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Nummer 45 - Die Jüdische Zeitung

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<strong>Die</strong> JüDische <strong>Zeitung</strong><br />

VON RAW A. A. RABINOWITSCH<br />

<strong>Die</strong> „Nekudas Habechiro“ eines Menschen<br />

bleibt nicht das ganze Leben auf dem gleichen<br />

Stand. Sie kann sich dauernd verändern<br />

- im positiven wie auch im negativen<br />

Sinn. Für jemanden, der in einer Umgebung<br />

aufgewachsen ist, in welcher „Schmiras<br />

Schabbos“ ein Fremdwort ist und wo nicht<br />

einmal die elementarsten Dinge von Schabbos<br />

gehalten werden, bedeutet es ein Kampf, am<br />

Schabbes nicht zu arbeiten und das Geschäft<br />

zu schliessen. Mit der Zeit wird dies für ihn<br />

eine Selbstverständlichkeit und seine Nekudas<br />

Habechiro verschiebt sich auf eine viel höhere<br />

Sphäre, zum Beispiel, ob er am Schabbes ein<br />

profanes Buch lesen soll oder nicht. Obwohl<br />

er nun kampfl os alle verbotenen Arbeiten am<br />

Schabbes unterlässt, bekommt er doch für<br />

jeden gehaltenen Schabbes einen besonderen<br />

himmlischen Lohn, weil er sich diese Stufe<br />

der neuen Nekudas Habechiro selbst erarbeitet<br />

hat, denn er ist ja nicht damit aufgewachsen.<br />

Das Gleiche gilt natürlich in allen Bereichen<br />

von Tauro und Mitzwes.<br />

Wenn aber ein Jehudi in einer frommen Umgebung<br />

aufgewachsen ist, in welcher Hilchaus<br />

Schabbes mit allen Details genau eingehalten<br />

wird, und er beginnt am Schabbes offi ziell<br />

sein Geschäft zu öffnen und alle verbotenen<br />

Arbeiten zu verrichten, wenn für ihn zum<br />

Beispiel „Tiltul Mukzo – das Bewegen von<br />

12<br />

Mukzo-Gegenständen“ kein Problem mehr ist,<br />

er macht es ohne jeglichen Kampf und Gewissensbisse,<br />

weil er schon so daran gewohnt ist.<br />

Er hat dann seine Nekudas Habechiro nach<br />

unten verschoben. Er bleibt aber trotzdem für<br />

jede kleinste Awero von Chilul Schabbes voll<br />

verantwortlich, weil er selbst seine Bechiro<br />

heruntergesetzt hat (Michtaw Me’elijohu I<br />

113-114). Für den Unterschied zwischen der<br />

gegebenen Nekudas Habechiro durch die<br />

Umgebung und Erziehung und einer selbst<br />

erworbenen Nekudas Habechiro fi nden wir<br />

ein klares Beispiel in der Tauro.<br />

Bei der Vernichtung von Sedaum wurde<br />

bekanntlich Laut durch die Mal’ochim gerettet.<br />

Es steht dort geschrieben: „Wajehi<br />

beschacheis Elaukim – Und es war als G“tt<br />

vernichtete - es Ore’i Hakikor – die Städte der<br />

Ebene - Wajiskaur Elaukim es Awrohom - und<br />

G“tt gedachte des Awrohom - Wajeschalach<br />

es Laut mitauch Hahafecho – und er schickte<br />

Laut mitten aus der Zerstörung weg“ (Bereschis<br />

19,29).<br />

Dazu sagt Raschi: „Was hat die Erinnerung<br />

an Awrohom mit Laut zu tun? Als Awrohom<br />

beim Eintreffen in Mizrajim behauptete, Soro<br />

sei seine Schwester, um sie und sich zu retten,<br />

schwieg Laut, obwohl er die Wahrheit wusste.<br />

<strong>Die</strong>ser Sechus wurde ihm angerechnet, und<br />

rettete ihn vor der Vernichtung von Sedaum.“<br />

Es stellt sich die Frage: Wir hätten für Laut<br />

einen viel grösseren Sechus gefunden, nämlich<br />

sein Mesirus Nefesch für „Hachnosas<br />

Orchim – für die Bewirtung seiner Gäste“.<br />

Obwohl in Sedaum jegliche Bewirtung von<br />

Gästen polizeilich strengstens verboten war,<br />

drängte er die Malochim so lange, bis diese<br />

seine Einladung annahmen, was sofort eine<br />

grosse Demonstration der Leute von Sedaum<br />

vor seinem Haus bewirkte.<br />

<strong>Die</strong>s scheint doch ein viel grösseres Verdienst<br />

zu sein, als nicht zu verraten, dass Soro die<br />

Frau von Awrohom sei, was fast einem Mord<br />

gleichgekommen wäre, denn die Mizrim<br />

hätten Awrohom brutal ermordet, um seine<br />

Frau Soro wegzunehmen.<br />

<strong>Die</strong> Antwort darauf<br />

wird von Rabbi<br />

Nosson Zwi Finkel<br />

sZl., dem Alten von<br />

Slobodka, gegeben:<br />

Laut wuchs im Hause<br />

von seinem Onkel<br />

Awrohom auf und<br />

deshalb war „Me-<br />

sirus Nefesch“ für<br />

Hachnosas Orchim in<br />

ihm so eingepfl anzt,<br />

dass es zu seiner<br />

zweiten Natur wurde<br />

und kaum mehr<br />

Überwindung benötigte.<br />

Somit ist diese<br />

Nr. <strong>45</strong>, 5. Kislew 5771 / 12. November 2010<br />

Bechiro – Willensfreiheit (Fortsetzung)<br />

Raiffeisenbank Zürich-Wiedikon, 8003 Zürich<br />

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Hingabe für Gastfreundschaft von Laut mehr<br />

ein Sechus für Awrohom als für Laut selber.<br />

Sein Schweigen in der Angelegenheit von<br />

Soro hingegen war ganz sein eigener Sechus,<br />

denn dies hatte er nicht bei Awrohom gelernt<br />

und es kostete ihn grosse Überwindung. Er<br />

glaubte ja schliesslich, der einzige Erbe von<br />

Awrohom zu sein, der ein sehr reicher Mann<br />

war (siehe Raschi Bereschis 13,7). Er entschied<br />

dann mit seiner eigenen Bechiro, das<br />

Geheimnis von Soro nicht preiszugeben. <strong>Die</strong>ser<br />

Verdienst rettete ihn dann vom Untergang<br />

von Sedaum (Michtaw Me’elijohu I 115/116).<br />

Es gibt einen anderen wichtigen Grundsatz,<br />

den jeder Jehudi wissen und von dem er überzeugt<br />

sein soll, und dies ist „Haschgocho“ – die<br />

Kontrolle von Hakodausch Boruch hu über das<br />

ganze Weltall und jedes einzelne Geschöpf.<br />

Es kann nichts im Weltall passieren, ohne<br />

den ausdrücklichen Willen von Hakodausch<br />

Boruch hu. Im Rambam wird dazu der Possuk<br />

von Tehilim zitiert: „Kaul ascher chofez<br />

Haschem osso Baschomajim Uwo’orez – alles<br />

was Haschem will, vollbringt er im Himmel<br />

und auf der Erde“ (Tehilim 125,6).<br />

<strong>Die</strong>s steht aber nicht im Widerspruch zum<br />

Grundsatz der Bechiro, der Willensfreiheit,<br />

betont der Rambam. Chasal sagen uns auch<br />

in der Gemoro: „E’in Odom naukef Ezboau<br />

Milemato elo im Ke’in machrisin olow<br />

milema’alo – ein Mensch schlägt seinen<br />

Finger hier unten nicht an, nur wenn es oben<br />

im Himmel bestimmt wird“ (Chulin 7b). <strong>Die</strong>s<br />

trifft auch im Falle eines Schlages durch einen<br />

anderen Menschen zu. Wenn jemand einem<br />

anderen eine Ohrfeige gibt, tut er dies wie<br />

erwähnt aus seinem freien Willen und ist<br />

dafür voll verantwortlich. Trotzdem ist für<br />

den Zweiten diese Ohrfeige vom Himmel<br />

bestimmt. Damit wird im Sefer Hachinuch<br />

die Mitzwo von „lau Sikaum – Du darfst dich<br />

nicht rächen“ (Wajikro 19,18) erklärt. Wenn<br />

jemand mich öffentlich beleidigt oder ein<br />

anderes Unrecht angetan hat, darf ich mich<br />

nicht rächen, weil ich überzeugt sein sollte,<br />

dass dies mir vom Himmel geschickt wurde,<br />

Lokal,<br />

fair und<br />

solide<br />

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