Die Christkindlsingerin mit Deckblatt 1
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Maximilian Schmidt <strong>Die</strong> <strong>Christkindlsingerin</strong><br />
Heute war in dem Befinden Waberls ein glücklicher Umschwung eingetreten; das Fieber<br />
ließ nach, und zum ersten Male seit jener Szene im Stilzhölzl, wo sie in dem<br />
herankommenden Gendarmen das Gespenst des Stilzl zu sehen glaubte, und bewußtlos zu<br />
Boden gefallen war, war es ihr möglich, ihre Gedanken zu sammeln und ihre wahre<br />
Persönlichkeit festzustellen.<br />
„Wie aber,“ fragte die Alte, „is dös Deandl <strong>mit</strong>ten in der Nacht ins Stilzhölzl außikemma?“<br />
„Waberl hat mir dieses als Geheimnis anvertraut, aber Euch darf ich es schon enthüllen,“<br />
entgegnete Pauline. Und so erzählte sie denn des Mädchens Veranlassung zu jener<br />
nächtlichen Wanderung. „Jetzt aber, gute Nandl,“ schloß sie dann, „muß ich wieder nach<br />
Hause fahren. Ich seh Euch’s an, Ihr möchtet gleich <strong>mit</strong> mir; aber es ist besser, Ihr kommt erst<br />
morgen <strong>mit</strong>tag zu uns hinaus; ich werde Euch meinen Wagen schicken. Waberl schläft heut’<br />
schon und das Herumfahren in der kalten Nacht könnte Euch wieder krank machen, da Ihr<br />
ohnedies noch sehr angegriffen seid.“<br />
„O, Sie hab’n mi wieder g’sund g’macht, Fräul’n Pauline! Weil i nur woaß, daß ’s Deandl<br />
am Lebn und in so guaten Händen is; jetzt is alle Sorg vorüber! Morg’n <strong>mit</strong>tag werd’ i also<br />
mei’ Kind wiederseh’n därfen! Grüaßen S’ mir’s, mei’ guat’s Fräul’n, und i will g’wiß<br />
zeitlebens für Sie beten, daß S’ recht glücklich wer’n.“<br />
Als Pauline die Stube verlassen wollte, fiel ihr Blick zum ersten Male auf das böhmische<br />
Mädchen, das hinten auf der Ofenbank saß und das Gesicht <strong>mit</strong> der Schürze verdeckt hielt. Es<br />
hatte das Gespräch <strong>mit</strong> angehört und ihr Herz erbebte über das Gehörte.<br />
„Wer ist das Mädchen?“ fragte Pauline.<br />
<strong>Die</strong> Alte, welche über die frohe Nachricht alles andere vergessen hatte, wurde jetzt wieder<br />
auf ihren Gast aufmerksam gemacht. Sie nahm das Mädchen bei der Hand und stelle es<br />
Paulinen vor: „Dös is dös arme Deandl von Warzenried, dös die Bauern für a Hex g’halt’n<br />
hab’n. Dös is dös Deandl, für dös mei’ Waberl als Opfer g’falln is.“<br />
Pauline war nicht wenig erstaunt und ließ sich teils von der Alten, teils von dem Mädchen<br />
das Nähere <strong>mit</strong>teilen. Das Fräulein versprach <strong>mit</strong> Freuden, sich des unglücklichen Kindes<br />
anzunehmen, und trug der Nandl auf, es morgen nach Neumarkt <strong>mit</strong>zubringen. <strong>Die</strong> Arme war<br />
über diese Nachricht hoch erfreut. Pauline aber wurde nachdenkend über das<br />
Zusammentreffen so eigentümlicher Umstände.<br />
Als die Alte das Fräulein zum Hause hinaus begleitete, sagte sie: „Dös, moan i, kann koa’<br />
Zufall sei’, daß dös Deandl grad an mein’ Häusl anklopft hat! Da hat was Höher’s <strong>mit</strong><br />
beig’holfen. Glauben S’ nöt, Fräul’n Pauline, daß ’s koa’ Zufall is?“<br />
„Es giebt keinen Zufall,“ entgegnete das Fräulein rasch. „Im eigenen Herzen oder dort oben<br />
finden wir die Ursache zu allen menschlichen Schicksalen. Seid zufrieden, Nandl, Euch will<br />
das Schicksal wohl!“<br />
Unter tausend Segenswünschen der Alten fuhr die schöne Dame von dannen, und während<br />
sie hinausblickte in die sternhelle Nacht, sprühte ein wundervolles Feuer aus ihren dunklen<br />
Augen, den Spiegel einer herrlichen Seele.<br />
VII.<br />
Wie der Holzhauer für das Gewinnen und Verbringen des Holzes, so sorgt für dessen<br />
Verarbeitung der Zargenschneider und Holzpitzler. (Grobschnitzer, Dreher u. a.) Ersterer<br />
liefert die Siebreife aus geradspaltigen Fichten und Tannen, der Holzpitzler verfertigt aus<br />
Buche, Ahorn und Birke allerlei nützliche Gerätschaften wie: Teller, Heugabeln, Rechen,<br />
Besenstiele, Backtröge, Holzschuhe, Ochsenjoche und eine Menge anderer Gegenstände.<br />
Der Holzpitzler von Großaigen, welcher Zwetschgerls Tochter zur Frau hatte, verstand sein<br />
Geschäft vorzüglich und würde sich vorwärts gebracht habem wenn nicht das Wirtshaus eine<br />
so unwiderstehliche Anziehungskraft auf ihn ausgeübt hätte. Der gute Mann hatte immer<br />
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