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Die Christkindlsingerin mit Deckblatt 1

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Maximilian Schmidt <strong>Die</strong> <strong>Christkindlsingerin</strong><br />

Ei, Büblein, komm nah,<br />

Was finden wir da?<br />

Ein herzigs schön’s Kindlein<br />

In schneeweißen Windlein,<br />

Auf Stroh und auf Heu,<br />

Hold lächelnd dabei.<br />

Ei, daß Gott erbarm!<br />

<strong>Die</strong> Frau ist so arm!<br />

Sie hat ja kein Pfännlein,<br />

Zu kochen ein Müslein,<br />

Kein Mehl und kein Schmalz<br />

Und kein Breserl Salz.<br />

Da hatten gar schnell<br />

<strong>Die</strong> Hirten zur Stell:<br />

Milch, Honig und Butter,<br />

Und gaben’s der Mutter<br />

Mit freudigem Sinn<br />

Und knieten sich in.<br />

Und Engleingesang<br />

Hoch oben erklang:<br />

Frohlocket und singet,<br />

Christkindelein bringet<br />

Erlösung zurück<br />

Und himmlisches Glück!<br />

Sie sang es recht wacker und alle lobten sie darüber. Frau Mirtl aber sagte: „Du kannst<br />

getrost die Botschaft b’sorg’n. Da hast dös Briaferl!“<br />

„I werd ’s dem Branzert richti übergeb’n,“ sagte Waberl, „aber i därf mi eil’n, sunst kimm i<br />

vor’m Betläuten gar nimmer z’ Haus.“<br />

„Erst essen wir no’ <strong>mit</strong>anander!“ rief Sepp.<br />

Waberl sagte gern zu, und nachdem sie Sepp durch ihre naiven Einfälle und Rätselaufgaben<br />

noch viel ins Lachen gebracht und ihm für seine Geschenke schöne rote Handstutzen zu<br />

fertigen versprochen hatte, wanderte sie <strong>mit</strong> der kleinen Wiege flüchtigen Schrittes der<br />

böhmischen Grenze zu.<br />

Sie kannte alle Wege genau, und war der eine durch hohe Windwehen ungangbar, so wußte<br />

sie geschickt einen anderen zu finden. <strong>Die</strong>se Terrainkenntnis hatte sie auf den vielen Gängen<br />

erworben, die sie für ihre Großmutter, welche bis vor wenigen Jahren noch die<br />

Chamauerbötin war und Briefe, Brot und allerlei kleine Artikel von dort <strong>mit</strong>brachte, zu<br />

besorgen gehabt. Waberl blieb kein Häuschen und kein Weg in der Umgegend unbekannt.<br />

Heute nach dem Grenzdorfe, als der gewöhnliche, der beim Hacklherrgott vorüber führt, wie<br />

man eine am Klöpflersberge und am Fahrwege stehende Kapelle nennt. Es war dies ein neu<br />

angelegter Holzabfuhrweg oder sogenannter Ziehweg, der am Hange des dicht bewaldeten,<br />

anderthalbtausend Fuß hohen <strong>Die</strong>berges hinläuft und soeben von Holzfällern durch<br />

Feststampfen des Schnees zum Gebrauche hergerichtet wurde.<br />

Das im Sommer und Herbst gefällte Holz wird an die Ziehwege für den im Winter<br />

erfolgenden Transport hingebracht und sodann <strong>mit</strong> eigens dazu konstruierten Handschlitten in<br />

das Thal hinabgefahren, von wo aus der weitere Transport im Frühjahre, meistens durch die<br />

Trift auf den Regen oder der Ilz nach der Donau stattfindet, von wo aus die Produkte des<br />

Waldes bis zum Schwarzen Meere und der Nordsee gelangen.<br />

Der Ziehweg, auf welchem Waberl die Holzfäller arbeiten sah, zog sich am Hange des<br />

Berges nur mäßig ansteigend hin und war so breit, daß er selbst für einen größeren Schlitten<br />

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