TheaterCourier Juni 2018
TheaterCourier Juni 2018 | Die Kunst- und Kulturzeitung für Sachsen | Freiberger Sommernächte - Literaturfest Meißen - Moritzburg Festival - Museumsnacht Dresden - Comödie Dresden - Elbsand im Boulevardtheater - August Theater - Merlins Wunderland Jubiläum - theater junge generation - Theaterkalender - Thorsten Fietze - Kunstversteck Weesenstein 1945 - DDR-Ausstellung Leipzig - Schallplatte - "The Monstrum Band" - Filmkritik - Peter Flache uvm.
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Seite 14 | <strong>Juni</strong> <strong>2018</strong><br />
www.theatercourier.de<br />
MUSIK<br />
Die Schallplatte ist tot – es lebe die Schallplatte!<br />
Die Scheibe ist der einzige<br />
physische Tonträger,<br />
der ein Wachstum vorweisen<br />
kann<br />
Mit Schallplatten ist es wie mit Softeis:<br />
Einst heißbegehrt verschwand es angesichts<br />
der vielen neuen Angebote völlig.<br />
Nur wer schlau war, bewahrte Maschinen<br />
und Rezepte auf. Und siehe da, Stilund<br />
Kugeleis werden gern gegessen,<br />
aber bei Softeis bilden sich schon wieder<br />
Schlangen. So wie man heute wieder<br />
in angesagten Clubs oder zu Hause<br />
Schlau war, wer die alten Scheiben aufgehoben hat. Abspielen macht Spaß!<br />
gerne eine leicht knisternde, schwarze<br />
Scheibe auf den Plattenteller legt und<br />
dem Klang lauscht... Vor allem DJs aus<br />
der Techno- und House-Szene arbeiten<br />
mit den alten Musikträgern.<br />
Seit Jahren spricht man auch in Deutschland<br />
vom Vinylboom. Mit Schallplatten<br />
wurden 2013 fast 30 Millionen Euro<br />
umgesetzt, das sind dreimal so viel wie<br />
fünf Jahre zuvor. Doch die Großproduktion<br />
wurde zugunsten von Kassetten,<br />
CDs, mp3 Player bereits in den 90ern<br />
völlig eingestellt. Eines der wenigen<br />
heute noch existierenden Presswerke in<br />
© Regine Eberlein<br />
Leipzig produziert auf alten Maschinen<br />
monatlich um die 70.000 Platten. Lediglich<br />
25 Sekunden dauert es, um aus einer<br />
Handvoll schwarzer Vinylkügelchen einen<br />
Tonträger zu pressen.<br />
Trotz ständig steigender Beliebtheit<br />
macht die Platte gerade mal zwei Prozent<br />
aller Verkäufe im Musikmarkt aus<br />
– Streaming nicht mitgerechnet. Fazit:<br />
Auch wenn von einem Boom gesprochen<br />
wird, ist die gerillte Schwarze lediglich<br />
ein Nischenprodukt<br />
Selbst Musikproduzenten wie Jack White<br />
arbeiten noch mit ihr. Für sein Album<br />
„Lazaretto“ wurde bei der Plattenproduktion<br />
ein Secret Track unter das Papierlabel<br />
in der Mitte gelegt und die<br />
Nadel läuft andersherum als gewohnt,<br />
nämlich von innen nach außen. Wenn<br />
die Platte erstmals auf 33 Umdrehungen<br />
läuft, zeigt sich – oh wie schön! - ein<br />
Hologramm-Engel. Verrückt? Nein, White<br />
hat sich einfach an die Anfänge seines<br />
mega erfolgreichen Musikerlebens erinnert<br />
und prompt einen Verkaufshit gelandet.<br />
Ergebnis: „Lazaretto“ war in den USA<br />
2014 die meistverkaufte Schallplatte.<br />
Die Schallplatte, besser der unverwechselbare<br />
Klang davon, macht sich auch das Internet<br />
Archiv „archive.org“ nutzbar. Frei<br />
abrufbar sind dort mehr als 63.000 Schellack-Platten<br />
von 1900 bis in die 2000er<br />
Jahre. Gespeichert wurden ganz unterschiedliche<br />
Interpreten, die irgendwann<br />
auf LPs mit 33er, Singles mit 45er oder<br />
noch ältere mit 78er Umdrehungen (korrekt<br />
rpm, Umdrehungen pro Minute)<br />
gepresst wurden, darunter Bing Crosby,<br />
Duke Ellington, Louis Armstrong, Edith<br />
Piaf, Enrico Caruso oder andere. Die musikalischen<br />
Raritäten stehen in unterschiedlicher<br />
Qualität und verschiedenen<br />
Formaten zum kostenlosen Download<br />
bereit. Teilweise wurden sie schon mit<br />
unterschiedlichen Filtern bearbeitet, sie<br />
können aber auch in der originalen Qualität<br />
gehört werden. Selbst wenn sie mit<br />
modernster Technik bearbeitet werden,<br />
ist das plattentypische Knistern einfach<br />
unvermeidlich. Und das ist ja gerade das,<br />
was die Platte von allen anderen vollkommenen<br />
Klangmedien unterscheidet.<br />
Es ist gut, dass es heute noch Menschen<br />
gibt, die begeistert Schallplatten hören.<br />
Noch besser aber ist, wenn man dann<br />
auch das Procedere mit Hingabe macht:<br />
Aufstehen, die Platte drehen, mit einem<br />
speziellen Tuch säubern, vorsichtig den<br />
Tonkopf auf die drehende Scheibe legen,<br />
wieder hinsetzen – und genießen!<br />
Regine Eberlein<br />
SOMMERKONZERTE<br />
www.boulevardtheater.de<br />
Mit Axel Zwingenberger,<br />
Vince Weber und 2hot<br />
ALESSANDRO SAND<br />
& HANNA RINELLA<br />
2. AUGUST<br />
Experimentelles Performance-Konzert<br />
Die Philosophie von Idealismus<br />
und Ideologie<br />
Was bedeutet es, „Mensch“ zu sein?<br />
Wohin führt uns diese Treppe der Evolution<br />
und auf welcher Stufe stehen<br />
wir? Die Grupa Coincidentia und das<br />
Teatr Lalki i Aktora Kubus präsentieren<br />
ihr experimentelles Performance-<br />
Konzert „The Monstrum Band“, basierend<br />
auf dem Stück des preisgekrönten<br />
Dramatikers Mateusz Pakuła. Sein<br />
Text, der von Frankensteins düsterer<br />
Geschichte inspiriert ist, spielt mit<br />
Wesen, die künstliche Schöpfungen<br />
des Menschen sind. Die Holzpuppe Pinocchio,<br />
die genetisch programmierte<br />
Eve und der Dämon Frankensteins<br />
vereinen sich zu einem Patchwork aus<br />
verschiedenen Körpern und Persönlichkeiten<br />
in einer surrealen Show. Es<br />
sind diese „Menschen“, die ein viszerales<br />
Manifest von Ideen und Meinungen<br />
über den Zustand der Menschheit<br />
zum Ausdruck bringen und über soziale<br />
Werte und politische Systeme diskutieren.<br />
Die Inszenierung verbindet<br />
zeitgenössische polnische Dramaturgie<br />
mit Puppenspiel und experimentell-musikalischen<br />
Elementen aus der<br />
Feder des Amsterdamer Komponisten<br />
Jerzy Bielski. Mateusz Pakuła ist ein<br />
vielfach ausgezeichneter polnischer<br />
Theaterautor, seine Stücke wurden<br />
ins Deutsche, Tschechische, Spanische<br />
und Ukrainische übersetzt. Zuletzt<br />
führte er Regie seiner eigenen Werke<br />
am Theater des Polnischen Radios, wo<br />
er im September 2017 den Preis für sein<br />
Radio-Debüt erhielt.<br />
Eine Reise durch die<br />
18. August<br />
vier Jahreszeiten der Liebe<br />
KARTEN 0351 – 26 35 35 26 · MATERNISTRASSE 17 · 01067 DRESDEN<br />
Paweł Chomczyk und Dagmara Sowa<br />
© Bartek Warzecha<br />
„The Monstrum Band“<br />
Westflügel Leipzig<br />
08. - 09.06.18<br />
www.westfluegel.de<br />
Tickethotline: 0341 - 260 90 06