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TheaterCourier Juni 2018

TheaterCourier Juni 2018 | Die Kunst- und Kulturzeitung für Sachsen | Freiberger Sommernächte - Literaturfest Meißen - Moritzburg Festival - Museumsnacht Dresden - Comödie Dresden - Elbsand im Boulevardtheater - August Theater - Merlins Wunderland Jubiläum - theater junge generation - Theaterkalender - Thorsten Fietze - Kunstversteck Weesenstein 1945 - DDR-Ausstellung Leipzig - Schallplatte -  "The Monstrum Band" - Filmkritik - Peter Flache uvm.

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www.theatercourier.de<br />

<strong>Juni</strong> <strong>2018</strong> | Seite 13<br />

Sonderausstellung „Bombensicher! Kunstversteck Weesenstein 1945“<br />

AUSTELLUNG<br />

Sachsens Kunstschätze<br />

überstanden sicher hinter<br />

vier Meter dicken Mauern<br />

den Krieg<br />

Ja, die „Bauherren“ der mittelalterlichen<br />

Wehranlage, aus der dann das heutige<br />

Schloss Weesenstein entstand, haben sich<br />

schon etwas dabei gedacht. Hoch oben erhebt<br />

es sich auf einem Felsvorsprung aus<br />

Knotenglimmerschiefer über dem Tal der<br />

Müglitz im Ortsteil Weesenstein der Gemeinde<br />

Müglitztal mit wuchtigen, verwinkelten<br />

Burgräumen, vier Meter dicken<br />

Mauern und einem stabilen Raumklima.<br />

Genau das machte es zu einem idealen<br />

Auslagerungsort für die Dresdner Museen<br />

und private Sammlungen im Zweiten<br />

Weltkrieg. 1941/42 gehörte es zu den<br />

über 40 Orten der Umgebung, an denen<br />

sächsische Kunstschätze vor der nahenden<br />

Front in Sicherheit gebracht worden.<br />

„Es war eines der größten Auslagerungsdepots<br />

und voll mit Kunstwerken – vom<br />

Keller bis zum Dachboden“, so Kuratorin<br />

Birgit Finger. Sie gestaltete die Sonderausstellung<br />

„Bombensicher! Kunstversteck<br />

Weesenstein 1945“, ein bisher kaum<br />

beachtetes Thema der Schlossgeschichte,<br />

aber eines der spannendsten Kapitel der<br />

sächsischen Kunstgeschichte.<br />

Nein, die Sixtinische Madonna von Raffael war nicht hier versteckt<br />

© Staatliche Schlösser, Burgen und<br />

Gärten Sachsen, Schloss Weesenstein<br />

Was war dort versteckt? Der berühmte<br />

Maya-Codex, wertvolle Gemälde alter<br />

Meister wie Rembrandts „Saskia mit der<br />

roten Blume“ und Tizians „Zinsgroschen“,<br />

zigtausende Blätter aus dem Kupferstich-<br />

Kabinett, Objekte aus dem Mathematisch-<br />

Physikalischen Salon, einzigartige Stücke<br />

aus Meissener Porzellan, aber auch Insektensammlungen,<br />

Tierpräparate und<br />

Mineralien aus den Naturhistorischen<br />

Sammlungen. Dafür mussten lediglich<br />

feuerfeste Fußböden eingebaut, Heizöfen<br />

aufgestellt und eine Wasserleitung gebaut<br />

werden. „Bombensicher“ lagerten so die<br />

Kunstschätze bis Kriegsende.<br />

Dann kamen im Frühjahr 1945 die von der<br />

Trophäenkommission der Roten Armee<br />

eingesetzten Experten. „Sie fragen als<br />

erstes nach der ,Sixtina‘“, erinnert sich<br />

die hochbetagte Brigitte Mumme, die damals<br />

wie heute auf dem Schloss wohnt.<br />

Doch obwohl Weesenstein zu den größten<br />

und wichtigsten Kunstverstecken<br />

gehörte, war die „Sixtinische Madonna“<br />

von Raffael dort nicht versteckt. Sie war<br />

schon 1939 aus dem Dresdner Zwinger<br />

erst auf die Albrechtsburg Meißen und<br />

später in einem alten Eisenbahntunnel<br />

im Lohmgrund in der Sächsischen<br />

Schweiz in Sicherheit gebracht worden.<br />

Innerhalb kürzester Zeit waren die eingelagerten<br />

Kunstschätze von den Russen<br />

abtransportiert worden. Weil die kriegsbedingte<br />

Auslagerung allerdings geheim<br />

war, gab es kaum Listen, was wohin gekommen<br />

war.<br />

All das wird in der wissenschaftlich aufgearbeiteten<br />

Sonderausstellung gezeigt.<br />

Es ist allerdings eine „Kistenausstellung“,<br />

wie Kuratorin Finger sagt. In den originalgetreu<br />

nachgeahmten Depoträumen<br />

konnten natürlich die unzähligen, damals<br />

eingelagerten Kunstwerke nicht ausgestellt<br />

werden. So werden Gemäldekopien,<br />

Dokumente, Quittungen, Sammlungen aus<br />

dem Tierkundemuseum, aber auch einige<br />

authentischen Stücke gezeigt. Die Vitrinen<br />

sehen aus wie die ehemaligen Transportkisten<br />

und das Kupferstich-Kabinett wurde<br />

wieder in der Folterkammer untergebracht.<br />

Mit dem Effekt, dass sich Besucher<br />

wie im damaligen Kunstversteck vorkommen.<br />

Und so wird Schloss Weesenstein für<br />

die sechs Monate dauernde Sonderausstellung<br />

wieder zum sicheren Versteck.<br />

Regine Eberlein<br />

Sonderausstellung<br />

„Bombensicher! Kunstversteck<br />

Weesenstein 1945“<br />

Schloss Weesenstein<br />

noch bis 07.10.<strong>2018</strong><br />

www.schloss-weesenstein.de<br />

Tickethotline: 035027 - 62 60<br />

Gab es ein spezielles DDR-Design? Eine Ausstellung in Leipzig gibt Antwort<br />

Formgestaltung nach<br />

sozialistischem Maßstab:<br />

nicht quadratisch, aber<br />

praktisch und gut<br />

Nach meinem orangen RG 28s muss ich<br />

nicht lange suchen, es liegt griffbereit<br />

im Küchenschrank und kommt oft genug<br />

zum Einsatz. Schlagbesen und Knethaken<br />

sind noch piccobello, auch wenn<br />

sich inzwischen einige andere Zubehörteile<br />

verabschiedet haben. Aber deshalb<br />

das Ganze wegschmeißen? Das Herstellungsdatum<br />

lautet 7/79 und ich bekam es<br />

wenig später zum Geburtstag von meinen<br />

Eltern... damals praktisch. Und heute?<br />

Immer noch praktisch!<br />

Genau dieses Haushaltsgerät, das Millionen<br />

Mal zu DDR-Zeiten im Elektrogerätewerk<br />

Suhl produziert wurde, gehört zu<br />

den Ausstellungstücken mit Aha-Effekt<br />

bei den Besuchern der Sonderausstellung<br />

„Alles nach Plan? Formgestaltung in<br />

der DDR“ im Zeitgeschichtlichen Forum<br />

Leipzig.<br />

Die Stiftung „Haus der Geschichte der<br />

Bundesrepublik Deutschland“ hat ihr<br />

Hauptaugenmerk auf die Geschichte der<br />

deutschen Teilung, die Zeit der sowjetischen<br />

Besatzungszone, das Alltagslebens<br />

in der DDR sowie den Wiedervereinigungsprozess<br />

gerichtet und ist eins von<br />

Handrühr- und Mixgerät RG 28<br />

DDR 1979<br />

© Johannes Kramer<br />

vier Museen. Über 200.000 Exponate<br />

sind zu diesem Thema in Leipzig zusammengetragen<br />

worden. In der Dauerausstellung<br />

sind davon über 3.000<br />

Exponate zu sehen – allerdings ist diese<br />

wegen Umbau und Neugestaltung bis<br />

Jahresende geschlossen. Die Sonderschauen<br />

– zum Beispiel DDR-Comic<br />

„Mosaik“. Dig, Dag, Digedag – sind offen,<br />

Führungen und Veranstaltungen<br />

laufen wie gewohnt weiter.<br />

Die Design-Ausstellung ist keinesfalls<br />

nur für Besucher aus dem Osten interessant.<br />

Aus München ist Franz Beier<br />

angereist: „Ich staune, unter welchen<br />

Bedingungen die Kollegen aus dem<br />

anderen Teil Deutschlands damals gearbeitet<br />

haben. Wir hatten zwar auch<br />

wirtschaftliche Zwänge, aber wir konnten<br />

aus dem Vollen schöpfen und mussten<br />

uns weniger um die Haltbarkeit<br />

kümmern. Kaputt, weg und neu kaufen<br />

kurbelt die Wirtschaft an. Insofern war<br />

man hier – ungewollt – schon weiter.<br />

Denn das schönste Design nützt nichts,<br />

wenn das Produkt kaputt geht und die<br />

Kunden verärgert...“<br />

In den Produkten geht es aber immer<br />

auch darum, wie sie in die sozialistische<br />

Planwirtschaft (als Konsumgüter)<br />

eingeordnet wurden und ob sie dem<br />

„sozialistischen“ Geschmack entsprechen.<br />

Ja, auch da gab es Vorgaben, zum<br />

Beispiel vom 1972 gegründeten Amt für<br />

industrielle Formgestaltung. Neben Dokumenten,<br />

Interviews mit Zeitzeugen,<br />

Fotos sind es vor allem die Produkte wie<br />

die Simson Mopeds mit den Vogelnamen,<br />

Plaste-Eierbecher, Mitropa-Geschirr, die<br />

gute alte Schreibmaschine „Erika“ oder<br />

eben das legendäre Küchengerät, die die<br />

Ausstellung so interessant machen.<br />

Zurück zu meinem RG 28s: So lange er<br />

funktioniert, bleibt er bei mir – es gibt<br />

Ersatzteile und er kann, weil er verschraubt<br />

und nicht geklebt ist, gut repariert<br />

werden. Was kümmert mich bei<br />

diesen Vorteilen das Design? Das Rührgerät<br />

liegt gut in der Hand, kann schnell<br />

gesäubert werden und passt genau in<br />

mein Küchenfach. Es könnte sein, dass<br />

Eierbecher in Hühnchenform, Josef Böhm,<br />

DDR Ende 1960er - 1980er Jahre © Johannes Kramer<br />

es mich überlebt (obwohl ich mich bester<br />

Gesundheit erfreue) und ich es auf<br />

meine Erbenliste setzen muss. Denn es<br />

rührt und rührt und rührt...<br />

Regine Eberlein<br />

P.S.: Nein, ich verborge es auch nicht! Es<br />

wird von mir behandelt wie Mann, Auto<br />

und Füllfederhalter...<br />

„ALLES NACH PLAN?<br />

Formgestaltung in der DDR“<br />

Zeitgeschichtliches Forum Leipzig<br />

noch bis 14.10.<strong>2018</strong><br />

www.hdg.de<br />

Tickethotline: 0341 - 22 20 400

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