Baltische Studien. - Digitalisierte Bestände der UB Greifswald

von Dl. Blümcke. 137
bezeichnet hatte. Aus welcher Quelle ferner kann Kanzow die
Gespräche der dreimal entsendeten Kundschafter mit den Wächtern
geschöpft haben, die in den drei Berichten zudem nicht
übereinstimmen? Wie naiv ist weiterhin das Eingreifen der
Knochenhauer geschildert. Nach der niederdeutschen und hochdeutschen
Chronik sind sie in jener Nacht in einer Zeche versammelt,
die Pomerania läßt sie wenigstens „in einem hawse
nicht weit vom passawischen tore zusammen" sitzen, so daß der
eine das Getümmel der fortreitenden Späher hören kann.
Seltsame Späher, die sich der Markgraf ausgesucht hatte, die
mit solchem Getümmel zum Thore traben!
Am kürzesten faßt sich die niederdeutsche Chronik, während
namentlich die Pomerania den Hergang sehr ausführlich erzählt.
Allen gemeinsam ist, daß Glinde die Wächter vertheidigt, daß
man damals von seiner Mitschuld nichts gewußt habe. Nach
der Pomerania soll er und sein Anhang durch besonderen Eifer
in der Bewachung der Stadt jeden Verdacht von sich abzuwälzen
gestrebt haben. „Vnd ist also die sache verdümpelt,
vnd dieser anslag gar heimlich geplieben bis nach Glindens
totte, da derselbigen stattdiener einer vmb eine mißetat gefangen
worden, vnd solches bekhanet hat." Man kann nur
sagen: die Disciplin, welche Glinde den sämmtlichen Thorhütern
beigebracht hatte, darf allen Nerräthern zum Muster
dienen.
Fassen wir kurz das Resultat dieser Vergleichung der drei
Chroniken zusammen, so stellt sich eine sehr ungenügende Bekanntschaft
mit dem eigentlichen Verlause des Erbstreites heraus,
derselbe dient gewissermaßen Kanzow nur als Rahmen für seine
Zeichnung des Verräthers Glinde. Historische Quellen für die
erhobene Anklage werden nirgends genannt. Wenn er in der
Pomerania sich auf die Aussage des Stadtdieners beruft, von
dem wir sonst nichts wissen, so wird Niemand darin ein historisches
Zeugniß sehen wollen, das eine solche Anklage rechtfertigte.
Selbst die Richtigkeit der Aussage vorausgesetzt, so
ist sie erst nach Olindes Tode gemacht, er konnte sich also
nicht mehr vertheidigen; wir kennen weder die Motive des