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FILMFEST MÜNCHEN MAGAZIN 2018

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CINEMERIT AWARD — EMMA THOMPSON<br />

Emma Thompson ist der einzige Mensch,<br />

der einen Oscar für die Beste Hauptrolle<br />

und einen Oscar für das Beste Drehbuch<br />

gewonnen hat. Nicht Charlie Chaplin,<br />

Orson Welles oder Woody Allen. Sondern<br />

Emma Thompson. Das ist trefflich<br />

für eine clevere Frau, die für Kinokunst<br />

und Gleichberechtigung steht.<br />

Sie wuchs in einer Schauspielerund<br />

Autorenfamilie auf. Während ihres<br />

Studiums der Englischen Literatur in<br />

Cambridge trat Emma Thompson der<br />

berühmten Footlights Theatergruppe<br />

bei, der schon die Monty Pythons entsprungen<br />

waren. Als erstes weibliches<br />

Mitglied dieser Keimzelle des britischen<br />

Humors sammelte sie Bühnen- und<br />

Improvisationserfahrung. Einige Jahre<br />

schulte sie ihre Kunstfertigkeit in Theater<br />

und Fernsehen weiter, dann folgten<br />

schon die großen Filmrollen. Die Oscars<br />

waren nicht mehr weit.<br />

SO 1.7. 11.00 UHR<br />

FILMMUSEUM<br />

Ihren ersten Academy Award gewann<br />

Emma Thompson für wiedersehen in<br />

howards end. Als Margaret Schlegel<br />

trauert sie um die verstorbene Freundin<br />

Ruth Wilcox. Deren Familie verschweigt<br />

Ruths letzten Wunsch, dass Margaret<br />

das geliebte Landhaus Howards End<br />

erben soll. Der Unterschied zwischen<br />

den freidenkenden, kulturliebenden<br />

Schlegels und der konservativen Familie<br />

Wilcox markiert die Strenge der viktorianischen<br />

Zeit – gerade für moderne<br />

Frauen. In der Hoffnung auf diesen, später<br />

oscarprämierten Part als Margret<br />

Schlegel verfasste Emma Thompson<br />

Anfang der Neunziger einen Brief an Regisseur<br />

James Ivory.<br />

„Ich schrieb ihm, dass ich genau wusste,<br />

wer Margaret Schlegel war, und dass<br />

ich auch wusste, wie ich sie spielen<br />

würde. So etwas habe ich nie zuvor<br />

gemacht und auch nie wieder danach.“<br />

SA 7.7. 16.30 UHR<br />

MÜNCHNER FREIHEIT 4<br />

Regisseur James Ivory blickt in wiedersehen<br />

in howards end gerne auf die sprechenden<br />

Details der Standesgesellschaft:<br />

ein halb zerfledderter Regenschirm,<br />

der die vielen hellen Stofflagen eines<br />

Damenrocks nicht vor der strömenden<br />

Nässe schützen kann. Ein überbordend<br />

gedeckter Kuchentisch, voll mit Törtchen,<br />

genug für eine Jagdgesellschaft<br />

– zum Verzehr für drei Personen. Und<br />

Emma Thompson als Margaret, die ihre<br />

Tränen der Enttäuschung eher mit einem<br />

Spiegel teilt, als sie vor ihrem Ehemann<br />

preiszugeben. Sie ist Schwester und hingebungsvolle<br />

Ehefrau, aber auch eine politische<br />

Frau mit gesellschaftskritischen<br />

Ansichten.<br />

„Es gibt einige große Unterschiede<br />

zwischen den Frauen von damals<br />

und uns heute. Das Wahlrecht wäre<br />

einer davon. Obwohl wir inzwischen<br />

sehen können, dass das Wahlrecht<br />

nicht unbedingt die Ergebnisse gebracht<br />

hat, die Margaret Schlegel<br />

sich gewünscht hätte: zum Beispiel,<br />

dass Frauen die Machtstrukturen<br />

mit ihrer Stimme umkrempeln, so<br />

dass sie gleichberechtigt werden.<br />

Die Machtstrukturen sind so unveränderlich<br />

wie sie immer waren. Mir<br />

scheint, in manchen Fällen ist die<br />

Lage sogar elender als zuvor.“<br />

Emma Thompson hält sich nicht mit<br />

Kritik zurück, wenn es um Ungerechtigkeit<br />

geht. Lieber wird sie aktiv. Als Präsidentin<br />

der Helen Bamber Foundation<br />

setzt sie sich für Opfer von Folter und<br />

Grausamkeit ein. Geerbt hat sie die Position<br />

von ihrer guten Freundin Helen<br />

Bamber, einer berühmten britischen Psychologin<br />

und Menschenrechtsaktivistin.<br />

Um den Einsatz für Schwache dreht<br />

sich auch Emma Thompsons neues<br />

Projekt. Im Film kindeswohl, nach Ian<br />

McEwans Roman, verkörpert sie eine<br />

Familienrichterin am Obersten Gericht<br />

von London – eine Frau, die über das<br />

Leben und Wohlergehen von Kindern<br />

wacht, wenn deren Eltern es versäumen.<br />

Wie der 17-jährige Adam, dessen<br />

Eltern eine lebensrettende Bluttransfusion<br />

verweigern, weil sie Zeugen Jehovas<br />

sind. Innere Anspannung, Grübeln,<br />

Bedenken: Keine kommuniziert so viel<br />

Emotion mit so zarter Mimik wie Emma<br />

Thompson. Man kann in ihrem Gesicht<br />

lesen, wie gut sie zuhört. Und vielleicht<br />

sogar, was sie gerade denkt.<br />

22<br />

WIEDERSEHEN IN HOWARDS END<br />

HOWARDS END<br />

Vereinigtes Königreich 1992 • Regie James Ivory • Buch Ruth<br />

Prawer Jhabvala • Darsteller Emma Thompson, Helena Bonham Carter,<br />

Anthonny Hopkins, Vanessa Redgrave • Länge 142 Min. • OF<br />

„Fiona May, meine Figur im Film, hat<br />

wohl den wichtigsten Job auf der<br />

Welt. Dennoch wird Familienrecht<br />

als der arme Cousin des Strafrechts<br />

betrachtet! Ich habe viele Stunden<br />

mit Richterinnen in Familiengerichten<br />

verbracht, und was dabei sehr<br />

deutlich wurde, ist, dass jede Frau im<br />

Justizsystem besser sein muss als<br />

ihre männlichen Kollegen. Sie muss

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