FILMFEST MÜNCHEN MAGAZIN 2018
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CINEMASTERS — ARRI/OSRAM AWARD<br />
8<br />
Sehnsucht, im Sinne des romantischen<br />
Begehrens, ist eine<br />
weit verbreitete, oft enttäuschte,<br />
gern zelebrierte und<br />
bisweilen überbewertete Emotion.<br />
Verdient hat sie sich ihre<br />
Verwandtschaft mit den<br />
Suchtkrankheiten mehr als nur<br />
etymologisch. Das große Dudenwörterbuch<br />
gibt für Sehnsucht<br />
die Bedeutung „inniges,<br />
schmerzliches Verlangen nach<br />
jemandem oder etwas“ an.<br />
In asche ist reines weiss<br />
geht die junge Qiao für ihren<br />
Gangsterfreund fünf Jahre ins<br />
Gefängnis. Wieder in Freiheit,<br />
packt sie direkt das Verlangen,<br />
auf die Suche nach dem Geliebten<br />
zu gehen. Klar, dass damit<br />
die eigentliche Geschichte erst<br />
losgeht.<br />
Romantische und auch sexuelle<br />
Sehnsüchte ihrer Jugend<br />
erforscht Dokumentarfilmerin<br />
Jennifer Fox in ihrem<br />
ersten, autobiographisch gefärbten<br />
Spielfilm the tale. Darin<br />
widmet sie sich einer Geschichte,<br />
die sie selbst als<br />
13-jährige niederschrieb. Erst<br />
als Erwachsene erkennt Jennifer<br />
(Laura Dern) die Erlebnisse<br />
ihrer Jugend als Missbrauchserfahrung.<br />
Jetzt will sie dagegen<br />
vorgehen.<br />
Vom Siechen kommt die<br />
Seuche, die Sucht, die Sehnsucht.<br />
Fast krank kann man<br />
werden vor Verlangen nach<br />
etwas, wie der Titelheld zama<br />
im neuen Film unseres Ehrengasts<br />
Lucrecia Martel. Schon<br />
eine halbe Ewigkeit auf einen<br />
Außenposten der Kolonie Paraguay<br />
verschlagen, blickt Zama<br />
sehnsüchtig auf den Ozean<br />
– so sehr verlangt es ihn nach<br />
der argentinischen Heimat.<br />
Ein Kriegsheimkehrer verzehrt<br />
sich in les gardiennes<br />
nach der jungen Hausangestellten<br />
Francine, obwohl er eigentlich<br />
schon lang einer anderen<br />
versprochen ist; und in burning<br />
wird nebenbei berichtet von<br />
den Sehnsüchten, die sich in<br />
der Ausweglosigkeit einer<br />
Dreier-Konstellation ergeben.<br />
Der Philosoph Immanuel<br />
Kant definiert: „Der unerfüllbare<br />
Wunsch, die Zeit zwischen<br />
dem Begehren und Erwerben<br />
des Begehrten vernichten<br />
zu können, ist Sehnsucht“.<br />
Mit dieser Zeitspanne<br />
dürfte Terry Gilliam sehr vertraut<br />
sein, der nach 20 Jahren<br />
mit the man who killed don<br />
quixote endlich einen fertigen<br />
Film zeigen kann. Schon einmal<br />
begann er vor mehr als 15 Jahren,<br />
den Film zu drehen – und<br />
scheiterte. Nun ist das Projekt<br />
frisch besetzt und bereit fürs<br />
neugierige Publikum.<br />
Als Zuschauer wartet man<br />
jedes Jahr sehnsüchtig auf bestimmte<br />
Filme. Könnte die Zeit<br />
doch schneller verstreichen bis<br />
zum Beispiel ein neuer Film<br />
von Paul Schrader – diesmal<br />
mit Ethan Hawke und Amanda<br />
Seyfried – in die Kinos kommt!<br />
first reformed ist auf dem<br />
filmfest münchen bereits zu<br />
sehen. Ebenso wie der diesjährige<br />
Gewinner der Goldenen<br />
Palme in Cannes: ein Film, in<br />
dem eine japanische Familie,<br />
trotz finanzieller Schwierigkeiten,<br />
ein kleines Mädchen<br />
adoptiert, weil es ihrer Hilfe<br />
bedarf. Wir freuen uns auf:<br />
shoplifters!<br />
Antonia Mahler<br />
Sehnsucht nach Heimat, Frieden und Vanilleeis in foxtrot