Baltische Studien. - Digitalisierte Bestände der UB Greifswald

von Di'. Blümcke. 135
Herzöge sammeln Kriegsvolk, um dem Markgrafen zu wider-
stehen und die Ungehorsamen zu zwingen. Der Markgraf
greift zuerst Vierradcn an. Kanzow weiß richtig, daß dieses
damals den Stettinern verpfändet war. Bezeichnend für ihn
ist wieder die Erklärung, welche er für die rasche Eroberung
des Schlosses hat. Er meint, es sei gefallen, „velichte darvm"
daß die Besatzung auf Befehl Glindes „alfe des Burgermeisters"
nicht Widerstand leisten wollten, oder weil das Schloß sonst
nicht sehr fest war. ^) Mit einem „velichte" also wird ohne
weiteres Glinde die Schuld aufgebürdet, und zwar wird dabei
seine Autorität als Bürgermeister ins Feld geführt, die er doch
1468 mit Dietrich Grabow und Bertram Pawl theilte. Die
Haltlosigkeit der Anklage wird noch größer durch die von
Kanzow zugegebene Möglichkeit, daß Vierraden nicht sehr fest
gewesen sei. Wer so wenig Sicheres zu sagen hat, ist wahrlich
nicht befugt eine so schwere Beschuldigung zu erheben. Ver-
gleicht man überdies mit dieser Angabe die Berichte der Cro-
nica nnd Bugenhagens resp. des Ldiou. 8iav., so stellt sich
die Rathlosigkcit der Chronistik klar heraus; jeder hat eine
andere Erklärung ^die Cronica: oon86nti6nt6
laboreM) Bugenhagen: ^)6
weil keiner Sicheres weiß. Nach der niederdeutschen
Chronik erobert der Markgraf dann Gartz nach scheinbarem
Widerstände auf Grund der Abrede von Schillersdorf, womit
sich die Darstellung der Cronica vereinigen läßt, die freilich
von Schillersdorf nichts weiß. Hatte Kanzow zuerst nur mit
Vorbehalt Glinde die Schuld am Falle von Vierraden bei-
gemessen, so fällt in der hochdeutfchen Chronik dieser Vorbehalt
einfach fort. Hier wird ohne weiteres unter Bezugnahme auf
Schillersdorf erklärt: „und hat es dem verlaß nach leichtlich
erobert."
Dein gegenüber nimmt nun aber die „Pomerania" einen
völlig anderen Standpunkt ein. Auch diese hatte vou dem Au-
66) Dasselbe sagt noch der Kurprinz Johann 1473 in einem Berichte
an seinen Vater Albrecht. Gercken oc»6. dipi. Lrlm6. VIII, 565.