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Die Christkindlsingerin mit Deckblatt 1

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Maximilian Schmidt <strong>Die</strong> <strong>Christkindlsingerin</strong><br />

Sepp konnte alle diese Fragen sehr günstig beantworten und sorgte vor allem für seine<br />

Pferde, während er Waberl in die Stube gehen ließ, bis er <strong>mit</strong> dem Koffer dahin nachkommen<br />

würde.<br />

„Was hat denn dös Deandl da z’ schaffen?“ fragte unwirsch die Frau, als sie des Mädchens<br />

ansichtig ward und es erkannte.<br />

„I hon a B’stellung für sie g’habt,“ antwortete Sepp.<br />

„A B’stellung?“ fragte die Frau schnippisch.<br />

„Ja,“ viel Waberl jetzt ein, „und nöd umsonst; i hon ’s Geld dafür schon bei mir.“ Dabei zog<br />

sie ein kleines Geldbeutelchen heraus und zeigte es <strong>mit</strong> einem gewissen Selbstbewußtsein der<br />

Frau Mirtl. „Es is a Frauenbildlthaler drin von meiner Firmgod. I hon nix umsonst verlangt<br />

und in Enka Stub’n mag i gar nöd eini. Gelt Sepp, du laßt mi in dein’ Stall, daß i deine Roß<br />

fress’n seh’.“<br />

„Wie d’ magst!“ entgegnete der Angeredete, „aber d’ Wieg’n kannst dennat einistell’n, daß<br />

ihr nix passiert.“<br />

Das that auch das Mädchen, ohne sich lange um die Mirtl, welche, wie ihr bekannt, von<br />

jeher ihre Familie haßte, zu kümmern.<br />

<strong>Die</strong> Frau warf dem Mädchen einen mißliebigen Blick nach und sagte dann zu ihrem Sohne:<br />

„Kimm bald eini in d’ Stub’n, es warten scho’ seit der Fruah zwoa Tauböhm (Tuch-,<br />

Leindwandböhmen) auf di und du kriegst heut no’ a wichtig’s G’schäft.“ Da<strong>mit</strong> ging die Frau<br />

ins Haus.<br />

„Was wird dös wieder sei’!“ rief Sepp ärgerlich aus, indem er die Stangengäule nach dem<br />

Stalle führte, wohin Zwetschgerl und ein anderer Knecht schon die übrigen gebracht hatten.<br />

Waberl kam auch dahin und hatte ihre Freude daran, daß nun die Pferde wieder Ruhe und<br />

Futter bekamen.<br />

Sie hatte eine besondere Vorliebe für dieselben; war sie doch unter diesen Pferden bei<br />

Lebzeiten ihres Vaters aufgewachsen. Freilich waren sechs Jahre seitdem verflossen, aber sie<br />

bildete sich ein, die Tiere würden sie alle noch kennen, und wie früher ging sie furchtlos zu<br />

einem jeden in den Stand hinein, sprach <strong>mit</strong> ihm, streichelte es und war glücklich, dies thun<br />

zu dürfen. Dabei dachte sie aber immer an das etwas, welches ihr der Sepp noch <strong>mit</strong>gebracht,<br />

und oft sah sie nach der Thüre, ob sie nicht in das Haus hinübergerufen würde, in das der<br />

junge Mann, sobald er die Rosse versorgt hatte, gegangen war. Gerne wäre sie dem Drange<br />

ihres Herzens gefolgt und Sepp nachgefolgt, hätte sie nicht dessen Mutter, die von jeher keine<br />

besondere Neigung zu dem Mädchen hatte, gescheut.<br />

Waberl wußte nicht, aus welchem Grunde Frau Mirtl ihre Ahnl so anfeindete. Auch ihre<br />

selige Mutter, wie sie sich erinnerte, war nicht gut auf die Mirtl zu sprechen, und doch lebten<br />

die verstorbenen Väter in den freundschaftlichsten Verhältnissen.<br />

Der Kleinmichl, wie man Waberls Vater nannte, brachte seine ganze Lebenszeit im<br />

Mirtlschen Hause zu. Er war <strong>mit</strong> dem seligen Mirtl aufgewachsen und hatte ihn auf allen<br />

Fahrten begleitet; er genoß dessen unbedingtes Vertrauen und wurde <strong>mit</strong> großartigen Frachten<br />

in die entferntesten Städte gesandt. Der Kleinmichl ersparte sich ein schönes Stück Geld und<br />

hätte wohl auf eigene Faust ein Fuhrwerk betreiben können, aber der alte Mirtl konnte ihn<br />

nicht entbehren, denn er war die Seele seines Geschäftes, besaß Klugheit und Einsicht und<br />

spekulierte fast immer glücklich. Nebenbei trieb er einen Handel <strong>mit</strong> allerlei kleinen Waren,<br />

welche er hinüber und herüber brachte und geeigneten Ortes <strong>mit</strong> Profit veräußerte. Das<br />

Kapital, welches er sich hierdurch erwarb, brachte er jedoch nicht nach Hause <strong>mit</strong>, denn sei<br />

Weib wußte <strong>mit</strong> dem Gelde nicht haushälterisch umzugehen und würde das Mädchen nur<br />

hoffärtig und hochmütig erzogen haben, was nicht in der Absicht des Vaters lag, der für sein<br />

Kind nur deshalb sparte, um ihm einstens eine sorgenfreie Zukunft zu schaffen. Dahin war all<br />

sein Bestreben und das Glück begünstigte ihn. Nebstdem war er der treue Knecht seines Herrn<br />

und hatte Gelegenheit, diesem Treue und Dankbarkeit in der glänzendsten Weise zu<br />

bethätigen.<br />

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