Baltische Studien. - Digitalisierte Bestände der UB Greifswald

Das Geschlecht der Mukerviz. 295
Hand des Ermordeten vorlegen^). Die Schöffen des Lehnsgerichtshofes
fanden dann das Urtheil. Was nach heutiger
Auffassung als Milderungsgrund für den Thäter angeführt
werden konnte, daß er schwere Nntreue feines Lehnsherrn, den
Ehebruch mit feiner, des Lehnsmannes, Frau zu rächen hatte,
das konnte den Lehnsmann nach mittelalterlicher Rechtsanfchauung
wohl berechtigen feinen Lehnsherrn zu verlassen, aber nicht ihn
zu tödten 223). Aas heifchte unter allen Umständen Sühne.
Neberblicken wir die Mordsühnen, die uns urkundlich detaillirt
erhalten sind, so geht es nie ohne eine nach dem Vermögen
des Thäters immer sehr beträchtliche Zahlung an den
nächsten Verwandten des Ermordeten ab; dazu kommen dann
noch regelmäßig: die Stiftung von Seelmesscn, von einem
oder mehreren Steinen Wachs zu Kerzen in den Kirchen, das
Aussenden oder die Selbstleistung von Wallfahrten nach mehreren
bekannten Wallfahrtsorten (Wilsnack, Gollenberg, Wusseken,
Aachen, sogar Rom und S. Iago in Spanien) und endlich
die Errichtung eines steinernen Mordkrenzes auf der Stelle
der blutigen That ^).
Eine Baarzahlung war in unserem Falle unmöglich angemessen,
wo das sächsische Land- und Lehnrecht sogar Verlust
des Lebens, der Ehre und des ganzen Lehngutes bestimmt:
'22) Noi'wÄ IÜ3.UU präsente s. Meklbg. Urkbch Nr. 463, 479,
490, 1233.
'23) Das Oiipitulii^ u. 816 o. 2 s^Ion. (^61'M. liiät. 1^6^'. I.
196) gestattet dem Manne seinen Senior zu verlassen wegen ungerechten
Dienstzwanges, Anschlag gegen sein Leben, Ehebruchs mit des
Vasallen Frau :c. Nach sächsischem Landrechte werden Ehebrecher
enthauptet, wohl verstanden aber: nach Ausspruch eines Gerichtshofes;
vgl. Homeyer des Sachsenspiegels Landrecht II. Theil 13. §. 5.
ni) Solche Mordsühne aus dem Jahre 1458 s. bei Mohnike und
Zober Stralsnnder Chroniken I. S. 206 — 209, eine andere vom Jahre
1324 bei Kosegarten Geschichtsdenlm. I. S. 112 ff. Ebendaselbst zwei
andere S. 308 ff., S. 316 ff. aus den Jahren 1400 uud 1414, Vgl.
auch Klemvin Pomm. Urkbch. I. S. 293 und Zietlow, Gesch. des Prämonstratenserklosters
Usedom S. 212 und 213 nnd Aum. 334 uud 336,
endlich eine aus dem Jahre 1415 bei Riedel I. XIII. S. 455