Die Christkindlsingerin mit Deckblatt 1
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Maximilian Schmidt <strong>Die</strong> <strong>Christkindlsingerin</strong><br />
schön herg’richten Holzfuhrweg über’n Berg, den fahrn wir und du kimmst sicher ins<br />
Pastritzthal. Der Hacklherrgott bleibt netta a halbe Stund links lieg’n und d’ Aufseher könna<br />
dort wart’n, so lang sie’s g’freut.“<br />
„Waberl,“ sagte Sepp gerührt, „du bist heunt mein Engel. Woaßt ’n Weg guat?“<br />
„Ganz guat, Sepp. Wie du mi heunt in ’n Daberg g’schickt hast, hon i ’n entdeckt und i<br />
vergiß nie an’ Weg, den i ganga bin und wenn’s aa stockfinst’re Nacht is.“<br />
So machte das Mädchen den Führer des Fuhrwerks. Sie fand genau den Waldweg und den<br />
neuen Ziehweg und war überselig, dem Schlitten voraneilen zu können. Sie fühlte ihr<br />
wichtiges Amt und war sich dessen bewußt, was sie für Sepp that. Ihr Gewissen rief ihr hie un<br />
da zu: „Waberl, du bist a kloane Schmugglerin!“ aber sie hatte keinen andern Zweck vor<br />
Augen, als Sepp nicht ins Unglück stürzen zu lassen und dieser hatte ja vorhin geäußert, daß<br />
dieses seine letzte Schmuggelei sei, die er überdies nur auf Befehl seiner gewinnsüchtigen<br />
Mutter ausübe. Es konnte also ganz gewiß keine Sünde sein, was sie that. Zudem,<br />
philosophierte sie weiter, ist ja das Schmuggeln keine Schlechtigkeit, sonst hätte es gewiß ihr<br />
braver Vater nicht gethan. Aber ihr Vater hatte halt doch ein unglückliches Ende genommen<br />
und wer weiß, ob das nicht eine Strafe Gottes war! Kurz und gut, es war einmal verboten, und<br />
wenn sie auch nicht begreifen konnte, warum man so etwas überhaupt verbieten könne: ihr<br />
Herz sagte ihr doch, daß nicht alles in Ordnung sei, und Sepp bestätigte dies durch sein<br />
Schweigen, sein ängstliches Hin- und Herschauen, als befürchte er bei jedem Schritte, die<br />
Grenzjäger könnten herbeistürzen, seinen Schlitten <strong>mit</strong> Beschlag belegen und ihn gefangen<br />
nehmen. Er vergaß die Gefahr nur, wenn seine Augen auf dem ihm voraneilenden Mädchen<br />
verweilten. <strong>Die</strong>ses Mädchen flößte ihm Achtung und Bewunderung ein und er konnte sich<br />
einer Art Rührung nicht erwehren. Er war keine von jenen Naturen, welche leicht zu rühren<br />
waren, er war ein derber, aber dabei biederer und ehrlich denkender Charakter. Der<br />
Schleichhandel, den seine Mutter <strong>mit</strong> Leidenschaft und vielem Glücke betrieb, war ihm in der<br />
Seele zuwider; aber die Vorstellungen derselben über den auf diese Weise zu erzielenden<br />
Gewinn <strong>mit</strong> dem Bemerken, daß ihnen in wenigen Jahren Haus und Hof verkauft würden,<br />
wenn sie die Schuld des Vaters nicht abtragen könnten, diese Vorstellungen hatten es bis jetzt<br />
allein vermocht, daß sich der junge Mann einige Male zu diesem verpönten Geschäfte<br />
gebrauchen ließ. So auch heute, aber, wie er fest entschlossen war, gewiß und unter allen<br />
Umständen zum letzten Male.<br />
Der Schlitten wurde vom Pferde nur mühsam den Bergabhang hinaufgezogen und die<br />
beiden Männer mußten kräftigst Nachhilfe leisten. Bergabwärts hielt die Sperrkette das<br />
Fuhrwerk im Zaum, und Mensch und Tier waren froh, als es im Walde wieder eben herging.<br />
„Sepp, hast a Messer bei der Hand?“ fragte jetzt Waberl, nachdem der Schlitten wieder<br />
leichter vorwärts ging.<br />
„Zu was denn?“ fragte Sepp.<br />
„Daß d’ schnell d’ Sträng abschneid’n könnt’st, wenn d’ Aufseher kemma sollt’n. Du<br />
schwingst di nacha aufs Roß und sprengst weiter. D’ War is freili verlor’n, aber was thuat’s,<br />
wenn’s nur die nöt krieg’n.“<br />
„Und was machst du, Waberl, wenn dös Unglück eintrifft?“<br />
„I? O, mi krieg’ns nöt. I laaf ins Dicket und bis’s Donnerwetter schaut, was i für a Richtung<br />
eing’schlag’n hon, bin i scho’ lang staubaus!“<br />
„We is denn ’s Donnerwetter?“<br />
„A Grenzjäger, der jetzt drent’n beim Hacklherrgott auf di paßt. Er hat a große rote Nas’n, a<br />
feuerrot’s G’sicht und an’ furchtbar’n Schnurrbart. Dazua macht er Augen, als ob er oan<br />
fress’n wollt und daß ’n d’ Leut’ recht fürcht’n soll’n, sagt er alleweil: „Donnerwetter!“ Er hat<br />
a Schnapsflasch’n bei eam und nach jedem Trunk streicht er si sein’ Schnurrbart und sagt:<br />
„Donnerwetter!“ Wenn er durchs Dorf geht, schrei’n wir Deandln eam oft nach:<br />
„Donnerwetter!“ Nacha bleibt er steh’n, brummt a Zeit lang in sein’ Bart ’nein und sagt<br />
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