FILMFEST MÜNCHEN MAGAZIN 2018
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SO 1.7. 22.30 UHR<br />
HFF KINO 1<br />
MI 4.7. 14.30 UHR<br />
HFF KINO 2<br />
CINEMERIT AWARD TERRY GILLIAM<br />
48<br />
Wünschen. Der zynische Werbefilmer<br />
Toby lernt einen alten spanischen Schuhmacher<br />
kennen, der sich für Don Quixote<br />
hält. Sie erleben eine Reihe absurder<br />
Abenteuer, in deren Verlauf Toby sich den<br />
tragischen Auswirkungen eines Films stellen<br />
muss, den er in seiner Jugend gedreht<br />
hat – ein Film, der die Hoffnungen und<br />
Träume eines kleinen spanischen Dorfes<br />
für immer verändert hat. Als Sancho<br />
Pansa reitet der große Adam Driver da<br />
auf einem viel zu winzigen Esel. Wieder<br />
einmal sind die Proportionen außer Kontrolle<br />
geraten, wie auch in anderen Filmen<br />
Gilliams: Über einen Gebäudeblock ragt<br />
in brazil das verknautsche Gesicht eines<br />
Giganten mit Flasche in der Faltenhand,<br />
und auch ein Kaninchen kann mal zur Riesenbedrohung<br />
werden.<br />
Schließen sich da also viele Kreise?<br />
Der Liebende hat sein Herzensprojekt<br />
vollenden können. Die Träumer kriegen,<br />
vielleicht – alles verraten soll man ja nicht<br />
–, das Mädchen, vor allem aber: das Recht<br />
auf ihren Traum. Und die Reiter bekommen<br />
anstelle von klapprigen Kokosnusshälften<br />
endlich ihre, wenn auch unterdimensionierten,<br />
Reittiere. Auserzählt<br />
sind die Universen der Fantasie damit<br />
natürlich noch lange nicht, selbst wenn<br />
Gilliam seine Bilder stets ohne jeden<br />
Eindruck von Mangel bis zum Rande der<br />
Leinwand anfüllte. brazil zum Beispiel<br />
BRAZIL<br />
USA 1985 • Buch Terry Gilliam, Tom Stoppard, Charles McKeown<br />
Darsteller Jonathan Pryce, Robert De Niro, Katherine Helmond, Ian Holm<br />
Länge 142 Min. • OF • FSK 12<br />
gehört zu den wichtigsten Tentakelfilmen<br />
der Kinogeschichte: Schläuche, etwa des<br />
Belüftungssystems, hängen, wurschteln,<br />
baumeln umher. Und das ganze Apartment<br />
von Sam Lowry, dem traurigen<br />
Helden, verwandelt sich einmal in einen<br />
klaustrophobischen Leitungsdschungel.<br />
In the zero theorem, der 2014 auf dem<br />
filmfest münchen zu sehen war, entstand<br />
bei Gilliam erstmals das Computerzeitalter,<br />
erwartungsgemäß nicht flüchtig<br />
datenströmig, sondern in Gestalt klobiger,<br />
verdrahteter Maschinen, die ein von<br />
Christoph Waltz gespielter IT-Experte<br />
ausgerechnet in einer ausgebrannten<br />
Kirche bedient. Und wieder ein Film, in<br />
dem die Umgebung droht, die Menschen<br />
zu Zwergen zu machen.<br />
Erstaunlich, dass Gilliam nach seinen<br />
Monty-Python-Jahren kaum noch als<br />
Produktionsdesigner tätig war; ohnehin<br />
fluktuierten seine Mitarbeiter im Art Department<br />
fröhlich. Mit David Warren hat<br />
er, etwa bei the zero theorem und beim<br />
kabinett des doktor parnassus, der<br />
2009 das filmfest münchen eröffnete,<br />
in den vergangenen Jahren immerhin<br />
mehrfach zusammengearbeitet. Vielleicht<br />
also zeigt sich da jemand hochflexibel,<br />
kommunikativ und teamfähig.<br />
Vielleicht weiß Terry Gilliam aber auch<br />
so genau, was er will, dass es schon keine<br />
Rolle mehr spielt, wer es für ihn umsetzt.<br />
Das Fantastische jedenfalls greift<br />
sich den Bildraum in seinen Filmen so<br />
vollständig, wie es sich für einen gehört,<br />
der als Animator gewohnt war, noch den<br />
letzten Restbestand von empirischer<br />
Wirklichkeit aussortieren zu können. Im<br />
Film bleibt diese bestehen: als Drohung<br />
oder als Raum, der verwandelt werden<br />
muss. Fantasieren ist dabei keine Spinnerei,<br />
sondern manchmal auch echte<br />
Fleißarbeit. Weiterzufechten, bis selbst<br />
die Windmühlen ihre Niederlage eingestehen<br />
müssen – nicht zuletzt für diese<br />
Leidenschaft, diesen sympathischen<br />
Starrsinn erhält Terry Gilliam den Cine-<br />
Merit Award.<br />
Tim Slagman<br />
PREISVERLEIHUNG &<br />
FILMMAKERS LIVE!<br />
Terry Gilliam wird am Montag, den<br />
2.7., um 17.00 Uhr während einer<br />
Gala im Carl-Orff-Saal im Gasteig<br />
der CineMerit Award verliehen.<br />
In Anwesenheit des Regisseurs<br />
wird sein neuer Film the man who<br />
killed don quixote gezeigt.<br />
Zuvor findet um 15.30 Uhr in der<br />
Black Box eine Gesprächsrunde<br />
filmmakers live! mit Gilliam statt.<br />
brazil – Motion Picture © 1984 Embassy International Pictures, N.V. © 2002 Monarchy Enterprises S.a.r.l. All rights reserved.