Die Christkindlsingerin mit Deckblatt 1
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Maximilian Schmidt <strong>Die</strong> <strong>Christkindlsingerin</strong><br />
„Wenn’s nöt bald kimmt, kinna ma heut nimmer über’s Land,“ sagte die Kleine unwillig.<br />
„Mi friert’s jetzt scho’ und i geh’ hoam. Wenn’s Waberl kimmt, so soll’s mi glei’ aufsuach’n.<br />
B’hüt Gott, Muatta Nandl!“<br />
Mit diesen Worten eilte die Kleine davon in ihr Haus. <strong>Die</strong> Alte folgte kopfschüttelnd nach<br />
und ging in ihre Wohnung. Sie verrichtete ihre gewöhnlichen Morgenarbeiten und blickte<br />
dabei fortwährend durch das Fenster hinaus, ob ihre Enkelin noch nicht sichtbar sei. Ihre<br />
Unruhe wuchs von Stunde zu Stunde. So ward es Mittag und das Mädchen fehlte noch immer.<br />
Jetzt überfiel die Alte eine furchtbare Angst; sie konnte nicht mehr in ihrem Häuschen<br />
bleiben. Sie ging selbst in das Dorf und fragte von Haus zu Haus nach ihrer Enkelin, immer<br />
vergebens.<br />
„Bis i hoam kimm,“ tröstete sie sich, „wird vielleicht ’s Deandl da sein!“<br />
Als sie nach Hause kam, war die Stube leer, wie sie dieselbe verlassen. <strong>Die</strong> Alte brach jetzt<br />
in Thränen aus. –<br />
„Es ist ihr ebbas passiert!“ rief sie. „Es hat an’ Unglück geb’n!“<br />
Sie flehte zum Himmel, daß es nicht so sei. Wankenden Schrittes ging sie zu den Nachbarn,<br />
welche über des Mädchens Verschwinden aufrichtig besorgt waren. Man erging sich in den<br />
verschiedensten, in den schrecklichsten Mutmaßungen und jedermann war bereit, die<br />
Verlorne zu suchen. In alle Brunnen ward gesehen, ob sie nicht in einem solchen verunglückt;<br />
zum Bache ward hinabgeschaut und untersucht, ob nicht das Eis irgendwo gebrochen und<br />
Waberl verunglückt sei; in die nächsten Ortschaften gingen andere, um nach dem Mädchen zu<br />
fragen; aber nirgends war auch nur die leiseste Spur von demselben.<br />
So kam der Abend heran und die Alte verblieb in ihren schrecklichen Befürchtungen. Ihr<br />
Jammer war unsäglich. Totenbleich saß sie in ihrem Stuhle und hatte den Blick stets nach der<br />
Thüre gerichtet. So oft jemand kam, hoffte sie auf irgend eine Nachricht, – aber niemand<br />
wußte von Waberl.<br />
Es war schon dunkel, als eine Bauersfrau hereintrat und ein kleines Paketchen nebst einer<br />
Schachtel auf den Tisch stellte.<br />
„Der Mirtl-Sepp,“ sagte sie, „schickt ’n Waberl dös seidene Tüachl. Er waar gern selba<br />
kemma, hätt’ er nöt unvermuat’ a Frachtguat weiterfahr’n müassen. Er laßt’s recht schö’<br />
grüaß’n. Und die Schachtl möcht ’s Deandl am Christtag nach Großaigen b’sorg’n. Der<br />
Zwetschgerl laßt ’s Waberl drum bitten und sie thuat eam da<strong>mit</strong> an’ großen G’fall’n. Aber wo<br />
is denn ’s Deandl?“<br />
<strong>Die</strong> Alte erwiderte schluchzend: „Der Himmelvater woaß’s, wo ’s is!“<br />
<strong>Die</strong> Leute trösteten nach ihrer Weise, aber Nandl ließ keinen Trost hinein in das<br />
schmerzbewegte Herz. Sie fühlte sich krank. Man brachte sie zu Bette. Der Arzt wurde von<br />
Furth geholt und als er nach einigen Stunden kam, fand er den Zustand der Alten<br />
besorgniserregend. Er gab die nötigen Anordnungen und empfahl der Kranken, sie möge<br />
Hoffnung und Trost von oben erwarten.<br />
<strong>Die</strong> blaue Wiege stand auf dem Tische und daneben lag das schöne seidene Tuch; diejenige<br />
aber, welcher diese Dinge gehörten, war fern, und in diesem Augenblicke rang vielleicht aus<br />
ihrem Munde wieder ein Schrei des Schmerzes und der Furcht, wie Nandl ihn aus dem Wagen<br />
gehört hatte, auf dem ein armes Deandl fortgeschafft wurde über die böhmische Grenze.<br />
VI.<br />
Der Mirtl-Sepp hatte durch seine glückliche kontrebandierte Ware und andere schon<br />
vorrätige Frachtgüter eine anständige Ladung beisammen, welche er, infolge eines aus<br />
München eingetroffenen Briefes, schon am Morgen nach jener verhängnisvollen Nacht<br />
aufladen und verpacken ließ und am Nach<strong>mit</strong>tage bereits von Furth auf der Straubinger Straße<br />
weiterfuhr. <strong>Die</strong> erst von einem weiten Wege zurückgekehrten Pferde, die Ruhe erwartet und<br />
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