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FILMFEST MÜNCHEN MAGAZIN 2018

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BIS DIE<br />

WINDMÜHLEN<br />

AUFGEBEN<br />

Die Welt ist nicht mehr zu retten, aber<br />

muss man deshalb gleich schlechte Laune<br />

bekommen? In den Filmen von Terry<br />

Gilliam wimmelt es nur so von Sturköpfen,<br />

scheinbar mit Blindheit geschlagen,<br />

die ihrer Misere mit trotziger, vollkommen<br />

hirnrissiger Fröhlichkeit begegnen.<br />

„Always look on the bright side of life“ ist<br />

die Devise – auch wenn dieser Song aus<br />

das leben des brian (1979) gemeinhin<br />

Gilliams Monty-Python-Kollegen Eric<br />

Idle zugeschlagen wird.<br />

Aber eigentlich spielt es sich so auch<br />

nur aus unserer Perspektive ab, aus der<br />

überlegenen des Publikums, aus großer<br />

Distanz zu der existenziellen Gefahr, die<br />

auf der ‚dark side of life‘ lauert. Womöglich<br />

gilt das für alle Formen des schwarzen<br />

Humors, von denen die Briten bekanntlich<br />

die meisten kennen. Terrence<br />

Vance Gilliam kam 1940 in Minneapolis<br />

zur Welt, besitzt heute längst die britische<br />

Staatsbürgerschaft und ist somit<br />

CINEMERIT AWARD<br />

TERRY<br />

GILLIAM<br />

Brite aus Überzeugung. Gen Osten ging<br />

es früh: Er arbeitete als Illustrator für<br />

ein Satiremagazin in New York und hatte<br />

längst – sein Studium der Politikwissenschaft<br />

mag da durchaus hilfreich gewesen<br />

sein – zur Gewissheit gefunden, dass<br />

all der Irrsinn um die Menschlein herum<br />

sich im Abbild nicht mehr fassen lässt.<br />

Sondern explodieren will in eine neue<br />

Imagination – in eine Vorstellungswelt,<br />

die sich vom Repräsentationszwang löst.<br />

Auch bei Monty Python war Gilliam,<br />

der in den späten Sechzigern nach England<br />

übersiedelte, zunächst für die<br />

Animationen zuständig, die in monty<br />

python’s flying circus (1969-1974) als<br />

Scharniere zwischen den Sketchen fungierten.<br />

An der Filmversion die wunderbare<br />

welt der schwerkraft war Gilliam<br />

1971 bereits konzeptuell beteiligt. 1975<br />

folgte dann die ritter der kokosnuss,<br />

in Teilen zwar noch animiert und arbeitsteilig<br />

inszeniert von ihm selbst und<br />

Terry Jones, aber dennoch sein erster,<br />

wenn man so will, „Realfilm“. In dieser<br />

Nummernrevue klöppeln die Kokosnusshälften<br />

fröhlich wie Hufe vor sich<br />

her, Franzosen werden ausfällig, die Ritter<br />

von Ni stellen sich in den Weg, ein<br />

Killer-Kaninchen kann nur durch die Heilige<br />

Handgranate unschädlich gemacht<br />

werden. Jones, so heißt es, hielt das<br />

Chargieren des Ensembles zusammen,<br />

während Gilliam sich um die visuelle Gestaltung<br />

kümmerte – also darum, den<br />

Raum erst so richtig zum Chargieren zu<br />

bringen. Nicht viele Filmemacher, so<br />

vermutete Gilliam richtig, hätten dem<br />

Raum in der Komödie so viel Beachtung<br />

geschenkt.<br />

Zu Ende gedacht bedeutet das auch:<br />

Der Mensch muss an Beachtung verlieren.<br />

Wie es sich für eine gescheite Dekonstruktion<br />

eigener Nationalmythen gehört,<br />

sind die Ritter der Tafelrunde zu einem<br />

Haufen Manövriermasse verkommen –<br />

CINEMERIT AWARD TERRY GILLIAM<br />

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