FINE Das Weinmagazin 02/2018
Themenschwerpunkte der 41. Ausgabe sind unter Anderem: TASTING Shiraz von Chris Ringland Weitere Themen sind: BORDEAUX Château Margaux: Ein neues Kapitel TASTING Vieux Château Certan BURGUND Zehn Generationen: Die Maison Louis Latour TASTING Die Weine der Domaine François Raveneau TOSKANA Toscanità: Die Tenuta Collazzi TASTING Die ersten zehn Jahrgänge von Tommaso Cavalli WEIN UND SPEISEN Jürgen Dollase in der Villa Rothschild in Königstein DIE PIGOTT KOLUMNE Chiles große Rotweine STEIERMARK Gletscherfrisch: Die Weine vom Sattlerhof STEIERMARK Ausgereift: Die Weißweine der Familie Tement NEUSEELAND Quartz Reef: Der Blaue Burgunder von Rudi Bauer FRAUEN IM WEIN Cordula Eich betritt Neuland DAS GROSSE DUTZEND Champagne Vintage 2002 VINOTHEKEN Die Bacchus-Vinothek in Rottweil WHISKY Kavalan: Single Malt aus Taiwan DIE WÜRTZ KOLUMNE Die Pfalz ist in Bewegung WEIN UND ZEIT Karl Marx und der Notstand der Moselwinzer (1) GENIESSEN Die Tomate: Eine kleine Farbenlehre SACHSEN Herzenssache: Der Winzer Karl Friedrich Aust
Themenschwerpunkte der 41. Ausgabe sind unter Anderem:
TASTING Shiraz von Chris Ringland
Weitere Themen sind:
BORDEAUX Château Margaux: Ein neues Kapitel
TASTING Vieux Château Certan
BURGUND Zehn Generationen: Die Maison Louis Latour
TASTING Die Weine der Domaine François Raveneau
TOSKANA Toscanità: Die Tenuta Collazzi
TASTING Die ersten zehn Jahrgänge von Tommaso Cavalli
WEIN UND SPEISEN Jürgen Dollase in der Villa Rothschild in Königstein
DIE PIGOTT KOLUMNE Chiles große Rotweine
STEIERMARK Gletscherfrisch: Die Weine vom Sattlerhof
STEIERMARK Ausgereift: Die Weißweine der Familie Tement
NEUSEELAND Quartz Reef: Der Blaue Burgunder von Rudi Bauer
FRAUEN IM WEIN Cordula Eich betritt Neuland
DAS GROSSE DUTZEND Champagne Vintage 2002
VINOTHEKEN Die Bacchus-Vinothek in Rottweil
WHISKY Kavalan: Single Malt aus Taiwan
DIE WÜRTZ KOLUMNE Die Pfalz ist in Bewegung
WEIN UND ZEIT Karl Marx und der Notstand der Moselwinzer (1)
GENIESSEN Die Tomate: Eine kleine Farbenlehre
SACHSEN Herzenssache: Der Winzer Karl Friedrich Aust
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CHRIS RINGLAND<br />
SEIN SHIRAZ AUS DEM BAROSSA VALLEY IST EINE KLASSE FÜR SICH<br />
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Ein neues Kapitel Zehn Generationen Essenz der Region: Die Weine vom Herzenssache:<br />
für Château Margaux Maison Louis Latour Die Tenuta Collazzi Sattlerhof <strong>Das</strong> Weingut Aust
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weicher Wodkageschmack. So ist Harald<br />
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<strong>FINE</strong><br />
DAS WEINMAGAZIN 2|<strong>2018</strong><br />
DIE MAISON LOUIS LATOUR 32<br />
DER SATTLERHOF 80<br />
DAS WEINGUT TEMENT 88<br />
SHIRAZ VON CHRIS RINGLAND 48<br />
CHÂTEAU MARGAUX 12<br />
9 <strong>FINE</strong> EDITORIAL _________________ Thomas Schröder<br />
12 <strong>FINE</strong> BORDEAUX ________________ Château Margaux: Ein neues Kapitel<br />
24 <strong>FINE</strong> TASTING ___________________ Vieux Château Certan<br />
32 <strong>FINE</strong> BURGUND _________________ Zehn Generationen: Die Maison Louis Latour<br />
42 <strong>FINE</strong> TASTING ___________________ Die Weine der Domaine François Raveneau<br />
48 <strong>FINE</strong> TASTING ___________________ Shiraz von Chris Ringland<br />
54 <strong>FINE</strong> TOSKANA _________________ Toscanità: Die Tenuta Collazzi<br />
64 <strong>FINE</strong> TASTING ___________________ Die ersten zehn Jahrgänge von Tommaso Cavalli<br />
DIE TENUTA<br />
COLLAZZI 54<br />
CORDULA EICH 104<br />
TOMMASO<br />
CAVALLI 64 QUARTZ REEF 96<br />
WHISKY KAVALAN 120<br />
DIE BACCHUS-<br />
VINOTHEK 114<br />
DAS WEINGUT AUST 136<br />
VIEUX CHÂTEAU CERTAN 24<br />
DIE DOMAINE FRANÇOIS RAVENEAU 42<br />
68 <strong>FINE</strong> WEIN UND SPEISEN _______ Jürgen Dollase in der Villa Rothschild in Königstein<br />
76 <strong>FINE</strong> DIE PIGOTT KOLUMNE ____ Chiles große Rotweine<br />
80 <strong>FINE</strong> STEIERMARK ______________ Gletscherfrisch: Die Weine vom Sattlerhof<br />
88 <strong>FINE</strong> STEIERMARK ______________ Ausgereift: Die Weißweine der Familie Tement<br />
96 <strong>FINE</strong> NEUSEELAND _____________ Quartz Reef: Der Blaue Burgunder von Rudi Bauer<br />
104 <strong>FINE</strong> FRAUEN IM WEIN __________ Cordula Eich betritt Neuland<br />
110 <strong>FINE</strong> DAS GROSSE DUTZEND ___ Champagne Vintage 20<strong>02</strong><br />
114 <strong>FINE</strong> VINOTHEKEN ______________ Die Bacchus-Vinothek in Rottweil<br />
120 <strong>FINE</strong> WHISKY____________________ Kavalan: Single Malt aus Taiwan<br />
124 <strong>FINE</strong> DIE WÜRTZ KOLUMNE ____ Die Pfalz ist in Bewegung<br />
126 <strong>FINE</strong> WEIN UND ZEIT ____________ Karl Marx und der Notstand der Moselwinzer (1)<br />
134 <strong>FINE</strong> GENIESSEN _______________ Die Tomate: Eine kleine Farbenlehre<br />
136 <strong>FINE</strong> SACHSEN _________________ Herzenssache: Der Winzer Karl Friedrich Aust<br />
146 <strong>FINE</strong> ABGANG___________________ Ralf Frenzel<br />
6 <strong>FINE</strong> 2 | <strong>2018</strong> INHALT INHALT <strong>FINE</strong> 2 | <strong>2018</strong> 7
VEREHRTE LESERIN, LIEBER LESER,<br />
also sprach der Philosoph: »Wer einen guten Wein nicht zu schätzen weiß, ist zu Großem in der Welt nicht<br />
fähig.« Wer möchte dem nicht beipflichten! Ob freilich diese grundlegende Erkenntnis, die Karl Marx vor mehr<br />
als hundertfünfzig Jahren gelassen aussprach, auch die Adressaten seines epochalen Denkens erreichte, die<br />
Proletarier aller Länder nämlich, ist eher unwahrscheinlich. Auch die Frage, ob der bedeutendste Sohn der alten<br />
Wein- und Römer-Stadt Trier diese Einsicht bei einem süffgen Mosel-Schoppen aus dem Wingert der Familie<br />
formulierte oder nach dem Genuss einer Flasche feinsten Bordelaiser Clarets, die ihm Freund und Gönner<br />
Friedrich Engels spendiert haben mag, bleibt unbeantwortet. Was aber sonst der Mann mit dem ikonischen<br />
Bart den notleidenden Weinbauern seiner Heimatregion an Anschauung und argumentativer Inspiration beim<br />
Erdenken und Verfassen seiner politökonomischen Theorien verdankt haben könnte, bringt ein zweiteiliger<br />
dokumentarischer Essay von Daniel Deckers an den Tag, dessen erste Folge wir in diesem Heft publizieren.<br />
Indessen ist in der Weinwelt von heute so mancher und manche zu Großem fähig. Corinne Mentzelopoulos<br />
zum Beispiel, die nach dem Tod ihres bedeutenden Gutsdirektors und Önologen Paul Pontallier einen neuen<br />
operativen Chef für Château Margaux suchen musste und ihn in Philippe Bascaules fand. Der schon lange vertraute<br />
Mitarbeiter hatte mehr als zehn Jahre gemeinsam mit Pontallier auf Margaux gewirkt, bevor er nach<br />
Kalifornien ging und Francis Ford Coppolas Inglenook Estate zu einem Maßstab für moderne Napa-Weine machte.<br />
Dort hatte <strong>FINE</strong>-Autor Stefan Pegatzky den Kultwein-Macher kennengelernt, den er nun als Chefdirigenten an<br />
einem der spektakulärsten Orte im Bordelais wiedertraf. Wie der Star-Önologe die Weine von Margaux sieht,<br />
ob er sie weiter in der Traditionslinie seines Vorgängers interpretieren oder anders orchestrieren und frische<br />
Akzente setzen wird – dies und vieles mehr legte er in umfassenden Gesprächen dar. Danach ist sicher: In der<br />
glanzvollen Geschichte des Châteaus wird ein neues Kapitel aufgeschlagen.<br />
Großes findet sich freilich auch im Kleinen. Die Sachsen, wer wüsste es nicht, sind rege, und der sächsische<br />
Weinbau ist es auch. Neben den mittlerweile etablierten Erzeugern wie Schloss Proschwitz, Schloss Wackerbarth<br />
oder dem Weingut Klaus Zimmerling tritt ein junger Winzer in den Blick, der auf seinem kleinen Familienweingut<br />
im Elbtal von Radebeul profilierte Weine keltert: Karl Friedrich Aust, gelernter Steinmetz, überzeugt mit seiner<br />
geradlinigen Persönlichkeit, deren zukunftsfrohe Schaffenslust und schöpferische Nachdenklichkeit sich in seinen<br />
Weinen spiegelt. Beide, Winzer wie Weine, haben Kristine Bäder beeindruckt und zu einem Porträt bewegt.<br />
Und nun:Tusch! Bitte erheben Sie sich zu Siegerehrung und Hymne: Deutschland ist Weltmeister! Mit mehr<br />
als fünfzehn Millionen Hektolitern haben wir mehr Wein aus aller Welt importiert als irgend ein anderes Land.<br />
Immerhin, toll. Leider überwiegt dabei die Quantität bei weitem die Qualität. Die Einfuhren landen häufig entweder<br />
direkt oder auf dem Umweg über Großkellereien in den Regalen von Supermärkten und Discountern, wo<br />
sie durch fleißigen Abverkauf für Umsatz und Gewinn sorgen – aber auch zum Gegenstand von Untersuchung<br />
und Bewertung durch Cordula Eich werden können. Jahr für Jahr hat die Weinautorin für ihren zuletzt nur noch<br />
als App publizierten Bestseller »Super Schoppen Shopper« viele hundert Supermarkt-Weine verkostet und es so<br />
zur erfolgreichsten Weinkritikerin im deutschsprachigen Raum gebracht. Nun macht die längst zu hoher Weinkompetenz<br />
gereifte Autodidaktin etwas ganz anderes: Aus Spaß und Neugier zieht sie auf den holländischen<br />
Poldern Reben, aus deren Trauben möglichst köstlicher, prickelnder »schuimwijn« werden soll. Unserem<br />
Kollegen Martin Wurzer-Berger hat die wagemutige Frau ihre Pläne erläutert.<br />
Auf welcher Seite und zu welcher Geschichte auch immer Sie diese allenthalben Größe bezeugende Ausgabe<br />
von <strong>FINE</strong> aufblättern, gilt unausgesprochen eine Maxime: Der Wein bestimmt das Bewusstsein. Hätte Karl<br />
Marx sie so formuliert – wären wir dann nicht alle fröhliche Marxisten?<br />
Thomas Schröder<br />
Chefredakteur<br />
EDITORIAL <strong>FINE</strong> 2 | <strong>2018</strong> 9
<strong>FINE</strong>AUTOREN<br />
KRISTINE BÄDER Als Winzertochter aus Rhein hessen freut sie sich über die positive Entwicklung dieser Weinregion,<br />
als ehemalige Chefredakteurin des Sommelier Magazins über die der deutschen Weine im Allge meinen.<br />
Darüber hinaus hat die studierte Germanistin eine besondere Beziehung zu den Weinen aus Portugal.<br />
DANIEL DECKERS Die Lage des deutschen Weins ist sein Thema – wenn er nicht gerade als Politik- Redakteur<br />
der Frankfurter Allgemeinen Zeitung über Gott und die Welt, über Lateinamerika oder Rauschgift zur Feder<br />
greift. An der Hochschule Geisenheim lehrt er Geschichte des Weinbaus und -handels. In seinem Buch »Wein.<br />
Geschichte und Genuss« beleuchtet er durch mehr als dreitausend Jahre die Rolle dieses unschätzbaren Kulturguts<br />
als Spiegel der Zeitläufte.<br />
ARMIN DIEL Einerseits ist er Winzer – seine Weine von der Nahe spielen im nationalen wie im internationalen<br />
Ranking eine Rolle. Andererseits ist er Publizist. Als einstiger Mitherausgeber des Wein-Gault-Millau hat er den<br />
Guide an die Spitze der weinkritischen Publikationen in Deutschland gebracht.<br />
JÜRGEN DOLLASE Kunst, Musik und Philosophie hat er in Düsseldorf und Köln studiert. Er war Rockmusiker<br />
und Maler. Heute ist er der bei weitem einflussreichste Kritiker der kulinarischen Landschaft in Deutschland und<br />
Europa. Vielbeachtet sind seine Bücher über die Kunst des Speisens; zuletzt erschien der Band »Geschmacksschule«<br />
in der Reihe SZ Gourmet Edition (bei Tre Torri). Sein visionäres Kochbuch »Pur, präzise, sinnlich«<br />
widmet sich der Zukunft des Essens.<br />
TILL EHRLICH Der profilierte Weinkritiker und mehrfach ausgezeichnete Journalist hat sich als Autor von<br />
unabhängigen Weinbüchern, kulinarischen Kolumnen und Essays einen Namen gemacht. Er kann Weine, Berge<br />
und gedeckte Tafeln zum Sprechen bringen.<br />
URSULA HEINZELMANN Die Gastronomin und gelernte Sommelière schreibt unter anderem für die<br />
Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, für Efflee und Slow Food sowie Bücher zum Thema Essen und<br />
Trinken. <strong>Das</strong> jüngste Buch, »China – Die Küche des Herrn Wu«, (bei Tre Torri) gibt tiefe Einblicke in die vielfältige<br />
Kochkunst der Chinesen.<br />
UWE KAUSS In Weinkellern kennt er sich aus. Was immer er beschreibt: Stets vermittelt er sein Entzücken<br />
einem mit ihm faszinierten Publikum. Er veröffentlicht Beiträge in der österreichischen Zeitschrift Wein.Pur, in<br />
der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, im Internetportal Wein-Plus und arbeitet als Buchautor zu verschiedenen<br />
Themen – auch für Kinder.<br />
STEFAN PEGATZKY Der promovierte Germanist hat nach vielen Jahren in der Verlagsbranche die Online-<br />
Galerie Time Tunnel Images für historische Foto grafie gegründet. Daneben findet er immer wieder Zeit zum<br />
Schreiben, am liebsten über Wein. Aber auch über Essen: In der Tre-Torri-Reihe »Beef!« erschien der Band<br />
»Raw. Meisterstücke für Männer«.<br />
STUART PIGOTT In der gehobenen Weinwelt ist er ein Begriff. Seit der 1960 in London geborene studierte<br />
Kunsthistoriker und Maler im Wein, im deutschen Wein zumal, sein Lebensthema fand, hat er sich mit unkonventioneller<br />
Betrachtungsweise in die Ränge der weltweit geachteten Autoren und Kritiker geschrieben. Sein<br />
letztes Buch »Planet Riesling« erschien bei Tre Torri.<br />
RAINER SCHÄFER wuchs in Oberschwaben auf und lebt seit zwanzig Jahren in Hamburg, wo er über die<br />
Dinge schreibt, die er am meisten liebt: Wein, gutes Essen und Fußball, stets neugierig auf schillernde Persönlichkeiten,<br />
überraschende Erlebnisse und unbekannte Genüsse. Als Ko-Autor hat er über »100 Länder, 100 Frauen,<br />
100 Räusche« berichtet.<br />
MICHAEL SCHMIDT Der »deutsche Engländer«, wie ihn die britische Weinszene nennt, schreibt für die Purple<br />
Pages der Weinpäpstin Jancis Robinson über deutschen Wein. Bei Sotheby’s Wine Encyclopedia und dem World<br />
Atlas of Wine von Hugh Johnson und Jancis Robinson ist er als Berater für das Kapitel Deutschland zuständig.<br />
DIRK WÜRTZ ist Weinbauer und Betriebsleiter des Rheingauer VDP-Weinguts Balthasar Ress. Seit 2008 schreibt<br />
er in seinem Blog über alles rund um den Wein. Er hat das erste Live-Wein-TV-Format im Internet produziert<br />
und mit dem Magazin Stern die Video- Weinschule zu zahlreichen Themen gedreht.<br />
MARTIN WURZER-BERGER Der studierte Künstler und katholische Theologe arbeitet in Münster als Maler<br />
und importiert Weine, vor allem französische. Er ist Chefredakteur und Herausgeber der Avantgarde-Zeitschrift<br />
»Journal Culinaire. Kultur und Wissenschaft des Essens« und Vorsitzender der Deutschen Akademie für Kulinaristik.<br />
VERLEGER UND HERAUSGEBER<br />
Ralf Frenzel<br />
ralf.frenzel@fine-magazines.de<br />
CHEFREDAKTEUR<br />
Thomas Schröder<br />
thomas.schroeder@fine-magazines.de<br />
REDAKTION<br />
Carola Hauck<br />
ART DIRECTION<br />
Guido Bittner<br />
MITARBEITER DIESER AUSGABE<br />
Kristine Bäder, Daniel Deckers, Armin<br />
Diel, Jürgen Dollase, Till Ehrlich,<br />
Ursula Heinzelmann, Uwe Kauss, Stefan<br />
Pegatzky, Stuart Pigott, Rainer Schäfer,<br />
Michael Schmidt, Dirk Würtz, Martin<br />
Wurzer-Berger<br />
FOTOGRAFEN<br />
Guido Bittner, Rui Camilo, Johannes<br />
Grau, Marco Grundt, Alex Habermehl,<br />
Christof Herdt, Marc Volk, Thilo Weimar<br />
VERLAG<br />
Tre Torri Verlag GmbH<br />
Sonnenberger Straße 43<br />
65191 Wiesbaden<br />
www.tretorri.de<br />
Geschäftsführer: Ralf Frenzel<br />
ANZEIGEN<br />
Judith Völkel<br />
Tre Torri Verlag GmbH<br />
+49 611-57 990<br />
anzeigen@fine-magazines.de<br />
DRUCK<br />
Eversfrank Berlin GmbH<br />
<strong>FINE</strong> <strong>Das</strong> <strong>Weinmagazin</strong> erscheint<br />
vierteljährlich zum Einzelheft-Preis<br />
von € 15,– (D), € 16,90 (A),<br />
CHF 30,– (CH), € 18,50 (I)<br />
VERTRIEB<br />
DPV Deutscher Pressevertrieb GmbH<br />
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Weingut Robert Weil – Riesling Großes Gewächs.<br />
Einer der Großen Weine der Welt.<br />
Titel-Foto: Chris Ringland – Shiraz, GUIDO BITTNER<br />
10 <strong>FINE</strong> 2 | <strong>2018</strong> IMPRESSUM<br />
Editorial-Foto: PEKKA NUIKKI<br />
Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht<br />
unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Der<br />
Verlag haftet nicht für unverlangt eingereichte<br />
Manuskripte, Dateien, Datenträger und Bilder.<br />
Alle in diesem Magazin veröffentlichten Artikel<br />
sind urheberrechtlich geschützt.<br />
www.weingut-robert-weil.com
CHÂTEAU MARGAUX<br />
EIN NEUES<br />
KAPITEL<br />
Wie ein Architektur gewordener Traum liegt Château Margaux majestätisch am Ende einer<br />
uralten Platanenallee: Für Weinliebhaber in aller Welt ist es die Inkarnation französischen<br />
Weinbaus schlechthin. Doch dieses Idealbild überdeckt, welch bedeutende Rolle das Gut<br />
in der Weingeschichte tatsächlich einnimmt und welch heftigen Turbulenzen es unterworfen<br />
war. Nach dem Tod des legendären Direktors Paul Pontallier im März 2016 hat<br />
nun mit Philippe Bascaules eine neue Ära auf Château Margaux begonnen.<br />
Von STEFAN PEGATZKY<br />
Fotos MARCO GRUNDT<br />
12 <strong>FINE</strong> 2 | <strong>2018</strong> BORDEAUX BORDEAUX <strong>FINE</strong> 2 | <strong>2018</strong> 13
Aneinander: <strong>Das</strong> Flaschenlager im<br />
neuen Kellereigebäude, das in überwältigender<br />
Zahl die begehrten<br />
Erzeugnisse von Château Margaux<br />
versammelt, vermag in jedem<br />
Freund der edlen Bordelaiser<br />
Gewächse den Wunsch zu wecken,<br />
hier einmal eingeschlossen zu sein.<br />
18 <strong>FINE</strong> 2 | <strong>2018</strong> BORDEAUX BORDEAUX <strong>FINE</strong> 2 | <strong>2018</strong> 19
MIT SELTEN HEITSWERT<br />
SHIRAZ VON CHRIS RINGLAND<br />
Von KRISTINE BÄDER<br />
Foto GUIDO BITTNER<br />
Es passiert nicht alle Tage, dass man die Gelegenheit hat, den Three Rivers Dry Grown<br />
Shiraz von Chris Ringland zu verkosten. <strong>Das</strong> liegt in erster Linie an der grundsätzlich eher<br />
überschaubar ausfallenden Menge an Trauben, die in jedem Jahr in dem 1,8 Hektar großen<br />
Weinberg im australischen Barossa Valley geerntet werden, und in zweiter Linie an der<br />
minimalen Zahl von Flaschen, die den Weg nach Deutschland findet. Zwanzig Jahrgänge<br />
dieses Kult-Shiraz aus den Jahren 1990 bis 2010 sind also die beste Voraussetzung für einen<br />
denkwürdigen und einzigartigen Weinabend im Glas.Cabinet des Weinguts Robert Weil.<br />
Der Startschuss für den Aufstieg des Three<br />
Rivers Dry Grown fiel mit dem Jahrgang<br />
1993. Schon seit vier Jahren war Chris<br />
Ringland da Besitzer seines eigenen Weinguts, doch<br />
mit dem 1993er betrat er den Kreis der international<br />
begehrten Shiraz-Erzeuger – mit einem Paukenschlag.<br />
Die 99 Punkte, die Robert Parker dem Wein<br />
gab, zeichnete er noch mit einem kleinen Plus aus.<br />
Von da an hagelte es höchste Bewertungen: weitere<br />
99 Punkte für den Jahrgang 1995, und dann für 1998,<br />
2001, 20<strong>02</strong> und 2004 die magischen 100. Geringe<br />
Menge und hohe Nachfrage ließen auch die Preise<br />
in magische Höhen schießen, vierstellige Beträge<br />
sind heute die Regel.<br />
Wo die Reben für die wenigen Flaschen des Chris<br />
Ringland Shiraz wachsen, stand einst Regenwald. Entsprechend<br />
sauer ist der von Quartz, Lehm und Podsol<br />
geprägte Boden. Über die Jahrzehnte haben sich die<br />
Wurzeln der Weinstöcke tief in die Erde gegraben und<br />
finden auch in den heißen australischen Sommern<br />
offensichtlich ausreichend Flüssigkeit, um ohne die<br />
sonst hier meist unverzichtbare Bewässerung gut<br />
über die Runden zu kommen. <strong>Das</strong> erklärt auch den<br />
Namen »Dry grown«. Darüber hinaus bietet der<br />
Boden all das, was den mineralischen und feinen<br />
Charakter der Weine ausmacht.<br />
Schon nach wenigen Jahren beschloss Chris<br />
Ringland, auf den im Barossa üblichen Ausbau<br />
in amerikanischer Eiche zu verzichten.<br />
Fortan wurden die Weine aus rund hundert Jahre<br />
alten Shiraz-Reben nach mindestens fünf Tagen<br />
Maischestandzeit für die kommenden vier bis sechs<br />
Jahre in Barriques aus französischer Eiche gelegt,<br />
um ihnen jene elegante Struktur zu verleihen, die<br />
sie von der gängigen Vorstellung eines Shiraz aus<br />
Australien unterscheidet und ihnen ein großes Reifepotential<br />
ermöglicht.<br />
Doch das allein reicht nicht aus, um den Wein<br />
mit zunehmendem Alter immer besser werden zu<br />
lassen. Unerlässlich ist auch ein guter Säuregehalt der<br />
Trauben, und der stellt sich nur ein, wenn vor allem<br />
in der letzten Phase der Reifezeit die Temperaturunterschiede<br />
zwischen Tag und Nacht möglichst<br />
hoch sind. Da sollte eine Differenz von fünfundvierzig<br />
Grad am Tag und elf in der Nacht ausreichen. Doch<br />
Chris Ringland gesteht unumwunden ein, dass nach<br />
dem biologischen Säureabbau, der mit Hilfe von<br />
Bakterien aus der spitzen Apfelsäure die wesentlich<br />
mildere Milchsäure macht, die Frische in den Weinen<br />
zu wünschen übriglässt. »Diesen Verlust an Säure<br />
gleichen wir aus, indem wir nach der malolaktischen<br />
Gärung Säure zufügen.« Eine Methode, zu der<br />
sich sonst nur wenige Weinmacher ehrlich äußern.<br />
Gerade in Jahren wie 2008, in dem eine sehr heiße<br />
Periode im März die letzten Wochen vor der Ernte<br />
prägte und die Reife extrem beschleunigte, entstehen<br />
Weine mit bis zu 18 Prozent Alkohol, die ohne diese<br />
Zugabe schwerlich zu genießen wären. In Jahren wie<br />
1997, wenn die Trockenheit schon deutlich früher<br />
einsetzt und die Ernte statt Ende April schon in<br />
den letzten Märzwochen beginnt, verzichtet Chris<br />
Ringland ganz auf den Ausbau seines Icon-Weins.<br />
Die Trauben gehen in den Verkauf oder in den einfacheren<br />
Shiraz.<br />
Bei etwa vier Fässern im Jahr liegt die Ausbeute<br />
des nur knapp zwei Hektar großen Weinbergs<br />
im Barossa Valley; die Anzahl der Flaschen<br />
ist also überschaubar. Daneben widmet sich Chris<br />
Ringland auch weiteren Weinen, in Australien wie<br />
in Europa, genauer gesagt in den spanischen Weinbauregionen<br />
Aragonien und Murcia. Es gibt also<br />
noch andere Möglichkeiten, dem Geheimnis seiner<br />
Weine auf die Spur zu kommen – auch zu einem<br />
bezahlbaren Preis.<br />
50 <strong>FINE</strong> 2 | <strong>2018</strong> TASTING TASTING <strong>FINE</strong> 2 | <strong>2018</strong> 51
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W W W . F I N E - M A G A Z I N E S . D E
TOSC ANITÀ<br />
DIE TENUTA COLLAZZI DES<br />
MARCHESE LAMBERTO FRESCOBALDI<br />
VEREINT KUNST UND KULTUR,<br />
GENUSS UND GESCHICHTE<br />
Von RAINER SCHÄFER<br />
Fotos THILO WEIMAR<br />
Als Alberto Torelli zum ersten Mal dem Marchese Lamberto<br />
Frescobaldi begegnete, ahnte er nicht, dass er sich<br />
dabei in einen Eignungstest manövrierte, der ihm den<br />
Zugang zu einem hochbegehrten Job in der toskanischen Weinaristokratie<br />
öffnen könnte. Die beiden nahmen an einer internationalen<br />
MerlotVerkostung in Meran teil. Dem Dreiundzwanzigjährigen,<br />
der an der Universität von Florenz Weinbau studierte,<br />
war der freundliche Herr unbekannt, der ihn immer wieder nach<br />
seinem Urteil fragte, und er scheute sich nicht, frei heraus seine<br />
Meinung zu den Weinen zu äußern. Am Ende der Verkostung überreichte<br />
der Marchese seine Visitenkarte, und wenig später fing<br />
Alberto Torelli als Kellermeister im Weingut Collazzi in Impruneta<br />
an. »Ich bin aus allen Wolken gefallen, als der Marchese mich<br />
engagieren wollte«, sagt er heute, vierzehn Jahre später. Schließlich<br />
ist Frescobaldi einer der berühmtesten Namen in der Geschichte<br />
des italienischen Weinbaus. Zudem spielt die Familie seit Jahrhunderten<br />
eine bedeutende Rolle in Kunst und Kultur, im Handel<br />
und im Finanzwesen der Toskana. Zu ihrem Imperium gehören<br />
sieben Weingüter, darunter so renommierte Betriebe wie die<br />
Tenuta dell’Ornellaia.<br />
Florenz und die Kuppel des Duomo:<br />
Sieben Kilometer Luftlinie sind es von der<br />
toskanischen Hauptstadt bis zum Weinberg<br />
Canali. Er ist der einzige im Chianti Classico,<br />
der solch privilegierten Ausblick bietet.<br />
54 <strong>FINE</strong> 2 | <strong>2018</strong> TOSKANA TOSKANA <strong>FINE</strong> 2 | <strong>2018</strong> 55
Konzentriert lauscht Armin Tement<br />
den Gärgeräuschen im Fass. Was<br />
gut werden soll, braucht Geduld<br />
und die ungeteilte Aufmerksamkeit<br />
des Winzers.<br />
AUSGEREIFT<br />
DIE AUTHENTISCHEN WEISSWEINE<br />
DER WINZERFAMILIE TEMENT<br />
Von TILL EHRLICH<br />
Fotos JOHANNES GRAU<br />
Der Blick auf die Berglandschaft ist weit und überwältigend. Armin Tement steht auf der Terrasse<br />
des Weinguts, unter der sich die Lage Zieregg wellenförmig ins Tal schwingt. »Wie eine Ziehharmonika«,<br />
sagt der zweiunddreißigjährige Winzer, der heute die Geschicke des Weinguts<br />
weitgehend bestimmt. Den Weinberg teilt die Staatsgrenze zu Slowenien, die direkt durch die<br />
Reben verläuft. Von der Terrasse aus kann man den Grenzübergang Ehrenhausen-Plač sehen;<br />
dort drüben heißt der Zieregg Ciringa. Als ersten Wein hat Armin Tement einen Welschriesling<br />
aus der Großen STK-Lage eingeschenkt, was überrascht, denn berühmt ist das Weingut für seine<br />
Sauvignons und Chardonnays. Doch eine Geste des Understatements ist dies nicht. Dieser Wein<br />
bringt die Leidenschaft und die Experimentierlust des Winzers unmittelbar zum Ausdruck: Er ist<br />
pur, direkt und schlank, ohne vordergründige Fruchtaromen, die Steinigkeit des Bergs scheint<br />
darin eingefangen. Welschriesling gehört zu den weniger geschätzten Weinen, die oft zu leichten<br />
Durstlöschern degradiert werden, weil die Sorte eigentlich keine besondere Fruchtigkeit besitzt.<br />
»Aber genau das ist authentisch und interessant.« Armin Tement nimmt den Welschriesling ernst.<br />
<strong>Das</strong> Ergebnis führt vor Augen, wie sehr auch die Weinwelt in Vorurteilen und scheinbaren Gewissheiten<br />
gefangen ist. Doch gerade die Mischung aus Neugier, Experimentierlust und Stil macht den<br />
Erfolg dieses Familienweinguts aus.<br />
88 <strong>FINE</strong> 2 | <strong>2018</strong> STEIERMARK STEIERMARK <strong>FINE</strong> 2 | <strong>2018</strong> 89
Die Brennnesseln<br />
braucht Rudi Bauer,<br />
um seine Reben<br />
glücklich zu machen.<br />
Der »crazy guy«<br />
braut daraus einen<br />
Sud, mit dem er die<br />
Weinstöcke spritzt.<br />
Bei aller Liebe zur<br />
Natur blinken im<br />
Keller die Edelstahltanks.<br />
Eine<br />
Satellitenaufnahme<br />
von Österreich<br />
bezeugt die Heimatverbundenheit<br />
des<br />
neuseeländischen<br />
Einwanderers.<br />
zeigen Fruchtaromen von Blaubeere, Brombeere und Schwarzkirsche<br />
mit Gewürzen wie Thymian und Salbei. Bei aller Intensität<br />
verblüffen sie mit ihrer beschwingten Lebendigkeit. Auch<br />
für Schaumweine biete Central Otago ideale Bedingungen,<br />
selbst in der Champagne sei man darauf aufmerksam geworden,<br />
weiß Bauer. »Als Weinregion sind wir fähig, schön und blutjung«,<br />
sagt er. Central Otago ist erst dabei, seine eigene Wein-<br />
Geschichte zu schreiben, der Prolog sei gerade vollendet und<br />
die Charaktere der Protagonisten seien festgelegt. Rudi Bauer<br />
fällt dabei die Paraderolle des Pinot-Pioniers und Schaumwein-Entrepreneurs<br />
zu: Kein anderer Winzer hat den Weinbau<br />
in Central Otago so von Grund auf entwickelt wie er.<br />
Der umtriebige Austro-Neuseeländer würde sich auch in<br />
anderen Weinregionen zurechtfinden, aber in Neuseeland habe<br />
er seine Bestimmung gefunden: »In einer so wunderschönen<br />
Landschaft Wein machen zu können, ist wie ein Geschenk für<br />
mich.« Zumal ihm die neuseeländische Mentalität liege, die<br />
»sehr leger« sei, dagegen erscheine ihm Österreich in manchen<br />
Belangen als »ziemlich konservativ«. Gelegentlich seien ihm<br />
aber die »Kiwis zu lax«: Wenn ein Handwerker zugesagt habe,<br />
einen Auftrag auszuführen, dann dauere es zwischen zwei Tagen<br />
und zwei Monaten, bis er sich blicken lässt. Aber Rudi Bauer hat<br />
in Neuseeland auch zu leben gelernt: Jeden Tag verschwindet er<br />
für eine Weile und geht schwimmen, um ein wenig auszuspannen.<br />
Auch wegen der Knie: Seine Kreuzbänder seien »verwurschelt,<br />
und die Knochen arbeiten miteinander«. Den Chef und dessen<br />
Macken kennen seine Mitarbeiter ganz genau. Wenn er sich<br />
ereifert, verhaspelt er sich und wiederholt bestimmte Satzfetzen<br />
mehrmals. <strong>Das</strong> klinge wie ein DJ, der am Turntable scratcht.<br />
Wenn er mal wieder in der Endlosschleife hängen bleibt, fängt<br />
sein Team an ihn nachzuahmen. Rudi Bauer lacht dann mit, zu<br />
ernst muss er sich nicht nehmen.<br />
Am Abend hat er alle in der Scheune versammelt, um bei<br />
einer Blindverkostung die Gaumen zu schulen. Auch<br />
Lisa, eine junge Spanierin, und Paul, ein Franzose, sind<br />
dabei; sie wollen ein paar Monate in Cromwell bleiben, um bei<br />
Quartz Reef und von Rudi Bauer zu lernen. Auch in Europa hat<br />
sich herumgesprochen, dass der zweimalige neuseeländische<br />
»Winemaker of the Year« ein guter Lehrmeister ist. Bevor die<br />
Verkostung beginnt, hat er Pizza für alle bestellt. Rudi Bauer<br />
ist in seinem Element, springt immer wieder auf und holt eine<br />
neue Flasche aus seinem Weinlager. Grüner Veltliner und Blaufränkisch<br />
aus Österreich sind dabei und ein Pinot Noir aus<br />
Burgund. Danach folgt ein Wein, kraftvoll und geschmeidig,<br />
man denkt an einen großen Roten aus Kalifornien, wenn da<br />
nicht diese selbstbewusste Säure wäre. Als er das Etikett zeigt,<br />
ist das Erstaunen groß: Es ist ein Pinot Noir von Quartz Reef<br />
aus dem Bendigo Estate Vineyard von 20<strong>02</strong>, einem warmen<br />
Jahr, mit dunklen Noten, subtiler Würze, kühler Ader und<br />
immer noch voller Spannung. Draußen tastet die Sonne mit<br />
ihren feuerroten Strahlen die Landschaft ab, die Silhouetten<br />
der Berge versinken langsam im Farbenspiel der Dämmerung.<br />
»Weiter geht’s«, sagt Rudi Bauer und reißt noch eine Flasche<br />
auf. »Wer das errät, kriegt morgen frei.« Es ist ein Spektakel,<br />
wie er es liebt.<br />
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1<strong>02</strong> <strong>FINE</strong> 2 | <strong>2018</strong> NEUSEELAND
VINOTHEKEN [2]<br />
WEIN UND KUNST<br />
DIE BACCHUS-VINOTHEK IN ROTTWEIL<br />
Michael Grimm hat seine Bacchus-Vinothek in fast fünfundzwanzig Jahren zu einer<br />
der besten Einkaufsadressen in Deutschland für Spitzenrotweine aus Bordeaux und<br />
anderen Anbaugebieten entwickelt. Doch sein Herz schlägt auch für die Kunst.<br />
Von UWE KAUSS<br />
Fotos ALEX HABERMEHL<br />
Sein Arbeitstag beginnt ziemlich früh. Um fünf Uhr<br />
morgens geht Michael Grimm ein paar Schritte über<br />
die Wiese bei seinem Wohnhaus am Rand der Altstadt<br />
von Rottweil in die gegenüber liegende Bacchus-Vinothek.<br />
Er schließt die Hintertür neben dem mit Deckeln von Weinkisten<br />
berühmter Güter verkleideten Kellereingang auf, schaut<br />
im Halbdunkel kurz über die Flaschenregale, durchquert die<br />
großen Verkaufsräume und setzt sich in seinem Büro an den<br />
Schreibtisch. Wenig später leuchten die drei Bildschirme, die<br />
Espressomaschine heizt. Einen Löffel gutes Olivenöl, danach<br />
einen starken Espresso, das ist sein Morgenritual. Zunächst<br />
liest er die Mails der vergangenen Nacht. <strong>Das</strong> sind meist sehr<br />
viele. Doch jeder Absender erhält eine persönliche Antwort.<br />
<strong>Das</strong> ist Michael Grimm wichtig.<br />
»Pro Tag kommen etwa sechs- bis achthundert Mails bei<br />
mir an«, erzählt er. Es sind Bestellungen, Fragen, Kommentare<br />
zu Weinen, dazu die Kommunikation mit Négociants aus dem<br />
Bordelais, mit Weingütern aus Italien und Kalifornien, mit Gastronomen<br />
und Händlern. Am hellen, schlichten Besprechungstisch<br />
vor seinen Computern empfängt er Kunden wie Lieferanten und<br />
bespricht alles Notwendige mit seinen zehn Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeitern im Alter zwischen zweiundzwanzig und vierundachtzig<br />
Jahren. Sein Tag endet oft erst gegen zehn Uhr<br />
abends, denn die Zeitverschiebung nach Kalifornien beträgt<br />
neun Stunden.<br />
Diesem Pensum zum Trotz ist die Familie für den Zweiundfünfzig<br />
jährigen von großer Bedeutung: »Meine Frau Nina hat<br />
eine gute Position aufgegeben, damit wir diese Wein handlung<br />
gründen konnten. Jetzt arbeitet sie von drüben«, er zeigt durchs<br />
Fenster auf sein Haus, »und hat jahrelang dafür gesorgt, dass wir<br />
und unsere beiden Kinder dreimal am Tag zu den Mahlzeiten<br />
zusammen am Tisch saßen.« Seine Stimme verrät Zuneigung<br />
und Respekt. Während er erzählt, macht sich immer wieder<br />
sein Handy bemerkbar. Doch Michael Grimm ignoriert sämtliche<br />
Anrufe. »Man muss Prioritäten setzen«, sagt er. Als Nina<br />
sich meldet, bittet er um Entschuldigung und geht dran. Er hat<br />
klare Prioritäten.<br />
Die Bacchus-Vinothek, die Michael Grimm seit 1995 führt,<br />
gehört seit vielen Jahren zu den wichtigsten und renommiertesten<br />
deutschen Handlungen für feinen Rotwein. Aber in sein Sortiment<br />
kommt nur, was er selber mag. Bordeaux, Kalifornien,<br />
Sowohl Vinothek als auch Galerie<br />
ist das Ladengeschäft in Rottweil.<br />
Nur was er selber mag, offeriert<br />
Michael Grimm seinen Kunden. <strong>Das</strong><br />
gilt für Weine wie für Kunst.<br />
Toskana und Piemont finden die Kunden auf seiner Liste, dazu<br />
derzeit noch ein wenig Spanien, Argentinien und Südafrika.<br />
»Links und rechts davon kommt mir selten etwas in Glas«,<br />
beschreibt er seine persönlichen Favoriten. <strong>Das</strong> prägt sein<br />
Angebot: »Derzeit haben wir etwa dreitausend verschiedene<br />
Weine, davon sind siebenhundert Positionen aus Bordeaux und<br />
dreihundertsechzig aus Kalifornien.« Auf seiner Liste stehen<br />
die großen Weine der Welt, die Premier Crus und Grand Crus<br />
sowie unbekannte Entdeckungen. Die verschickt er derzeit an<br />
etwa viertausendfünfhundert Privatkunden in Deutschland und<br />
Europa, dazu an Fachhändler und Gastronomen.<br />
Bacchus ist aber auch eine traditionelle Weinhandlung,<br />
in der die Rottweiler Nachbarn auf dem Heimweg von<br />
der Arbeit eine gute Flasche aus Baden mitnehmen<br />
können – persönliche Beratung inklusive. Doch sie lebt vom<br />
Versand und von der höchst seriösen Bordeaux-Subskription.<br />
Längst beliefert Michael Grimm renommierte Händler, die<br />
vorsichtig geworden sind und die Zuteilungen der Négociants<br />
aufgegeben haben. »Denen ist das finanzielle Risiko zu groß<br />
geworden, denn in diesem Geschäft benötigt man nun mal<br />
viel Geld zur Vorfinanzierung«, sagt er, »wie dagegen der<br />
Abverkauf läuft, hängt von vielen Faktoren in der Welt ab, nicht<br />
allein von der Qualität des Jahrgangs.« Doch einen Online-<br />
Shop gibt es nicht. Weil Grimm das nicht will. Seine Angebote<br />
und Preislisten lassen sich von seiner Website als PDF-Dateien<br />
herunterladen, und das ist ihm online genug. »Mir ist der<br />
persönliche Kontakt wichtig. Und ich will nur an Menschen<br />
verkaufen, denen es genauso geht. Die Online-Shopper können<br />
ja woanders hingehen.«<br />
Neben den Premier und Grand Crus gehören sehr viele<br />
günstige Weine mit gutem Qualitätsniveau ab etwa zehn Euro<br />
zu seinem Programm. »Die Top Twenty des Bordelais erzeugen<br />
ihren Wein auf etwa zwei Prozent der Anbaufläche. Sollen die<br />
anderen achtundneunzig Prozent etwa untrinkbar sein? <strong>Das</strong> wäre<br />
doch verdammt borniert, so<br />
etwas anzunehmen«, ruft der<br />
Händler, »und noch nie war<br />
das Niveau der Weine bis dreißig<br />
Euro so hoch wie heute.<br />
Da gibt es grandiose Weine<br />
zu entdecken, wenn man sich<br />
von den berühmten Labels frei<br />
macht.«<br />
Michael Grimm ist in<br />
Rottweil im Schwarzwald<br />
geboren und aufgewachsen.<br />
Als Kind spielte er oft in<br />
der Küferei und Weinstube<br />
seiner Eltern, half, Fässer zu<br />
schrubben und versteckte sich<br />
hinter den Fassreihen. Sein<br />
114 <strong>FINE</strong> 2 | <strong>2018</strong> VINOTHEKEN VINOTHEKEN <strong>FINE</strong> 2 | <strong>2018</strong> 115
HERZENSSACHE<br />
DER SÄCHSISCHE WINZER<br />
KARL FRIEDRICH AUST<br />
Von KRISTINE BÄDER<br />
Fotos RUI CAMILO<br />
Mit leuchtenden Augen steht Karl Friedrich Aust neben einem großen Anhänger,<br />
auf dem mächtige Eichenbalken und -bretter liegen: »<strong>Das</strong> werden meine ersten<br />
Fässer aus einheimischen Bäumen«, das jugendliche Gesicht des Winzers mit<br />
den langen blonden Haaren strahlt vor Begeisterung. In seiner Zunfthose, dem<br />
weißen Hemd und der Cordweste könnte man ihn in diesem Moment auch<br />
für einen Schreiner halten. Doch Karl Friedrich Aust ist mit Leib und Seele<br />
Winzer, auch wenn das nicht unbedingt von Anfang an so gedacht war. <strong>Das</strong><br />
ist er allerdings nicht ausschließlich, denn – daher die Zunftkleidung – er ist<br />
auch gelernter Steinmetz. Wenn man so will, ist er zudem Landschafts architekt,<br />
Gastronom, ein wenig Historiker und vielleicht auch Lebens künstler. Aber<br />
alles mit Leib und Seele.<br />
136 <strong>FINE</strong> 2 | <strong>2018</strong> SACHSEN SACHSEN <strong>FINE</strong> 2 | <strong>2018</strong> 137
<strong>FINE</strong>ABGANG<br />
Grosse Weine von Mosel und Rheingau<br />
ENDE DER SCHONZEIT<br />
In den vergangen zwei Jahrzehnten konnte man mit Freude beobachten, wie<br />
sich der deutsche Wein nach langer Durststrecke hierzulande und weltweit<br />
wieder eine gewisse Reputation verdient hat. Doch wer genau hinschaut, muss<br />
bemerken, dass schon seit einiger Zeit die Entwicklung der deutschen Winzer<br />
an einem Punkt stagniert, der den letzten Schritt auf die große internationale<br />
Bühne verhindert.<br />
Die Ursachen liegen auf der Hand. Zahlreiche erfolgreiche Winzer haben sich<br />
wohl eher dem Ziel verschrieben, mit großen Mengen günstig produzierter Weine<br />
aus Zukauf zu einer veritablen Konkurrenz für billige Weinkellereien zu mutieren,<br />
statt sich um die Weiterentwicklung eines eigenen Stils und eines klaren Qualitätsanspruchs<br />
zu bemühen. Ein Trend, den man durchaus kontrovers diskutieren<br />
kann. Dabei mag es nicht nur Spöttern manchmal schon so scheinen, als solle<br />
der Lebenszyklus eines Unternehmens von Aufbau, Ausbau und Niedergang, der<br />
sich einst sprichwörtlich über drei Generationen spannte, heute von nur einer<br />
einzigen bewältigt werden.<br />
Tatsächlich steht der deutsche Weinbau an einem Scheideweg. Er muss wählen,<br />
ob er den internationalen Mitspielern auf Augenhöhe begegnen will, was einige<br />
Anstrengungen erfordert, oder ob er am bisher Erreichten festhalten will, um es<br />
ebenso schnell wieder zu verlieren, wie er es erlangt hat. Denn die Schonzeit nach<br />
der Wiedergeburt des deutschen Weins ist vorbei. Gerade bei den wegweisenden<br />
Weingütern, den großen Namen der Branche, trennt sich jetzt die Spreu vom<br />
Weizen. Und es wird sich zeigen, wer den internationalen Markt auf hohem Niveau<br />
begriffen hat und auch in der Lage ist, sich dessen Anforderungen zu stellen.<br />
Ralf Frenzel<br />
Herausgeber<br />
www.wegeler.com<br />
146 <strong>FINE</strong> 2 | <strong>2018</strong> ABGANG