Die Christkindlsingerin mit Deckblatt 1
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Maximilian Schmidt <strong>Die</strong> <strong>Christkindlsingerin</strong><br />
Hand ausgeübt, durch die da<strong>mit</strong> verbundene Gefahr über anderen gesetzlosen, aber ehrlos<br />
machenden Erwerb erhaben sind.<br />
Früher war diese verpönte Art des Handels sehr stark im Gange, den außerdem das Land <strong>mit</strong><br />
seinen dichten Waldungen und dem vielfach zerrissenen Terrain sehr begünstigt. Banden von<br />
zwanzig bis dreißig Schwärzern, einige <strong>mit</strong> Tragreffen versehen, andere für den Fall eines<br />
Angriffes <strong>mit</strong> Stutzbüchsen bewaffnet, zogen über die Grenze und holten von jenseits die<br />
verbotene Ware. Oft kam es zum Handgemenge <strong>mit</strong> den Zollwächtern; es floß Blut und fiel<br />
wohl auch ein Menschenleben zum Opfer. Manchmal hatten die Banden die Frechheit, am<br />
hellen Tage an den Wohnungen der Mautbeamten vorüberzuziehen, die, da sie gewöhnlich<br />
die Schwächeren an Zahl waren, sich diesen Hohn gefallen lassen mußten. <strong>Die</strong> Männer hatten<br />
dabei, um sich unkenntlich zu machen, ihre Gesichter geschwärzt, woher der Name<br />
„Schwärzer“. Auf solche Weise können, wenn kein Verrat im Spiele und nicht eine<br />
hinreichende Anzahl Grenzjäger vorhanden ist, selbst unter deren Augen die großartigsten<br />
Schmugglereien stattfinden. Doch wird oft verraten und zwar von Schmugglern selbst, welche<br />
andere in Strafe und Schande bringen, um desto sicherer ihren eigenen Zweck erreichen zu<br />
können, denn während die Aufmerksamkeit des Aufsichtspersonals auf einen Punkt<br />
konzentriert ist, werden die andern Wege frei und sicher. So war es wohl auch bei dem<br />
Schleichhandel, den Sepp heute ausführen wollte, der Fall.<br />
Waberl däuchte der Gänsemarsch der Böhmen eine Ewigkeit zu dauern. Endlich kam<br />
niemand mehr und sie konnte ihren Weg fortsetzen. So gelangte sie in das Danglesthal und<br />
zum Fahrwege, auf welchem Sepp herankommen mußte. „Ach, wenn er schon vorüber wär’!“<br />
dachte sie jetzt plötzlich und eisig kalt überlief es sie bei diesem Gedanken. Alles wäre ja<br />
dann umsonst gewesen, was sie bis jetzt ausgestanden! Waberl blickte zum Himmel empor<br />
und fragte die hellglänzenden Sterne: „Nöt wahr, er is no’ nöt vorüber, ihr laßt’s ’n nöt<br />
vorüber sein?“<br />
<strong>Die</strong> Sterne antworteten ihr nicht, aber sie hatte nicht umsonst hinaufgeblickt, denn schon<br />
nahte sich ein schwerbeladener Schlitten, der mühsam von einem Pferde gezogen wurde. Der<br />
Fuhrmann war der Mirtl-Sepp. Waberl erkannte ihn sogleich, aber dennoch rief sie ihm<br />
entgegen: „Sepp, bist du’s?“<br />
Der Schlitten hielt. Im gleichen Augenblick riefen zwei Männer: „Wer is da?“ und Waberl<br />
hörte den Hahn einer Flinte spannen.<br />
„I bin’s Sepp!“ rief das Mädchen rasch, „i, ’s Kleinmichl-Waberl.“ Sie hatte sich dem<br />
Fuhrwerk genähert, wo Sepp und ein Böhme in einem breitkrämpigen Hute, letzterer <strong>mit</strong><br />
schußbereitem Gewehre, standen.<br />
„Waberl!“ rief jetzt Sepp überrascht. „Wie kommst du daher? Was thuast du da?“<br />
„Deinethalb’n kimm i, Sepp. Du bist verrat’n, d’ Aufseher san dir auf der Spur!“<br />
„Was sagst da?“ rief erschrocken der Mann.<br />
„Beim Hacklherrgott passen ’s dir auf. I hon’s von den Aufsehern selber g’hört. Wenn du<br />
auf dem Weg weiterfahrst, bist verlor’n!“<br />
„Umkehr’n!“ rief jetzt der den Schlitten begleitende Böhme.<br />
„Was, umkehr’n!“ sagte Sepp ärgerlich. „Soll’n do’ alle Himmelswetter den verdammten<br />
Schleichhandel hol’n! Aber jetzt bleibt’s dabei – nie wieder geb’ i mi dazua her und mag mei’<br />
Muatta thuan, was ’s will. Unrecht Guat gedeiht nöt! Wär’ jetzt dös Deandl nöt kemma, so<br />
hätt’n mi richti d’ Aufseher aufg’hob’n.“<br />
„Umkehr’n!“ sagte der Böhme wieder in trockenem Tone. „Umkehr’n und ein anderes Mal<br />
wieder probiern!“<br />
„Kann ma’ den Hacklherrgott nöt umfahr’n?“ fragte Sepp.<br />
„’s giebt zum Fahr’n kein’ andern Weg,“ antwortete der Böhme.<br />
„Sepp, i woaß an’ Weg!“ rief jetzt Waberl erfreut, „an’ Weg, auf den koa’ Mensch denkt<br />
und wo du dein’ Schlitten guat weiter bringst. Wir müaß’n aber wieder umkehr’n und es<br />
dauert koane zehn Minuten, geht a Weg ab nach’n <strong>Die</strong>berg und da woaß i an’ neuen, ganz<br />
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