Stadtmagazin CLP Ausgabe 21
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Das <strong>Stadtmagazin</strong> kocht<br />
Enrico Liebezeit kocht, hier<br />
auch für das <strong>Stadtmagazin</strong>.<br />
Zu Besuch in der Außenwohngruppe des Gemeindepsychiatrischen<br />
Zentrum Cloppenburg (GPZ)<br />
v. l. Peter Dietmar Petersen, Peter Bröring, Margaretha Gortay, Enrico Liebezeit<br />
Beim gemeinsamen Zubereiten<br />
des frischen Gemüses haben wir<br />
Gelegenheit mit Enrico Liebezeit<br />
(35) über seine Vergangenheit und<br />
seine Träume für die Zukunft zu sprechen.<br />
Enrico Liebezeits Vergangenheit<br />
waren Szenarien voller Verzweiflung,<br />
denn mit 22 Jahren erkrankte der junge<br />
Mann an paranoider Schizophrenie.<br />
Seine damaligen WG-Mitbewohner<br />
brachten ihn in die Klinik, als es ihm<br />
sehr schlecht ging. Von der Diagnose,<br />
über die Bewältigung dieser Krankheit<br />
bis hierher, ins Gemeindepsychiatrischen<br />
Zentrum Cloppenburg (GPZ)<br />
hatte er einen langen Weg zu gehen.<br />
Der begann mit häufig wechselnden<br />
Wohnorten, mit damit verbundenen<br />
Jobwechseln, mit der daraus folgernden<br />
Verschlechterung seines Gesundheitszustandes<br />
und somit, folgerichtig<br />
zu immer häufigeren Klinikaufenthalten.<br />
Betreuungen waren die Folge, bis<br />
ihm eines Tages nahe gelegt wurde, sich<br />
das Gemeindepsychiatrischen Zentrum<br />
in Cloppenburg anzusehen. Ohne auch<br />
nur einen Moment zu zögern, nahm er<br />
diesen Vorschlag an, besuchte das GPZ<br />
und blieb – sehr gerne. In der dortigen<br />
Umgebung richtig angekommen und<br />
gefördert von den Therapien, wurde er<br />
sich erneut seine Kapazitäten bewusst,<br />
so dass er nach drei Jahren wieder zu Eigenständigkeit<br />
finden konnte, indem er<br />
mit zwei weiteren Bewohnern des GPZ<br />
in eine selbstständige Wohngruppe,<br />
beziehungsweise Wohngemeinschaft<br />
ziehen konnte.<br />
Seither sind die Mitglieder des Betreuerteams,<br />
Margaretha Gortay (Sozialdienst),<br />
Peter Bröring (Ergotherapeut)<br />
und Dietmar Petersen (Leiter Wohnund<br />
Außenbereich) begeistert von<br />
den Fortschritten, die Enrico Liebezeit<br />
macht. Von dem selbstständigen Agieren<br />
im Alltag, von der unbedingten<br />
Einhaltung gesetzter Tagesstrukturen –<br />
ohne die das Leben, sowie die individuelle<br />
Selbstverwirklichung im Rahmen<br />
des GPZ nicht möglich wäre.<br />
Dazu gehört natürlich auch ein Hobby.<br />
Für Enrico Liebezeit sind das die Gartenarbeit<br />
und das Züchten von Gemüse<br />
in seinem eigenen kleinen Beet. Den<br />
Anstoß dazu erhielt er von seiner Pflegemutter,<br />
die ihm eines Tages Samen<br />
von Radieschen und Kohlrabi aus dem<br />
Baumarkt schenkte. Noch nie zuvor<br />
in seinem Leben hatte Enrico einen<br />
Garten gehabt und bestellt und somit<br />
auch keine Ahnung wie man Gemüse<br />
zieht. Aber sein Einfühlungsvermögen,<br />
seine Sorgfalt und die Freude an<br />
den wachsenden Pflanzen wurden mit<br />
reichhaltiger Ernte belohnt. Und mit<br />
Anerkennung, denn das so gewonnene<br />
Biogemüse wird in der Wohngruppe<br />
zubereitet und verzehrt. Und weil´s so<br />
reichhaltig ist, können auch Nachbarn<br />
und Freunde sich häufig über Gemüse<br />
aus Enrico Liebezeits Garten freuen.<br />
Gegen Ende des gemeinschaftlichen<br />
Kochens an diesem Vormittag in der<br />
Gesellschaft dieses liebenswerten,<br />
höflichen und freundlichen Mannes,<br />
ist seine anfängliche Unsicherheit verschwunden<br />
und als wir uns verabschieden,<br />
steht er lächelnd, mit einem Armvoll<br />
frisch geernteter Zucchini auf der<br />
Terrasse. Dass dabei auch eine für uns<br />
dabei ist, ist für Liebezeit eine selbstverständliche<br />
Geste.<br />
Er träumt davon eines Tages zurück in<br />
seine Heimat gehen zu können, dorthin,<br />
wo seine Familie wohnt. Wo seine<br />
Geschwister leben, in deren Kreis er zu<br />
Hause sein will. Mit diesem Ziel vor Augen,<br />
kämpft er sich Tag für Tag und mit<br />
enormem Ehrgeiz zurück in das „normale“<br />
Leben. Das auch seine Macken birgt,<br />
das Enrico Liebezeit aber schon mehr<br />
als das übliche Maß davon abverlangt<br />
hat. Jetzt ist er dran, Gutes zu erfahren.<br />
Das GPZ ist eine optimale Basis dafür.<br />
Text: Niemöller/Schmitz<br />
oben: Enrico Liebezeit präsentiert seine<br />
Zucciniernte.<br />
links: Enrico Liebezeit schaut nach seinen<br />
Tomaten<br />
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