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Die Christkindlsingerin mit Deckblatt 1

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Maximilian Schmidt <strong>Die</strong> <strong>Christkindlsingerin</strong><br />

„Aber Sepp,“ sagte hierauf Waberl, die sich durch das Vertrauen des Mannes geschmeichelt<br />

fühlte: „Wird’s wohl ebba übers Herz bringa könna, dir Haus und Hof z’ nehma? Wenn d’<br />

eam an’ Teil der Schuld heimzahlst, wird er wohl wartn, bis er’s andere kriegt, wenn d’ eam<br />

zum Herzen red’st.“<br />

„Dös glaub i kaum, Deandl. Und in den Dingen spricht ma umasunst zum Herz’n. Zudem<br />

kenn i mein’ Gläubiger no’ gar nöt.“<br />

„Du kennst ’n gar nöt? Du weißt gar nöt, wer was von dir z’ fordern hat?“<br />

„Was liegt dran,“ entgegnete Sepp traurig. „Der andre weiß’s desto besser, von wem er z’<br />

fordern hat.“<br />

„Und glaubst gar nöt, daß dir z’ helfen wär?“<br />

„Wenn i heiraten wollt, ja,“ entgegnete Sepp; „aber nur Geldes halber a Frau nehma, um <strong>mit</strong><br />

ihrem Vermögen meine Schulden zu zahln, das wär nöt ehrli und i müßt mi schaamen vor<br />

mein’ eignen G’wissen.“<br />

Im Kopfe Waberls tauchte jetzt eben ein Gedanke auf und sie rief vergnügt: „Sepp, woaßt<br />

was? I verschaff dir das Geld!“<br />

„Du?“ fragte Sepp lächelnd.<br />

„Ja, i! I kann an’ Schatz heb’n, wenn siebzehn Jahr alt bin, und dann helf’ i dir.“<br />

„Kommst schon wieder in deine Märla?“ entgegnete Sepp, über die naive Versicherung des<br />

Mädchens wieder heiter gestimmt.<br />

„Na’, Sepp, es is koa’ Märl, was i dir erzähln werd. Mei’ Ahnl hat mir’s am Sterbebett<br />

meiner Muatta erzählt, wie i no’ a ganz kloans Deandl war und hat mir dasselbe Märl<br />

während meiner Krankheit in Neumarkt wiederholt, und wenn alle anderen G’schichten an<br />

mir vorüber san, die Erzählung von dem Schatz is mir im Herzen blieb’n und mir is’s, als<br />

müaßt’s wahr sein, wenn’s aa wie r a Märl klingt.“<br />

„Denseln Tag, wie d’ Nachricht kemma is, daß mei’ Vater in Welschland verunglückt, da is<br />

d’ Ahnl nachts am Bett g’sess’n, wo i g’schlafen hon, und war in großer Trauer um mi und<br />

um mei’ Zukunft. und wie’s so hin- und herdenkt hat, is auf einmal d’ Thür aufgangen udn is<br />

a wunderschöns Maderl in an’ golden Kleidl <strong>mit</strong> schneeweißen Flügerln in d’ Stubn kemma.<br />

Dös hat d’ Ahnl recht liabli grüaßt und zu ihr g’sagt, es sei mei’ Schutzengerl, da mi nöt<br />

verlassen wird, so lang i leb und hat nacha der Ahnl a goldens Schlüsserl geb’n <strong>mit</strong> dem<br />

Auftrag: „Dös Schlüsserl gieb dem Waberl an sein siebzehnten Geburtstag. Is’s brav und<br />

fromm bis dahin gwen, so wird’s da<strong>mit</strong> a Kastl aufsperren, dös an’ großen Schatz enthält, und<br />

der Tag wird der schönste in Waberls Leben wern.“ ’s Schutzengerl ist dann wieder furt, aber<br />

das Schlüsserl hat’s dalass’n ud mei’ Ahnl tragt’s in an’ Amulett an ihrem Hals Jahr aus Jahr<br />

ein. Mei’ Muatta seli hat noch den Anhang g’macht: „I werd’ schön und reich wern, a Ritter<br />

wird si <strong>mit</strong> mir verlob’n und mi heiraten. Wenn aa das letzte weder eintroffen is, noch<br />

einz’treffen braucht, so hat’s <strong>mit</strong> ’n Schlüsserl sei’ Richtigkeit.“<br />

„Hast du’s schon amal g’sehgn?“ fragte jetzt Sepp lächelnd.<br />

„Ja, in Neumarkt, als i no’ halb im Fieber g’leg’n bin und d’ Ahnl wahrscheinli g’hofft hat, i<br />

vergeß’s wieder. Später freili hat ’s mir das eine und andere abg’leugn’t, aber um so tiefer hon<br />

i mir alles einprägt. Dös Märl klingt mir oft in den Ohren, weil i gar zu gern den Schluß davon<br />

wissen möcht.“<br />

„Den will i dir sag’n, Waberl,“ sagte der Mann. „Wenn du bis zu dein siebzehnten<br />

Geburtstag brav und fromm warst, so tragst du an’ Schatz in dir, der mehr wert ist, als alles<br />

Gold. Und so is’s aa!“<br />

„Dös glaub i, Sepp,“ entgegnete Waberl, „aber <strong>mit</strong> dem Kastl hat’s do’ sei’ Bewandtnis. Es<br />

liegt nämli a solch’s für mi im Pfarramt drenten und es soll a Testament von mein’ Vater<br />

enthaltn, dös an mein’ siebzehnten Geburtstag eröffnet wird. D’ Ahnl hat mir das erst vor<br />

kurzem g’sagt, da<strong>mit</strong> i, wenn’s einmal gahen Todes sterben sollt’, wüßt’, wie i dran wär. –<br />

Und Sepp, werd’ i aa zu kein’ großen Reichtum glanga: was i krieg, kannst nachher du<br />

hab’n.“<br />

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