Kunst und Kultur im Jemen - Dubai Media AG
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■ Republik <strong>Jemen</strong><br />
Ornamentik<br />
<strong>und</strong> Symbolik<br />
34 DUBAI M<strong>AG</strong>AZIN<br />
<strong>Kunst</strong> <strong>und</strong> <strong>Kultur</strong> <strong>im</strong> <strong>Jemen</strong><br />
Jedem Besucher der Hauptstadt fällt das kunstvolle Design<br />
der Altstadthausfassaden auf. Die zeitgenössische <strong>Kunst</strong>szene<br />
spielt sich vor allem in Sanaa <strong>und</strong> Aden ab. Einen guten Einblick<br />
in die jemenitische <strong>Kultur</strong> bekommt man <strong>im</strong> Nationalmuseum<br />
<strong>und</strong> <strong>im</strong> Folklorehaus <strong>und</strong> den Besuch der neuen<br />
Moschee sollte man nicht versäumen.<br />
Prof. Abdul Raqeeb Al-Shaibani,<br />
Architekturprofessor an der Universität<br />
in Sanaa freut sich über das Interesse<br />
am Design der Altstadthäuser<br />
<strong>und</strong> greift aus dem reichen Bücherbestand in<br />
seinem Büro ein dickes Skript, das seine Forschungen<br />
zum Thema Altstadthäuser in allen<br />
Details enthält: eine F<strong>und</strong>grube mit Zeichnungen<br />
<strong>und</strong> ausführlichen Texten. Das Thema der<br />
Haueingangstüren ist relativ schnell erklärt.<br />
Diese sind meist aus Holz, enthalten teilweise<br />
handgeschnitzte Inschriften, oft Koranzitate.<br />
Das Geräusch der traditionellen Türklopfer aus<br />
Metall ist in der Altstadt allgegenwärtig.<br />
Lediglich fünf Gr<strong>und</strong>typen an vorgefertigten<br />
Ziegelsteinformationen reichen aus, um eine<br />
erstaunliche Vielfalt an geometrischen Mustern<br />
für die Hauswände zu realisieren. „Die an der<br />
Hausmauer vorstehenden Fenster, die über der<br />
Eingangstür liegen, nennt man Al-Mashrabiya<br />
(aus dem Ägyptischen) oder Shubak. Sie die-<br />
Text + Fotos: Barbara Schumacher<br />
nen zwei Zwecken: einmal kann man durch<br />
die untere Öffnung sehen, wer an die Tür klopft<br />
<strong>und</strong> zum anderen dient das Fenster, da es als<br />
Vorbau gestaltet ist, als „Kühlschrank“. Durch<br />
die <strong>im</strong>mer vorhandenen kleinen Öffnungen an<br />
den Seiten kann man an innen befestigten Ketten<br />
aufgehängte Wassergefäße oder Nahrungsbehälter<br />
bei „natürlicher Aircondition“ kühlen.<br />
Aus diesem Gr<strong>und</strong> befinden sich diese Fenster<br />
meist an der Nordseite eines Hauses. Die ältesten<br />
Fenster sind aus Lehmziegeln, sie sind 2000<br />
Jahre alt. Später baute man die Fenstervorbauten<br />
aus Holz <strong>und</strong> die „neuesten“ aus Stein<br />
sind etwa 500 Jahre alt“, so der Professor. Bei<br />
der Vielfalt der rechteckigen Holzfenster, die<br />
wie kleine, geschlossene Veranden aussehen,<br />
fallen alle möglichen Stilrichtungen auf. „Die<br />
ältesten sind die Fenster mit den geraden Flächen<br />
<strong>und</strong> Fensteröffnungen, gewölbte Fensterteile<br />
entspringen der Phantasie der Hausbewohner<br />
<strong>und</strong> sind ein Teil der Modernisierung“.<br />
- „Was hat es mit den kreisr<strong>und</strong>en<br />
Fenstern auf sich?“ lautet die Frage. Prof. Abdul<br />
weiß die Antwort <strong>und</strong> demonstriert Zeichnungen<br />
aus seinem Skript. „Die ältesten, kreisr<strong>und</strong>en<br />
Fenster Al Qamariya waren aus Alabaster.<br />
Tagsüber wird dadurch der Eindruck erweckt,<br />
der Mond scheine ins Z<strong>im</strong>mer. Viele der r<strong>und</strong>en<br />
Fenster enthalten heute Unterteilungen<br />
<strong>und</strong> Glas, weil Alabaster <strong>im</strong> Lauf der Zeit zerbricht“.<br />
Das nächste offensichtliche Merkmal einer<br />
Hausfassade sind die weißen “Rahmen“ um die<br />
Fenster. „Das Material ist Gips (arab. gass), man<br />
will damit die Fenster betonen. Weißes Material<br />
wird auch an anderen Stellen verwendet.<br />
Immer dann, wenn eine Fläche Feuchtigkeit<br />
oder Regen ausgesetzt ist, handelt es sich nicht<br />
um Gips sondern um Al-Qadhadh, ein Wasser<br />
abweisendes Material, das auf Hausdächern, auf<br />
Moscheekuppeln oder <strong>im</strong> Hammam (Bad)<br />
Anwendung findet. Die Bestandteile sind ungelöschter<br />
Kalk (cao) <strong>und</strong> Vulkanasche, die
este Qualität stammt aus Hamdan. Der Herstellungsprozess<br />
von Al-Qadhadh dauert 7<br />
Tage“.<br />
Zuweilen kann man vom Dach der Häuser<br />
beobachten, wie meist Frauen dieses Material<br />
an best<strong>im</strong>mten Stellen ihres Hausdachs verarbeiten.<br />
Aus einem E<strong>im</strong>er wird eine Handvoll<br />
nach der anderen entnommen <strong>und</strong> das weiße<br />
Gemisch wird sorgfältig per Hand aufgetragen.<br />
„Daran sehen Sie, wie liebevoll die Einwohner<br />
der Altstadt von Sanaa ihre Häuser pflegen“,<br />
meint der Professor.<br />
Sanaa: Künstler Fuad Al Futaih<br />
In der Samsarat (Karawanserei) Al-Mansurah,<br />
die das National Art Center beherbergt, hat<br />
man vom Dach am späten Nachmittag eine<br />
grandiose Aussicht auf die von der Sonne golden<br />
beleuchtete Altstadt. Die ständige Ausstellung<br />
umfasst auf drei Stockwerken Gemälde<br />
<strong>und</strong> historische Fotos. Fuad Al-Futaih, Direktor<br />
des National Art Center, Intellektueller <strong>und</strong><br />
international bekanntester Maler des <strong>Jemen</strong>,<br />
der eine eigene Galerie (Gallery No 1) in Sanaa<br />
besitzt, ist mit einigen Gemälden in der Ausstellung<br />
vertreten. Er hat unter anderem auch<br />
in Deutschland <strong>Kunst</strong> studiert, wurde mehrfach<br />
international ausgezeichnet <strong>und</strong> hat sich<br />
vor allem mit seinen farbenprächtigen, revolutionären<br />
Frauenbildnissen einen Namen gemacht<br />
– revolutionär deshalb, weil der Gegensatz<br />
zwischen seinen Darstellungen <strong>und</strong> dem<br />
sich öffentlich präsentierenden, tatsächlichen<br />
Frauenbild größer kaum sein könnte. Auf die<br />
Frage nach seinem Anliegen in der Malerei<br />
antwortet er: „Es geht mir um die Verbindung<br />
zwischen traditionellen <strong>und</strong> modernen Elementen.<br />
Ich liebe starke Farbkontraste, die für mich<br />
eine besondere Bedeutung haben. Manchmal<br />
beziehe ich in meine abstrakten Bilder auch<br />
Gegenständliches mit ein, z. B. Koranblätter.<br />
Ornamentik, die <strong>im</strong> Islam traditionell eine große<br />
Rolle spielt, ist ein weiteres Stilmittel“. Seinen<br />
Hauptwohnsitz hat der Maler seit einigen<br />
Jahren nach Aden verlegt: „Dort ist das Leben<br />
für einen Künstler freier“.<br />
Aden: Künstler Abdullah al-Ameen<br />
Berühmter Sohn Adens ist der Maler Abdullah<br />
al-Ameen. Er wurde 1954 in Aden geboren,<br />
machte seinen Master of Fine Arts an der<br />
<strong>Kunst</strong>schule in Moskau. Seine Galerie befindet<br />
sich in der Nähe der Schiffsanlegestelle Steamer<br />
Point. Betritt man die Galerie, befindet<br />
man sich in einer Traumwelt: Alle Wände sind<br />
vom Fußboden bis zur Decke mit seinen Bildern<br />
geschmückt, die erdigen Pastelltöne zeigen<br />
traditionelle Lehmhäuser in der landestypischen<br />
Architektur, st<strong>im</strong>mungsvolle, traditionelle<br />
Szenen. Der Grad des Abstrakten geht<br />
nur soweit, dass man die Motive noch erkennt.<br />
Bezüge zur Stadt Aden sucht man allerdings<br />
vergeblich, dafür haben es ihm die Häuser der<br />
Altstadt von Sanaa angetan. „Ich reise oft nach<br />
Sanaa <strong>und</strong> habe die Altstadt für meine Bildmotive<br />
gewählt. Manchmal wünsche ich mir<br />
Sanaa hierher, dann male ich Sanaa am Meer“.<br />
Betrachtet man die Gemälde genauer, entdeckt<br />
man Leben in den Dörfern <strong>und</strong> Städten: Menschen,<br />
die die Häuser bewohnen, ihrer Arbeit<br />
nachgehen <strong>und</strong> Tiere in den Gassen. Einige<br />
seiner Bilder werden auch in Sanaa verkauft:<br />
In der Galerie <strong>im</strong> Bab Al <strong>Jemen</strong>.<br />
<strong>Kunst</strong>galerie <strong>im</strong> Bab Al <strong>Jemen</strong><br />
<strong>und</strong> die „Ateliergruppe“<br />
In Sanaa gibt es einige <strong>Kunst</strong>galerien in der<br />
Altstadt – allein am großen Platz hinter dem<br />
Bab Al <strong>Jemen</strong> befinden sich zwei. Die meist<br />
besuchte ist die Galerie <strong>im</strong> Bab Al <strong>Jemen</strong>, sie<br />
wird gemanagt von der dreiköpfigen „Ateliergruppe“,<br />
die ihr Atelier <strong>im</strong> Bait Al Habari,<br />
ebenfalls am Platz be<strong>im</strong> Bab Al <strong>Jemen</strong> hat.<br />
Gemälde von Dr. Amnah Al Nasiri <strong>und</strong> ihren<br />
beiden Malerkollegen Mazher Nizar <strong>und</strong> Talal<br />
Al Nagar sind in der Galerie ausgestellt. Amnah<br />
malt abstrakt, Mazher abstrakt/gegenständlich<br />
<strong>und</strong> Talal verknüpft traditionelle Motive mit<br />
abstrakter Umgebung <strong>und</strong> liebt die Kalligrafie.<br />
So unterschiedlich die Malstile, so verschieden<br />
auch die Persönlichkeiten. Enthusiasmus<br />
für die künstlerische Tätigkeit <strong>und</strong> die Arbeit<br />
<strong>im</strong> internationalen Kontext sind gemeinsame<br />
Ziele dieser intellektuellen Gruppe. Amnah<br />
beschäftigt sich seit vielen Jahren neben der<br />
Malerei mit <strong>Kunst</strong>kritik <strong>und</strong> Philosophie, ist<br />
Gründungsmitglied des Yemeni Artists<br />
Syndicat, Sekretärin des Yemeni International<br />
Cultural Circle Halaqa, Mitglied von IAA (International<br />
Association of Art), sowie Mitglied<br />
der Modern Art Group. Ihr großes Interesse<br />
gilt dem Sufismus. In der Malerei wirkt sich<br />
das durch religiös motivierte Ornamentik <strong>und</strong><br />
Symbolik aus. Zu vielen Symposien, Konferenzen,<br />
Fachtagungen <strong>und</strong> Ausstellungen in<br />
London, Kuwait, Tunesien, <strong>Dubai</strong> war sie eingeladen.<br />
Seit 2006 ist sie Mitglied in der <strong>Kunst</strong>jury<br />
in Muscat <strong>und</strong> Kairo. In Deutschland<br />
konnte man ihre Werke 2003 in der Halle des<br />
Auswärtigen Amts in Berlin sehen.<br />
Zum Bait Al Zubair (oben) zählt<br />
auch das Bait Al Dalaleel <strong>und</strong> das<br />
Bait Al Oud (unten)<br />
DUBAI M<strong>AG</strong>AZIN 35
■ Republik <strong>Jemen</strong><br />
Ghassan Muhsin (oben)<br />
<strong>und</strong> zwei seiner Werke<br />
Ellen Molliet <strong>und</strong> Susan Al-Said<br />
betreiben die Galerie Bait Muzna<br />
Das Museum Bait Al Baranda<br />
36 DUBAI M<strong>AG</strong>AZIN<br />
Mazar Nizar, Talal Al<br />
Nagar <strong>und</strong> Dr. Amnah<br />
Al Nasiri (v.l.n.r.)<br />
Auf die Frage, mit welchem Thema sie sich<br />
derzeit auseinandersetzt, kommt bereitwillig die<br />
Antwort: „Ich befasse mich unter anderem mit<br />
der Globalisierung <strong>und</strong> insbesondere mit der<br />
Globalisierung <strong>im</strong> Zusammenhang mit Gewalt<br />
in der <strong>Kunst</strong>. Ich nenne Beispiele: Es gibt so<br />
genannte Künstler, die Tiere töten <strong>und</strong> das als<br />
Performance deklarieren. Warum? Die<br />
amerikanischen Filme dominieren das Filmschaffen,<br />
auch in Europa. Darin treten Hip-<br />
Hop- <strong>und</strong> Rap-Musiker auf, die von der Straße<br />
kommen, oft Drogendealer <strong>und</strong> gewalttätige<br />
Kr<strong>im</strong>inelle, die geradezu verherrlicht werden.<br />
Tote Menschen werden ausgestellt – ich<br />
finde das abscheulich <strong>und</strong> unmenschlich. Bei<br />
„Body art“ Performances n<strong>im</strong>mt jemand faule<br />
Nahrungsmittel zu sich <strong>und</strong> übergibt sich vor<br />
dem Publikum … Ich befasse mich damit, über<br />
die Konsequenzen solcher Dinge zu philosophieren.<br />
Meine Botschaft ist, dass dies alles für<br />
die Welt <strong>und</strong> insbesondere für die Jugend der<br />
Welt sehr gefährlich ist. Man sieht ja bereits,<br />
wie abgestumpft viele Kinder sind; hinzukommen<br />
noch die Auswirkungen von gewissen Video-Spielen.<br />
Ich habe dazu einen ausführlichen<br />
Artikel veröffentlicht, in dem es um den Wandel<br />
des Menschenbildes in der <strong>Kunst</strong> geht, unter<br />
Berücksichtigung von Religion <strong>und</strong> Wirtschaftspolitik.“<br />
Wie sieht sie sich selbst in der<br />
Rolle als Künstlerin <strong>im</strong> <strong>Jemen</strong>? „Künstlerinnen<br />
werden gefördert. Ich hatte als Künstlerin nie<br />
Probleme, eher als Frau. Aber das hat sich sehr<br />
gebessert. Ich lehre jetzt an der Universität das<br />
Fach <strong>Kunst</strong>ästhetik in der Fakultät für Architektur,<br />
habe eine Fernsehsendung über Folklore<br />
<strong>und</strong> Moderne <strong>Kunst</strong> <strong>im</strong> <strong>Jemen</strong>, schreibe regelmäßig<br />
über <strong>Kunst</strong> in der Zeitung, sehr gern<br />
zu dem Thema wie die <strong>Kunst</strong> die Architektur<br />
weltweit beeinflusst <strong>und</strong> habe generell einen<br />
sehr guten Kontakt zu den Medien.<br />
Zu den meistverkauften Bildern der Galerie<br />
gehören die traditionellen Szenen von Talal Al<br />
Nagar. 2004 wurden seine Bilder ausgewählt<br />
für die <strong>Kunst</strong>ausstellung anlässlich der Frankfurter<br />
Buchmesse, als die Arabische Welt dort<br />
Gastland war. In seinem Atelier ist eine große<br />
Vielfalt seiner Werke zu bew<strong>und</strong>ern: Traditionelle,<br />
jemenitische Szenen in <strong>im</strong>pressionistischem<br />
Stil, w<strong>und</strong>erschöne Stadtansichten der<br />
Altstadt von Sanaa, Marktszenen, Details der<br />
für die Altstadt typischen, realistisch gemalten<br />
Fenster, Türen, Türklopfer, umgeben von mystischen<br />
Schriftzeichen, Kalligraphie, Kombinationen<br />
von Kalligrafie <strong>und</strong> realistisch gemalten<br />
Gegenständen <strong>und</strong> Figuren <strong>und</strong> eine Fülle<br />
von großartigen Bleistiftzeichnungen, in denen<br />
alle existierenden Charaktere der Altstadt in<br />
Sanaa meisterhaft, ausdrucksstark <strong>und</strong><br />
detailgenau dokumentiert sind, wie z. B. alte<br />
Männer mit langen Bärten <strong>und</strong> Stöcken <strong>und</strong><br />
Frauen in schwarzer Abaya, nur die Augen sind<br />
zu sehen, aber durch den dünnen Gesichtsschleier<br />
sind die Gesichtskonturen zu erahnen.<br />
Folklore-Haus in Sanaa<br />
Das Folklore-Haus <strong>im</strong> Stadtviertel Bab Al-<br />
Balaka ist eine private Einrichtung, die am 11.<br />
April 2004 gegründet wurde. Leiterin <strong>und</strong><br />
Gründerin ist Arwa Abdo Othman: „Die Gründung<br />
fiel bewusst in das Jahr, als Sanaa die<br />
<strong>Kultur</strong>hauptstadt der arabischen Welt war. Die<br />
vielen kulturellen Veranstaltungen haben uns<br />
sehr gefallen, auch der Auftritt der Europa-<br />
Philharmonie mit Musik von Beethoven,<br />
Brahms <strong>und</strong> Mozart, die <strong>im</strong> neu geschaffenen<br />
Open Air Theater am Saila erklang, vor der<br />
angestrahlten Altstadtkulisse. Die <strong>Jemen</strong>iten<br />
glaubten, „in einer der Hauptstädte der Musik<br />
zu sein, wie Wien, Paris, Moskau oder Berlin.<br />
Wir haben gesehen, wie sich die westlichen<br />
Töne am blauen H<strong>im</strong>mel über der erloschenen<br />
Sonne der Araber, über Sanaa, ballten. Die<br />
weißen Verzierungen der Häuser tanzten in den<br />
Spiegeln der Augen“, … so formulierte es<br />
Mohammad Abdusalam Mansour, einer unserer<br />
führenden Dichter <strong>und</strong> Intellektuellen“.<br />
Be<strong>im</strong> R<strong>und</strong>gang durch das Haus erklärt sie:<br />
„Wir verfolgen das Ziel, das kulturelle <strong>und</strong> folkloristische<br />
Erbe für die Nachwelt festzuhalten.<br />
Wir gehen systematisch <strong>und</strong> wissenschaftlich<br />
vor <strong>und</strong> haben einen Aufruf an die Bevölkerung<br />
gestartet, alles was mit unseren Traditionen<br />
zu tun hat, aufzuschreiben, aufzunehmen<br />
<strong>und</strong> zu sammeln <strong>und</strong> uns zuzuschicken – Gedichte,<br />
Lieder, Tänze, Sprichworte, <strong>Kunst</strong>handwerk,<br />
Geräte, Kleider, Schmuck, Fest-Rituale,<br />
wie z. B. die Ramadan-Traditionen mit jemenitischen<br />
Kindern, aber auch Geschichten der<br />
alten Leute – wir fürchten, dass sie für <strong>im</strong>mer<br />
verschwinden, wenn sie nicht dokumentiert<br />
werden“. Wie entstand die Idee zu dem Museum?<br />
„Ich habe die Sammlung mit 17 Jahren<br />
begonnen. Zuerst hatte ich nur ein paar Kleider<br />
<strong>und</strong> Ringe. Mein Vater hat mich sehr unterstützt.<br />
Wenn er mir z. B. 20 Rial gab, dann<br />
habe ich für die eine Hälfte ein Buch gekauft<br />
<strong>und</strong> die andere Hälfte in einen Ring investiert<br />
– <strong>und</strong> so wurde die Sammlung <strong>im</strong>mer größer.“<br />
- Derzeit hat das dreistöckige Haus drei Abteilungen:<br />
Die Folklore Bibliothek mit Büchern<br />
<strong>und</strong> Zeitschriften zur regionalen, nationalen
<strong>und</strong> internationalen Folklore mit Kassetten-,<br />
Video- <strong>und</strong> Fotoarchiv, die Sammel-, Aufnahme-<br />
<strong>und</strong> Dokumentationseinheit <strong>und</strong> das<br />
Museum mit einer traditionellen Küche, traditioneller<br />
Kleidung für Feste, wie Hochzeiten,<br />
religiöse <strong>und</strong> gesellschaftliche Ereignisse, zusammen<br />
mit den entsprechenden Kopfbedeckungen,<br />
Accessoires <strong>und</strong> Schmuck, sowie<br />
Heilkräutern <strong>und</strong> Mitteln für die Meditation<br />
<strong>und</strong> gegen Dschinnen (Geister) <strong>und</strong> den Bösen<br />
Blick. „Ziel ist, das Haus noch besser auszustatten,<br />
ein traditionelles Café zu eröffnen<br />
<strong>und</strong> die Tradition von “Madraha“ zu erhalten,<br />
eine der Hadsch-Traditionen, die <strong>im</strong> Verschwinden<br />
begriffen ist“, so Arwa.<br />
Nationalmuseum in Sanaa<br />
Das auch bei den Einhe<strong>im</strong>ischen sehr beliebte<br />
Nationalmuseum besteht aus zwei Häusern: <strong>im</strong><br />
Dar al Schukr (vom Tahrir Platz aus gesehen<br />
das <strong>im</strong>posante Gebäude mit der großen, traditionellen<br />
Holzveranda linker Hand von der<br />
Moschee mit der weißen Kuppel) werden die<br />
traditionellen Handwerkskünste innerhalb einer<br />
beeindruckenden Sammlung entsprechender<br />
Gegenstände, sowie Geräte für die Landwirtschaft<br />
gezeigt, man kann u. a. ein<br />
Beduinenzelt <strong>und</strong> das Modell eines alten Hauses<br />
in Sanaa bew<strong>und</strong>ern. Das Dar as Saad (Haus<br />
des Glücks), erstmals 1987 eröffnet, wurde renoviert.<br />
Das prächtige, vierstöckige Gebäude,<br />
ursprünglich ein Palast, der um 1930 unter<br />
Imam Yachya erbaut wurde, liegt etwa 200 m<br />
hinter der bereits erwähnten Moschee an der<br />
Straße zum Flughafen.<br />
„Der rechte Gebäudeflügel des Dar as Saad wird<br />
<strong>im</strong> Laufe des Jahres 2009 eröffnet, das Erdgeschoss<br />
ist für wechselnde Ausstellungen vorgesehen.<br />
Als erstes wollen wir dort aktuelle Fotos<br />
von Schulen <strong>im</strong> <strong>Jemen</strong>, die <strong>im</strong> Besitz des British<br />
Council sind, ausstellen“, so Abdul-Aziz H. Al-<br />
Gendary, Generaldirektor des Museums. „Im<br />
ersten Stockwerk wird es eine Dauerausstellung<br />
archäologischer Exponate geben“. Der engagierte<br />
Museumsdirektor, der Geschichte <strong>und</strong><br />
Archäologie an der Facultuy of Arts der Universität<br />
Sanaa studierte <strong>und</strong> den verschiedene<br />
Stipendien nach Bagdad, Kairo, Amsterdam,<br />
den Haag, Rom, Paris, Washington DC, New<br />
Orleans, London <strong>und</strong> Berlin geführt hatten,<br />
pflegt gute Kontakte zu seinen Kollegen in den<br />
verschiedenen Museen der Welt, denn Exponate<br />
des Museums sind weltweit gefragt, wie z.<br />
B. Hawtar’athat, fils de Radaw’il du lignage de<br />
shalalum (Bronzestatue in Lebensgröße aus<br />
dem 6.-5. Jh. v. Chr., gef<strong>und</strong>en in Al Baida,<br />
dem alten Nashqum, die zu <strong>Jemen</strong>s berühmtesten<br />
Statuen gehört) gleich be<strong>im</strong> Museumseingang.<br />
Der Museumskatalog enthält Fotos von 298<br />
der 30.000 Exponate des Museums mit Beschreibungen<br />
in Arabisch, Französisch <strong>und</strong><br />
Musnad, dem alten, Südarabischen Alphabet,<br />
das z. B. von den Sabäern benutzt <strong>und</strong> von Forschern<br />
auf die Zeit von 8. Jh. v. Chr. bis 7. Jh.<br />
n. Chr. datiert wird. Großes Interesse wecken<br />
die historischen s/w-Fotos von Hermann Burchardt,<br />
die das Treppenhaus schmücken, die<br />
Exponate der Vorislamischen Abteilung sowie<br />
die Islamische <strong>und</strong> Ethnografische Sektion auf<br />
drei Stockwerken. Höhepunkt der ethnografischen<br />
Abteilung ist der Raum „Die Hochzeit<br />
in Sanaa“ mit einer von lebensgroßen Puppen<br />
in traditioneller Kleidung <strong>und</strong> allen notwendigen<br />
Gegenständen gestalteten Hochzeitsfeier.<br />
Al-Saleh Moschee in Sana’a<br />
Es gab viele kritische St<strong>im</strong>men in der Bevölkerung<br />
in den drei Jahren der Bauzeit. „Wir haben<br />
h<strong>und</strong>erte von Moscheen in der Stadt, wozu<br />
noch eine weitere, dazu so große <strong>und</strong> teure?“<br />
war der Kommentar manches Taxifahrers, der<br />
Besucher in den Südwesten der Stadt fuhr. „Das<br />
Geld wäre besser für andere Zwecke angelegt“.<br />
Wie man hört, wurde die Moschee von Präsident<br />
Ali Al-Saleh höchst persönlich finanziert:<br />
sie kostete 60 Mio. US Dollar. Rechtzeitig zu<br />
Ramadan 2008 fand die Eröffnung statt.<br />
Inzwischen ist die Moschee Ziel von (wenigen)<br />
Besuchern aus aller Welt, da das Innere außerhalb<br />
der Gebetszeiten dem allgemeinen Publikum<br />
zur Besichtigung offen steht, denen auf<br />
Wunsch ein k<strong>und</strong>iger Führer, der auch Englisch<br />
spricht, die gewünschten Auskünfte gibt.<br />
Konzipiert als dauerhaftes Symbol für das islamische<br />
<strong>und</strong> jemenitische <strong>Kultur</strong>erbe ging es<br />
dem Präsidenten zum einen um Solidität <strong>und</strong><br />
Bausicherheit vor dem Hintergr<strong>und</strong> möglicher<br />
Erdbeben, weshalb die Minarette auf 35 m tiefen<br />
F<strong>und</strong>amenten stehen <strong>und</strong> zum anderen um<br />
Resistenz des Bauwerks gegen extreme Wetterbedingungen,<br />
Gr<strong>und</strong> für die sorgfältige Auswahl<br />
besonderer Baumaterialien. Dominierend<br />
sind fünf Kuppeln <strong>und</strong> sechs Minarette. Be<strong>im</strong><br />
Baumaterial hatte Präsident Saleh die Idee, die<br />
Hauptkonstruktion aus Beton anfertigen zu<br />
lassen, sich bei den Steinarbeiten jedoch am<br />
Tempel von Bilquis <strong>und</strong> dem Marib Damm zu<br />
orientieren, deren Steine bereits Jahrh<strong>und</strong>er-<br />
Bronzestautue<br />
Tahira Fida Hussain Al-Lawati<br />
aus <strong>und</strong> dem zwei 5. ihrer Jh. Werke<br />
v. Chr. (unten)<br />
<strong>im</strong> Nationalmuseum<br />
(oben)<br />
DUBAI M<strong>AG</strong>AZIN 37
■ Republik <strong>Jemen</strong><br />
38 DUBAI M<strong>AG</strong>AZIN<br />
Die Al-Saleh Moschee in der<br />
Hauptstadt Sanaa wurde zum<br />
Ramadan 2008 eröffnet.<br />
ten trotzen. Auf der Suche nach passendem<br />
Material <strong>im</strong> eigenen Land wurden neue Granit-<br />
<strong>und</strong> Marmorvorkommen entdeckt, neben<br />
schwarzem Basalt <strong>und</strong> Kalkstein in den Farben<br />
schwarz, weiß <strong>und</strong> rot. So konnte Basalt<br />
<strong>und</strong> Kalkstein be<strong>im</strong> Bau der Moschee verwendet<br />
werden, wo Steine gebraucht wurden. Die<br />
einzelnen Quader sind in den Mauern gut erkennbar:<br />
160 cm lang <strong>und</strong> 80 cm hoch. Der<br />
weiße Kalkstein wurde nur für die Verkleidung<br />
der äußeren Fassaden verwendet <strong>und</strong> der rote<br />
Kalkstein bot sich an bei der Anbringung dekorativer<br />
Elemente. Aus rosa Granit besteht die<br />
Ummantelung der aus Stein gebauten Säulen<br />
<strong>im</strong> Innern der Moschee. Rote Ziegelsteine, allgegenwärtig<br />
in der traditionellen jemenitischen<br />
Architektur, bedecken die Außenwände der<br />
Minarette in Kombination mit einer modernen<br />
Version der berühmten jemenitischen<br />
Gips- <strong>und</strong> bunten Glasarbeiten, die dem Gebäude<br />
den typisch jemenitischen Touch geben.<br />
Im Innern sind die verschiedensten Bereiche<br />
islamischer <strong>Kunst</strong> realisiert: Koranverse in schöner<br />
Kalligrafie, Wandschmuck mit dreid<strong>im</strong>ensionalen,<br />
vielfältigen, farbigen, geometrischen<br />
Mustern, die aus Gips geformt wurden, wobei<br />
Reliefkunst genauso genutzt wurde wie Einlegearbeiten.<br />
Die für das Land typischen bunten<br />
Glasfenster sind allgegenwärtig, besonders<br />
schöne Arbeiten befinden sich über dem lang<br />
gestreckten Holzbalkon mit Mashrabien, hinter<br />
dem sich der Gebetsraum für die Frauen<br />
verbirgt, die selbst nicht gesehen werden können,<br />
ihrerseits jedoch einen Überblick über die<br />
Gebetshalle der Männer haben. Be<strong>im</strong> Mihrab<br />
<strong>und</strong> Minbar dominiert beiger Marmor mit<br />
Koranzitaten in Kalligraphie aus Echtgold.<br />
„Viele Details sind der Jamal Al Kebir nachempf<strong>und</strong>en,<br />
der großen Moschee <strong>im</strong> Souk der<br />
Altstadt von Sanaa, dort die größte Moschee,<br />
die etwa um 700 erbaut wurde. Obwohl die Al<br />
Saleh Moschee <strong>im</strong> traditionellen islamischen<br />
<strong>und</strong> jemenitischen Stil errichtet wurde <strong>und</strong> die<br />
alte h<strong>im</strong>yaritische Architektur reflektiert, so ist<br />
sie doch ein hochmodernes Gebäude, bei dessen<br />
Bau die neuesten internationalen Standards<br />
galten. Es gibt ein zentrales Belüftungs- <strong>und</strong><br />
Kühlsystem, eine Feuerlöscheinrichtung <strong>und</strong><br />
ein hochmodernes audiovisuelles System“, weiß<br />
der Moscheeführer. Den Vergleich mit in jüngster<br />
Zeit auf der Arabischen Halbinsel erbauten<br />
Moscheen ähnlicher Ausmaße wie die Sultan<br />
Qaboos Moschee in Omans Hauptstadt Muscat<br />
oder die Sheikh Zayed Moschee in Abu Dhabi<br />
braucht die Al Saleh Moschee nicht zu scheuen,<br />
was D<strong>im</strong>ension, Pracht <strong>und</strong> dem Land angepasste<br />
Architektur betrifft. ■