15.12.2012 Aufrufe

Die Christkindlsingerin mit Deckblatt 1

Die Christkindlsingerin mit Deckblatt 1

Die Christkindlsingerin mit Deckblatt 1

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Maximilian Schmidt <strong>Die</strong> <strong>Christkindlsingerin</strong><br />

„I dank dir, Waberl, für dein’ guten Willn,“ entgegnete Sepp. „I will das Jahr, das i no’ vor<br />

mir hab, benutzen. Es ist mir a Waldung am Hohenbogen zum Kauf antrag’n worn und i<br />

werd’s nehmen. ’s Holz steigt von Jahr zu Jahr im Preis und will’s Glück, kann i die Waldung<br />

<strong>mit</strong> Vorteil wieder verkaufen. Und will’s Gott, daß i über’s Jahr am 1. Juni ruiniert bin, so<br />

muß i mi halt in mein Schicksal füg’n!“<br />

„Am 1. Juni ist der verhängnisvolle Tag?“ fragte Waberl überrascht.<br />

„Ja,“ antwortete traurig Sepp.<br />

„Sepp, das ist doch sonderbar. An demselb’n Tag werd’ i siebzehn Jahr alt, und der Tag, der<br />

mir als der schönste von mein Leben prophezeit is, sollt’ für di der unglücklichst sein? –<br />

Sepp, es wird g’wiß nöt so wern, wie du fürchtest.“<br />

„Gott geb’s!“ entgegnete seufzend der junge Mann, den Waberl heut zum ersten Male<br />

traurig sah. Aber es währte nicht lange. <strong>Die</strong> beiden jungen Leute sprachen noch über dies und<br />

das; Sepp wurde nach und nach wieder heiter und mußte schließlich, auf Bitten des<br />

Mädchens, die Mundharmonika hervorholen und ihr etwas darauf vorspielen. Waren die<br />

Stückchen auch anfangs noch etwas traurig, bald wechselten sie <strong>mit</strong> heiteren, und<br />

unwillkürlich blies er den flottesten Ländler herab, daß sich Waberl nicht enthalten konnte,<br />

um den schönen Maibaum herumzutanzen. Sie wurde so fröhlich, daß Sepp alles andere<br />

darüber vergaß und <strong>mit</strong> Freuden dieses junge, schöne Mädchen in ihrem unschuldigen<br />

Vergnügen betrachtete.<br />

„He, he!“ rief jetzt die alte Nandl, welche, von beiden unbemerkt, in das Gärtchen getreten<br />

war. „Waberl, was treibst denn? Das is ja aus der Weis’!“<br />

„Ahnl, Ahnl!“ rief das Mädchen, still stehend und <strong>mit</strong> vor Aufregung glühendem Gesichte.<br />

„Der Sepp spielt so wunderschön, daß i nimmer anders können hon – i hon tanzen müass’n,<br />

und heut ist ja der 1. Mai! – Aber wie is’s dir ’gangen, Ahnl? Bist guat wiederkemma?“<br />

„I bin von Neumarkt ’rausg’fahrn und wer moanst, is noch <strong>mit</strong>kemma?“ fragte lächelnd die<br />

Alte.<br />

„Fräulein Pauline!“ rief erfreut das Mädchen, dem soeben in das Gärtchen tretenden<br />

Fräulein entgegeneilend.<br />

Pauline war nicht allein, eine junge Dame begleitete sie.<br />

„Waberl,“ rief jene, „dein Wunsch, in die Welt hinauszukommen, ist erfüllt. Mein Bäschen<br />

Sophie hier will dich <strong>mit</strong> nach München nehmen. Du kommst zu einer hochgestellten Familie,<br />

welche ein Mädchen <strong>mit</strong> solchen Eigenschaften sich wünscht, wie du sie besitzest.“<br />

„Is’s mögli?“ rief Waberl erfreut. „I soll nach München kemma? Und schon bald?“<br />

„Gleich nach meiner Trauung – also in längstens neun Tagen,“ entgegnete Pauline.<br />

„Nach Ihrer Trauung?“ fragte Waberl überrascht. „San Sie Braut, Fräulein Pauline?“<br />

„Seit acht Tagen,“ entgegnete die Gefragte. „Ein braver Mann hat um meine Hand<br />

angehalten und ich gab sie ihm.“<br />

„Ach, wenn ’s do’ recht glückli wereten!“ rief Waberl, sie bei der Hand nehmend.<br />

„Ich hoffe es, mein Kind!“ entgegnete Pauline.<br />

„Wer ist Ihna Bräutigam?“ fragte Waberl.<br />

„Ein Gutsbesitzer an der Donau. Ich sah ihn vor acht Tagen zum ersten Male. Er kam mir<br />

offen entgegen und das gefiel mir; außerdem sind alle Vorbedingungen zu einer<br />

voraussichtlich glücklichen Ehe vorhanden. Doch Mädchen – du mußt mir acht Tage fleißig<br />

arbeiten helfen.“<br />

„Wie gern!“ rief Waberl.<br />

„Und dann, wie gesagt, nimmt dich Sophie <strong>mit</strong> nach München,“ ergänzte Pauline.<br />

„Wollen’s mi denn <strong>mit</strong>nehmen?“ fragte Waberl jetzt die fremde Dame, welche <strong>mit</strong><br />

sichtlichem Vergnügen das junge, lebensfrohe Mädchen betrachtete.<br />

„Recht gern,“ entgegnete die Fremde, Waberl die Hand reichend. „Pauline hat mir so viel<br />

Gutes von Ihnen erzählt, daß ich mich freue, für Sie etwas thun zu können. Wollen Sie <strong>mit</strong>?“<br />

42

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!