Die Christkindlsingerin mit Deckblatt 1
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Maximilian Schmidt <strong>Die</strong> <strong>Christkindlsingerin</strong><br />
„I mag aber koa’ Brot!“ sagte der Hans trotzig.<br />
„Und i mag aa koans!“ rief der Nazi.<br />
„Was?“ rief jetzt der gereizte Vater. „Oes wollt’s koa’ Brot zum Schweinefleisch essen?“<br />
und beide Sprößlinge rechts und links maulschellierend, schrie er: „Wart’s Lausbuam! i will’s<br />
enk lernen, ob’s ’s nächste Jahr zum Schweinern a Brot essen wollt’s oder nöt!“<br />
<strong>Die</strong> Buben schrieen aus Leibeskräften und auch die kleine Familie bis zu dem Wickelkinde<br />
herab stimmte in dieses Konzert <strong>mit</strong> ein, als sich plötzlich die Thüre öffnete und die alte<br />
Nandl, <strong>mit</strong> einer Schachtel unter dem Arm, eintrat.<br />
Sie war soeben <strong>mit</strong> dem ihr zugesandten Fuhrwerk auf dem Wege nach Neumarkt und<br />
besorgte bei dieser Gelegenheit die Schachtel des Zwetschgerl, wie dieser das Waberl hatte<br />
ersuchen lassen.<br />
„Ich bring a Christkindl!“ rief sie, und wie aufs Kommando waren die Schreihälse still und<br />
rissen die Augen auf.<br />
„G’wiß von mein’ Vodan!“ rief die Frau Holzpitzlerin erfreut, indem sie schnell ihr<br />
Kleinstes in die Wiege legte, um die Schachtel in Empfang zu nehmen.<br />
„Erraten!“ sagte die Alte.<br />
<strong>Die</strong> Schachtel wurde nun unter ungestümem Zudrang aller Familien<strong>mit</strong>glieder geöffnet. Das<br />
erste, was zum Vorschein kam, war ein beweglicher Hanswurst.<br />
„Der g’hört mir!“ rief der Hans und griff nach einem Fuß desselben.<br />
„Na’, mir g’hört er!“ rief der Nazi und packte den andern Fuß und – „knick! knack“ war die<br />
erste Bescherung entzwei gerissen. Jeder der Buben hatte einen Fuß vom Hanswurst in der<br />
Hand. <strong>Die</strong> Ueberreste aber nahm der gereizte Holzpitzler und schlug sie den Streitsüchtigen<br />
auf die Köpfe.<br />
„Wart’s, i will enk koranzen!“ rief er und den Ochsenziemer von der Wand nehmend,<br />
welcher gleich einem lebendigen Ausrufungszeichen am Nagel hing, wollte er eine oft<br />
probierte gymnastische Uebung <strong>mit</strong> den Buben vornehmen, doch die alte Nandl trat<br />
dazwischen und bat um Gnade.<br />
Dann entfernte sie sich lächelnd, um <strong>mit</strong> dem Wagen, in welchem sie das böhmische<br />
Mädchen zurückgelassen hatte, nach Neumarkt weiter zu fahren.<br />
Inzwischen waren die anderen Spielsachen, dann die netten Sparbüchsen, die Lebkuchen<br />
und schließlich das Tuch für die Hausfrau <strong>mit</strong> den fünf Gulden aus der Schachtel genommen,<br />
jedes einzelne Stück laut angestaunt und nach Gutdünken der Mutter verteilt worden.<br />
Einstimmiger Jubel ertönte jetzt von allen Kindern – die Sachlage hatte sich <strong>mit</strong> einem Male<br />
verändert.<br />
<strong>Die</strong> Frau nahm von dem erhaltenen Gelde gleich ein Stück, um es ihrem Manne zu<br />
überreichen.<br />
„Na’, Zili,“ sagte dieser, „das Geld g’hört dir.“<br />
„Was mir g’hört, das g’hört aa dir,“ entgegnete sie.<br />
„I hon koa’ Christkindl verdeant,“ sagte der Holzpitzler, „und am allerwenigsten von dir,<br />
Cäcilia!“<br />
„Du verdienst es jetzt,“ sagte die gutmütige Frau. „Das Weib muß auf’n Mann sehg’n.<br />
Wenn’s dir recht is, hol’ i jetzt vom Wirtshaus nachträgli a Weihnachtsessen.“<br />
„Ja, wenn du’s durchaus nöt anders thust, Cäcilia, so muaß i dir halt dei’ Freud’ lassen.“ Bei<br />
diesen Worten ging der Holzpitzler zur Schüsselrahm, nahm den allergrößten Krug herab und<br />
drückte ihn seiner Frau in die Hand.<br />
„Meine liebe Cäcilia,“ lispelte er gerührt dabei.<br />
Sie entfernte sich und kam bald <strong>mit</strong> Bier, Schweinefleisch, Kraut und Knödeln wieder und<br />
alles war glücklich und guter Dinge. Jedes der Kinder bekam ein kleines Häfchen voll Bier,<br />
und der Holzpitzler, welcher einmal dem Exerzieren der Landwehr in Eschlkam beigewohnt<br />
und ihr einiges abgesehen hatte, rief: „T’Achtung, ihr Bamsen! Setzt an! – Der Zwetschgerl,<br />
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