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TheaterCourier Juni 2018

TheaterCourier Juni 2018 | Die Kunst- und Kulturzeitung für Sachsen | Freiberger Sommernächte - Literaturfest Meißen - Moritzburg Festival - Museumsnacht Dresden - Comödie Dresden - Elbsand im Boulevardtheater - August Theater - Merlins Wunderland Jubiläum - theater junge generation - Theaterkalender - Thorsten Fietze - Kunstversteck Weesenstein 1945 - DDR-Ausstellung Leipzig - Schallplatte -  "The Monstrum Band" - Filmkritik - Peter Flache uvm.

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www.theatercourier.de<br />

<strong>Juni</strong> <strong>2018</strong> | Seite 15<br />

KINO<br />

Sie ist es und kann es nicht sein: „3 Tage in Quiberon“<br />

Marie Bäumer spielt<br />

Romy Schneider: Sie<br />

lacht, weint, raucht, trinkt,<br />

leidet – mehr geht nicht<br />

Bäumer (49) ist 16 Jahre und hatte noch<br />

nichts mit Schauspielerei zu tun, als sie<br />

das erste Mal auf ihre Ähnlichkeit mit<br />

Romy Schneider angesprochen wird.<br />

Da war die in Deutschland vor allem<br />

als Sissi-Darstellerin in den Köpfen<br />

der Menschen verankerte Schauspiellegende<br />

schon drei Jahre tot (1938-1982).<br />

Bis heute ist das Leben und Sterben der<br />

so erfolgreichen wie auch zerrissenen<br />

Schauspielerin ein Thema. Regisseurin<br />

Emely Atef hat sich in „3 Tage in Quiberon“<br />

an das Thema herangewagt. Schlauerweise<br />

hat sie sich in ihren fast zwei<br />

Filmstunden auf drei Tage beschränkt<br />

– mehr wäre für Schneider-Darstellerin<br />

Marie Bäumer auch „emotional nicht zu<br />

schaffen gewesen“.<br />

1981 will Romy Schneider vor einem<br />

Filmprojekt („Die Spaziergängerin von<br />

Sans-Souci“) mit ihrer besten Freundin<br />

Hilde (Birgit Minichmayr) im bretonischen<br />

Kurort Quiberon einige Tage Kraft<br />

tanken, eigentlich ohne Alkohol, Tabletten<br />

und Probleme. Trotz schlechter<br />

Erfahrungen mit der deutschen Presse<br />

stimmt sie einem Interview mit Stern-<br />

Reporter Michael Jürgs (Robert Gwisdek)<br />

und dem Fotografen Robert Lebeck<br />

(Charly Hübner) zu. Das Frage-Antwort-<br />

Duell dauert drei Tage und ist legendär.<br />

Es sollte das letztes große Interview mit<br />

dem Weltstar werden.<br />

Es ist ein Vier-Rollen-Film mit Nebendarstellern.<br />

Oder besser ein Ein-Rollen-<br />

Film mit drei Mitwirkenden. Birgit Minichmayr<br />

spielt Hilde, eine Freundin aus<br />

Kindertagen, die Schneider abwechselnd<br />

braucht und dann wieder brüskiert.<br />

In Großaufnahmen ist ihr anzusehen,<br />

wie sehr sie oft mit sich selbst kämpft,<br />

ihre eigenen Bedürfnisse zurückstellt,<br />

am Ende weich wird und sich um die<br />

Freundin kümmert. Arrogant, kalt und<br />

nur auf seine Aufgabe konzentriert ist<br />

Robert Gwisdek als Stern-Reporter Michael<br />

Jürgs. Er provoziert Schneider mit<br />

Behauptungen, aber auch Wahrheiten in<br />

einer Form, die eigentlich den Abbruch<br />

des Interviews nach sich ziehen müssten.<br />

Doch sie lässt sich das gefallen und<br />

antwortet auf die Frage, wer sie sei: „Ich<br />

bin eine unglückliche Frau von 42 Jahren<br />

und ich heiße Romy Schneider“. Dazwischen<br />

wieselt Fotoreporter Robert Lebeck.<br />

Charly Hübner spielt den tapsigen,<br />

gutmütigen, immer durch die Linse beobachtenden<br />

Freund, den man durch das<br />

ständige Klick der Kamera mehr wahrnimmt<br />

denn als starken Charakter.<br />

Marie Bäumer könnte – glaube ich – dem<br />

Weltstar auch weniger ähnlich sehen,<br />

denn sie zieht den Zuschauer derart in<br />

den Bann, dass man das Gefühl hat: Sie<br />

ist Romy!<br />

Es ist trotz künstlerischer (Film-)Freiheit<br />

eine Art Dokumentarfilm und<br />

selbst für Fans von Romy Schneider gilt:<br />

Wer sich gerade in einer nicht so stabilen<br />

psychischen Phase befindet, sollte<br />

sich den Film besser an guten Tagen<br />

ansehen. Es ist stellenweise schwer, den<br />

Charly Hübner als Fotograf und Marie Bäumer als Romy Schneider<br />

Verfall – oft von einer Minute zur anderen<br />

– eines Menschen anzusehen. Mir<br />

ging es so, dass ich am liebsten „eingegriffen“<br />

hätte. Es ist ein Wahnsinnsfilm<br />

abseits vom Mainstream und zeigt das<br />

bereits in jungen Jahren manipulierte<br />

Leben – von innen und außen – eines<br />

Menschen, der eigentlich alles und doch<br />

nichts hatte. Er stimmte mich zutiefst<br />

traurig. Und dabei hatte ich nur drei<br />

Tage gesehen... alles in schwarz-weiß,<br />

so wie Romy Schneider mit dem Leben<br />

zurecht kam, ohne Grau oder gar Bunt...<br />

Regine Eberlein<br />

© <strong>2018</strong> PROKINO Filmverleih GmbH<br />

Der sechste Kontinent<br />

Papst Franziskus – Ein Mann seines Wortes<br />

Ein Haus der Solidarität?<br />

Dokumentation über<br />

gestrandete Menschen<br />

Der sechste Kontinent<br />

© Real Fiction<br />

Der Südtiroler Filmemacher Andreas<br />

Pichler, bekannt für seine kritischen Auseinandersetzungen,<br />

z.B. in „Das System<br />

Milch“, hat in der Kleinstadt Brixen in einer<br />

Unterkunft monatelang 50 Menschen<br />

aus aller Welt mit all ihren Problemen in<br />

der neuen Welt begleitet. Darunter Diebe,<br />

Obdachlose, Arbeitslose, Suchtkranke<br />

und Flüchtlinge. So zum Beispiel der Ex-<br />

Alkoholiker und Sträfling Ervin, Sumi, die<br />

vor ihrem gewalttätigen Freund geflüchtet<br />

ist, der politische Flüchtling Ousmann,<br />

dessen Familie noch in Afrika ist oder der<br />

arbeitslose Hatem, der trotz Koch-Ausbildung<br />

keinen Job hat. Einer von ihnen<br />

prägt den Filmtitel, indem er sagt, er habe<br />

hier seinen sechsten Kontinent gefunden.<br />

Sie eint, dass sie keinen Platz in der Gesellschaft<br />

haben und in einem Haus auf<br />

engsten Raum zusammen leben. Betreut<br />

werden sie von den Sozialarbeiterinnen<br />

Kathi und Miriam sowie den zwei Quereinsteigern<br />

Alexander und Karl. Die beiden<br />

Fachkräfte suchen gemeinsam mit<br />

den Bewohnern nach aktuellen Jobangeboten,<br />

machen ihnen Mut, unterstützen<br />

bei den unausbleiblichen Rückschlägen<br />

und helfen bei den Bewerbungen. Das<br />

Betreuerteam achtet darauf, dass die Zusammensetzung<br />

bunt gemischt ist, um<br />

Gruppenbildung und einer Verhärtung<br />

der Fronten entgegen zu wirken.<br />

Zum Prinzip der Selbstverwaltung gehört,<br />

dass die Bewohner mitarbeiten, in<br />

der Küche oder beim Putzen der Gemeinschaftsräume.<br />

Ziel ist, dass sie nach einem<br />

Jahr wieder für sich selbst sorgen können.<br />

Die Bilder zeigen, dass zwischen Wunsch<br />

und Wirklichkeit meist eine große Lücke<br />

klafft. Trotz aller Bemühungen kommt<br />

es zu tätlichen Auseinandersetzungen,<br />

wo das Verständnis und die Toleranz<br />

für kulturelle und soziale Unterschiede<br />

fehlt. Ist Hilfe zur Selbsthilfe wirklich<br />

eine Lösung?<br />

„Der sechste Kontinent“<br />

Kinostart: 07. <strong>Juni</strong> <strong>2018</strong><br />

Länge: 85 Minuten<br />

Wim Wenders dokumentiert<br />

den mächtigsten<br />

Mann der Kirche<br />

Cannes – genau dort setzt der deutsche<br />

Regisseur, Schauspieler und Drehbuchautor<br />

Wim Wenders neben Hollywood-<br />

Filmen der Jury und den Besuchern einen<br />

Mann vor die Kamera, der all das nicht lebt:<br />

Papst Franziskus. Für seine Dokumentation<br />

hat er das Oberhaupt der katholischen<br />

Kirche über einen längeren Zeitraum<br />

begleitet, ihn näher kennengelernt und<br />

Interviews geführt. Größer könnten die<br />

Unterschiede zum Vorgänger nicht sein:<br />

Nach einem traditonell verhafteten wissenschaftlich<br />

denkenden Kirchenoberhaupt<br />

folgt der Mann aus dem Volke, dem<br />

nichts fremd ist, der anderen die Füße<br />

küsst und keinerlei Privilegien für sich<br />

in Anspruch nimmt. Wenders ist dabei,<br />

als er Krankenhäuser in Afrika, Schulen<br />

in Südamerika, Gefängnisse in Süditalien<br />

besucht. Überall wird er von den Ärmsten<br />

der Armen mit offenen Armen und Herzen<br />

erwartet und angenommen. Der Film<br />

zeichnet das Bild eines Mannes, dessen<br />

Kraft aus seiner inneren Ruhe kommt,<br />

der mit sich und der Welt im Reinen ist.<br />

„Nur wer eine Leere im Herzen trägt, wird<br />

versuchen, sie mit Reichtümern zu füllen.<br />

Solange die Kirche ihre Hoffnungen auf<br />

Papst Franziskus beim Gespräch<br />

© Pfamohw-Wenders<br />

Reichtümer setzt, hat Jesus dort keinen<br />

Platz.“ Klare Worte, die er täglich vorlebt.<br />

Und so fährt er beim Washington-Besuch<br />

zwischen all den Protz-Limousinen mit<br />

seinem kleinen Hybridauto vor. Der Film<br />

folgt einer Regel: Jorge Mario Bergoglio<br />

– so sein weltlicher Name, bevor er sich<br />

nach Franziskus von Assisi benannte –<br />

spricht ein Problem an, dann folgen Bilder<br />

der Krisen, die er anspricht und schließlich<br />

ist er vor Ort bei den Menschen. Dabei<br />

setzt Regisseur Wenders Franziskus<br />

Worte um „Man sollte den Menschen immer<br />

in die Augen schauen, wenn man mit<br />

ihnen redet“, sprich, der Porträtierte sitzt<br />

mittig im Bild und spricht quasi mit den<br />

Filmzuschauern.<br />

„Papst Franziskus –<br />

Ein Mann seines Wortes“<br />

Kinostart: 14. <strong>Juni</strong> <strong>2018</strong><br />

Länge: 96 Minuten

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