Mantle, der zuletzt in trainspotting 2 ganz andere, alt gewordene Rebellen vor der Linse hatte, drehte mit die terroristen! seinen ersten Spielfilm. Und Gröning widmete sich erneut der Ursache und Wirkung von Gewalt, die im Fluss der Ereignisse plötzlich eskalieren und Unschuldige zu Opfern machen kann. 5. ZWISCHEN- RÄUME HOMMAGE PHILIP GRÖNING 60 Nachbarn so bedrängt, dass er, ein deutscher Taxi Driver ohne Taxi, sich zu einem Attentat getrieben fühlt. Dabei scheut Stachoviak (Peter Cieslinski) jeden Körperkontakt: Ihn ekeln Berührungen an. Der Besuch einer Prostituierten (Tessi Tellmann) bringt keine Erlösung, aber Sequenzen ohne Schnitt – eine Insel in einem Meer atemloser Momentaufnahmen. Gröning suchte für diesen Kurzfilm die damals 19-jährige Hito Steyerl als debütierende Kamerafrau aus, lange bevor sie an der HFF München studierte und zur renommierten Videokünstlerin wurde. Ihre vor allem auf Super 8 gedrehten Aufnahmen, später im Schnitt zu rasanten Wahrnehmungsschnipseln montiert, führen direkt in den Kopf von Stachoviak. 4. ZWISCHEN ZEILEN Auch durch anhaltende künstlerische Kollaborationen sind Grönings Filme miteinander verbunden. Michael Schech spielte in sommer den Vater, war Produktionsleiter bei stachoviak!, verkörperte, mit blonder Mähne, einen der Attentäter in die terroristen! und taucht als Imbissbudenbesitzer in l’amour, l’argent, l’amour auf. Auch Hito Steyerl arbeitete als Kamerafrau noch einmal mit Gröning: opfer. zeugen wurde als Episode für den WDR-Film neues deutschland gedreht und beim filmfest münchen 1993 uraufgeführt. Zwei Punks berichten darin, wie sie von Neonazis fast totgeschlagen wurden. Eingerahmt wird ihre Erzählung von den Bildern einer Autofahrt, darüber blenden sich Pressemeldungen über rechtsextreme Attacken in Ostdeutschland ein, untermalt mit Franz Schuberts Streichquintett, Opus 163. Es ist eine bestürzende Elegie auf ein Land, in dem die Angst auch durch die ungefilterte, sprachlich holprige Erzählung der Punks fast körperlich greifbar wird. Das gesprochene Wort, aber auch die Stille – sie haben in Grönings Filmen eine elementare Kraft. Die Sätze von Zeitphilosophen wie Augustinus und Heidegger etwa, die von Elena und Robert beim Lernen auf dem Feld zitiert werden, fügen sich in die Sinnlichkeit der Klänge und in die reizvollen Details der Natur ein. In die terroristen! (1992) bedient sich ein linksradikales Trio der Worte von Mao und Marx, um ihrer Umwelt – und sich selbst – ihre Beweggründe für ein Attentat klar zu machen. Dass sie letztlich demselben Hedonismus erliegen, den sie im konsumgeilen Deutschland nach dem Mauerfall attackieren wollen, ist eine der bittersüßen Pointen in dieser wilden Komödie, deren TV-Ausstrahlung das im Film anvisierte Opfer, der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl, vergeblich verhindern wollte. Gröning drehte erneut ohne Drehbuch, machte seine Schauspieler zu Komplizen in einer originellen Satire, die dahinrast wie das ferngesteuerte Modellauto, das zur bombentragenden Mordwaffe wird. Der Film selbst ist, ähnlich wie stachoviak!, ein Attentat auf die Sinne mit seinen abrupten Schnitten und ungewöhnlichen Kameraperspektiven. Der britische Kameramann Anthony Dod Schon immer experimentiert er mit der filmischen Form und forderte die Sehgewohnheiten seines Publikums heraus. Gröning, der zunächst Psychologie und Medizin, dann an der HFF München studierte, geht in seiner Arbeit auf, braucht für die Produktion oft Jahre. Mit preisgekrönten Ergebnissen: Für sommer erhielt er den Förderpreis der Stadt München, für die terroristen! in Locarno den Bronzenen Leoparden. die grosse stille wurde unter anderem mit dem Europäischen Filmpreis als bester Dokumentarfilm des Jahres 2006 ausgezeichnet, die frau des polizisten mit dem Spezialpreis der Jury bei den Internationalen Filmfestspielen in Venedig 2013. „Kommst du oder ich?“ Im Kino stellt sich immer die Frage, inwiefern sich die Distanz zur Leinwand auflösen lässt, ob das Publikum hineingesogen werden oder lieber in eine produktive Distanz geraten soll, die das Denken in Bewegung setzt. Beim Zuschauen kann das Zeitempfinden verstärkt werden oder aussetzen. Der Sommer, in dem die Geschichte von dem Vater und Sohn spielt, ist jene Jahreszeit, in der, vor allem in der Kindheit, die Zeit so sanft verstreicht, als ob es kein Ende gäbe. Für Elena und Robert bedeuten die Abiturprüfung und der anbrechende Sommer jedoch Trennung. Er soll also gerade nicht kommen, die Zeit soll bitte stoppen, aber die Gegenwart bricht dann doch mit aller Gewalt ein. Gröning öffnet in jedem seiner Filme Zwischenräume für Interpretationen, Sichtweisen, Gefühle. Zwischen den Körpern, Klängen und Worten liegt oft Unbehagen, Grausamkeit und Gewalt, aber auch Begehren, Zuneigung und Liebe. Manchmal auch die pure Leere einer Festung. Und vor allem: Stille. Michael Stadler FILMMAKERS L I V E ! M I T PHILIP GRÖNING Donnerstag, 5.7., 14.00 Uhr in der Black Box, Gasteig.
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