die Angehörigen wird bezüglich <strong>der</strong><br />

Zusammenarbeit Zuverlässigkeit, Konstanz und Fleiß <strong>der</strong> Mitarbeiter<br />

e<strong>in</strong>geschätzt.<br />

• E<strong>in</strong>e Mitarbeiter<strong>in</strong> sieht auch <strong>in</strong> dem Austausch mit dem Mitarbeitern<br />

des <strong>Pflege</strong>dienstes e<strong>in</strong>e Möglichkeit <strong>der</strong> Entlastung.<br />

• Die Entlastung aus dem sozialen Umfeld wird von zwei Mitarbeitern<br />

als eher ger<strong>in</strong>g e<strong>in</strong>geschätzt.<br />

5.2 Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen <strong>der</strong> Mitarbeiter<br />

5.2.1 Strukturdaten des <strong>Pflege</strong>dienstes<br />

• Mitarbeiteranzahl - und Qualifikation:<br />

In <strong>der</strong> Abteilung s<strong>in</strong>d zur Zeit 33 Mitarbeiter beschäftigt. Teilzeitkräfte und<br />

ger<strong>in</strong>gfügig Beschäftigte s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> dieser Zahl enthalten.<br />

Von den Mitarbeitern werden zur Zeit u. a. drei Beatmungspatienten betreut.<br />

Die Mitarbeiterteams <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen <strong>Pflege</strong>situationen setzen sich folgen<strong>der</strong>maßen<br />

zusammen:<br />

Patient 1:<br />

24h Betreuung durch den <strong>Pflege</strong>dienst im Dreischichtdienst mit achtstündlichem<br />

Schichtwechsel<br />

5,3 Planstellen mit folgen<strong>der</strong> Zusammensetzung:<br />

100% 2Mitarbeiter<br />

75% 1 Mitarbeiter<br />

66% 1 Mitarbeiter<br />

50% 1 Mitarbeiter<br />

25% 1 Mitarbeiter<br />

20% 2 Mitarbeiter<br />

Patient 2:<br />

24h Betreuung durch den <strong>Pflege</strong>dienst im Dreischichtdienst mit achtstündlichem<br />

Schichtwechsel<br />

5,3 Planstellen mit folgen<strong>der</strong> Zusammensetzung:<br />

100% 3 Mitarbeiter<br />

75% 1 Mitarbeiter<br />

50% 2 Mitarbeiter<br />

20% 2 Mitarbeiter<br />

davon 1,95 stellen mit nichtexam<strong>in</strong>iertem Personal besetzt<br />

Patient 3:<br />

Betreuung durch den <strong>Pflege</strong>dienst über Nacht für 10 Stunden<br />

2,2 Planstellen<br />

100% 2 Mitarbeiter<br />

Betreuung durch exam<strong>in</strong>iertes Personal<br />

27


• E<strong>in</strong>satzplanung und Arbeitszeitenregelung:<br />

Für jeden <strong>Patienten</strong> <strong>der</strong> Abteilung für zeit<strong>in</strong>tensive <strong>Pflege</strong> wird e<strong>in</strong> eigenes<br />

Team geschaffen. Das Personal wird patientenbezogen e<strong>in</strong>gestellt.<br />

Bei den 24stündigen Betreuungen s<strong>in</strong>d jeweils 9 Personen an <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong> beteiligt<br />

(<strong>in</strong>clusive <strong>der</strong> pauschalierten Kräfte).<br />

Bei <strong>der</strong> nächtlichen Betreuung s<strong>in</strong>d 3 Mitarbeiter beteiligt.<br />

Die Betreuung erfolgt <strong>in</strong> 3 Schichten mit jeweils 8 Stunden.<br />

Arbeitszeiten: 6°° - 14<br />

tenregelung<br />

30<br />

14°°- 22 30<br />

22°° - 06 30<br />

- bei weniger als 24stündiger Betreuung teilweise <strong>in</strong>dividuelle<br />

Arbeitszei<br />

• E<strong>in</strong>führung und E<strong>in</strong>arbeitung neuer Mitarbeiter:<br />

E<strong>in</strong> Konzept zur E<strong>in</strong>arbeitung neuer Mitarbeiter wird zur Zeit erarbeitet.<br />

Die Anleitung <strong>der</strong> Mitarbeiter erfolgt zur Zeit im Krankenhaus o<strong>der</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

bereits bestehenden <strong>häuslichen</strong> <strong>Pflege</strong>situation e<strong>in</strong>es beatmeten <strong>Patienten</strong>.<br />

Die Gerätee<strong>in</strong>weisung erfolgt über die Vertreiberfirmen.<br />

Neue Mitarbeiter hospitieren zuerst bei dem jeweiligen, für sie vorgesehenen,<br />

E<strong>in</strong>satzort. Anschließend erfolgt sowohl e<strong>in</strong> Gespräch mit dem<br />

Mitarbeiter, als auch mit den beteiligten Angehörigen.<br />

• Fort – und Weiterbildung<br />

Für alle Mitarbeiter <strong>der</strong> Familien – und Krankenpflege liegt e<strong>in</strong> von <strong>der</strong><br />

Hauptstelle entwickelter Fortbildungskatalog vor. An diesen Fortbildungen<br />

können alle Mitarbeiter teilnehmen. Zusätzlich wurden spezifische, abteilungs<strong>in</strong>terne<br />

Fortbildungen für die Mitarbeiter <strong>der</strong> zeit<strong>in</strong>tensiven <strong>Pflege</strong>abteilung<br />

angeboten, die aber zur Zeit wegen Mutterschaft <strong>der</strong> durchführenden<br />

<strong>Pflege</strong>kraft nicht stattf<strong>in</strong>den.<br />

Supervision <strong>der</strong> Mitarbeiter soll auf Anfor<strong>der</strong>ung gewährt werden.<br />

• Qualitätsmanagement <strong>der</strong> Abteilung<br />

Organisation <strong>der</strong> Informationsweitergabe:<br />

Die Informationsweitergabe zwischen den Mitarbeitern erfolgt über die<br />

<strong>Pflege</strong>dokumentation und zusätzliche Übergabebücher, <strong>in</strong> denen aktuelle<br />

Beson<strong>der</strong>heiten vermerkt werden. Des weiteren f<strong>in</strong>den e<strong>in</strong>mal monatlich<br />

Fallkonferenzen statt, an denen alle Mitarbeiter teilnehmen.<br />

Die Bereichsleitung <strong>der</strong> Abteilung für zeit<strong>in</strong>tensive <strong>Pflege</strong> führt e<strong>in</strong>mal monatlich<br />

e<strong>in</strong> Telefonat mit den Angehörigen und besucht diese zu e<strong>in</strong>em Gespräch,<br />

dass nach Angaben <strong>der</strong> Bereichsleitung, nach Bedarf auch Beratung<br />

e<strong>in</strong>schließe.<br />

• <strong>Pflege</strong>standards:<br />

28


Es existieren Standardvorlagen, die verifiziert werden und auf die <strong>in</strong>dividuellen<br />

<strong>Pflege</strong>situationen angepasst werden sollen. Diese modifizierten Standards<br />

sollen dann vor Ort bei dem <strong>Patienten</strong> etabliert werden.<br />

• Beschwerdemanagement:<br />

Es liegt e<strong>in</strong>e Dienstanweisung vor, dass beschwerden von Angehörigen <strong>der</strong><br />

Geschäftsleitung mitgeteilt werden müssen.<br />

• Aushandlung des <strong>Pflege</strong>arrangements:<br />

Das Erstgespräch mit dem <strong>Pflege</strong>bedürftigen und se<strong>in</strong>en Angehörigen, bei<br />

dem die grundsätzlichen Aspekte des <strong>Pflege</strong>arrangements ausgehandelt<br />

werden, führt <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>dienstleiter <strong>der</strong> Abteilung.<br />

E<strong>in</strong> umfassen<strong>der</strong> Standard, <strong>der</strong> alle zu bedenkenden Aspekte bei <strong>der</strong> Übernahme<br />

e<strong>in</strong>es beatmeten <strong>Patienten</strong> <strong>in</strong> die häusliche <strong>Pflege</strong> e<strong>in</strong>schließen soll,<br />

wird zur Zeit entwickelt.<br />

• <strong>Pflege</strong>visiten:<br />

In regelmäßigen Abständen werden bei den <strong>Patienten</strong> durch e<strong>in</strong>e im Qualitätsmanagement<br />

tätige <strong>Pflege</strong>fachkraft aus <strong>der</strong> Hauptstelle <strong>der</strong> E<strong>in</strong>richtung,<br />

<strong>Pflege</strong>visiten vorgenommen.<br />

• Mitarbeitergespräche:<br />

Mitarbeitergespräche als neues Instrument <strong>der</strong> Personalführung wurden<br />

zur Zeit <strong>der</strong> Erhebung neu <strong>in</strong>itiiert und sollen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zukunft alle zwei bis<br />

drei Monate durchgeführt werden.<br />

• Erreichbarkeit des <strong>Pflege</strong>dienstes:<br />

Für die gesamte E<strong>in</strong>richtung existiert e<strong>in</strong>e allgeme<strong>in</strong>e 24stündige Rufbereitschaft,<br />

<strong>der</strong> sämtliche Angehörigenlisten und Dienstpläne vorliegen. Sollte<br />

diese Rufbereitschaft e<strong>in</strong> Problem <strong>der</strong> Abteilung für zeit<strong>in</strong>tensive <strong>Pflege</strong><br />

nicht lösen können, so wird von ihr die E<strong>in</strong>satzleitung <strong>der</strong> Abteilung kontaktiert.<br />

• Notfallmanagement:<br />

Die Mitarbeiter schätzen e<strong>in</strong>e Situation e<strong>in</strong> und rufen gegebenenfalls den<br />

Notarzt.<br />

• Beson<strong>der</strong>heiten <strong>der</strong> Abteilung:<br />

Die organisatorischen Beson<strong>der</strong>heiten <strong>der</strong> Abteilung liegen begründet <strong>in</strong><br />

dem beson<strong>der</strong>en <strong>Patienten</strong>gut, das betreut wird. Da es sich um <strong>Pflege</strong>situationen<br />

mit hohem pflegerischen und meistens auch geräte<strong>in</strong>tensivem E<strong>in</strong>satz<br />

handelt, ist häufig e<strong>in</strong>e 24stündige Betreuung durch qualifizierte <strong>Pflege</strong>nde<br />

vonnöten.<br />

Die Dienstpläne werden für e<strong>in</strong>en Monat im Voraus geschrieben und auch<br />

den Angehörigen zugestellt.<br />

29


Neue Mitarbeiter werden patientenbezogen e<strong>in</strong>gestellt, können aber <strong>in</strong> bestimmten<br />

Fällen, z.B. bei Krankenhausaufenthalt des <strong>Patienten</strong> auch an<br />

an<strong>der</strong>er Stelle arbeiten. Ansonsten werden bei Ausfallzeiten des <strong>Patienten</strong><br />

Überstunden <strong>der</strong> Mitarbeiter abgebaut bzw. Urlaub genommen.<br />

• Qualitätsmanagementstrukturen <strong>der</strong> gesamten E<strong>in</strong>richtung:<br />

In <strong>der</strong> E<strong>in</strong>richtung mit vierhun<strong>der</strong>t Mitarbeitern gibt es vier Qualitätsbeauftragte,<br />

die jeweils e<strong>in</strong>e entsprechende Weiterbildung besitzen. Hierbei<br />

handelt es sich um zwei Festangestellte und zwei freiberuflich tätige Mitarbeiter<br />

( davon e<strong>in</strong>e externe Qualitätsmanager<strong>in</strong> für Zertifizierung und Leitungsfortbildungen).<br />

Die <strong>Pflege</strong>visiten werden von zwei freiberuflich tätigen Mitarbeitern mit unterschiedlichen<br />

fachspezifischen Qualifikationen ( Lehrer für <strong>Pflege</strong>berufe,<br />

<strong>Pflege</strong>dienstleitung ect.) vorgenommen. Im Rahmen <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>visiten erfolgt<br />

auch die Kundenbefragung.<br />

Des weiteren existiert e<strong>in</strong> sogenannter Lenkungskreis, dem die Geschäftsführung<br />

und ausgewählte Mitarbeiter angehören. Die Mitglie<strong>der</strong> des Lenkungskreises<br />

beschließen, an welchen Stellen Handlungsbedarf besteht,<br />

um dann Qualitätszirkel zur Bearbeitung <strong>der</strong> Problematik zu <strong>in</strong>itiieren. Die<br />

Qualitätszirkel umfassen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel drei Mitarbeiter, die nach Bedarf von<br />

<strong>Pflege</strong>fachleuten unterstützt werden.<br />

5.2.2 Zusammenfassende Darstellung von Mitarbeiteraussagen<br />

aus den Interviewdaten<br />

• Gründe für die Mitarbeit <strong>in</strong> <strong>der</strong> Abteilung für zeit<strong>in</strong>tensive <strong>Pflege</strong>:<br />

Zwei <strong>der</strong> befragten Mitarbeiter wechselten aus dem Alten bzw. <strong>Pflege</strong>heim<br />

an ihre jetzige Arbeitsstelle, <strong>in</strong> die häusliche Betreuung e<strong>in</strong>es Beatmungspatienten.<br />

Als Gründe für den Wechsel wurde von beiden Überlastung und<br />

Unzufriedenheit mit <strong>der</strong> ehemaligen Arbeitssituation angegeben. Die Arbeit<br />

mit schwerstpflegebedürftigen bzw. beatmeten <strong>Patienten</strong> kam für die Mitarbeiter<br />

eher zufällig. Es wurde nicht speziell nach e<strong>in</strong>er solchen Aufgabe<br />

gesucht.<br />

Für e<strong>in</strong>en <strong>der</strong> Mitarbeiter war die Nachtarbeit und die Betreuung e<strong>in</strong>es e<strong>in</strong>zelnen<br />

<strong>Patienten</strong> wichtig, um entspannter arbeiten zu können als bei se<strong>in</strong>er<br />

vorherigen Tätigkeit im Altenheim, während <strong>der</strong> er 44 <strong>Patienten</strong> alle<strong>in</strong><br />

betreuen musste und sich überanstrengt fühlte.<br />

Für den an<strong>der</strong>en Mitarbeiter war <strong>der</strong> Umstand <strong>der</strong> Beatmung zuerst eher<br />

befremdlich.<br />

30


E<strong>in</strong>e weitere Mitarbeiter<strong>in</strong> suchte aufgrund e<strong>in</strong>es Wohnortwechsels e<strong>in</strong>e<br />

an<strong>der</strong>e Arbeitsstelle und baute nach ihrer E<strong>in</strong>stellung die Abteilung für zeit<strong>in</strong>tensive<br />

<strong>Pflege</strong> mit auf. Sie entschied sich für die Betreuung e<strong>in</strong>es beatmeten<br />

<strong>Patienten</strong>, da sie bereits Erfahrung mit beatmeten <strong>Patienten</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

häusliche Umgebung gesammelt hatte. Außerdem empf<strong>in</strong>de sie diese Arbeit,<br />

trotz ihrer Schwierigkeiten, auch im H<strong>in</strong>blick auf ihr eigenes Alter,<br />

leichter als die Betreuung vieler verschiedener <strong>Patienten</strong> unter Zeitdruck <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> ambulanten <strong>Pflege</strong>.<br />

• E<strong>in</strong>arbeitung<br />

Organisation:<br />

Zwei <strong>der</strong> Befragten hatten zu Beg<strong>in</strong> ihrer Arbeit <strong>in</strong> <strong>der</strong> Abteilung für<br />

zeit<strong>in</strong>tensive <strong>Pflege</strong> bereits Erfahrung mit <strong>der</strong> Betreuung <strong>beatmeter</strong><br />

<strong>Patienten</strong>. In e<strong>in</strong>em Fall war deshalb die Kenntnis <strong>der</strong> Geräte bereits<br />

vorhanden. Die E<strong>in</strong>arbeitung für das <strong>Pflege</strong>personal sollte patientennah auf<br />

<strong>der</strong> Intensivstation über vier Tage durch das dortige <strong>Pflege</strong>personal<br />

erfolgen. In ihrem Fall fand nach Angaben <strong>der</strong> Befragten ke<strong>in</strong>erlei Anleitung<br />

durch das Intensivpflegepersonal statt, obwohl dieses <strong>in</strong>formiert worden<br />

war. Die Mitarbeiter<strong>in</strong> führte diesen Umstand auf den Zeitdruck zurück,<br />

unter dem das Intensivpflegepersonal arbeitet. Bei an<strong>der</strong>en <strong>Patienten</strong> sei<br />

dieses E<strong>in</strong>arbeitungsmodell jedoch<br />

erfolgreicher gewesen.<br />

Der zweite Mitarbeiter hatte bereits im Altenheim zeitweise beatmete <strong>Patienten</strong><br />

betreut. Se<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>arbeitung fand durch die Eltern des <strong>Pflege</strong>bedürftigen<br />

statt, die e<strong>in</strong>en Grossteil <strong>der</strong> Betreuung selber leisten. Von <strong>der</strong> geplanten<br />

zweiwöchigen E<strong>in</strong>arbeitungszeit benötigte <strong>der</strong> Befragte nur fünf Tage.<br />

Positiv erlebte <strong>der</strong> Mitarbeiter die sehr geduldige Anleitung und die ständige<br />

Möglichkeit des Austausches mit den Eltern, auch über auftretende<br />

Ängste. In <strong>der</strong> E<strong>in</strong>arbeitungsphase e<strong>in</strong>es Kollegen habe e<strong>in</strong>e weitere erfahrene<br />

Mitarbeiter<strong>in</strong> vor Ort übernachtet, um im Bedarfsfall Hilfestellung zu<br />

leisten.<br />

E<strong>in</strong>er <strong>der</strong> Befragten wurde e<strong>in</strong>e Woche lang durch e<strong>in</strong>e Kolleg<strong>in</strong>, nach se<strong>in</strong>em<br />

Empf<strong>in</strong>den sehr professionell, e<strong>in</strong>gearbeitet. Hier wurden auch Berührungsängste<br />

bezüglich <strong>der</strong> Beatmung abgebaut. Anschließend arbeitete er<br />

noch e<strong>in</strong>e Woche mit weiteren Kollegen zusammen bevor er den Dienst alle<strong>in</strong>e<br />

übernahm. Die E<strong>in</strong>weisung <strong>in</strong> das Beatmungsgerät fand über e<strong>in</strong>e Beauftragte<br />

<strong>der</strong> Vertreiberfirma statt.<br />

Bewertung:<br />

Ke<strong>in</strong>er <strong>der</strong> befragten Mitarbeiter empfand Mängel bezüglich <strong>der</strong> E<strong>in</strong>arbeitung.<br />

Hervorgehoben wird e<strong>in</strong>mal die hohe Kompetenz <strong>der</strong> Anleitenden sowie die<br />

ständige Ansprechbarkeit und Hilfsbereitschaft von Angehörigen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

weiteren Fall.<br />

E<strong>in</strong>e Mitarbeiter<strong>in</strong> empfand die Vorbereitung auf ihre Aufgabe als ausreichend,<br />

da sie bereits Erfahrung <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong> <strong>beatmeter</strong> <strong>Patienten</strong> besaß. Sie<br />

stellt aber <strong>in</strong> Frage, ob dies von den neuen Kollegen ohne Erfahrung auch so<br />

erlebt wird.<br />

Als Anregung wurde von e<strong>in</strong>em Mitarbeiter zu bedenken gegeben, dass es,<br />

se<strong>in</strong>er Me<strong>in</strong>ung nach, s<strong>in</strong>nvoll se<strong>in</strong> könnte, die Gerätee<strong>in</strong>weisung- und<br />

Handhabung <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>er Institution zu vermitteln, <strong>in</strong> <strong>der</strong> die Mitarbeiter<br />

31


Möglichkeiten hätten zu üben. Die Gerätee<strong>in</strong>weisung von den Gerätevertreibern<br />

hält <strong>der</strong> Mitarbeiter für den Umgang mit dem Gerät für nicht ausreichend<br />

und <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>häuslichen</strong> <strong>Pflege</strong> e<strong>in</strong>es Beatmeten sei die E<strong>in</strong>arbeitung<br />

<strong>in</strong> spezielle Aufgaben naturgemäß langwieriger als <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Krankenhaus,<br />

da bestimmte Aufgaben seltener anfielen, wie z.B. die Sekretabsaugung.<br />

Mit e<strong>in</strong>er kompakten Anleitung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er an<strong>der</strong>en Institution, die dafür ausgelegt<br />

sei, könne die E<strong>in</strong>arbeitungszeit deutlich verkürzt werden und auch<br />

Kosten für den <strong>Pflege</strong>dienst gesenkt werden. In diesem Zusammenhang<br />

verweist die Mitarbeiter<strong>in</strong> auf e<strong>in</strong>e sehr effektive E<strong>in</strong>arbeitung während e<strong>in</strong>er<br />

früheren Tätigkeit, bei <strong>der</strong> Gerätefunktionen und spezielle Handhabungen<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Beatmungspflege an Demonstrationsobjekten geübt werden<br />

konnten.<br />

Außerdem wird darauf h<strong>in</strong>gewiesen, dass bei dieser Art <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong> auch bei<br />

guter E<strong>in</strong>arbeitung und langjähriger Rout<strong>in</strong>e <strong>in</strong> beson<strong>der</strong>en Situationen Unsicherheiten<br />

bestehen bleiben.<br />

• E<strong>in</strong>schätzung <strong>der</strong> eigenen aktuellen Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen<br />

Als Belastung wird bei den jetzigen Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen von zwei <strong>der</strong> Befragten<br />

<strong>der</strong> Überstundenanfall bei Krankheit bzw. Ausfall von Kollegen genannt.<br />

Aufgrund <strong>der</strong> Größe des Teams von nur fünf Mitarbeitern sei es<br />

schwierig, den Ausfall e<strong>in</strong>es o<strong>der</strong> zweier Mitarbeiter <strong>in</strong>nerhalb des Teams<br />

zu kompensieren, da die restlichen Mitarbeiter <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em solchen Fall durchgehend,<br />

ohne freie Tage, arbeiten müssten, um die personelle Versorgung<br />

sicherzustellen.<br />

E<strong>in</strong>er <strong>der</strong> Mitarbeiter führt den Überstundenanfall <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Team<br />

hauptsächlich auf die Unzufriedenheit e<strong>in</strong>er Mitarbeiter<strong>in</strong>, die sich <strong>in</strong><br />

gehäufter Arbeitsunfähigkeit äußere, zurück. Für ihn stelle <strong>der</strong><br />

Überstundenanfall jedoch das e<strong>in</strong>zig Belastende an se<strong>in</strong>en aktuellen<br />

Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen dar, das durch viele positive Aspekte mehr als<br />

ausgeglichen E<strong>in</strong> weiterer Mitarbeiter werde. h<strong>in</strong>terfragt, warum <strong>der</strong> Ausfall von Mitarbeitern<br />

trotz <strong>der</strong> hohen Mitarbeiteranzahl des Unternehmens so problematisch auszugleichen<br />

sei, was den Mitarbeiter im Krankheitsfalle <strong>in</strong> gewisser Weise<br />

unter Druck setze.<br />

Die Arbeit <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>häuslichen</strong> Umgebung wird unterschiedlich bewertet. E<strong>in</strong><br />

Mitarbeiter empf<strong>in</strong>det den Aufenthalt <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>häuslichen</strong> Umgebung des<br />

<strong>Pflege</strong>bedürftigen als vorteilhaft und angenehm, auch aufgrund guter Möglichkeiten,<br />

wie z.B. Gartennutzung. E<strong>in</strong> andrer Mitarbeiter empf<strong>in</strong>det se<strong>in</strong>en<br />

Bewegungsraum <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>häuslichen</strong> Umgebung als recht beschränkt, da er<br />

sich doch hauptsächlich im Zimmer des <strong>Pflege</strong>bedürftigen o<strong>der</strong> <strong>der</strong> direkten<br />

Umgebung aufhalte und sich manchmal durch die Angehörigen beobachtet<br />

fühle. Im Gegensatz zur <strong>in</strong>stitutionalisierten <strong>Pflege</strong> sei auch se<strong>in</strong> eigener<br />

Entscheidungsspielraum reduzierter, da den Angehörigen als hauptsächlich<br />

<strong>Pflege</strong>nden die Entscheidungen oblägen.<br />

Zeitweise als Belastung wird von e<strong>in</strong>em hauptsächlich nachts arbeitenden<br />

Mitarbeiter die Monotonie <strong>der</strong> Gerätegeräusche und wenige Anregung bzw.<br />

fehlende Möglichkeit <strong>der</strong> Kommunikation empfunden. Fehlende körperliche<br />

32


Bewegung während <strong>der</strong> Arbeit müsse durch sportliche Aktivität ausgeglichen<br />

werden.<br />

Andrerseits wird die ruhige Art <strong>der</strong> Nachtarbeit positiv erlebt, vor allem im<br />

Vergleich zu <strong>der</strong> Arbeitssituation im Altenheim.<br />

Als weiteren Vorteil empf<strong>in</strong>det e<strong>in</strong> Mitarbeiter die relativ selbst bestimmte<br />

Art <strong>der</strong> Dienste<strong>in</strong>teilung.<br />

Beson<strong>der</strong>s positiv werden von e<strong>in</strong>em Befragten weiterh<strong>in</strong> hervorgehoben,<br />

<strong>der</strong> fehlende Zeitdruck während <strong>der</strong> Arbeit, die angenehmen Aufgaben z.B.<br />

die Freizeitgestaltung des <strong>Pflege</strong>bedürftigen und das gute Team.<br />

Die Konzentration auf e<strong>in</strong>en <strong>Patienten</strong> bzw. auf e<strong>in</strong>e Familie mit den Konflikten,<br />

die zeitweilig entstehen sei nach Me<strong>in</strong>ung zweier Mitarbeiter eher<br />

nachteilig.<br />

Insgesamt beurteilen die Mitarbeiter ihre Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen vor allem auf<br />

dem H<strong>in</strong>tergrund von Vorerfahrungen <strong>in</strong> an<strong>der</strong>en Arbeitsfel<strong>der</strong>n als positiv,<br />

wobei Nachteile von Vorteilen überkompensiert werden.<br />

Als berufliche Zukunftsperspektive hält e<strong>in</strong> Mitarbeiter e<strong>in</strong>e Arbeitsplatzverän<strong>der</strong>ung<br />

<strong>in</strong> Zukunft für möglich, wenn sich die Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen <strong>in</strong><br />

an<strong>der</strong>en Arbeitsfel<strong>der</strong>n än<strong>der</strong>n sollten.<br />

• Allgeme<strong>in</strong>e <strong>Pflege</strong>situation<br />

Die Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong> allgeme<strong>in</strong> werden von e<strong>in</strong>em Mitarbeiter<br />

als schlecht e<strong>in</strong>geschätzt. Die Mitarbeiter ständen generell unter<br />

großem Zeitdruck. Die Unterstützung durch Mitarbeiter <strong>in</strong> Führungspositionen<br />

fehle <strong>in</strong> den meisten Fällen, so dass die Mitarbeiter nach fünf bis sechs<br />

Jahren den Beruf verließen. Unterstützende Angebote wie z.B. Supervision<br />

stellten ke<strong>in</strong>e wirkliche Hilfe dar. Angekündigte Neuerungen wirkten sich<br />

meistens eher nachteilig für den Arbeitnehmer aus. Insgesamt fehle es an<br />

Entwicklung und Verän<strong>der</strong>ung <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>.<br />

5.2.3 Ergebnisse <strong>der</strong> Mitarbeiterveranstaltung zur Erfassung von<br />

Belastungen aus <strong>der</strong> Arbeitssituation<br />

Wie <strong>in</strong> 4.3 beschrieben, wurden <strong>in</strong> Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern<br />

während <strong>der</strong> Veranstaltung am 08.09.2003 Belastungen <strong>der</strong> Mitarbeiter und<br />

mögliche Lösungsvorschläge formuliert. Diese s<strong>in</strong>d hier <strong>in</strong> tabellarischer<br />

Form aufgeführt.<br />

Schwierigkeiten/ Belastungen Ansatzpunkte/ wünschenswerte Verän<strong>der</strong>ungen<br />

Überstundenanfall 1. Gespräch mit auslösen<strong>der</strong> Mitarbeiter<strong>in</strong><br />

mit Konsequenzandrohung<br />

2. mehr Flexibilität aller Mitarbeiter<br />

33


Fehlende Kommunikationsmöglichkeit<br />

mit dem <strong>Pflege</strong>bedürftigen ( starke Konzentration<br />

erfor<strong>der</strong>lich)<br />

3. mehr Mitarbeiter<br />

1. technische Hilfsmittel<br />

2. psychologische Betreuung <strong>der</strong><br />

Mitarbeiter<br />

3. Kommunikation mit Angehörigen<br />

über das Problem<br />

4. bekannte Bedürfnisse <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>bedürftigen<br />

schriftlich fixieren<br />

Monotone Nachtarbeit 1. Nutzung TV/DVD<br />

2. selbst motivieren/ selbst Beschäftigungsmaterial<br />

mitbr<strong>in</strong>gen<br />

3. Aushandlung mit Angehörigen<br />

und <strong>Patienten</strong>, welche Beschäftigung<br />

möglich<br />

Drohende Gesetzesän<strong>der</strong>ung (F<strong>in</strong>anzierung)<br />

Mangelnde Kommunikation mit Kollegen<br />

im Team<br />

Mangelnde Flexibilität <strong>der</strong> Mitarbeiter<br />

(Dienstplan)<br />

Wenig E<strong>in</strong>satz bei <strong>der</strong> <strong>Patienten</strong>betreuung<br />

(Tagesgestaltung)<br />

Schwierigkeiten <strong>der</strong> Mitarbeiter fachliche<br />

Verän<strong>der</strong>ungen zu akzeptieren<br />

Alternative bei den nächsten Wahlen<br />

suchen<br />

1. regelmäßigere Dienstbesprechungen<br />

2. außerdienstliche, geme<strong>in</strong>same<br />

Aktivitäten<br />

1. mehr Teamgeist<br />

2. Teamsupervision<br />

1. Teamsupervision<br />

2. Mitarbeitergespräche<br />

1. Teamgespräche (sachlicher Austausch<br />

über fachliche Fragen)<br />

2. Fortbildungen<br />

Konflikte mit Kollegen Verschiedene Instrumente des mo<strong>der</strong>nen<br />

Personalmanagements anwenden<br />

Zum Ende <strong>der</strong> Veranstaltung wurde durch die anwesenden Mitarbeiter versucht<br />

e<strong>in</strong>e Wertung <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen Aspekte <strong>in</strong> Bezug auf ihre Verän<strong>der</strong>ungsdr<strong>in</strong>glichkeit<br />

bzw. den Leidensdruck, den sie verursachen, vorzunehmen.<br />

Hierbei wurde <strong>der</strong> Überstundenanfall bed<strong>in</strong>gt durch den Ausfall an<strong>der</strong>er<br />

Mitarbeiter als dr<strong>in</strong>glichstes Problem identifiziert. Nachgeordnet wurden<br />

mangelnde Flexibilität <strong>der</strong> Mitarbeiter und Schwierigkeiten <strong>der</strong> Mitarbeiter,<br />

fachliche Neuerungen zu akzeptieren, als gleichwertige Probleme genannt.<br />

34


Alle weiteren Punkte s<strong>in</strong>d als nachrangig ohne Gefälle <strong>in</strong> ihrer Dr<strong>in</strong>glichkeit<br />

bewertet worden.<br />

6. Gesamtdiskussion<br />

6.1 Zentrale Ergebnisse und ihre Bewertung<br />

6.1.1 Focus Angehörige<br />

Mit Blick auf die Fragestellung <strong>der</strong> Untersuchung soll an dieser Stelle auf<br />

die, durch die Auswertung <strong>der</strong> gesammelten Daten identifizierten, Belastungen<br />

<strong>der</strong> Angehörigen durch die <strong>Pflege</strong>situation e<strong>in</strong>gegangen werden.<br />

In allen untersuchten Fällen wird die Unterstützung durch den <strong>Pflege</strong>dienst<br />

als große bzw. größte Entlastung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bewältigung <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong> empfunden,<br />

ohne die die Betreuung <strong>der</strong> schwerpflegebedürftigen <strong>Patienten</strong> zu Hause<br />

nicht möglich wäre. Es ist also mit Blick auf die anwachsende Zahl Schwerpflegebedürftiger<br />

dr<strong>in</strong>gend notwendig, dass die professionelle ambulante<br />

<strong>Pflege</strong> flächendeckend so ausgebaut und ausgestattet ist, dass sie die häusliche<br />

Versorgung solcher <strong>Patienten</strong> gewährleisten kann. Selbst engagierte,<br />

relativ junge Angehörige s<strong>in</strong>d, wie die Untersuchung zeigt, außerstande e<strong>in</strong>e<br />

solche <strong>Pflege</strong> alle<strong>in</strong> o<strong>der</strong> mit nur ger<strong>in</strong>gfügiger Hilfe längerfristig zu leisten.<br />

In den untersuchten Fällen ist die F<strong>in</strong>anzierung <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong> ohne hohen<br />

Eigenanteil <strong>der</strong> Betroffenen geregelt und stellt momentan ke<strong>in</strong> vorrangiges<br />

Problem dar.<br />

• Belastungen aus <strong>der</strong> Zusammenarbeit mit dem <strong>Pflege</strong>dienst:<br />

Sowohl von Angehörigen als auch von Mitarbeitern <strong>der</strong> 24stündig betreuten<br />

<strong>Patienten</strong> wird die e<strong>in</strong>geschränkte Privatsphäre durch die <strong>Pflege</strong>situation<br />

als größter Belastungsfaktor aus <strong>der</strong> Zusammenarbeit angesehen. Dies<br />

deckt sich mit den beschriebenen Vorerfahrungen solcher Situationen und<br />

stellt verbunden mit <strong>der</strong> unabd<strong>in</strong>gbaren Notwendigkeit e<strong>in</strong>er 24stündigen<br />

Betreuung e<strong>in</strong>e schwer zu lösende Problematik dar. Wichtig ersche<strong>in</strong>t <strong>in</strong><br />

diesem Zusammenhang die genaue Aushandlung zwischen Angehörigen<br />

und <strong>Pflege</strong>dienst bzgl. <strong>der</strong> Aufenthaltsbereiche <strong>der</strong> Mitarbeiter, evtl. bauliche<br />

Verän<strong>der</strong>ungen zur Entschärfung <strong>der</strong> Situation o<strong>der</strong>, wenn möglich,<br />

zeitweise Reduzierung <strong>der</strong> E<strong>in</strong>satzzeiten des <strong>Pflege</strong>dienstes. Empathie <strong>der</strong><br />

Mitarbeiter muss an dieser Stelle vorausgesetzt werden und wurde auch<br />

von den Mitarbeitern selbst als notwendige Basiskompetenz ausgewiesen.<br />

Nach den Aussagen aller Angehörigen wird das Problem durch Vertrauen<br />

35


und Vertrautheit zwischen Mitarbeitern und Angehörigem entschärft, demzufolge<br />

durch hohe Mitarbeiterfluktuation verschärft.<br />

So gesehen steht <strong>der</strong> Aspekt <strong>der</strong> Belastung durch häufig wechselndes Personal<br />

<strong>in</strong> direktem Zusammenhang mit dem Problem <strong>der</strong> fehlenden Privatsphäre.<br />

Wie aus allen erfassten Aussagen hervorgeht, s<strong>in</strong>d gegenseitiges<br />

Kennen und E<strong>in</strong>schätzen können die Basis für e<strong>in</strong>e gelungene Zusammenarbeit<br />

und offene Kommunikation.<br />

Die E<strong>in</strong>arbeitung neuer Mitarbeiter und das E<strong>in</strong>stellen auf immer wie<strong>der</strong><br />

neue Personen und Persönlichkeiten wird von allen Beteiligten, auch von<br />

den <strong>Pflege</strong>bedürftigen, als schwierig und anstrengend empfunden. E<strong>in</strong> fester<br />

Personalstamm ist demzufolge wünschenswert. Gründe für Personalfluktuation<br />

sollten untersucht werden, wie es bei <strong>der</strong> beteiligten E<strong>in</strong>richtung<br />

bereits erfolgt. Die Personalpolitik <strong>der</strong> E<strong>in</strong>richtung sollte für die Angehörigen<br />

transparent se<strong>in</strong>. Regelmäßige Gespräche mit <strong>der</strong> Leitungsebene f<strong>in</strong>den<br />

<strong>in</strong> den untersuchten Fällen statt und werden von den Angehörigen weitestgehend<br />

positiv bewertet.<br />

E<strong>in</strong> weiterer wichtiger Aspekt <strong>der</strong> Zusammenarbeit ist die Bewertung <strong>der</strong><br />

<strong>Pflege</strong>qualität durch die Angehörigen. Nach ihren Aussagen ist diese<br />

hauptsächlich von dem e<strong>in</strong>zelnen Mitarbeiter abhängig. Entgegen den <strong>der</strong><br />

Literatur entnommenen Aussagen stellt die Qualifikation <strong>der</strong> Mitarbeiter <strong>in</strong><br />

den untersuchten Fällen ke<strong>in</strong> Problem dar. Schwerpunkte <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bewertung<br />

<strong>der</strong> Arbeitsqualität durch die Angehörigen s<strong>in</strong>d die Gewissenhaftigkeit und<br />

Umsicht bei <strong>der</strong> Ausführung <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong> sowie <strong>der</strong> Grad des empathischen<br />

Verhaltens <strong>der</strong> Mitarbeiter.<br />

• Sonstige Belastungen:<br />

Abgesehen von den Belastungen aus <strong>der</strong> Organisation <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong> werden<br />

<strong>der</strong> Zustand des <strong>Pflege</strong>bedürftigen und die sich daraus ergebende verän<strong>der</strong>te<br />

Beziehung als beson<strong>der</strong>s belastend empfunden.<br />

Hierbei gibt es allerd<strong>in</strong>gs bei jedem untersuchten Fall <strong>in</strong>dividuelle Schwerpunkte,<br />

wobei <strong>der</strong> Beg<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>bedürftigkeit und die Rolle <strong>der</strong> pflegenden<br />

Angehörigen wichtige bee<strong>in</strong>flussende Faktoren s<strong>in</strong>d.<br />

Im Fall <strong>der</strong> pflegenden Mutter stehen die Belastungen aus <strong>der</strong> täglichen<br />

<strong>Pflege</strong> und Versorgungsanfor<strong>der</strong>ung des Sohnes bei gut organisierter Hilfe<br />

nicht mehr im Vor<strong>der</strong>grund und werden eher als <strong>in</strong>tegraler Lebensbestandteil<br />

empfunden, obwohl sie von den befragten Angehörigen, auch zeitlich,<br />

am stärksten <strong>in</strong> die <strong>Pflege</strong> e<strong>in</strong>gebunden ist. Der Betreuungs- und <strong>Pflege</strong>bedarf<br />

setzte nicht, wie <strong>in</strong> den an<strong>der</strong>en Fällen, überraschend, son<strong>der</strong>n mit <strong>der</strong><br />

Geburt des Sohnes e<strong>in</strong>, was <strong>in</strong> gewissem Ausmaß von den Eltern e<strong>in</strong>kalkuliert<br />

wird. Die verän<strong>der</strong>te Rolle dem <strong>Pflege</strong>bedürftigen gegenüber kommt<br />

im Vergleich zu den an<strong>der</strong>en Fällen kaum Bedeutung zu, da die Mutter von<br />

vornhere<strong>in</strong> die Rolle <strong>der</strong> Betreuenden und Lenkenden <strong>in</strong>nehatte. Aktuell belastend<br />

für die Angehörige s<strong>in</strong>d eher <strong>der</strong> körperliche Zustand des <strong>Pflege</strong>bedürftigen<br />

mit den jeweiligen Bef<strong>in</strong>dlichkeitsschwankungen und die Frage,<br />

wie die Versorgung <strong>in</strong> fernerer Zukunft, wenn sie selbst altersbed<strong>in</strong>gt nicht<br />

mehr dazu fähig ist, erfolgen wird.<br />

Die befragten Ehepartner s<strong>in</strong>d durch die verän<strong>der</strong>te Beziehung zu dem <strong>Pflege</strong>bedürftigen<br />

belastet, <strong>der</strong> vor <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>bedürftigkeit als ebenbürtiger<br />

36


Partner erlebt wurde und sich nun <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er abhängigen Position bef<strong>in</strong>det.<br />

Auch hier zeigen sich trotz ähnlichem Erkrankungsverlauf unterschiedliche<br />

Ausprägungen <strong>der</strong> jeweiligen Belastungen je nach persönlicher Biografie.<br />

Für den befragten Ehemann, <strong>der</strong> beruflich immer viel unterwegs war, ist <strong>der</strong><br />

Umstand <strong>der</strong> alle<strong>in</strong>igen Verantwortung für die Lebensgestaltung nichts Ungewohntes.<br />

Die befragte Ehefrau, die zum Teil auch die Berufstätigkeit mit<br />

ihrem Ehemann geme<strong>in</strong>sam gestaltet hat, empf<strong>in</strong>det das „auf sich gestellt<br />

se<strong>in</strong>“ als Belastung.<br />

Parallelen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Wertung von Belastung durch die Befragten werden deutlich<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> jeweils gegenüber <strong>der</strong> vorherigen Planung verän<strong>der</strong>ten Lebensgestaltung,<br />

wobei <strong>in</strong> beiden Fällen viele zentrale Vorstellungen und Träume<br />

aufgegeben werden mussten, wie geme<strong>in</strong>same Reisen, K<strong>in</strong><strong>der</strong>wunsch ect.<br />

Ebenso konfliktreich empfunden wurde die eigene Neupositionierung <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Beziehung zu dem <strong>Pflege</strong>bedürftigen vor allem unter den Gesichtspunkten<br />

H<strong>in</strong>wendung, Übernahme von Verantwortung und Abgrenzung. Nach Aussagen<br />

<strong>der</strong> Ehepartner ist die Bearbeitung dieser Konflikte bei ihnen ohne<br />

professionelle Hilfe o<strong>der</strong> Begleitung erfolgt, obwohl punktuell Kontakte zu<br />

Selbsthilfegruppe und Seelsorgern beschrieben werden, die aber als nicht<br />

hilfreich erlebt wurden. E<strong>in</strong> Angehöriger bewertet <strong>in</strong> diesem Zusammenhang<br />

Gespräche mit e<strong>in</strong>er Mitarbeiter<strong>in</strong> des <strong>Pflege</strong>dienstes, zu <strong>der</strong> e<strong>in</strong> beson<strong>der</strong>es<br />

Vertrauensverhältnis besteht, als beson<strong>der</strong>s hilfreich für die Verarbeitung<br />

<strong>der</strong> Situation. Beide Angehörige geben an, mittlerweile mit <strong>der</strong> Situation<br />

umgehen zu können, wobei punktuell von aktuellem Schmerz und<br />

Verlustempf<strong>in</strong>den berichtet wird. Unter Berücksichtigung, <strong>der</strong> im Vorfeld<br />

geschil<strong>der</strong>ten theoretischen Erkenntnis, dass Stressentstehung prozesshaft<br />

und dynamisch verläuft, kann wohl hier nicht von e<strong>in</strong>er allgeme<strong>in</strong>en Adaptation<br />

<strong>der</strong> Angehörigen an die Situation ausgegangen werden. Vielmehr<br />

geht es um die Bewältigung <strong>der</strong> Situation <strong>in</strong> Teilaspekten, wie z.B. durch<br />

die Schaffung eigener Freiräume Regenerationsmöglichkeiten zu f<strong>in</strong>den und<br />

sich bei überfor<strong>der</strong>nden Ansprüchen von Seiten des <strong>Pflege</strong>bedürftigen, <strong>der</strong><br />

eigenen Person o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Beteiligten, abzugrenzen.<br />

Da es sich bei den Belastungen aus <strong>der</strong> verän<strong>der</strong>ten Lebenssituation mit<br />

neuen Rollenzuweisungen und Verantwortlichkeiten, Verlustgefühlen und<br />

Defiziten um primär nicht än<strong>der</strong>bare Realitäten handelt, rückt die Frage<br />

nach Möglichkeiten <strong>der</strong> Bewältigung dieser Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>in</strong> den Vor<strong>der</strong>grund.<br />

Es ersche<strong>in</strong>t kaum vorstellbar, dass e<strong>in</strong> solches Ausmaß an Anfor<strong>der</strong>ungen,<br />

womit <strong>in</strong> den untersuchten Fällen die Angehörigen durch die Erkrankung<br />

und <strong>Pflege</strong>bedürftigkeit konfrontiert wurden, ohne Hilfe und Begleitung<br />

dauerhaft zu bewältigen ist. Von den Untersuchungsteilnehmern<br />

berichtet jedoch nur e<strong>in</strong>e Angehörige von dem als hilfreich empfundenen<br />

Austausch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Selbsthilfegruppe. Die an<strong>der</strong>en Befragten suchen ihre<br />

Gesprächspartner <strong>in</strong> vertrauten, privaten Kreisen o<strong>der</strong> unter den <strong>Pflege</strong>mitarbeitern.<br />

Aufgrund dieser Tatsache ersche<strong>in</strong>t es wichtig, dass neben den<br />

<strong>in</strong>stitutionellen Hilfen, die angeboten werden müssen, auch die Mitarbeiter<br />

des <strong>Pflege</strong>dienstes über grundlegende psychologische Kenntnisse verfügen<br />

sollten, die ihnen die E<strong>in</strong>schätzung <strong>der</strong> psychischen Situation <strong>der</strong> Angehörigen<br />

ermöglicht. Ebenso notwendig s<strong>in</strong>d kommunikative Kompetenzen und<br />

Kenntnisse über Möglichkeiten <strong>der</strong> externen Hilfe und Beratung (Therapeuten<br />

ect.). Diese Kompetenzen haben <strong>in</strong> dem Kontext <strong>der</strong> <strong>häuslichen</strong> <strong>Pflege</strong><br />

<strong>in</strong>tensivpflegebedürftiger <strong>Patienten</strong> für die Mitarbeiter ebenso große Bedeu-<br />

37


tung wie die fachliche, auf pflegerische Handlungen und mediz<strong>in</strong>isches Wissen<br />

ausgerichtete Qualifikation.<br />

Die relativ großen Übere<strong>in</strong>stimmungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Aussage <strong>der</strong> Angehörigen über<br />

ihre Belastungen und <strong>der</strong> E<strong>in</strong>schätzung <strong>der</strong>selben durch die Mitarbeiter<br />

lässt E<strong>in</strong>fühlungsvermögen <strong>der</strong> Mitarbeiter und gelungene Interaktion zwischen<br />

Mitarbeitern und Angehörigen vermuten. Interessanterweise wird<br />

von zwei Mitarbeitern die sehr ger<strong>in</strong>g e<strong>in</strong>geschätzte Unterstützung <strong>der</strong> Angehörigen<br />

aus <strong>der</strong>en sozialem Umfeld problematisiert und auf Tabuisierung<br />

und Hilflosigkeit selbst im familiären Kontext <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>bedürftigen h<strong>in</strong>gewiesen.<br />

Die Angehörigen selbst reagierten auf diese Frage eher zurückhaltend.<br />

Auch hier sche<strong>in</strong>t Beratungsbedarf vorhanden, <strong>der</strong> das soziale Umfeld<br />

<strong>der</strong> Betroffenen e<strong>in</strong>schließt, wobei sich die Frage nach dem Aufbrechen <strong>der</strong><br />

Tabuisierung von Krankheit und Tod <strong>in</strong> unserer Gesellschaft generell stellt.<br />

Die größtmögliche Integration <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>bedürftigen <strong>in</strong> ihr gewohntes Umfeld,<br />

wie es die häusliche <strong>Pflege</strong> <strong>in</strong>tensivpflegebedürftiger <strong>Patienten</strong> gewährleistet,<br />

kann hierzu e<strong>in</strong>en Beitrag leisten, wenn sie auch als Ansatzpunkt<br />

für die Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung mit dem Thema für das Umfeld genutzt<br />

wird.<br />

E<strong>in</strong> Beleg für die theoretisch beschriebene Dynamik von Stressentstehung<br />

bzw. Neubewertung von Anfor<strong>der</strong>ungen aufgrund gesammelter Erfahrungen<br />

ist die Schil<strong>der</strong>ung von Verän<strong>der</strong>ungen im Belastungserleben <strong>der</strong> Angehörigen.<br />

So können nach Beschreibung <strong>der</strong> Angehörigen als hilfreich erlebte<br />

Aspekte im Laufe <strong>der</strong> Zeit zu Belastungen werden und umgekehrt.<br />

Wichtig ist das Wissen <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>nden um diese Entwicklungen und die<br />

kont<strong>in</strong>uierliche offene Kommunikation mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong>.<br />

6.1.2 Focus Mitarbeiter<br />

So unterschiedlich wie die Mitarbeiter selbst und die <strong>Pflege</strong>situationen, <strong>in</strong><br />

denen sie arbeiten, so unterschiedlich s<strong>in</strong>d auch die Schwerpunkte <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Bewertung und das Belastungserleben. Übere<strong>in</strong>stimmend jedoch beurteilen<br />

die befragten Mitarbeiter ihre eigenen Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen im Vergleich zu<br />

Vorerfahrungen als deutlich positiver.<br />

Zwei Aspekte <strong>der</strong> eigenen Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen werden von allen Mitarbeitern<br />

problematisiert, die fehlenden Kommunikationsmöglichkeiten mit dem<br />

<strong>Pflege</strong>bedürftigen sowie die schwierige Personalsituation und <strong>der</strong> Überstundenanfall<br />

bei Ausfall von Mitarbeitern.<br />

Durchgeführte Studien über Arbeitszufriedenheit zeigen, dass die Rückmeldung<br />

bezüglich <strong>der</strong> eigenen Arbeit e<strong>in</strong>en wichtigen Faktor für Arbeitszufriedenheit<br />

darstellt, da darüber auch „<strong>der</strong> S<strong>in</strong>n“ <strong>der</strong> Arbeit erschlossen<br />

werden kann. So gesehen ist die fehlende Rückmeldung durch den <strong>Pflege</strong>bedürftigen<br />

an die Mitarbeiter als problematisch e<strong>in</strong>zuschätzen. Die Mitarbeiter<br />

berichteten über Unsicherheitsgefühle bezüglich <strong>der</strong> Wirkung ihrer<br />

Maßnahmen o<strong>der</strong> ihres Verhaltens. Das Empf<strong>in</strong>den und die Bedürfnisse des<br />

<strong>Pflege</strong>bedürftigen sowie das Erleben pflegerischer Arbeit können von den<br />

38


Mitarbeitern zum Teil nur noch erahnt werden, was e<strong>in</strong>en ganz beson<strong>der</strong>en<br />

Anspruch dieser Arbeit darstellt. E<strong>in</strong> sog. Ausgleich durch die <strong>Pflege</strong> kommunikationsfähiger<br />

<strong>Patienten</strong> kann aufgrund <strong>der</strong> strukturellen Bed<strong>in</strong>gungen<br />

nicht stattf<strong>in</strong>den und somit nicht zur Entschärfung beitragen. Deshalb ist es<br />

zum E<strong>in</strong>en sicher notwendig, alle Möglichkeiten zur Erhaltung <strong>der</strong> Kommunikation<br />

auszuschöpfen und die Mitarbeiter auch diesbezüglich fortzubilden.<br />

Zum An<strong>der</strong>en müssen Foren vorhanden se<strong>in</strong>, <strong>in</strong> denen die Belastung<br />

<strong>der</strong> Mitarbeiter thematisiert werden kann, z.B. Supervision, und e<strong>in</strong>e Beratung<br />

über Kompensationsmöglichkeiten erfolgt.<br />

Den Belastungen aus dem hohen Anfall von Überstunden bei Ausfall von<br />

Mitarbeitern kann nur strukturell begegnet werden. Die beson<strong>der</strong>e, den<br />

Notwendigkeiten angepasste, Struktur <strong>der</strong> Abteilung mit e<strong>in</strong>zelnen kle<strong>in</strong>en<br />

<strong>Pflege</strong>teams führt dazu, dass Ausfälle schlechter kompensiert werden können.<br />

Entspannung könnte <strong>der</strong> E<strong>in</strong>satz von <strong>Pflege</strong>mitarbeitern <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er sogenannten<br />

„Spr<strong>in</strong>gerfunktion“ br<strong>in</strong>gen, wobei den Mitarbeitern die betreffenden<br />

<strong>Pflege</strong>situationen bekannt se<strong>in</strong> müssten.<br />

Situationsspezifisch berichtet e<strong>in</strong> Mitarbeiter von e<strong>in</strong>geschränktem körperlichen<br />

Bewegungsraum und als belastend empfundene Monotonie und Anregungsmangel<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Nachtarbeit. Ebenso wird <strong>der</strong> eigene Entscheidungsspielraum<br />

bei klarer Dom<strong>in</strong>anz <strong>der</strong> pflegenden Angehörigen als sehr ger<strong>in</strong>g<br />

e<strong>in</strong>geschätzt. Verweist man noch e<strong>in</strong>mal auf die Studien über Arbeitszufriedenheit,<br />

so werden diese Umstände langfristig zu Unzufriedenheit bei den<br />

Mitarbeitern führen. In dem genannten Fall kommt h<strong>in</strong>zu, dass das Team<br />

<strong>der</strong> beteiligten <strong>Pflege</strong>kräfte quasi nur aus zwei Mitarbeitern besteht und so<br />

<strong>der</strong> Rückhalt und Austausch über die Situation wahrsche<strong>in</strong>lich eher ger<strong>in</strong>g<br />

ist. Beson<strong>der</strong>s wichtig ersche<strong>in</strong>t gerade hier <strong>der</strong> E<strong>in</strong>satz von Personalführungs<strong>in</strong>strumenten,<br />

die das Interesse <strong>der</strong> E<strong>in</strong>richtung an ihren Mitarbeitern<br />

deutlich machen, wie die Durchführung von Mitarbeitergesprächen ect..<br />

Diese sollen <strong>in</strong> <strong>der</strong> untersuchten Abteilung nach Auskunft des Bereichsleiters<br />

bereits <strong>in</strong>itiiert werden. In diesem Zusammenhang stellt sich ebenfalls<br />

die Frage, wie die E<strong>in</strong>richtung die Rolle <strong>der</strong> Angehörigen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zusammenarbeit<br />

sieht und ob es e<strong>in</strong> den Mitarbeitern bekanntes Konzept gibt, dass<br />

als Richtl<strong>in</strong>ie für die Zusammenarbeit herangezogen werden kann. Bei <strong>der</strong><br />

Untersuchung entstand <strong>der</strong> E<strong>in</strong>druck, dass die Aushandlung von Verantwortlichkeiten<br />

und Arbeitsteilung <strong>in</strong> den e<strong>in</strong>zelnen <strong>Pflege</strong>situationen sehr<br />

<strong>in</strong>dividuell geregelt ist. Diese Aushandlung f<strong>in</strong>det vor <strong>der</strong> Implementierung<br />

<strong>der</strong> <strong>häuslichen</strong> <strong>Pflege</strong> unter Regie <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>dienstleitung ohne E<strong>in</strong>flussnahme<br />

<strong>der</strong> Mitarbeiter statt. Sicherlich bedarf die Zusammenarbeit mit den<br />

Angehörigen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er solchen <strong>Pflege</strong>situation beson<strong>der</strong>s viel F<strong>in</strong>gerspitzengefühl<br />

und Berücksichtigung <strong>in</strong>dividueller Gegebenheiten. Andrerseits sollten<br />

die Mitarbeiter und ihre Vorstellungen über Kompetenzen und eigenen<br />

gestalterischen Spielraum <strong>in</strong> ihrer Arbeit nicht unberücksichtigt gelassen<br />

werden. So ist wohl <strong>der</strong> Aushandlungsprozess bezüglich <strong>der</strong> Gestaltung <strong>der</strong><br />

Zusammenarbeit nicht nach Implementierung als abgeschlossen zu betrachten,<br />

son<strong>der</strong>n stellt sich als dynamischer Prozess dar, <strong>der</strong> die fortwährende<br />

Kommunikation aller Beteiligten mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> notwendig macht. Dem<br />

Bereichsleiter kommt hierbei <strong>in</strong> <strong>der</strong> Rolle des Koord<strong>in</strong>ators e<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>e<br />

Bedeutung zu, wobei e<strong>in</strong>e grundsätzliche konzeptionelle Haltung <strong>der</strong> E<strong>in</strong>richtung<br />

zu <strong>der</strong> Zusammenarbeit mit Angehörigen im <strong>häuslichen</strong> <strong>Pflege</strong>bereich<br />

als Richtl<strong>in</strong>ie sicher hilfreich wäre.<br />

39


6.2 Allgeme<strong>in</strong>e Schlussfolgerungen<br />

Zusammenfassend ist bezüglich <strong>der</strong> für die Arbeit des <strong>Pflege</strong>dienstes wichtigen<br />

Aspekte aus 6.1.1 und 6.1.2 zu bemerken, dass die Unterschiedlichkeit<br />

<strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>situationen das Aufstellen von allgeme<strong>in</strong>gültigen Aussagen bzw.<br />

Handlungsempfehlungen schwierig macht. Generell ist die För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong><br />

Kommunikation aller Beteiligten <strong>in</strong> ihren unterschiedlichen Bezügen notwendig,<br />

um die Schwierigkeiten <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen Situationen besser zu erfassen.<br />

Die psychische Belastung von Angehörigen wie auch von Mitarbeitern,<br />

die aus <strong>der</strong> Situation des <strong>Pflege</strong>bedürftigen und <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong> erwächst, sollte<br />

bei dem Bemühen um optimale Organisation und fachliche Qualifikation<br />

nicht vernachlässigt werden. Nie<strong>der</strong>schwellige Angebote zur Reflexion als<br />

Bewältigungshilfe s<strong>in</strong>d notwendig. Darüber h<strong>in</strong>aus sche<strong>in</strong>t es geboten, im<br />

Rahmen von Fortbildungen gezielt auf die <strong>Patienten</strong>gruppe und die daraus<br />

resultierenden beson<strong>der</strong>en Ansprüche an die <strong>Pflege</strong> e<strong>in</strong>zugehen, z.B. Umgang<br />

mit Wachkomapatienten, um den Mitarbeitern auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung<br />

mit den Angehörigen, Sicherheit und E<strong>in</strong>satzfreude zu erhalten.<br />

Allgeme<strong>in</strong> zeigt die Analyse <strong>der</strong> untersuchten <strong>Pflege</strong>situationen mit Blick<br />

auf die Fragestellung <strong>der</strong> Untersuchung, dass, die relativ optimale Organisation<br />

<strong>der</strong> <strong>Pflege</strong> unter Beteiligung bzw. Übernahme <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong> durch Professionelle,<br />

e<strong>in</strong>e langfristige Sicherstellung <strong>der</strong> <strong>häuslichen</strong> Betreuung <strong>in</strong>tensivpflegebedürftiger<br />

<strong>Patienten</strong> ermöglicht. Die Rahmenbed<strong>in</strong>gungen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong><br />

den untersuchten Fällen gut und stellten ke<strong>in</strong> H<strong>in</strong><strong>der</strong>nis für die <strong>Pflege</strong> dar.<br />

Belastungen aus <strong>der</strong> Zusammenarbeit zwischen Angehörigen und <strong>Pflege</strong>dienst<br />

werden nicht als existentiell bedrohlich für die Sicherstellung <strong>der</strong><br />

<strong>Pflege</strong> e<strong>in</strong>geschätzt. Insgesamt ist die Situation trotz <strong>der</strong> bestehenden Probleme<br />

vor allem im Vergleich zu den „Pionierzeiten“ <strong>der</strong> <strong>häuslichen</strong> Intensivpflege<br />

wohl deutlich gebessert. Das die Analyse von drei <strong>Pflege</strong>situationen<br />

repräsentativ für die allgeme<strong>in</strong>e Situation ist, sche<strong>in</strong>t allerd<strong>in</strong>gs zweifelhaft,<br />

vor allem aufgrund <strong>der</strong> Tatsache , dass erst wenige <strong>Pflege</strong>dienste das Know<br />

how und den Mut besitzen, häusliche Intensivpflege zu leisten. Außerdem<br />

ist auch mit Blick auf die jüngsten Entwicklungen aufgrund des Kostendruckes<br />

im Gesundheitswesen mit Problemen seitens <strong>der</strong> F<strong>in</strong>anzierung dieser<br />

sehr kosten<strong>in</strong>tensiven Betreuung zu rechnen, selbst wenn sich dieses <strong>in</strong><br />

den untersuchten Fällen zur Zeit nicht wie<strong>der</strong>spiegelt.<br />

6.3 Reflexion des Praxissemesters<br />

Das größte Problem <strong>der</strong> Untersuchung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Rückschau war, die Planung<br />

e<strong>in</strong>er vergleichenden Analyse, die sich wegen <strong>der</strong> großen Unterschiedlichkeit<br />

<strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen Situationen so nicht verwirklichen ließ. Der Entschluss,<br />

40


aufgrund <strong>der</strong> Gegebenheiten e<strong>in</strong>e eher vertiefende E<strong>in</strong>zelfallanalyse durchzuführen,<br />

konnte wegen <strong>der</strong> Zeitlimitierung und schon erfolgten Vorbereitung<br />

nur begrenzt verwirklicht werden. Sicherlich wäre es aufschlussreich<br />

und <strong>in</strong>teressant z.B. die Fragen nach Bewältigungsformen <strong>in</strong>tensiver zu erforschen.<br />

Hierzu wäre allerd<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong> <strong>in</strong>tensiver Kontakt des Forschers zu<br />

den Beteiligten über e<strong>in</strong>en längeren Zeitraum notwendig. Das Instrument<br />

des Interviews hätte zur Erlangung solch persönlicher Informationen unstrukturiert<br />

und offener se<strong>in</strong> müssen. Bei <strong>der</strong> Auswertung <strong>der</strong> qualitativen<br />

Daten wurde klar, dass an e<strong>in</strong>igen Stellen Ansatzpunkte für e<strong>in</strong>e Vertiefung<br />

des Gespräches gegeben waren. An diesen Stellen weiter zu untersuchen<br />

ist sicher e<strong>in</strong>e schwierige aber auch lohnende Aufgabe.<br />

Insgesamt erschien es mir als ungeübtem Forscher schwierig, mich auf den<br />

so unterschiedlichen Ebenen <strong>der</strong> „harten Fakten“ und des persönlichen Erlebens<br />

quasi gleichzeitig zu bewegen, zumal die persönliche Betroffenheit,<br />

die durch die Beschäftigung mit den e<strong>in</strong>zelnen Situationen und Menschen<br />

entstand, mich nachhaltig beschäftigte. Ich möchte an dieser Stelle me<strong>in</strong>er<br />

Achtung und me<strong>in</strong>em Respekt den Betroffenen, den Angehörigen und den<br />

Mitarbeitern gegenüber Ausdruck verleihen, die diese außergewöhnliche<br />

Lebenssituation tagtäglich gestalten.<br />

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